Erol Yildiz (16. Jan. 2007) Vorlesung V
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- Edwina Zimmermann
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1 Erol Yildiz (16. Jan. 2007) Vorlesung V
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3 # Saskia Sassen wurde 1949 in Den Haag geboren und zog mit ihren Eltern im Alter von sechs Jahren nach Dublin. Drei Jahre später ging es nach Buenos Aires. Mit sechzehn Jahren übersidelte sie mit ihrer Familie nach Rom. # Durch den Aufenthalt in verschiedenen Ländern spricht sie heute fünf Sprachen fließend. # Nach einem halben Jahr an der Universität von Rom entschied sich Sassen 1966, als Au-pair-Mädchen nach New York zu gehen. Während ihrer Arbeit in der Gastfamilie stieß sie auf das Buch Der Aufstand der Massen von José Ortage y Gasset, das sie schon als Dreizehnjährige für die Soziologie begeistert hatte. Sie studierte Soziologie und später Philosophie. Sie hat seit 1996 einen Lehrstuh für Stadtplanung in Chicago inne und ist verheiratet mit Richard Sennett.
4 # Sassen ist durch ihr Buch The Global Cities im Jahr 1991 weltweit bekannt geworden. Im Mittelpunkt ihrer Schriften steht die neue Rolle von Metropolen im Zeichen der Globalisierung # Ihre Hauptthese ist: Je globalisierter die Wirtschaft ist, desto stärker werden zentrale Funktionen an relativ wenigen Plätzen agglomeriert # Durch aktuelle Globalisierungsprozesse wird die Welt neu formatiert, in der bestimmte Metropolen eine wesentliche Rolle spielen # Für Sassen ist die Migration ein integraler Bestandteil der Globalisierung
5 # Die Globalisierung der Wirtschaft und die damit einhergehende Entstehung globaler Kultur hat die soziale, wirtschaftliche und politische Realität der Nationalstaaten, der länderübergreifenden Regionen und der Städte grundlegend verändert # Nach Sassen existiert die globale Ökonomie nicht irgendwo draußen außerhalb der Nationalstaaten. Um zu verstehen, wie sich globale Prozesse in nationalstaatlichen Gebieten verorten, brauchen wir neue Konzepte und Forschungsansätze. Ein solches Konzept sei die Global City # In ihren Studien versucht sie zu zeigen, wie bestimmte Städte - wie New York, Tokio, London, Sao Paulo, Hongkong, Toronto, Miami, Sydney - zu transnationalen Markt-Räumen entwickelt haben
6 # Auch wenn Nationalstaaten vielen Herausforderungen und Problemen nicht mehr zufriedenstellend begegnen können, bedeutet dies nicht automatisch sein Ende, sondern vielmehr eine Veränderung des Ausmaßes der Kompetenz von nationalen Regierungen # Telematik und Globalisierung sind die beiden Kräfte, die heute den wirtschaftlichen Handlungsraum bestimmen. Das reicht von der zunehmenden Verlagerung wirtschaftlicher Aktivitäten in den virtuellen Raum bis zur Neuerfindung real gebauter Architekturen für diese Aktivitäten
7 # Städte bleiben in der globalisierten Welt die strategischen Knotenpunkte, weil für ökonomische Aktivitäten eine lokale Infrastruktur notwendig ist. D.h. dass global Cities die zentralen Standorte für die Koordination und das Managment globaler Wirtschaftsaktivitäten darstellen # Nach Sassen waren Städte bisher immer mit der Wirtschaft ihrer Region eng verbunden. Aber Städte, die wie New York, London oder Tokio zu strategischen Knotenpunkten in der globalen Wirtschaft geworden sind, neigen dazu, sich von ihrer Region oder gar Nation zu lösen
