KULTURWISSENSCHAFTEN PHILOSOPHIE; WELTANSCHAUUNG. Personale Informationsmittel. Carl SCHMITT. Thomas Hobbes. Staatslehre

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1 B BA KULTURWISSENSCHAFTEN PHILOSOPHIE; WELTANSCHAUUNG Personale Informationsmittel Carl SCHMITT Thomas Hobbes Staatslehre 15-4 Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes : Sinn und Fehlschlag eines politischen Symbols / Carl Schmitt. Mit einem Anhang sowie einem Nachwort des Herausgebers / [Günter Maschke] Aufl. - Stuttgart : Klett-Cotta, S. ; 21 cm. - ISBN : EUR [#4474] Dieses Buch nimmt im Gesamtwerk des Autors einen besonderen Platz ein. 1 Denn es dokumentiert trotz seiner Kürze vergleichsweise ausführlich die Auseinandersetzung mit dem englischen Philosophen Hobbes, der für Carl Schmitt ein zentraler Bezugspunkt war. 2 Das Titelsymbol des Hauptwerks von Hobbes, des Leviathan, 3 schlug auch einen politischen Theologen wie Carl Schmitt in seinen Bann, der Hobbes seiner eigenen Konzeption des Staates anverwandelte, dafür aber auch von einem katholischen politischen Theologen wie Álvaro d'ors heftig kritisiert wurde. Es ist jedenfalls die Wirkmächtigkeit des alttestamentlichen Bildes jenes Seeungeheuers, 4 1 Siehe dazu Die Lehre Carl Schmitts : vier Kapitel zur Unterscheidung politischer Theologie und politischer Philosophie / Heinrich Meier Aufl., mit einem Rückblick : Der Streit um die politische Theologie. - Stuttgart ; Weimar : Metzler, S. : Ill. ; 21 cm. - ISBN : EUR [#0563]. - Hier S Rez.: IFB 09-1/2 2 Siehe auch Der Hobbes-Kristall : Carl Schmitts Hobbes-Interpretation in der Diskussion / Rüdiger Voigt (Hg.). - Stuttgart : Steiner, S. ; 24 cm. - (Staatsdiskurse ; 7). - ISBN : EUR [#0638]. - Rez.: IFB 09-1/2 3 Siehe aus neuerer Zeit Die Bilder des Leviathan : eine Deutungsgeschichte / Philip Manow... (Hrsg.) Aufl. - Baden-Baden : Nomos-Verlagsgesellschaft, S. : Ill. ; 19 cm. - ISBN : EUR [#2630]. - Rez.: IFB Zum Komplex der Seeungeheuer sei am Rande verwiesen auf Seeungeheuer und Monsterfische : sagenhafte Kreaturen auf alten Karten / Chet Van Duzer. - Darmstadt : von Zabern, S. : zahlr. Ill., Kt. ; 29 cm. - Einheitssacht.: Seamonsters on medieval and Renaissance maps <dt.>. - ISBN : EUR [#4353]. - Rez.: IFB

2 die den Ansatz- und Ausgangspunkt für Schmitts Lesart bietet, das zudem, womit die mythologische Dimension weiter unterstrichen wird, mit dem Landungeheuer Behemoth zusammengedacht werden muß, mit dem Hobbes eines seiner anderen Bücher betitelte. 5 Ob man allerdings Carl Schmitt deswegen sinnvollerweise als politischen Zoologen bezeichnen kann, sei hier einmal dahingestellt, denn eine solche Bezeichnung betrifft nicht den denkerischen Kern seines Werkes. 