mth 4. Weitere Fragen am Ende des Lebens Universität Würzburg Lehrstuhl für Moraltheologie Vorlesung WS 2013/14: Ethische Grundfragen der Medizin
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- Melanie Breiner
- vor 6 Jahren
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1 4. Weitere Fragen am Ende des Lebens 1. Begründete Möglichkeit des Abbruchs künstlicher Ernährung - Künstliche Ernährung scheint zur Grundpflege zu gehören und daher ein Abbruch nicht gerechtfertigt zu sein. Andererseits Möglichkeit auch der sinnlosen Lebensverlängerung. - Arten der künstlichen Ernährung: enteral: PEG, PEJ; parenteral: intravenös - Für die ethische Bewertung ist auch hier die Unterscheidung von gewöhnlichen und außergewöhnlichen Mitteln unzureichend; ebenso die Unterscheidung von natürlicher und künstlicher Ernährung. - Weiterführend ist das Kriterium der Verhältnismäßigkeit bzw. Unverhältnismäßigkeit im Blick auf das Ziel der Ermöglichung eines optimalen Lebensvollzugs. Künstl. Ernährung ist geboten zur Leidensverminderung. Wenn es möglich ist, sollte natürliche Ernährung vorgezogen werden. - Bringt die künstl. Ernährung keine Verbesserung des Lebensvollzugs oder schränkt sie diesen sogar ein, kann bzw. sollte sie unterbleiben. - Im Fall des irreversiblen Komas ist der Abbruch ethisch gerechtfertigt, in Fällen des reversiblen Komas (Wachkoma), in denen ein Wiedererwachen des Bewusstseins nicht auszuschließen ist, ist künstl. Ernährung geboten. 2. Assistierter Suizid - Alternativlösung zur aktiven Sterbehilfe? Beihilfe zum Suizid ist wie auch der Suizid selbst in der BRD nicht strafbar. Nur ärztliche Garantenpflicht und standesrechtliche Festlegungen verbieten Ärzten die Beihilfe. 66. Deutscher Juristentag (2006): Garantenpflicht zurücknehmen; per Gesetz berufsrechtliche Verbote zur Beihilfe streichen. 2.1 Argumente für den assistierten Suizid - Mensch hat das Selbstbestimmungsrecht, sein Leben zu beenden, sofern er informiert und urteilsfähig ist. Es gibt keine Pflicht zum Weiterleben. - Suizidversuche missglücken oft und sind häufig mit schweren gesundheitlichen Schäden und pflegerischen Kosten verbunden. - Suizide ziehen oft andere Menschen mit hinein und traumatisieren sie. - Angebot der Suizidbeihilfe macht es Menschen möglich, über ihre Suizidabsichten zu sprechen (keine Tabuisierung oder Pathologisierung). Dies kann Suizide verhindern. - Palliativmedizin ist zwar wichtig, kann aber nicht in allen Situationen den Suizidwunsch verschwinden lassen. - Missbrauchsgefahr ist wie die Erfahrungen in Oregon zeigen relativ gering. 2.2Problem der traditionellen Begründung des Suizidverbots - Gegen die ethische Erlaubtheit des Suizids werden in der Tradition drei Gründe genannt (Thomas von Aquin; vgl. auch KKK) - Suizid widerspricht der natürlichen Neigung zur Selbsterhaltung (Verstoß gegen Eigenliebe) - Suizid zerreißt das Band der Solidarität (Verstoß gegen Nächstenliebe) - Suizid verstößt gegen Gott, der allein Herr über das menschliche Leben ist (Verstoß gegen Gottesliebe) - Dagegen Einwände von David Hume: - Mensch greift nicht in göttliche Hoheitsrechte ein, sondern macht von seinen ihm vom Schöpfer gegebenen Fähigkeiten Gebrauch. 7
2 - Kein Unrecht gegen die Gemeinschaft, es wird ihr kein Schaden zugefügt, nur eine Wohltat vorenthalten. - Das Leben kann zu einer solchen Last werden, dass man den Tod vorzieht. 2.3 Bewertung auf der Grundlage des Prinzips der Verhältnismäßigkeit - Beihilfe zum Suizid kann ethisch nur dann erlaubt sein, wenn der Suizid selbst ethisch richtig ist. Dies trifft nur auf wenige Situationen zu. In allen anderen Fällen sind verhältnismäßigere Mittel (palliative Maßnahmen und menschliche Begleitung) vorzuziehen. - Dies gilt auch für die objektive ethische Bewertung des Suizids selbst. Außer in den genannten Extremsituationen läuft Suizid darauf hinaus, eine Handlung zu wollen, das jedes weitere Handeln unmöglich macht. Es hat deshalb keinen entsprechenden Grund mehr und stellt einen inneren Widerspruch dar. - Von dieser objektiven Bewertung ist die Frage der subjektiven Schuld zu unterscheiden. - Aber ist die Parallelisierung von Beihilfe zum Suizid und aktiver Sterbehilfe berechtigt? Hat man nicht über sein Leben eine höhere Verfügungsgewalt als über das Leben anderer? - Andererseits besteht die Verantwortung gegenüber sich selbst darin, auch im Blick auf sich selbst verhältnismäßig zu handeln und zu bleiben. 