8 Neue Formen der Zentralität und Marginalität # Telematik und die sich zunehmend globalisierende Wirtschaft sind aufs engste miteinander verknüpft und bringen gemeinsam eine neue Geographie der Zentralität (und der Marginalität) hervor Es gibt vier Formen der Zentralität 1. Das Geschäftszentrum bleibt eine Schlüsselform von Zentralität 2. Das Zentrum kann sich zu einer metropolitanen Region in Form eines Netzes mit Knotenpunkten intensiver geschäftlicher Aktivitäten ausweiten. Da die verschiedenen Knoten durch Datenautobahnen verbunden sind, stellen sie eine neue geographische Zentralität und Macht dar. Diejenigen Orte und Regionen, die aus dem Netz digitaler Autobahnen herausfallen, werden an die Peripherie gedrängt
9 Nach Sassen wird der Begriff der Region durch das regionale Knotennetz neu definiert. Das heißt, durch das neue regionale Knotennetz verliert Geographie nichts von ihrer Bedeutung. Im Gegenteil ist das Knotennetz selber eingebettet in die konventionelle Kommunikationsinfrastruktur. Diese besteht vor allem aus Schnellbahnstrecken und Autobahnen, die zu Flughäfen führen. 3. Wir sind gegenwärtig Zeugen der Herausbildung eines transterritorialen Zentrums durch die Telematik und durch umfassende wirtschaftliche Transaktionen. Die einflußreichsten dieser neuen Geographien der Zentralität auf der zwischenstaatlichen Ebene verbinden die wichtigsten internationalen Finanz- und Handelszentren: New York, London, Tokio, Paris, Frankfurt, Zürich, Amsterdam, Los Angeles, Sydney, Hongkong und andere. Doch diese Geographie schließt heute auch Städte wie Sao Paulo und Mexio City ein.
10 4. Es entstehen neue Formen von Zentralität in elektronisch erzeugten Räumen. Wenn wir davon ausgehen, dass etwa strategische Teile der Finanzwirtschaft in solchen Räumen operieren, dass ist klar, dass diese Räume eine wirtschaftliche Macht darstellen
11 Jetzt einige Aspekte dieser vier Formen von Zentralität: A) Konzentration in einer globalen Informationsökonomie: Eine der zugespitzten Formen von Zentralität ist die weiterhin bestehende und oftmals noch wachsende Konzentration und Spezialisierung von kommerziellen Dienstleistungen in den Großstädten der hochentwickelten Ländern. Je mehr sich die Wirtschaft globalisiert, desto stärker ballen sich zentrale Funktionen in globalen Städten zusammen. Die sprunghaft gestiegene Verdichtung von Bürogebäuden in den Geschäftsbezirken dieser Städte in den 80er Jahren ist der räumliche Ausdruck dieser Logik
12 B) Eine neue Geographie von Zentren und Randzonen: Diese neue Geographie reproduziert teilweise bestehende Ungleichheiten, ist jedoch zum Teil auch Ergebnis einer Dynamik, die für die gegenwärtigen Formen des Wirtschaftswachstums typisch ist. Globale Städte sind Orte riesiger Konzentrationen wirtschaftlicher Macht und Befehlszentralen einer globalen Wirtschaft, während Städte, die einmal wichtige Produktionszentren waren, einen rasanten Niedergang erleiden. Auch innerhalb der globalen Städte entsteht eine neue Geographie der Zentralität und Marginalität. Die Geschäftsviertel und Bürokomplexe erhalten enorme Investitionen in Form von Immobilien und Telekommunikation, während den Stadtteilen mit einkommensschwachen Einwohnern kaum Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
13 Seit langem sind die segmentierten Arbeitsmärkte bekannt. Die neuen Wachstumsformen, die an den Stadträndern sichtbar werden, bedeuten ebenso Krise: Gewalt in den Immigrantenvierteln der Vorstädte.
