gutachterlichen Bereich W.Soukop
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- Ida Schneider
- vor 6 Jahren
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Transkript
1 Wiener Forensische Tagung 2017 Vergleich von Diagnosen affektiver Störungen im kurativen und gutachterlichen Bereich W.Soukop
2 Warum dieser Vortrag?
3 Fachärztlicher Befund Seit einigen Jahren ambulante psychiatrische Behandlung wegen Depression. Psychopathologischer Status: Wach, allseits orientiert, Auffassung, Aufmerksamkeit, Konzentration unauffällig. Kein Hinweis auf Denk und Wahrnehmungstörung, Affizierbarkeit in beiden Skalenbereichen vorhanden, leicht negativ getönt, Stimmung subdepressiv, Antrieb reduziert, geringe Stresstoleranz, gelegentlich Alkoholbeikonsum, Nykturie (urologisch identifiziert) Massive Ein und Durchschlafstörungen, keine suizidale Einängung. Diagnose: rezidivierende depressive Störung, ggw. schwere Episode F33.2 Medikamente: Sertralin 50 mg , Trittico Ret. 75 mg 0 0 1, Quetiapin 50 mg Verlauf/Zusammenfassung: Der Pat. befindet sich seit Dezember 2016 in unserer ambulanter Behandlung. Medikamentös eingestellt, nimmt an psychologischen Gesprächen teil. Trotz medikamentöser Unterstützung sein psychischer Zustand nicht verändert, eine Umstellung von Wellbutrin auf Sertralin war nötig. Nicht arbeitsfähig. Pensionierung oder Rehabgeld wird empfohlen.
4 "Die wundersame Genesung von psychisch erkrankten Pensionswerbern Antrag auf Weitergewährung der Pension: Diagnosen laut fachärztlichen Befunden: mittelgradige Depression posttraumatische Belastungsstörung Verdacht auf Borderline Störung Ablehnung der Weitergewährung durch PVA: Diagnose beim Ablehnungsbescheid: Dysthymie (!) Der Antragstellerin wurde die Pension gänzlich entzogen! Es folgte eine komplette Dekompensation mit massiver Verschlechterung der psych. Beschwerden, seit diesem Zeitpunkt ist die Betroffene pflegebedürftig (Stufe 1) und hat sich nicht mehr erholt vom plötzlichen Schock des Existenzgrundlagenverlustes.
5 Bedeutung affektiver Störungen für Versicherungsfall Invalidität Bestehende Pensionen (BU/IP) 2016 Psychiatrische Störungen (39.7 %) m 33,1% / w 54,3% Neuzugänge(BU/IP) 2016 Psychiatrische S (49.9%), m 52%, w 48 % Altersgruppen 50 54: 25% 55 59: 35% Rehabilitationsgeld: davon psych. S. 72, 1% Neuzugänge Rehab Geld 2016: davon wegen psych. S. 61%, Altersgruppen 30 39: 20%, 45 49: 25% F3>F4>F1>F2 Jahrbuch PVA 2016
6 Häufigkeit depressiver Störungen
7 Lebenszeitpraevalenz psychischer Störungen Störung durch psychotrope Substanzen 25,8% Angststörungen 15,1% somatoformen Störungen 12,9% affektiven Störungen 12,3% Persönlichkeitsstörungen 7% PTSD 1 3% Schizophrenie 0,6% Esstörungen 0,7% Frauen sind dabei häufiger von nicht substanzbezogenen psychischen Störungen betroffen und Männer häufiger von Substanzmissbrauch und abhängigkeit. Es zeigt sich ein Trend zu geringerer psychiatrischer Morbidität bei Individuen mit höherer Schulbildung, höherem Einkommen, verheirateten Personen und Personen mit ländlichem Wohnsitz. 42% der Probanden mit einer Lebenszeitdiagnose erfüllten die Kriterien mindestens einer weiteren Störung.
8 Praevalenz Insgesamt sind in einem Jahr durchschnittlich 8,3 Prozent der Bevölkerung depressiv krank. Hinzu kommen Dysthymien (4,4 6 Prozent), eine etwas weniger stark ausgeprägte, aber chronische Variante der Depression, die mindestens zwei Jahre lang dauert. Eher selten sind Depressionen im Rahmen bipolarer Störungen (0,8 Prozent), bei denen auch manische Phasen mit Symptomen von übermäßigem Aktivitätsdrang oder unangemessen euphorischer oder gereizter Stimmung auftreten. Insgesamt leidet mehr als jeder achte pro Jahr an einer affektiven Störung (12 Monate Praevalenz ) Das Risiko, einmal im Leben an einer Depression zu erkranken, beträgt in den USA und in Europa 12 bis 20 Prozent (Lebenszeitprävalenz)
9 Altersverteilung von Depressionen
10 Diagnostische Zuordnung
11 Depressive Störungen aufgelistet nach ICD 10 Bipolare Störung F 31 Depressive Episode F 32 Rezidivierende depressive Störung F 33 Anhaltende affektive Störungen F 34 Angst und Depression gemischt F 41.2 Belastungsabhängige Störungen F43: PTSD, Anpassungsstörungen Depressive Störungen im Rahmen einer schizophrenen Störung Schizoaffektive Störung F 25 Organische affektive Störung F0.6
12 ICD 10 / DSM 5 Depressive Störungen nach DSM 5 Disruptive Mood Dysregulation Disorder Major Depressive Disorder, Single and Recurrent Episodes Persistent Depressive Disorder (Dysthymia) Premenstrual Dysphoric Disorder Substance/Medication Induced Depressive Disorder Depressive Disorder Due to Another Medical Condition Other Specified Depressive Disorder Unspecified Depressive Disorder