6 Schmitt referiert zunächst die mythologischen und biblischen Bezüge auf den Leviathan und den Behemoth, geht auf christliche wie jüdische Interpretationen ein und setzt dann seine eigene Leviathan-Deutung vor allem gegen angebliche Deutungen durch die Juden ab, was auch eine deutliche antisemitische Komponente hat (so etwa S. 18). Schmitt selbst möchte einen ganz anderen Horizont eröffnen und den Leviathan des Hobbes in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen (ebd.). Es stellt sich für Schmitt die Frage, ob Hobbes als Prophet des Leviathan mit diesem Symbol eine klare und sichere Front bezogen hat (S. 20). Wie schon die militärische Sprache zeigt, geht es Schmitt hier um eine polemische Konstellation, um eine Freund-Feind-Frage, die ihn auch dazu bringt, in eine Auseinandersetzung mit der Hobbes- und Spinozadeutung von Leo Strauss zu treten, 7 dessen spätere Arbeiten über Hobbes Schmitt damals noch nicht kannte (S ). 8 Schmitt stellt den jüdischen Interpreten als deutsche Deutung die von Helmut Schelsky entgegen, der interessanterweise betonte, daß Hobbes einen Kampf gegen jede politische Theologie führte (S. 22), womit Schmitt kaum einverstanden gewesen sein kann. Denn er selbst versuchte Hobbes für seine eigene politische Theologie zu vereinnahmen, was er dadurch versuchte, daß er meint, der Staat könne als innenpolitische Friedensformel die Anerkennung des Satzes von Hobbes 5 Soeben erschien dieses Buch in einer neuen Ausgabe: Behemoth oder Das Lange Parlament / Thomas Hobbes. Übers., mit einer Einl. und Anm. hrsg. von Peter Schröder. - Hamburg : Meiner, LXVII, 256 S. ; 19 cm. - (Philosophische Bibliothek ; 680). - Einheitssacht.: Behemoth or The Long Parliament <dt.>.- ISBN : EUR [#4449]. - Rez.: IFB Die Bezeichnung, die dort auch auf Derrida angewendet wird, findet sich in: Die Tiere der Politischen Theorie / Alexander Kling. // In: Tiere : kulturwissenschaftliches Handbuch / hrsg. von Roland Borgards. - Stuttgart : Metzler, VIII, 323 S. ; 25 cm. - ISBN : EUR [#4457]. - S Eine Rezension in IFB ist vorgesehen. 7 Siehe dazu auch zuletzt Reading between the lines - Leo Strauss and the history of early modern philosophy / ed. by Winfried Schröder. - Berlin [u.a.] : De Gruyter, S. ; 24 cm. - (New studies in the history and historiography of philosophy ; 3). - ISBN : EUR [#4467]. - Eine Rezension in IFB ist vorgesehen. 8 Strauss verdankte sein Stipendium zur Hobbes-Forschung auch der Fürsprache Schmitts, der sich in Berlin einige Male mit Strauss getroffen hatte. Siehe auch Tagebücher / Carl Schmitt. Hrsg. von Wolfgang Schuller in Zsarb. mit Gerd Giesler. - Berlin : Akademie-Verlag, XII, 519 S. : Ill. ; 25 cm. - ISBN : EUR [#1667]. - Rez.: IFB

3 fordern, that Jesus is the Christ. Das ist im Lichte der Gesamtsystematik von Hobbes sowie seiner Religionskritik aber keine überzeugende Deutung. 9 Die Stoßrichtung von Schmitts Schrift gegen drei jüdische Feinde des Leviathan, worauf auch Maschke ausführlich eingeht (S ), nämlich Spinoza, Mendelssohn und Friedrich Julius Stahl (siehe auch S ). Darin wird man mindestens eine eigenwillige Stilisierung der Ideengeschichte sehen müssen, insofern Schmitt das Fingieren einer einheitlichen jüdischen Denktendenz dazu verwendet, eine Art konsequenzlogischen Verfall zu demonstrieren, nämlich des Staates (S. 214). Nun ist es aber auch mit der Gestalt des Leviathan als politischem Symbol so eine Sache, worauf Schmitt selbst nachdrücklich hinweist. Denn bei Hobbes ist der Leviathan gerade kein Seeungeheuer, sondern ausweislich des berühmten Titelkupfers ein großer Mensch, ein aus den Untertanen zusammengesetzter Staatskörper. Die