14 Diese Entwicklungen dürften neue Geographien von Zentralität und Marginalität hervorbringen, die quer zu dem alten Dualismus von armen und reichen Ländern verlaufen C) Die Frage der Zentralität im elektronischen Raum: Der elektronische Raum ermöglicht andere Arten von Macht. Die Finanzmärkte, die größtenteils in den elektronischen Netzwerken agieren, sind ein gutes Beispiel für eine alternative Form von Macht. Die drei Eigenschaften von elektronischen Netzwerken - Schnelligkeit, Gleichzeitigkeit, und grenzlose Verknüpfung -haben Größenordnungen entstehen lassen, die bei weitem alles übertreffen, was wir je in den Finanzmärkten gesehen haben (Netzwerk-Macht)
15 Zusammenfassend drei Thesen, die in der vorgestellten Analyse als Leitfaden dienten: 1. Die territoriale Streuung der wirtschaftlichen Aktivitäten, wovon die Globalisierung eine Form darstellt, fördert das Wachstum zentralisierter Funktionen und Abläufe. Die Informationstechnologien, von denen vielfach geglaubt wird, sie neutralisieren die Entfernungen, tragen in Wirklichkeit zur räumlichen Konzentration bei 2. Zentralisierte Kontrolle und zentrales Management zahlreiche gestreuter wirtschaftlicher Aktivitäten ergeben sich nicht automatisch als Teil eines Weltsystems. Sie erfordern die Produktion einer ganzen Reihe hochspezialisierter Dienstleistungen, eine umfassende Telekommunikationsinfrastruktur sowie produktionsbezogene Dienstleistungen. Die wichtigsten Großstädte fungieren dabei als Zentren.
16 Die tägliche Reproduktion der Metropolen ist auf die Arbeitskraft von Migranten angewiesen Es gibt keine vollständige virtualisierte Firma und keine vollständig digitalisierte Industrie. Migration ist ein wesentlicher Bestandteil der globalen Stadt. Die Transnationalisierung der Arbeitskraft ist deshalb als gleichwertiges Gegenstück zur Transnationalisierung des Kapitals bzw. als Funktionsbedingungen der globalen Wirtschaft zu sehen
17 3. Die wirtschaftliche Globalisierung trug zur Entwicklung einer neuen Geographie von Zentralität und Marginalität bei. Diese neue Geographie ist vieldimensional und auf den verschiedenen Gebieten zu beobachten. So verdienen z.b. hochqualifizierte Spezialisten mehr denn je zuvor, während durchschnittlich und niedrig qualifizierte Arbeitskräfte immer weniger verdienen
18 # Die globalen Städte, die neue ökonomische und politische Möglichkeiten bieten, sind günstige Orte für die Entstehung transnationaler Identitäten und transnationaler Bewegungen # Diese Bewegungen sind für Sassen Anfänge für neue Formen, politisch zu denken und zu handeln. Viele Menschen wollen nicht länger von multinationalen Konzernen regiert werden. Diese Gruppen arbeiten oft themenbezogen und problemlösungsorientiert wie Amnesty International, das sich für Menschenrechte einsetzt, Greenpace, das für den Umweltschutz kämpft und attac, das für eine gerechte Globalisierung plädiert
19 # Das Internet wirke vorteilhaft auf diesen Prozess, indem es den Austausch und die Vernetzung zwischen den einzelnen Gruppen möglich macht und unterstützt. Die elektronischen Technologien ermöglichen zudem, dass die bisher benachteiligten Gruppen eine Stimme bekommen.das Internet wird damit zu einer Form von Politik # Jede Epoche schafft neue Bedingungen für die Art und Weise, wie wir die Demokratie gestalten # Urbane Räume sind konkrete Räume für informelle Politik und erleichtern nicht-formellen politischen Subjekten die Teilnahme an politischen Prozessen
20 # Ein Großteil urbaner Politikformen ist konkret, sie werden durch Personen präsentiert und sind weniger auf die Massenmedien angewiesen. # Durch das Internet werden lokale Initiativen zu einem Teil eines globalen Aktionsnetzwerkes, ohne die spezifischen lokalen Belange aus dem Blick zu verlieren
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22 Saskia Sassen (1997): Metropolen des Weltmarktes. Die neue Formen der global cities. Frankfurt am Main/New York. Saskia Sassen (2000):Wohin führt die Globalisierung? München
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