13 Diagnostische Kriterien für eine rezidivierende depressive Störung nach ICD 10 zusätzlich zur aktuellen depressiven Episode findet sich in der Anamnese zumindest eine weitere depressive Episode einem mit einem Intervall von mindestens 2 Monaten ohne deutliche affektive Störung bis zur gegenwärtigen depressiven Episode. in der Vorgeschichte findet sich keine hypomanische oder manische Episode die Episode lässt sich nicht auf einen Missbrauch psychotroper Substanzen oder auf eine organische psychische Störung zurückführen
14 Depressive Episoden können nach Schwere und Remissionsgrad eingeteilt werden leicht: es sind mindestens 4 5 depressive Symptome explorierbar; mittelschwer es sind mindestens 6 7 Symptome explorierbar; schwer ohne psychotische Symptome: es sind mindestens 8 Symptome explorierbar; schwer mit psychotischen Merkmalen: Vorhandensein von Wahn oder Halluzinationen;
15 Remissionsgrad Ist die aktuelle depressive Episode abgeklungen, so kann von einer gegenwärtigen Remission gesprochen werden. Bei manchen Patienten bleiben Residualsymptome zurück. Hinsichtlich Remissionsgrad wird unterschieden zwischen teilremittiert: Kriterien für Depressionen sind nicht mehr erfüllt aber es liegen noch einige Symptome vor bzw. der Remissionszeitraum liegt unter 2 Monaten. vollremittiert: mindestens 2 Monate ohne deutliche Symptome der Depression Differentialdiagnose: Dysthymie
16 Rezidivierende kurze depressive Störung F eine häufige aber wenig diagnostizierte Störung Die Kriterien für eine leichte, mittelgradige oder schwere depressive Besuche sind erfüllt. Die depressive Episoden traten im letzten Jahr ca. einmal im Monat auf. Die einzelnen Episoden dauern kürzer als 2 Wochen, typischerweise 2 4 Tage. Die Episoden treten nicht nur in Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus auf.
17 Anhaltende depressive Störungen häufige aber wenig diagnostizierte Störung Zyklothymie F34 zyklothyme, zykloide, affektlabile Persönlichkeit Dysthymie F34.1, Double Depression neurotische Depression, depressive Persönlichkeit sonstige anhaltende affektive Störung F34.8
18 Depressive Störungen außerhalb der Gruppe F3 Angst und Depression gemischt F41.2 Gemischte Angststörung F41.3 Posttraumatische Belastungsstörung F43.1 Anpassungsstörung F43.2
19 Vergleich von Diagnosen aus dem kurativen und gutachterlichen Bereich 170 Stichproben aus Sozialgerichtsgutachten mit Hauptdiagnose einer affektiven Störung verglichen mit Diagnosen nach ICD 10 oder DSM 5 in zeitnahen Befunden niedergelassener FÄ, Ambulanzen und Abteilungen. Strukturiertes klinisches Interview, psychologische Untersuchung, SKID I und II, BDI II, STAI,II, NEO Persönlichkeitsinventar, FPI R. Durchschnittsalter: 52,4 60 % weiblich 40 % männlich Fragestellung: Hauptdiagnosen, Vergleich innerhalb der Gruppen F 3, F 4, F6, Komorbiditäten.
20 Diagnosen in Gruppen und Prozent F30 38 F40 41 F43 F60
21 Diagnostische Zuordnungen depressiver Störungen Diagrammtitel , , ,6 7,6 6 5, ,3 2,9 1,7 3,5 3,5 1,4 2,3 0 F31 F32 F33 ink.f38 F34 inkl. DB F34.8 F41.2 F41.3
22 Diagnosen im kurativen und gutachterlichen Bereich Generelle Übereinstimmung in 38 %, 1,5 Komorbiditäten höchste Übereinstimmung besteht bei bipolaren Störungen, Angststörungen ausgenommen F41.2 und 3 sowohl als Hauptdiagnose als auch komorbide Störung Diskrepanzen zeigen sich insbesondere bei der Diagnose einer mittelgradigen und schweren depressiven Episode, chronischer depressiver Störungen und belastungsabhängiger Störungen insbesondere bei PTSD. Bedeutsame Störungen wie Dysthymie, kurze rezidiv. depr. Störung, sonstige anhaltende affektive Störung, Angst und depressive Störung zu wenig in kurativen Befunden repräsentiert.
23 Befundkritik Psychopathologische Befund oft nicht mit gestellter Diagnose vereinbar Diagnostische Vereinheitlichung auf F33 (Pharmastudien?) Meist keine Störungshypothese Keine Bewertung der Persönlichkeit (Akzentuierung, Störung) Kein therapeutisches Reagieren ersichtlich, wie Dosissteigerung, Wechsel des AD, Kombination, Li Augmentation, stationäre Behandlung Diagnosen fast ausschließliche Aufnahmediagnosen gebessert entlassen findet sich nicht in Diagnose Idente Befunde zu unterschiedlichen Ausstellungsdaten
24 Eine Diagnose steht keineswegs für einen Leistungsanspruch, ist jedoch gemeinsame Sprache zum Verständnis einer Erkrankung oder Störung. Im Gutachten und bei der Erörterung sollten Diskrepanzen zwischen Diagnosen in Befunden und im Gutachten diskutiert werden.
25 Danke für Ihre Aufmerksamkeit Danke für die Mitarbeit an Frau Dr.Natahlie Soulier Institut für forensische Neuropsychiatrie Prinz Eugenstraße
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