Neurobiologische Modelle der Sprache
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- Caroline Schenck
- vor 6 Jahren
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1 Neurobiologische Modelle der Sprache Vortrag von A. M. Müller Im Rahmen des Seminars: Neurokognition von Hören und Sprache Dozent: Dr. M. Meyer 1
2 Inhaltsverzeichnis I. Einleitung II. Das dynamic dual pathway model von Friederici et al. (2002, 2004) III. Die Asymmetric Sampling in Time (AST) Hypothese von D. Poeppel (2003) & ihre Überprüfung IV. Das Dual Stream Model der Sprachverarbeitung von Hickok und Poeppel (2004, 2007 & 2009) V. Das Integrative Speech Processing Framework von Kotz und Schwartze (2010) VI. Take Home Message VII. Fragen 2
3 I. Einleitung - Sprachverstehen Sprachverstehen erfolgt automatisch, der Prozess, wie wir das machen, ist nicht bewusstseinsfähig. Nur die Ergebnisse dieses Prozesses, also das, was wir verstanden haben, wird uns bewusst. Die kognitive Leistung scheint uns selbstverständlich und wird auch von nicht besonders intelligenten Menschen mühelos erbracht. Will man verstehen, wie unser Gehirn die höchst aufwendige und komplexe Aufgabe meistert, Sprache zu verstehen dann wird es kompliziert! 3
4 I. Einleitung Zwei Ansätze können bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit neurobiologischen Modellen unterschieden werden: Linguistische Herangehensweise Parameter-basierte Herangehensweise 4
5 I. Einleitung Der linguistische Ansatz Beispielsatz: Substantiv Am Freitagmorgen ist eine Bank überfallen worden. Ein Mann Adjektiv mit blonder Perücke drang in eine Bank ein, als eine Mitarbeiterin gerade öffnen wollte. Er fesselte die Verb Bankangestellte und leerte die Kasse. Konjunktion 5
6 I. Einleitung Der linguistische Ansatz Beispielsatz: Temporales Adverbiale Subjekt Am Freitagmorgen ist eine Bank überfallen worden. Ein Mann mit blonder Perücke drang in eine Bank ein, als eine Mitarbeiterin gerade öffnen wollte. Direktes Er fesselte die Objekt Bankangestellte und leerte die Kasse. Prädikat 6
7 I. Einleitung Der linguistische Ansatz Beispielsatz: Am Freitagmorgen ist eine Bank überfallen worden. Nebensatz erster Ordnung Ein Mann mit blonder Perücke drang in eine Bank ein, als eine Mitarbeiterin gerade öffnen wollte. Er fesselte die Frau und leerte die Kasse. Hauptsatz 7
8 I. Einleitung der linguistische Ansatz Unter der Annahme, dass linguistische Konzepte und Prozesse tatsächlich in irgendeiner Weise widerspiegeln, wie unser Gehirn Sprachinput analysiert, werden diese zur Erklärung der im Gehirn bei der Sprachverarbeitung ablaufenden neurobiologischen Prozesse herangezogen. Bei der linguistischen Herangehensweise wird versucht zu erklären, wo, wann und wie im Gehirn diese komplexen Analysen der linguistischen Komponenten zustande kommen. 8
9 I. Einleitung der linguistische Ansatz ABER zwei fundamentale Probleme werden dabei völlig ignoriert: Conceptual granularity mismatch: Neurowissenschaftliche und linguistische Sprachforschung verwenden zur Erklärung von Sprache Erklärungseinheiten, die sich in ihrer Detailgenauigkeit wesentlich unterscheiden. Linguistik arbeitet mit sehr feinkörnigen Erklärungseinheiten und unter der Annahme genauer Verrechnungsschritte, während man in den Neurowissenschaften eher breitere Erklärungskonzepte verwendet. Ontological immensurability: Die Grundelemente der linguistischen Theorie können nicht soweit reduziert oder angepasst werden, dass sie den biologischen Grundelementen der Neurowissenschaften entsprechen würden. 9
