Gesetzlicher Mindestlohn ab
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- Berthold Wetzel
- vor 8 Jahren
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1 Gesetzlicher Mindestlohn ab Für wen gilt der Mindestlohn und welche gesetzlichen Ausnahmen gibt es? Der gesetzliche Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer/innen. Hierzu zählen auch geringfügig Beschäftigte (Minijobs), Studenten und Ferienarbeiter soweit volljährig, Rentner, Arbeitslosengeldempfänger im Nebenverdienst oder auch sog. Aufstocker. Das MiLoG sieht folgende Ausnahmen vor: Jugendliche ohne abgeschlossene Berufsausbildung; Auszubildende (hier ohne Altersbeschränkung); Praktikanten in eine Pflichtpraktikum; Praktikanten für eine Berufsorientierung bis zur Dauer von maximal drei Monaten; Begleitendes Praktikum (Berufspraktikum) zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung bis zur Dauer von maximal drei Monaten, wenn nicht zuvor bereits ein solches Praktikum im selben Betrieb absolviert wurde; Langzeitarbeitslose (mindestens ein Jahr Arbeitslosigkeit) für die Dauer der ersten sechs Monate einer sich unmittelbar anschließenden Beschäftigung; Teilnehmer an Einstiegsqualifizierungen. Bei Arbeitsverhältnissen mit Familienangehörigen und Ehepartnern ist besondere Obacht geboten. Sollte eine Vergütung unterhalb des gesetzlichen Mindestlohnes gezahlt werden, kann dies (neben dem Mindestlohnverstoß an sich) die steuerliche Anerkennung als Betriebsausgabe seitens des Arbeitsgebers und darüber hinaus den Bestand des (gewollten) sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses gefährden. 2. Übergangsregelungen für Tarifverträge Vorrang höherer Tariflöhne Der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 pro Stunde gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer/innen. Allgemeinverbindliche Tarifverträge und Rechtsverordnungen über Mindestarbeitsbedingungen gehen dem gesetzlichen Mindestlohn vor, soweit sie höhere Vergütungen vorsehen. Dies betrifft das Bauhandwerk Dachdeckerhandwerk Elektrohandwerk Gerüstbauerhandwerk Maler- und Lackiererhandwerk Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk. Bis zum gehen abweichende Regelungen eines Tarifvertrages repräsentativer Tarifvertragsparteien dem Mindestlohn vor, wenn sie für alle unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sowie deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich gemacht worden sind (Allgemeinverbindlichkeit). Dies gilt auch für Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassen worden sind. Folgende allgemeinverbindliche (und für das Handwerk relevante) Branchen- Mindestlöhne können also bis längstens einen Stundenlohn unter 8,50 vorsehen: Friseurhandwerk Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft Zeitarbeit.
2 2 Weitergehende Informationen zu allgemeinverbindlichen Mindestlohntarifverträgen finden Sie aus unserer Internetseite in der Rubrik Beratung/Recht/Arbeitsrecht. 3. Fälligkeit und Unabdingbarkeit In der Regel enthalten Arbeitsverträge eine Klausel zur Fälligkeit des Arbeitsentgelts. Dies wird häufig der 10. oder 15. des Folgemonats sein. Wichtig: Tarifverträge können ebenfalls Regelungen zur Fälligkeit enthalten. Spätester Zeitpunkt für die Fälligkeit des gesetzlichen Mindestlohnes ist der letzte Bankarbeitstag (Referenzort Frankfurt am Main) des Folgemonats. Soweit Mehrarbeit geleistet wird, muss ein Arbeitszeitkonto geführt werden, welches schriftlich zu vereinbaren ist. Die über die vertragliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit ist dort zu erfassen und spätestens 12 Kalendermonate nach der monatlichen Erfassung zu vergüten oder in Freizeit auszugleichen. Die Mehrarbeit darf monatlich maximal 50% der vereinbarten Arbeitszeit betragen. Vereinbarungen, die den Mindestlohnanspruch unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken, sind unwirksam. Ein Verzicht des Arbeitnehmers ist nur durch gerichtlichen Vergleich möglich; die Verwirkung ist ausgeschlossen. 4. Haftet der Auftraggeber für die Einhaltung des Mindestlohnes bei Auftragnehmern? Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit einer Werk- oder Dienstleistung beauftragt, haftet für die korrekte Mindestlohnzahlung durch den Auftragnehmer hinsichtlich seiner Arbeitnehmer, durch weitere Nachunternehmer gegenüber deren Arbeitnehmern, durch Verleiher gegenüber Leih-Arbeitnehmern wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet (Bürgschaft auf erste Anforderung). Die Haftung ist verschuldensunabhängig. Der Auftraggeber haftet für das Nettoentgelt der Arbeitnehmer, nicht jedoch für Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben. Die Haftung kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dennoch sollte der Auftraggeber versuchen, das Haftungsrisiko (auch zur Vermeidung von Bußgeldern) zu minimieren. Mit welchen Maßnahmen kann das Risiko begrenzt werden? Folgende Maßnahmen sind möglich: besonders günstige Angebote ausschließen, bei denen Mindestlohnverstöße schon vorprogrammiert sind; schriftliche Erklärung des Auftragnehmers, dass er gesetzliche Verpflichtungen gem. AEntG und MiLoG kennt und einhält; Bürgschaft des Auftragnehmers oder Sicherheitseinbehalt vereinbaren; Auftragnehmer verpflichten, seinen Nach-Auftragnehmern eine Erklärung zum Mindestlohn abzuverlangen; Auftragnehmer vertraglich verpflichten, keine Scheinselbständigen zu beschäftigen; Vereinbarung von Vertragsstrafe und Schadenersatz bei Verstoß ; vertraglich Recht zur fristlosen Kündigung bei Verstoß regeln. 5. Auswirkungen auf Vergütungsstrukturen Anpassung von Arbeitsverträgen Grundsätzlich sind solche Zahlungen des Arbeitgebers als Bestandteile des Mindestlohns anzuerkennen, die der Arbeitgeber für die "Normalleistung" des Arbeitnehmers erbringt. Zahlungen, die Arbeitnehmer als Ausgleich für zusätzliche Leistungen erhalten, wenn sie
3 3 Mehrarbeit oder Arbeitsstunden unter besonderen Bedingungen leisten, sind nicht berücksichtigungsfähig. Dies gilt etwa für Zulagen/Zuschläge wie zum Beispiel bei Sonn- und Feiertagsarbeit, Nachtzuschlägen, (Wechsel-) Schichtzulagen, regelmäßig auch bei Überstundenzuschlägen, für Arbeiten unter besonders unangenehmen, beschwerlichen, körperlich oder psychisch besonders belastenden oder gefährlichen Umständen, wie zum Beispiel bei Schmutz- oder Gefahrenzulagen. Auch Akkord- oder Qualitätsprämien sind nicht auf den Mindestlohn anrechenbar. Typische Einmalzahlungen wie zum Beispiel ein Weihnachtsgeld oder ein zusätzlich gezahltes Urlaubsgeld werden als Mindestlohnerfüllung anerkannt, wenn der Arbeitnehmer den anteiligen Betrag regelmäßig jeweils zu dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitszeitpunkt (d.h. anteilig monatlich) tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt erhält. Wichtig: Sofern diese Zahlungen auf den Mindestlohn angerechnet werden sollen, entfällt die Freiwilligkeit für diese Arbeitgeberleistungen. Nicht anrechenbar auf den Mindestlohn sind vermögenswirksame Leistungen; Aufwendungsersatz wie z.b. Fahrkostenabgeltung oder Auslösung; Trinkgelder. Weiterhin zulässig ist die Entgeltumwandlung auch aus dem Mindestlohn, so die ausdrückliche Gesetzesbegründung. Änderungen in den Vergütungsstrukturen oder auch zur Arbeitszeit sollten einvernehmlich durch einen schriftlichen Änderungsvertrag erfolgen. Auch bisherige sog. Ausschlussfristen sind so anzupassen, dass Mindestlohnansprüche nicht erfasst werden. Nicht zuletzt sollte auch der (jeweils gültige) Mindestlohn vertraglich vereinbart werden, da bei einem niedrigeren vertraglichen Stundenlohn die entsprechende Regelung nichtig ist und der Arbeitnehmer stattdessen Anspruch auf angemessene Vergütung (regelmäßig Tariflohn) hat. 6. Auswirkungen auf Lohnersatzleistungen Der gesetzliche Mindestlohn hat nicht nur Auswirkungen auf die direkten Lohnansprüche der Arbeitnehmer, sondern auch auf weitere Zahlungspflichten der Arbeitgeber. Grundsätzlich bemisst sich das Urlaubsentgelt der Arbeitnehmer nach dem durchschnittlicher Verdienst der letzten 13 Wochen (Referenzprinzip). Dies gilt allerdings nicht bei dauerhaften Verdiensterhöhungen. Das Urlaubsentgelt beträgt ab daher ebenfalls mindestens 8,50. Die Feiertagsvergütung und die Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit sind dagegen schon im Gesetz nach dem sog. Ausfallprinzip angelegt. Arbeitnehmer haben also Anspruch auf den Betrag, den sie ohne Feiertag oder Arbeitsunfähigkeit erhalten hätte, d.h. ab dem mindestens 8,50 pro ausgefallener Arbeitsstunde. Anders verhält es sich dagegen beim Arbeitslosengeld oder Krankengeld. Berechnungsgrundlage für das Arbeitslosengeld ist das Arbeitsentgelt der letzten 12 Monate vor Beginn der Arbeitslosigkeit. Das Krankengeld, das die gesetzliche Krankenversicherung zahlt, bemisst sich nach dem letzten vor der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum (mind. 4 Wochen). 