Bildmetaphorik Hobbes' ist daher von Ambivalenzen geprägt, die auch noch Schmitts eigenes Werk berühren. Um hier nur einen weiteren Punkt von Schmitts Buch herauszugreifen: Schmitt nutzt die Interpretation von Hobbes dazu, den staatstheoretisch für ihn wichtigen Punkt herauszustellen, daß nämlich eine enge Verbindung zwischen Schutz und Gehorsam besteht, worin auch ein Aspekt der Lehre von Hobbes liegt, der sich mit den Begriffen und Idealen des bürgerlichen Rechtsstaates sehr gut vereinbaren lasse (S ; vgl ). Dieser Zusammenhang ist der Angelpunkt der Staatskonstruktion des Hobbes (S. 113), auf den hinzuweisen gerade unter der nationalsozialistischen Diktatur, die Schmitt ja selbst unterstützt hatte, heikel sein mußte: Hört der Schutz auf, so hört auch der Staat selber auf und jede Gehorsamspflicht entfällt. Dann gewinnt das Individuum seine 'natürliche' Freiheit wieder (S. 113). Wie auch immer man Schmitts Hobbes-Deutung auch im Kontext seiner Zeitgenossen bewerten mag 10 - Schmitt jedenfalls machte Hobbes als einen unvergleichlichen politischen Lehrer stark (S. 131), der zwar zu seiner 9 Siehe zum gesamten Problem, warum man Hobbes keine politische Theologie zuschreiben kann, die substantielle Arbeit Die Entmachtung Gottes durch den Leviathan : Thomas Hobbes über Religion / Dietrich Schotte. - Stuttgart- Bad Cannstatt : Frommann-Holzboog, S. ; 25 cm. - (Quaestiones ; 17). - Zugl.: Marburg, Univ., Diss., ISBN : EUR [#3346]. - Rez.: IFB Eine andere Sicht auf die Bedeutung der Theologie bei Hobbes findet man in Vertrag und Gesetz : das Naturrecht und die Bibel bei Grotius, Hobbes, Spinoza / Stefanie Ertz. - Würzburg : Königshausen & Neumann, S. ; 24 cm. - (Epistemata : Reihe Philosophie ; 538). - Zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 2008 u.d.t.: Naturrecht und göttliches Gesetz. - ISBN : EUR [#3660]. - Eine Rezension IFB ist vorgesehen. 10 Siehe auch für einen Seitenblick auf solche zeitgenössischen Kontexte mit starkem Hobbes-Bezug Das Bild Englands und der englischen Aufklärung in der Geschichtsschreibung Ricarda Huchs / Till Kinzel. // In: Angermion : yearbook for Anglo-German literary criticism, intellectual history and cultural transfers. - 9 (2016), S (im Druck).

4 Zeit vergeblich lehrte, aber vielleicht auch gerade deshalb zu einem echten Lehrer einer großen politischen Erfahrung werden konnte (S. 132). In Ergänzung zum eigentlichen Buchtext zeichnet sich der vorliegende Band dadurch aus, daß er die fortgesetzte Auseinandersetzung Schmitts mit Hobbes und der Hobbes-Deutung dokumentiert, die Schmitt in seinem Besprechungsaufsatz Die unvollendete Reformation durchgeführt hat. 11 Hier führt Schmitt die Sache seiner politischen Theologie weiter, die auch Hobbes eine solche unterschiebt. Der Band enthält das inzwischen historisch gewordene, lange Nachwort von Günter Maschke, das einen wichtigen Stand der Schmitt-Rezeption markiert. Der Text ist nach wie vor höchst lesenswert, auch und gerade, weil er sich urteilsstark positioniert und so manchen Leser dazu motivieren dürfte, andere Wertungen vorzunehmen. Hier sei nur exemplarisch darauf hingewiesen, daß Maschke in dem wichtigen Abschnitt über Hamann ein