10 I. Einleitung der linguistische Ansatz Poeppel und Embick (2005) schliessen auf Grund der Inkompabilität von Linguistik und Neurowissenschaften: The machinery we invoke to account for linguistic phenomena is not in any obvious way related to the entities and computations of the biological systems in question. Consequently, there is an absence of reasonable linking hypotheses by which one can explore how brain mechanisms form the basis for linguistic computation. 10
11 I. Einleitung - Parameter-basierte Herangehensweise Ein Mann mit blonder Perücke drang in eine Bank ein, als eine Mitarbeiterin gerade öffnen wollte. 11
12 I. Einleitung - Parameter-basierte Herangehensweise Oszillo- und Spektrogramm zeigen deutlich: Sprache ist ein akustisches Signal mit physikalischen Parametern wie Frequenz, Energie/Amplitude etc., das sich über die Zeit hin entwickelt. Dieses Signal wird in unserem Gehirn in neuronale Aktivität umgewandelt. Neuronale Aktivität kann sich innerhalb von spezialisierten Neuronenpopulationen bis hin zu über das Gehirn verteilten grossräumigen neuronalen Netzwerken entfalten, innerhalb derer die Neurone gleichzeitig oder nacheinander in bestimmten Frequenzbändern aktiv werden (Synchronisation und Desynchronisation). Neuronale Aktivität besitzt somit die Dimensionen Raum und Zeit. 12
13 I. Einleitung - Parameter-basierte Herangehensweise 13
14 I. Einleitung - Parameter-basierte Herangehensweise Parameter-basierter Ansatz: Sprachverarbeitung im Gehirn ist das Ergebnis des koordinierten Zusammenwirkens verschiedener Gehirnareale, die auf Grund ihrer neurobiologischen und elektrophysiologischen Spezialisierung spezifische Funktionen bei der Sprachverarbeitung wahrnehmen. 14
15 II. Das Dynamic Dual Pathway Model von Friederici et al. (2002, 2004) Linguistischer Ansatz Methoden: EEG, bzw. ERP-Ableitung für Bestimmung der drei Verarbeitungsphasen; Verortung der dafür zuständigen Gehirnareale mit bildgebenden Verfahren (PET und fmri) Erklärungsebene: auditorische Satzverarbeitung 15
16 II. Das Dynamic Dual Pathway Model Neurokognitives Modell - bilaterales temporofrontales Netzwerk. Temporale Areale = Identifikation auf der Ebene Phonetik, Semantik und Syntax. Frontalen Areale = Erfassung von syntaktischen und semantischen Beziehungen. 16
17 II. Das Dynamic Dual Pathway Model Linker Temporalkortex = Identifikation der phonetischen, lexikalischen und strukturellen Elemente. Linker Frontalkortex = Sequenzierung und die Formation der phonetischen, strukturellen und thematischen Beziehungen. Segmentelle, lexikalische und syntaktische Informationen und Beziehungen werden links verarbeitet. 17
18 II. Das Dynamic Dual Pathway Model Rechter Temporallappen = Identifikation der prosodischen Parameter statt Rechter Frontalkortex = Verarbeitung der Satzmelodie. Suprasegmentelle Informationen auf Satzebene wie Akzentuierung, Tonhöhe, Pausen etc. werden rechts verarbeitet. 18
19 II. Das Dynamic Dual Pathway Model Interaktion von prosodischer und syntaktischer Information. Linke und rechte temporo-frontale Areale interagieren während der Satzverarbeitung dynamisch miteinander über das hintere Drittel des Corpus Callosum. Der zeitliche Ablauf dieser Interaktion ist jedoch noch unklar. 19
20 II. Das Dynamic Dual Pathway Model 20
21 II. Das Dynamic Dual Pathway Model 21
22 II. Das Dynamic Dual Pathway Model Auditorische Satzverarbeitung = linke temporo-frontale Gebiete. Drei Verarbeitungsphasen abgrenzbar. Definition der drei Phasen auf der Basis von elektrophysiologischen Daten. Aufzeichnung und Analyse verschiedener Event-Related-Potentials (ERP)-Ableitungen bei verschiedenen semantischen und syntaktischen Regelverletzungen. 22