7. Pflicht des Arbeitgebers zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten Bestandteil des Mindestlohngesetzes sind auch Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers hinsichtlich der Arbeitszeiten. Bisher sind nach dem Arbeitszeitgesetz alle Arbeitgeber
4 4 verpflichtet, Arbeitszeiten, die 8 Stunden überschreiten, zu dokumentieren. Jetzt kommen weitere Dokumentationspflichten bei Minijobs und bei Arbeitnehmern in den Branchen, die der Pflicht zur Sofortmeldung in der Rentenversicherung bzw. der Mitführung des Personalausweises unterliegen, hinzu. Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in allen Branchen für Minijobs Beginn Ende und Dauer der Arbeitszeit ebenso Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für alle Arbeitnehmer in den Branchen Baugewerbe einschließlich Ausbaugewerke, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe Personenbeförderungsgewerbe Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe Schaustellergewerbe Unternehmen der Forstwirtschaft Gebäudereinigungsgewerbe bei Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen Fleischwirtschaft (Schlachthöfe, fleischverarbeitende Betriebe, Groß- und Einzelhandel mit Fleisch und Fleischwaren) Dies gilt auch für Entleiher von Arbeitskräften (Arbeitnehmerüberlassung) in diesen Branchen. 8. Kontrolle und staatliche Durchsetzung des Mindestlohnes Zuständig für Kontrollen sind die Zollbehörden. Bei Verstößen gegen das Mindestlohngesetz sind erhebliche Bußgelder vorgesehen, so z.b. bis bei eigenem Mindestlohn-Verstoß Verstoß bei Auftragnehmern, wenn der Auftraggeber weiß oder wissen kann, dass dieser den Mindestlohn nicht zahlt (hier Exkulpation möglich); Bußgeld bis bei Verstoß gegen Aufzeichnungspflicht zur Arbeitszeit Verweigerung der Mitwirkung bei Prüfung u.a. Soweit eine Geldbuße über verhängt wird, erfolgt ein Ausschluss von öffentlichen Aufträgen bei für eine angemessene Zeit. Die Behörden der Zollverwaltung haben im Zusammenhang mit Mindestlohnkontrollen folgende Befugnisse: Betreten von Grundstücken, Gebäuden, Baustellen etc.; Befragung von Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Entleihern und Dritten; Einsicht in Arbeitsverträge; Einsicht in Geschäftsunterlagen, die mittelbar oder unmittelbar die Höhe der Entgeltzahlungen belegen. Mitwirkungs- und auskunftspflichtig sind auch Arbeitnehmer, Entleiher und Dritte wie z.b. Steuerberater. 9. Festlegung des Mindestlohnes zukünftig durch Mindestlohnkommission Die Bundesregierung errichtet als ständiges Gremium eine Mindestlohnkommission. Sie wird mit Vertretern aus den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und Mitgliedern aus wissenschaftlichen Kreisen besetzt sein.
5 5 Die Kommission beschließt erstmals bis zum über eine Anpassung des gesetzlichen Mindestlohnes mit Wirkung zum Der Beschluss kann auch darin bestehen, den Mindestlohn nicht zu verändern. Die Kommission prüft, welche Höhe des Mindestlohnes geeignet ist, um zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmer beizutragen; faire Wettbewerbsbedingungen ohne einen Verdrängungswettbewerb und Lohndumping zu ermöglichen und die Beschäftigung, insbesondere die sozialversicherungspflichtige, nicht zu gefährden. Ab 2017 wird jährlich ein Beschluss über die Höhe des Mindestlohnes gefasst werden. Richtwert soll die Tarifentwicklung sein, an der sich die Kommission nachlaufend orientiert. Zur Wirksamkeit bedarf der Beschluss der Mindestlohnkommission einer Rechtsverordnung der Bundesregierung. Eine Umsetzungspflicht des Verordnungsgebers besteht nicht.
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