überzogen kritisches Urteil über Moses Mendelssohn fällt, wenn er behauptet, dieser sei ein eher zweitrangiger Autor mit einer Neigung zu menschenfreundlichen Plattheiten (S. 216). Das ist deswegen bedauerlich, weil die Forschungen der letzten Jahre gerade zu Mendelssohn gezeigt haben, daß man es hier sehr wohl mit einem bedeutenden Autor zu hat, den man nicht so leichthin abtun sollte 12 selbst wenn man mit Leo Strauss die Meinung teilen sollte, es sei wahr, daß Hamanns Golgatha und Scheblimini Mendelssohn's Jerusalem s. z. s. [sozusagen] unendlich an Tiefe übertrifft Erfreulich, wenn auch nicht gleich zu erkennen, ist der Umstand, daß in der vorliegenden Auflage ein editorisches Versehen zumindest im einer Errata-Liste S. 136 korrigiert wurde, auf dessen Bedeutung Heinrich Meier bereits hingewiesen hatte, nämlich die Auslassung der Seitenangabe 44 auf S. 153 in der Fußnote, die sich auf Samuel Mintz' The hunting of Leviathan bezieht, der an dieser Stelle auf Leo Strauss verweist. Siehe Carl Schmitt, Leo Strauss und "Der Begriff des Politischen" : zu einem Dialog unter Abwesenden / Heinrich Meier durchges. und erw. Aufl. - Stuttgart ; Weimar : Metzler, S. ; 21 cm. - ISBN : EUR [#3058]. Hier S Rez.: IFB Siehe vor allem Moses Mendelssohn / hrsg. von Heinz-Ludwig Arnold und Cord-Friedrich Berghahn. - München : Edition Text + Kritik, S. ; 24 cm. - (Text + Kritik : Sonderband ; 2011). - ISBN : EUR [#2049]. - Rez.: IFB Facetten des Menschen : zur Anthropologie Moses Mendelssohns / Anne Pollok. - Hamburg : Meiner, S. ; 23 cm. - (Studien zum achtzehnten Jahrhundert ; 32). - Zugl.: Halle (Saale), Univ., Diss., ISBN : EUR [#0919]. - Rez.: IFB Vgl. auch Moses Mendelssohn und die Krankheit der Gelehrten : psychologischbiographische Studie / Hans-Joachim Schwarz ; Renate Schwarz Aufl. - Hannover : Wehrhahn, S. : Ill., graph. Darst. ; 23 cm. - ISBN : EUR [#3507]. - Rez.: IFB Hobbes' politische Wissenschaft und zugehörige Schriften - Briefe / Leo Strauss. Hrsg. von Heinrich und Wiebke Meier. - 2., durchges. Aufl. - Stuttgart ;

5 All das ändert aber nichts daran, daß es immer noch höchst lehrreich ist, Maschkes gelehrte Abhandlung zu lesen, weil sie eben auch sehr deutlich herausstellt, wie sehr der Bezug auf Hobbes, mit dem Schmitt sich hier positioniert, mit dem Nationalsozialismus über Kreuz war. Denn sowohl der Etatismus Hobbes' als auch sein Individualismus waren mit dem Nationalsozialismus nicht kompatibel. Dazu kommt, daß Schmitts Buch offensichtlich eine kryptische und esoterische Schrift ist, die deshalb nicht wie ein üblicher akademischer Beitrag zur Hobbes-Forschung gelesen werden darf, was aber immer wieder übersehen wurde (vgl. S. 227).Nach Maschke verhält es sich nämlich so: Das eigentliche Thema des Buches konnte im Buch selbst nicht behandelt werden (S. 227). Auch das dürfte zu dem Nimbus des Werkes beigetragen haben, das trotz aller zeit- und persönlichkeitsbedingten Schwächen noch heute ein sorgfältiges Studium verdient. Till Kinzel QUELLE Informationsmittel (IFB) : digitales Rezensionsorgan für Bibliothek und Wissenschaft Weimar : Metzler, XL, 800 S. - (Gesammelte Schriften / Strauss, Leo ; 3). - ISBN Hier S. 766.