23 Event Related Potentials (ERP) und ihre Bedeutung Syntax: ELAN: Early-Left-Anterior-Negativity im Zeitfenster von ms schnell entdeckbar Fehler der Wortkategorie dominant im Temporal- und Frontalkortex der LH LAN: Left-Anterior-Negativity im Zeitfenster von ms Morphosyntaktische Fehler P600: Late-Central-Positivity im Zeitfenster von 600+ ms nach semantischen wie syntaktischen Regelverletzungen später Integrationsprozess 23
24 Event Related Potentials (ERP) und ihre Bedeutung Semantik: N400: Centro-Parietal- Negativity 400 ms nach Word- Onset korreliert mit Wörtern, die semantisch nicht in den vorausgehenden Kontext eingeordnet werden können kann sich aber auch auf eher allgemeinere Aspekte der Bedeutung als den lexikalischsemantischen Aspekt beziehen N400-Effekte finden sich auch in nicht-linguistischen Kontexten. 24
25 Die drei Verarbeitungsphasen Die drei aus den mit Regelverletzungsparadigmen gewonnen Phasen der auditorischen Satzverarbeitung: Phase 0: Zeitfenster ms: Erste akustische Analyse Identifikation der Phoneme Identifikation der Wortform. Phase 1: Zeitfenster m: autonomer Prozess - Analyse der Wortkategorien - erste syntaktische Strukturanalyse. Phase 2: Zeitfenster ms: lexikalisch-semantischen und morphosyntaktische Prozesse - thematische Rollenzuordnung. Die Verarbeitung syntaktischer und semantischer Informationen erfolgt auf dieser Stufe parallel und voneinander unabhängig. 25
26 Die drei Verarbeitungsphasen Phase 3: Zeitfenster ms: Integration oder bei zweideutigen oder falsch strukturierten Sätzen zu Reanalysen/Reparatur der verschiedenen Informationstypen. Die Prozesse in Phase 1 sind immer unabhängig von Phase 2. Jedoch können die Prozesse in Phase 2 durch Phase 1 insofern beeinflusst werden, dass die lexikalische Integration eines Elementes in den Kontext davon abhängt, ob es zuvor in Phase 1 syntaktisch lizenziert/zugelassen worden ist. 26
27 27
28 III. Die Asymmetric Sampling in Time (AST) Hypothese von D. Poeppel (2003) Parameter-basierter Ansatz Methoden: EGG und bildgebende Verfahren Ebene: Prozessierung des primären Sprachinputs 28
29 Die vier Prämissen der AST-Hypothese 1. Primärer Sprachinput bilateral verarbeitet. 2. Linke Hemisphäre besonders befähigt, schnell wechselnde Signale zu verarbeiten. 3. Verschiedene Zeitskalen relevant bei der Verarbeitung des Sprachsignals - denn das Signal enthält sowohl segmentale wie auch suprasegmentale Informationen. 4. Das Gehirn verarbeitet Zeit in einzelnen, zeitlich definierten Chunks, d.h. nicht kontinuierlich. => Zeitliche Integrationsfenster zur Quantifizierung der sich in der Zeit entwickelnden Sprachinformation am geeignetsten. 29
30 Die Theorie der AST-Hypothese 30
31 Die Theorie der AST-Hypothese Kein Unterschied zwischen den primären auditorischen Cortices der beiden Hemisphären beide besitzen neuronale Populationen mit Zeitkonstanten zwischen 25 und 200 ms. Der linke posteriore STG besitzt eine Präferenz zur Verarbeitung von Information aus kurzen zeitlichen Integrationsfenstern (20-50 ms Frequenz von 40 Hz Gamma-Band). => Analysen, die hohe zeitliche Auflösung erfordern, wie z.b. Formantenübergänge, erfolgen links. Der rechte posterior STG präferiert die Verarbeitung der Information aus langen zeitlichen Integrationsfenstern ( ms Frequenz von 4-5 Hz Theta-Band). => Analysen mit hoher spektraler Auflösung wie z.b. Satzmelodie, erfolgen rechts. 31