2.4 Einwände und Gegeneinwände - Auch wenn man den Suizidwunsch nicht akzeptiert, ist es inhuman, Menschen, die zum Suizid entschlossen sind, die Begleitung zu verwehren. Andererseits schließt die Begleitung nicht notwendig die Beihilfe mit ein. - Gibt es nicht Situationen, in denen der Suizid biographisch der Würde und Identität des Suizidwilligen entspricht? Andererseits ist die Beilhilfe zum Suizid noch nicht durch die Gewissensentscheidung des Suizidwilligen gerechtfertigt, sondern erst durch die Beurteilung des um Beihilfe Gebetenen. - Das Angebot der Suizidbeihilfe kann in der Realität Suizide auch verhindern (indirekter Nutzen). Andererseits wird Suizidprophylaxe und entsprechende Beratung auch von anderen Stellen angeboten. Diese wären dies kann man aus der Debatte lernen evt. zu verstärken. Außerdem wäre eine Bewusstseinsbildung zu fördern hinsichtlich der Einstellung zum Suizid anderer Menschen. - Eine Änderung des Gesetzes scheint nicht notwendig zu sein. Es wäre zu fragen, ob sich im Standesrecht der Ärzte Extremfälle benennen ließen, in denen Suizidbeihilfe nicht geahndet wird. 3. Patientenverfügung - Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts ( ) 1901a,b und 1094 BGB gemäß dem Entwurf von J. Stüncker / M. Kauch u.a. - Schriftliche Abfassung erforderlich Kann formlos widerrufen werden - Gültig unabhängig von Art und Stadium der Krankheit Keine Reichweitenbeschränkung - Bei Dissens zwischen Betreuer / Bevollmächtigtem und Arzt über gefährdende Eingriffe oder über Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen Vormundschaftsgericht - Grundlage: Medizinische Eingriffe setzen Zustimmung des Patienten voraus. Werden sie abgelehnt, ist dies zu respektieren, auch wenn der Patient damit sich selbst schädigt. Keine Zwangsbehandlung (außer in Ausnahmefällen). Respekt vor der Autonomie hat jedoch seine Grenze bei Wünschen nach ethisch nicht verantwortbaren Maßnahmen. Für die Patientenverfügung bedeutet dies: Ausdehnung des Selbstbestimmungsrechts auf zukünftige Situationen der Zustimmungsunfähigkeit. 8
3 - Ethische Bewertung: - Die Anerkennung der Autonomie des Patienten und des Rechts auf Selbstbestimmung ist in der medizinischen Ethik weitestgehend unumstritten. Dies gilt auch im Blick auf die Frage der Patientenverfügung und die vorwegnehmende Entscheidung. - Andererseits ist diese Voraussetzung aus ethischer Sicht nicht unproblematisch: Wann ist eine autonome Entscheidung wirklich gegeben? Wann ist sie fremdbestimmt? - Autonomie der Entscheidung setzt voraus: Urteilsfähigkeit (klare Erkenntnis der Konsequenzen des eigenen Handelns, Informiertheit); Freiheit des Willens von äußerem / inneren Zwang. - Beides kann jedoch problematisiert werden. Prinzipiell kommt dem Menschen beides zu, dennoch ist beides faktisch oft nicht / nicht voll verwirklicht. - Problematisierung der Urteilsfähigkeit: Man kann die Situation, für die man in der PV eine Entscheidung trifft, nicht wirklich vorwegnehmen; auch nicht das situationsbezogene Arzt- Patienten-Gespräch. Im Unterschied zu sonstigen Entscheidungen geht es hier aber um Leben und Tod. Die Beurteilung eines Krankheitszustands fällt in gesundem Zustand oft negativer aus als in der Situation der Krankheit selbst. Beispiel: Demenz. Problem der Wahrnehmung - Problematisierung der Zwangsfreiheit: Angst vor der Situation der Hilflosigkeit und Angewiesenheit auf andere; Angst, die Würde zu verlieren; Gesellschaftliche