Dr. med. Johannes Mattes Brandenburg/Havel

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Maja Franke
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1 Medizin nach Rezept oder als persönliche Hinwendung? Als Onkologe und Psychotherapeut in der Niederlassung Dr. med. Johannes Mattes Brandenburg/Havel

2 Teil 1 Niedergelassener Onkologe und Psychotherapeut

3 Wer bin ich? Wo stehe ich? Arzt sein in der Onkologie. Mein persönlicher Weg: Ausbildung in Innerer Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie ESMO-Examination Palliativmedizin seit Zulassung als niedergelassener Onkologe 1 Jahr Psychosomatik/Suchtmedizin 1 ½ Jahre Neurologie Balintgruppenarbeit 3 Jahre Zusatzausbildung in Psychotherapie Ausbildung in Hypnosetherapie seit Zulassung als ärztlicher Psychotherapeut Seit 2012 Studium der Kulturwissenschaften

4 Ich bin Ihr Onkologe und Psychotherapeut? Geht das? Als Onkologe ist es erforderlich, Patienten zum Teil sehr toxische zytostatische Therapien zu verabreichen, sozusagen Medizin nach Rezept Als Psychotherapeut bin ich eine Ansprechpartner für seelische Nöte und Konflikte im Zusammenhang mit Tumortherapien; im Vordergrund steht die persönliche Hinwendung

5 Konfliktbeispiel Als Onkologe leite ich eine toxische Chemotherapie ein, die unter Umständen mit vielen Nebenwirkungen behaftet ist. Nicht jede Therapie führt zum gewünschten Ziel. Beim Patienten können Zweifel an der Sinnhaftigkeit entstehen. Es können auch (versteckte) Aggressionen und Wut gegenüber dem Onkologen auftreten.

6 Konfliktbeispiel Forts. Als Onkologe bin ich vom Ergebnis der Tumortherapie beeinflusst: z.b. Ich fühle mich gut, wenn die Therapie gelingt; entsprechend bin ich enttäuscht, wenn die Therapie mißlingt oder der Patient diese ablehnt. In diesen Situationen bin ich befangen, dem Patienten die nötige persönliche Hinwendung zu geben.

7 Aktuelles Patientenbeispiel: Frau S., geb. 1961, Mammakarzinom Invasiv duktales Mammaca ED 2011 TNM: pt1 pn0 Hormonrez. pos. Her2neu: negativ Z.n. BET/sn-Ex. Z.n. Radiotherapie Antihormonelle Th. mit Tamoxifen abgebrochen Sozialanamnese: verh., Sohn 1993 verstorben, Hochbautechnikerin, hatte eigene Firma mit mehreren Angestellten bis 2011 aktuell: phys.-psych. Dekomp.

8 Konfliktpotentiale 1.) Therapieabbruch Tamoxifen 2.) Umstellung auf Exemestan seitdem massive Gelenk- und Gliederschmerzen 3.) Patientin möchte auch Exemestan-Therapie abbrechen 4.) Kennt Ihren Gynäkologen seit 30 Jahren, hat auch seine private Tel.nr., darf ihn sogar abends anrufen; zunehmende Verunsicherung beiderseits im Rahmen der Krebserkrankung der Patientin 1.) laut Reha-Bericht Wiederaufbrechen der Trauer um den verstorbenen Sohn 2.) Mutlosigkeit, Aufgabe der eigenen Firma 3.) zunehmender Partnerschaftskonflikt

9 Fazit: Vielschichtige Beschwerden und Problemfelder (zu viel für einen allein) Wir benötigen hierfür ein multiprofessionelles Team Um begleiten zu können, benötigen wir das Zusammenspiel verschiedener Professionen: Arzt/Ärztin, Krankenpfleger/-schwester, Sozialarbeiter/-in, Psychologe/-in, Physiotherapeut(-in), SAPV-Team etc. aber auch Heilpraktiker(-in), Ernährungsber., Naturarzt/-ärztin. Alle sollten eingebunden werden.

10 Teil 2 Medizin nach Rezept oder als persönliche Hinwendung?

12 Zitat aus: T. Terzani: Noch eine Runde auf dem Karussell ich war für sie ein Körper, ein erkrankter Körper, der zu heilen war. Da mochte ich noch so sehr insistieren, dass ich doch sehr viel mehr sei: Verstand, vielleicht auch Geist, ganz sicher aber jede Menge Erfahrungen, Geschichten, Gefühle, Gedanken und Emotionen, die mit meiner Krankheit wahrscheinlich ziemlich viel zu tun hatten.

13 Zurück zu unserer Patientin: Ganzheitliche Sichtweise trotz multiprofessioneller Hilfe: Auch wenn ich nur für einen Aspekt zuständig bin, sollte ich die Patientin in Ihren vielen wunderbaren Facetten erfassen und verstehen: Körper (Beschwerden) Geist/Verstand (eigene Ideen, was für sie wichtig ist) Gefühle/Gedanken/Träume Erfahrung (hat Firma geleitet, Kind verloren, Krebserkrankung durchlitten)

14 Quelle: Prof. Dr. Hartmut Schröder, Lehrstuhl für Sprachgebrauch und Therapeutische Kommunikation, Europa-Univ. Viadrina Frankfurt/O.

15 Bedeutung der persönlichen Hinwendung Studie von Temel et al.: Early Palliative Care for Patients with Metastatic Non-Small-Cell Lung Cancer, NEJM 368;8, August 2010, S.733f (insg. 107 untersuchte Patienten) Die Patienten der Palliativgruppe hatten eine bessere Lebensqualität, zeigten seltener depressive Symptome (16 % vs. 38 %, p = 0.01) und bekamen weniger aggressive Therapien am Lebensende (33 % vs. 54 %; p = 0.03). Die Patienten der Palliativgruppe lebten drei Monate länger als in der Kontrollgruppe (11.6 vs. 8.9 months; p = 0.02)!

16 Bedeutung des Settings und der Erwartung Colloca & Benedetti (2005) Natur Rev Neurosc 6:545 Schmerz nach OP (Thyroektomie) Metamizol oder Buprenorphin Offen (persönliche Hinwendung) gegeben oder verdeckt injiziert durch Computer (Medizin nach Rezept per Computer)

18 Achtsamkeit des Therapeuten Achtsamkeit verbessert die Effektivität von Therapeuten (Grepmair et al., 2007 Psychoth Psychsom 6:332) Studie: 18 Therapeuten erhielten randomisiert entweder 1 Stunde Soto-Zen Meditation oder nicht. Behandlung der Patienten wie üblich (n= 61/63), Patienten verblindet. (Patienten wussten nicht, ob ihr Therapeut vorher meditierte). Ergebnis der Studie: signifikante Verbesserungen in SCL 90 & VEV bei den Patienten, die von einem Therapeuten behandelt wurden, der vor der Therapiestunde meditierte. SCL = häufigster psychometrischer Breitbandtest zu psych. Symptomen VEV = Veränderungsfragebogen zu Verhalten und Erleben

19 Und was lernen wir daraus?: Medizin zusammen mit persönlicher Hinwendung und Achtsamkeit dann kann die Onkologie sogar richtig Spaß machen!

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