32 Die Theorie der AST-Hypothese Enger Zusammenhang zwischen den beiden zeitlichen Integrationsfenstern der linken und der rechten Hemisphäre und den neuronalen Oszillationen. Die Integrationsfenster reflektieren neuronale Oszillationen, bzw. die beiden verschiedenen Samplingrates für das Sprachsignal im Gehirn. Die Verarbeitung des primären Sprachsignals erfolgt bilateral - keine anatomische Lateralisierung der Sprachverarbeitung, jedoch eine funktionale Asymmetrie, bzw. eine zeitliche Asymmetrie der präferiert verarbeiteten Einheiten des Sprachsignals. Die weitere Verarbeitung von Sprache grösstenteils in der sprachdominanten linken Hemisphäre angesiedelt. 32
33 Die Theorie der AST-Hypothese 33
34 Überprüfung der AST-Hypothese (Boemio, Fromm, Braun &Poeppel, 2005) 34
35 Überprüfung der AST-Hypothese (Boemio, Fromm, Braun &Poeppel, 2005) Nicht nur die primären auditorischen Areale, sondern auch STG und STS beider Hemisphären reagieren sensitiv auf Veränderungen der temporalen Struktur. STG-Areale sensitiv für lokale temporale Struktur und spektrale Struktur von auditorischen Stimuli. STS-Areale nur für die lokale temporale Struktur sensitiv. Hemisphärische Asymmetrie in den STS bilateral: linker STS = Input auf der Zeitskala von 20-50ms und zwar sowohl vom rechten (interhemispährischer Austausch über das Corpus Callosum) wie linken (intrahemisphärischer Austausch) STG. rechter STS = Input vor allem auf der Zeitskala von ms zwar sowohl vom rechten (interhemispährischer Austausch über das Corpus Callosum) wie linken (intrahemisphärischer Austausch) STG. 35
36 Überprüfung der AST-Hypothese (Boemio, Fromm, Braun &Poeppel, 2005) 36
37 Überprüfung der AST-Hypothese (Boemio, Fromm, Braun &Poeppel, 2005) 37
38 IV. Das Dual Stream Model der Sprachverarbeitung von Hickok und Poeppel (2004, 2007 & 2009) Parameterbasierter Ansatz Methoden: Bildgebung und Läsionsstudien Ebene: Sprachwahrnehmung und Spracherkennung auf kortikaler Ebene 38
39 Dual Stream Model - Annahmen In Analogie zum visuellen Verarbeitungssystem, wo man einen dorsalen und ventralen Strang unterscheidet, nehmen Hickok und Poeppel auch für die Sprachverarbeitung zwei Verarbeitungsstränge an. Ventraler Strang weitgehend bilateral angelegt mit der Aufgabe der Spracherkennung, d.h. mapping sound to meaning. Linksdominanter dorsaler Strang mit Funktion der Sprachwahrnehmung; verbindet die akustischen Sprachsignale mit artikulatorischen Netzwerken im Frontalkortex. 39
40 Dual Stream Model - Annahmen 40
41 Dual Stream Model - Verarbeitungsschritte Erste Verarbeitungsschritte für beide Pfade erfolgen bilateral und parallel. 1. Spektrotemporale Analyse in den dem primären auditorischen Areal nachgelagerten dorsalen Gyri temporales superiores. 2. Integration der Sprachinformation erfolgt über zwei distinkte Zeitskalen einem kurzen Informationsintegrationsfenster mit einer Länge von ms Gammafrequenz, d.h. der Sampling-Rate für segmentale Representationen, und einem langen Integrationsfenster mit einer Länge von ms Thetafrequenz, d.h. der Sampling-Rate für syllabische Repräsentationen. 41
42 Dual Stream Model - Verarbeitungsschritte 42
43 Dual Stream Model -Verarbeitungsschritte 3. Phonologische Verarbeitung: Mittlere bis posteriore STS bilateral. => Die Ergebnisse der spektralen und temporalen Analyse werden mit in den STS gespeicherten phonologischen Codes abgeglichen. Nach diesem Verarbeitungsschritt erfolgt die weitere Prozessierung des Sprachinputs in zwei getrennten Bahnen. 43
44 Dual Stream Model Der ventrale Pfad Verbindung der phonologischen Codes mit höher repräsentierten lexikalischer, semantischer und konzeptioneller Information. Die Verarbeitung der Sprachinformation erfolgt grösstenteils bilateral und parallel. Regionen des posterioren GTM und des posterioren ITS bilateral bilden das lexikalische Interface. Mapping der über den ganzen Kortex verteilten semantischen und konzeptuellen Repräsentationen mit dem Output aus den STS. Leichte Dominanz der linken Hemisphäre. 44