Erwartungen und Vorstellungen von lebenswertem Leben; Finanzielle Entspannung im Gesundheitswesen - All dies kann zu einer Einschränkung der Selbstbestimmung und Autonomie beim Erstellen der PV führen. Problem der negativen Selbstbindung durch die PV. Dies ist bei einem verantwortungsvollen Umgang mit PV zu beachten. - Was ergibt sich daraus für einen verantwortungsvollen Umgang mit PV: - Es kann nicht darum gehen, die Autonomie doch wieder nicht ernst zu nehmen oder zu übergehen, dies wäre ein Verstoß gegen die Achtung der Würde. Es kann auch nicht darum gehen, sich herauszuhalten und sich auf den rechtlichen Standpunkt zurückzuziehen. Sonst lässt man Menschen mit ihrer Autonomie allein und untergräbt so gerade die Verwirklichung von Autonomie. - Es muss darum gehen, wirkliche Autonomie zu fördern bei der Verwirklichung selbstbestimmter Entscheidungen zu helfen. Ist Aufgabe der Fürsorgepflicht des Arztes. - Konkrete Aspekte: - Interpretationsbedürftigkeit der PV bewusst halten. - Eingehende Beratung als Voraussetzung für die Wirksamkeit; Hinweis auf die Problematik vorweggenommener Entscheidungen - Ängste auffangen; Angst vor dem Würde-Verlust; doppelter Begriff von Würde ; Bedeutung des Glaubens - Regelmäßige Überprüfung und Erneuerung der PV - Fazit: Unterscheidung zwischen absoluter Autonomie und relationaler Autonomie 9
4 4. Organtransplantation - Der Bedarf an Spenderorganen für Menschen, die ohne diese Organe sterben müssen oder nur mit großen Einschränkungen leben können, ist deutlich größer als die Zahl derer, die einen Organspendeausweis haben. - Mit den intensivmedizinischen Möglichkeiten, Menschen, deren Gehirn nicht mehr oder nicht mehr ganz funktioniert, weiterhin am Leben zu halten, stellt sich eine neue und ungewohnte Frage: Wann genau ist der Mensch tot? - Dies ist keine medizinische Frage, sondern eine philosophisch-anthropologische Frage. Die Medizin kann feststellen, wann der Zustand eingetreten ist, den man als Tod bezeichnet, aber sie kann als Medizin nicht festlegen, ab wann der Mensch als tot gelten soll. 4.1 Deklaration des Hirntodkriteriums wurde von einer Ad-hoc-Kommission der Harvard Medical School das irreversible Koma als der Tod des Menschen festgelegt. Unser primäres Anliegen ist, das irreversible Koma (Coma dépassé) als neues Todeskriterium zu definieren. Es gibt zwei Gründe für den Bedarf an einer neuen Definition: 1. Der medizinische Fortschritt auf den Gebieten der Wiederbelebung und der Unterstützung lebenserhaltender Funktionen hat zu verstärkten Bemühungen geführt, das Leben auch schwerstverletzter Menschen zu retten. Manchmal haben diese Bemühungen nur teilweisen Erfolg: Das Ergebnis sind dann Individuen, deren Herz fortfährt zu schlagen, während ihr Gehirn irreversibel zerstört ist. Eine schwere Last ruht auf den Patienten, die den permanenten Verlust ihres Intellekts erleiden, auf ihren Familien, auf den Krankenhäusern und auf solchen Patienten, die auf von diesen komatösen Patienten belegten Krankenhausbetten angewiesen sind. 2. Überholte Kriterien für die Definition des Todes können zu Kontroversen bei der Beschaffung von Organen zur Transplantation führen. - Als Merkmale für den Hirntod wurden festgelegt: 1) Keine feststellbare Gehirntätigkeit (flaches EEG), 2) keine gehirnabhängige Körpertätigkeit (z.b. spontane Atmung). 4.2 Kritische Positionen - Kritik von Hans Jonas: - Hirntodkriterium ist eine Umdeutung des Todes des Menschen zum Zweck der Organbeschaffung - Wir kennen nicht die exakte Grenze zwischen Leben und Tod - Der Mensch ist nicht von seinem Körper zu trennen und im Gehirn zu lokalisieren - Behandlungsabbruch ist nur im Interesse des Patienten selbst, nicht zu fremden Zwecken gerechtfertigt - Anfrage: Kann man angesichts der neuen medizinischen Möglichkeiten wirklich so im Vagen bleiben? Muss man nicht doch einen Zeitpunkt benennen? - Gegenposition von Peter Singer: - Es ist zu unterscheiden zwischen dem Tod der Person und dem Tod des Organismus : Der Tod des Organismus tritt erst mit dem Ausfall des Hirnstamms ein; der Tod der Person tritt bereits mit dem Ausfall des Großhirns ein - Teilhirntote Menschen sind zwar nicht tot, aber man kann ihnen dennoch Organe entnehmen und sie auf diese Weise töten. - Anfrage: Widerspricht dies nicht unseren moralischen Intuitionen? Wird damit nicht der aktiven Tötung auf Verlangen die Tür geöffnet? 10