45 Dual Stream Model Der dorsale Pfad Warum ist es auch für das Sprachverstehen wichtig, dass das Sprachsignal mit artikulatorischen Repräsentation verbunden wird? 1. Der gesprochene Laut hat keine 1:1-Entsprechung mit dem wahrgenommen Sprachsignal. Sprachlaute müssen in ihrer invarianten, d.h. motorischen Form im Gehirn gespeichert sein. 2. Spracherwerb ist primär eine motorische Aufgabe. 3. Feedback der auditorisch-motorischen Integrationsschleife ist für eine saubere Artikulation notwendig. 45
46 Dual Stream Model Der dorsale Pfad Zwei verschiedene Ebenen der auditorisch-motorischen Interaktion: 1. auf Ebene der der einzelnen Sprachsegmente STS bilateral mit einem sensorisch-motorischen Interface, dem die Transformation von sensorischem zu motorischem Code (und zurück beim Sprechakt) obliegt die linke Area Spt (sylvischparietale-temporale Areal ) 2. auf Ebene der Sequenzierung der Sprachsegmente posteriorer Gyrus frontalis inferior = Broca-Area; der prämotorische Kortex 46
47 Dual Stream Model Der dorsale Pfad 47
48 48
49 V. Das Integrative Speech Processing Framework von Kotz und Schwartze (2010) Parameter-basierter Ansatz Ebene: Sprachverarbeitung und Sprachproduktion. 49
50 Integrative Speech Processing Framework Sprache transportiert Energiemuster über die Zeit. Benötigt: Ein Interface für die Integration der Outputs der Systeme für die auditorische und temporale Verarbeitung. Geeignet: Motorsysteme da effiziente Bewegung ein akkurates Timing und eine hohe zeitliche Koordination der einzelnen Muskelgruppen voraussetzt. Ausgewählte Kandidaten: Cerebellum und Basalganglien - erfüllen nicht nur bei motorischen Aufgaben, sondern auch bei kognitiven Leistungen die Funktion von Schrittmachern. 50
51 Integrative Speech Processing Framework - Sprachverarbeitung Stadien der Sprachverarbeitung: Hörbahn Thalamus als Relais primärer auditorischer Kortex im Temporalkortex Cerebellum 51
52 Integrative Speech Processing Framework - Sprachverarbeitung Bei der weiteren Verarbeitung des Sprachsignals werden dann zwei parallele auditorische Verarbeitungspfade unterschieden: 1. Prä-attentive Encodierung der ereignisbasierten temporalen Struktur im Cerebellum. Es ist über den Thalamus mit dem Frontalkortex verbunden 2. Im temporalen Kortex Verarbeitung des Sprachsignals bis zum Abruf der Gedächtnisrepräsentation. Der Temporalkortex projiziert in den Frontalkortex. 52
53 Integrative Speech Processing Framework - Sprachverarbeitung presma bindet die temporale Struktur, erhält Input vom Cerebellum und schickt Informationen an den dorsolateralen Präfrontalkortex. Dieser integriert die Gedächtnisrepräsentationen und die temporalen Informationen. Die durch Aufmerksamkeit modulierbaren Basalganglien evaluieren die temporalen Beziehungen und unterstützen die Extraktion regelmässiger Zeitmuster. Basalganglien zuständig für Re-Analyse und Re- Sequenzierung, wann immer die temporale Struktur eines Stimulus unvertraut oder inkongruent ist. 53
54 Integrative Speech Processing Framework - Sprachverarbeitung 54
55 Integrative Speech Processing Framework - Sprachproduktion 55