5 4.3 Begründung des Hirntodkriteriums - Das Subjekt des Todes ist der Mensch als leib-seelische Ganzheit. Es geht weder nur um den Tod des Körpers noch nur um den Tod der Person. - Es gibt nur einen Tod, nicht mehrere Tode. - Dieser eine Tod besteht 1) im irreversiblen Verlust des Bewusstseins, 2) im Verlust der zentral gesteuerten und integrierten Körperfunktion. - Der Tod ist nicht erst eingetreten, wenn kein einzelnes Organ mehr funktioniert, sondern erst dann, wenn die Fähigkeit zur zentralen Steuerung und Integration zu einem Ganzen verloren ist. - Die Annahme des Ganzhirntods entspricht auch dem bisherigen (traditionellen) Todesverständnis. 4.4 Rezeption - Die Definition wurde 1982 von der Bundesärztekammer übernommen: Mit dem Organtod des Gehirns sind die für jedes personale menschliche Leben unabdingbaren Voraussetzungen, ebenso aber auch alle für das eigenständige körperliche Leben erforderlichen Steuerungsvorgänge des Gehirns endgültig erloschen. Die Feststellung des Hirntodes bedeutet damit die Feststellung des Todes des Menschen. - Dieses Verständnis floss auch in das deutsche Transplantationsgesetz ein, vgl. 3, Abs Auch die Kirchen machten sich 1990 die Position der Bundesärztekammer zu eigen. Der Hirntod bedeutet ebenso wie der Herztod den Tod des Menschen. Mit dem Hirntod fehlt dem Menschen die unersetzbare und nicht wieder zu erlangende körperliche Grundlage für sein geistiges Dasein in dieser Welt. Der unter allen Lebewesen einzigartige menschliche Geist ist körperlich ausschließlich an das Gehirn gebunden. Ein hirntoter Mensch kann nie mehr eine Beobachtung oder Wahrnehmung machen, verarbeiten und beantworten, nie mehr einen Gedanken fassen, verfolgen und äußern, nie mehr eine Gefühlsregung empfinden und zeigen, nie mehr irgend etwas entscheiden. Nach dem Hirntod fehlt dem Menschen zugleich die integrierende Tätigkeit des Gehirns für die Lebensfähigkeit des Organismus: Die Steuerung aller anderen Organe und die Zusammenfassung ihrer Tätigkeit zur übergeordneten Einheit des selbständigen Lebewesens, das mehr und etwas qualitativ anderes ist als die bloße Summe seiner Teile. - Auf die erste Nierentransplantation 1954 reagierte die Kirche zunächst ablehnend. Es handle sich um unerlaubte Selbstverstümmelung. So Pius XI in der Enzyklika Casti connubii (1930) - Die Ablehnung beruhte auf dem Totalitätsprinzip : In die einzelnen Organe darf man nur zum Wohl des ganzen Organismus eingreifen, zu dem sie gehören. - Dennoch wurde intuitiv Organspende als Liebestat empfunden. Daher versuchte man zunächst, das Totalitätsprinzip auf die Menschheit als ganze auszudehnen. - Dieser Versuch wurde von Pius XII abgelehnt. Es bestehe die Gefahr, dass um des Organismus Menschheit willen auf einzelne Menschen Zwang ausgeübt wird. Vgl. dazu auch die Argumentation von Odo Marquard und seine Rede vom Über-Wir. - Rudolf Egenter gelang 1964 eine Begründung der Organspende als Liebestat, nicht unter Rückgriff auf die natürliche Lebenssolidarität, sondern unter Rückgriff auf die übernatürliche Gemeinschaft in Christus. - Entsprechend schreibt der Weltkatechismus und der Deutsche Erwachsenenkatechismus, Bd. II: Organverpflanzung ist sittlich unannehmbar, wenn der Spender oder die für ihn Verantwortlichen nicht im vollen Wissen ihre Zustimmung gegeben haben. Sie entspricht hingegen dem sittlichen Gesetz und kann sogar verdienstvoll sein, wenn die physischen und psychischen Gefahren und Risiken, die der Spender eingeht, dem Nutzen, der beim Empfänger zu erwarten ist, entsprechen. (KKK 2296) Die christlichen Kirchen sehen insgesamt in der Organspende eine Möglichkeit, über den Tod hinaus Nächstenliebe zu praktizieren, treten aber zugleich für eine sorgfältige Prüfung der Organverpflanzung im Einzelfall ein. (DEK, 316) 11
6 6.1 Das deutsche Transplantationsgesetz (TPG) von Organentnahme mit Einwilligung des Organspenders (1) Die Entnahme von Organen ist, soweit in 4 nichts Abweichendes bestimmt ist, nur zulässig, wenn 1. der Organspender in die Entnahme eingewilligt hatte, 2. der Tod des Organspenders nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist und 3. der Eingriff durch einen Arzt vorgenommen wird. (2) Die Entnahme von Organen ist unzulässig, wenn 1. die Person, deren Tod festgestellt ist, der Organentnahme widersprochen hatte, 2. nicht vor der Entnahme bei dem Organspender der endgültige, nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist. (3) Der Arzt hat den nächsten Angehörigen des Organspenders über die beabsichtigte Organentnahme zu unterrichten. Er hat Ablauf und Umfang der Organentnahme aufzuzeichnen. Der nächste Angehörige hat das Recht auf Einsichtnahme. Er kann eine Person seines Vertrauens hinzuziehen. 4 Organentnahme mit Zustimmung anderer Personen (1) Liegt dem Arzt, der die Organentnahme vornehmen soll, weder eine schriftliche Einwilligung noch ein schriftlicher Widerspruch des möglichen Organspenders vor, ist dessen nächster Angehöriger zu befragen, ob ihm von diesem eine Erklärung zur Organspende bekannt ist. Ist auch dem Angehörigen eine solche Erklärung nicht bekannt, so ist die Entnahme unter den Voraussetzungen des 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 und Abs. 2 nur zulässig, wenn ein Arzt den Angehörigen über eine in Frage kommende Organentnahme unterrichtet und dieser ihr zugestimmt hat. Der Angehörige hat bei seiner Entscheidung einen mutmaßlichen Willen des möglichen Organspenders zu beachten. Der Arzt hat den Angehörigen hierauf hinzuweisen. Der Angehörige kann mit dem Arzt vereinbaren, dass er seine Erklärung innerhalb einer bestimmten, vereinbarten Frist widerrufen kann. (2) Nächste Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind in der Rangfolge ihrer Aufzählung 1. Ehegatte, 2. volljährige Kinder, 3. Eltern oder, sofern der mögliche Organspender zur Todeszeit minderjährig war und die Sorge für seine Person zu dieser Zeit nur einem Elternteil, einem Vormund oder einem Pfleger zustand, dieser Sorgeinhaber, 4. volljährige Geschwister, 5. Großeltern. Der nächste Angehörige ist nur dann zu einer Entscheidung nach Absatz 1 befugt, wenn er in den letzten zwei Jahren vor dem Tod des möglichen Organspenders zu diesem persönlichen Kontakt hatte. Der Arzt hat dies durch Befragung des Angehörigen festzustellen. Bei mehreren gleichrangigen Angehörigen genügt es, wenn einer von ihnen nach Absatz 1 beteiligt wird und eine Entscheidung trifft; es ist jedoch der Widerspruch eines jeden von ihnen beachtlich. Ist ein vorrangiger Angehöriger innerhalb angemessener Zeit nicht erreichbar, genügt die Beteiligung und Entscheidung des nächsterreichbaren nachrangigen Angehörigen. Dem nächsten Angehörigen steht eine volljährige Person gleich, die dem möglichen Organspender bis zu seinem Tode in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahegestanden hat; sie tritt neben den nächsten Angehörigen. (3) Hatte der mögliche Organspender die Entscheidung über eine Organentnahme einer bestimmten Person übertragen, tritt diese an die Stelle des nächsten Angehörigen. (4) Der Arzt hat Ablauf, Inhalt und Ergebnis der Beteiligung der Angehörigen sowie der Personen nach Absatz 2 Satz 6 und Absatz 3 aufzuzeichnen. Die Personen nach den Absätzen 2 und 3 haben das Recht auf Einsichtnahme. Eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 5 bedarf der Schriftform. 12
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