56 Integrative Speech Processing Framework Bedeutung des Thalamus Das eingehende auditorische Sprachsignal wird immer vom Thalamus vorverarbeitet. Der Thalamus reagiert auf Input entweder in einem tonischen Modus oder mit Salven. Tonischer Modus = Funktion, die Linearität des Signals aufrechtzuhalten. Salven = Funktion eines Wecksignales für den Frontalkortex. Spekulation: Salven-Feuer kennzeichnen die salienten Wechseln des Energielevels des Inputs. Solche thalamischen Salven wären damit in der Lage, die zeitlichen Beziehungen zwischen verschiedenen Ereignissen für die weitere Verarbeitung im Kortex zu vermitteln und auch verstärken. 56
57 Integrative Speech Processing Framework Bedeutung des Thalamus 57
58 Take Home Message Parameter-basierte Ansätze sind geeigneter, die neurobiologischen Abläufe bei der Sprachverarbeitung zu erklären. Die Verarbeitung des primären Sprachsignals erfolgt bilateral - keine anatomische Lateralisierung der Sprachverarbeitung, jedoch eine funktionale Asymmetrie, bzw. eine zeitliche Asymmetrie der präferiert verarbeiteten Einheiten des Sprachsignals. Die weitere Verarbeitung von Sprache ist grösstenteils in der sprachdominanten linken Hemisphäre angesiedelt. Der Sprachverarbeitung liegen zeitlich dynamische Netzwerke zugrunde, in denen kortikale, subkortikale und cerebelläre Areale interagieren. 58
59 Sind diese Aussagen richtig? 1. Hickok und Poeppel postulieren in ihrem Modell der Sprachverarbeitung einen ventralen und dorsalen Verarbeitungsstrang. Der dorsale Strang ist ein Analogon zum dorsalen Strang der visuellen Verarbeitung, der hier die Funktion eines where -Stranges hat. 2. Dem Dynamic Dual Pathway-Modell von Friederici et al. liegt ein parameter-basierter Ansatz zugrunde. 3. Nach der AST-Hypothese von Poeppel liegt schon in den primären auditorischen Cortices eine funktionale Asymmetrie vor. Der rechte A1 präferiert die Verarbeitung von Sprachinput in kurzen Zeitskalen von 25-50ms, der linke A1 in langen Zeitskalen von ms. 4. Es gibt im Gehirn einen Gyrus, der nur für die lexikalische Sprachverarbeitung zuständig ist und das ist der linke Gyrus lingualis. 5. In die Verarbeitung von Sprache sind nur Areale des Kortex involviert. 6. Die Area Spt, die im Modell von Hickok und Poeppel eine wichtige Rolle in der Sprachproduktion spielt, hat die Funktion eines lexikalischen Interfaces. 59
60 Literatur: Boemio, A., Fromm, S., Braun, A., & Poeppel, D. (2005). Hierarchical and asymmetric temporal sensitivity in human auditory cortices. Nature Neuroscience, 8, Friederici, A.D. (2002) Towards a neural basis of auditory sentence processing. Trends in cognitive Science, 6, Friederici, A.D., & Alter, K. (2004). Lateralization of auditory language functions: A dynamic dual pathway model. Brain and Language, 89, Friederici, A.D., von Cramon, D.Y., &. Kotz, S.A. (2007). Role of the Corpus Callosum in Speech Comprehension: Interfacing Syntax and Prosody. Neuron, 53, Hickok, G. (2009). The functional neuroanatomy of language. Physics of Life Reviews, 6, Hickok, G., & Poeppel, D. (2004). Dorsal and ventral streams: A framework for understanding aspects of the functional anatomy of language. Cognition, 92, Hickok G., & Poeppel D. (2007). The cortical organization of speech processing. Nature Review Neuroscience, 8, Kotz, S.A., & Schwartze, M. (2010). Cortical speech processing unplugged: a timely subcortico-cortical framework. Trends in Cognitive Sciences 14, Poeppel, D. (2003). The analysis of speech in different temporal integration windows: Cerebral lateralization as asymmetric sampling in time. Speech Communication, 41, Poeppel, D. & Embick, D. (2005). The relation between linguistics and neuroscience. In Twenty-first century psycholinguistics: four cornerstones (ed. A. Cutler), pp Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates, Inc.
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