Zugangswege und Arbeit mit männlichen Opfern sexualisierter Gewalt

Transkript

1 Zugangswege und Arbeit mit männlichen Opfern sexualisierter Gewalt Magdeburg, 12. Oktober 2011 Dr. Peter Mosser Beratungsstelle kibs, München

2 k ontakt-, i nformations- und b eratungss telle für männliche Opfer sexueller Gewalt

3 Zielgruppe Männliche junge Menschen bis 27 Jahre, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind

4 Zugangswege??

5 1. Theoretische Überlegungen: Missbrauchssystem Aufdeckungssystem Hilfesystem 2. Praktische Überlegungen: Spezialisierte Angebote für männliche Betroffene Wozu? Männliches Hilfesuchverhalten? Wie können betroffene Jungen unterstützt werden?

6 Theoretische Überlegungen Interviews mit betroffenen Jungen und Bezugspersonen

7 1. Missbrauchssystem 2. Aufdeckungssystem 3. Hilfesystem

8 Missbrauchssystem

9 !!???

10 Aufdeckungssystem

11 Opfer Sexuell missbraucht? Sexuell missbraucht Täter Ja,... - unintentional disclosure with confirmation... Sexuell missbraucht pervers...

12 Was ist passiert?

13 Sexuell missbraucht!

14 Sexuell missbraucht!?

15 Hilfesystem

16 ? Sexuell missbraucht!

17 ? Sexuell missbraucht!

18 !

19 ? Sexuell missbraucht!

20 Praktische Überlegungen Spezialisierte Angebote für männliche Betroffene Wozu? Was wissen wir über männliches Hilfesuchverhalten? Wie können betroffene Jungen unterstützt werden?

21 Zentrale Fragen Spezialisierte Angebote für männliche Betroffene Wozu? Was wissen wir über männliches Hilfesuchverhalten? Wie können betroffene Jungen unterstützt werden?

22 Spezialberatungsstelle für männliche Opfer sexualisierter Gewalt Du bist nicht allein! Auch Jungen können sexuell misshandelt werden! Signal an Betroffene, Eltern, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, : Schaut euch auffällige Jungen genauer an! Es gibt ein Hilfsangebot speziell für Jungen, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind

23 Spezialisierte Angebote Wozu? Evaluationsstudie (Wolff & Dannenbeck, 2011): Befragt wurden Beratungseinrichtungen in Bayern (n = 30, hauptsächl. Erziehungsberatungsstellen): In welchem Ausmaß sind Sie mit Fällen von sexueller Gewalt gegen Jungen konfrontiert? Selektive Stichprobe: TN einer Weiterbildungsreihe zum Thema Junge als Opfer sexualisierter Gewalt.

24 Spezialisierte Angebote Wozu? Ergebnisse: Insgesamt wurden 18 Fälle (davon 4 aktuelle) angegeben. Bearbeitungszeit bei berichteten Fällen: 2 bis 3 Stunden.

25 Spezialisierte Angebote Wozu? Fallstatistik kibs (2010): Betroffene: 406 Fachkräfte: 531 Angehörige: 172 Davon: Kurzberatungen (< 3 Kontakte): 170 Betreuungen (> 3 Kontakte): 176 Fachberatungen: 60 ( = 406)

26 Spezialisierte Angebote Wozu? Bedarfsanalyse im Dunkelfeld? Erst die Verfügbarkeit zielgruppenspezifischer Angebote macht das Ausmaß des Bedarfs sichtbar. Es genügt nicht, sexuellen Missbrauch zu thematisieren, um männliche Betroffene zu erreichen. Die männliche Betroffenheit von sexueller Gewalt muss als solche benannt werden.

27 Zentrale Fragen Spezialisierte Angebote für männliche Betroffene Wozu? Was wissen wir über männliches Hilfesuchverhalten? Wie können betroffene Jungen unterstützt werden?

28 Männliches Hilfesuchverhalten Männer nutzen Gesundheitsdienste seltener als Frauen Hilfesuchpraktiken sind komplexe Prozesse, die biologische, psychologische und soziologische Aspekte beinhalten Wenig untersucht ist, inwieweit Gesundheitsdienste auf männliche Themen adäquat vorbereitet sind (Smith, Braunack-Mayer & Wittert, 2006)

29 Männliches Hilfesuchverhalten Männer zeigen ein höheres Ausmaß an gesundheitsbewusstem Verhalten, wenn sie homosexuell oder bisexuell sind... über ein höheres Haushaltseinkommen verfügen... einen höheren Bildungsabschluss haben... traditionelle Männlichkeitsnormen ablehnen... annehmen, dass sich andere Männer gesundheitsbewusst verhalten (Mahalik, Burns & Syzdek, 2007)

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31 Männliches Hilfesuchverhalten Typische psychologische Mechanismen, die Hilfesuche erschweren: Scham Versuche, Symptome zu normalisieren oder zu ignorieren Angst, als lächerlich, schwach, hypochondrisch oder nicht ausreichend männlich zu erscheinen (Galdas, Cheater & Marshall, 2004)

32 Männliches Hilfesuchverhalten Männer scheinen in Gesundheitsfragen häufig auf weibliche Partnerinnen/Verwandte bezogen. Frauen ermuntern zur Aufmerksamkeit gegenüber Gesundheitsangelegenheiten. Frauen assistieren Männer bei der Interpretation von Symptomen. Frauen überreden Männer zur Hilfesuche. (O Brien, Hunt & Hart, 2005)

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34 Zentrale Fragen Spezialisierte Angebote für männliche Betroffene Wozu? Was wissen wir über männliches Hilfesuchverhalten? Wie können betroffene Jungen unterstützt werden?

35 Der will nicht drüber reden

36 Beratung sexuell misshandelter Jungen Indirekte Interventionen Direkte Interventionen

37 Indirekte Interventionen Netzwerkorientierung Inhaltliche Aspekte Nebenschauplätze mit Sogwirkung Arbeit mit Familien

38 Gutachter Gericht Kindergarten Weitere Verwandte Eltern Indirekte Interventionen Netzwerkorientierung Inhaltliche Aspekte Nebenschauplätze mit Sogwirkung Arbeit mit Familien Arzt Jugendamt Schule KJH-Einrichtungen SBH Polizei Rechtsanwalt

39 Gutachter Gericht Kindergarten Weitere Verwandte Eltern Indirekte Interventionen Netzwerkorientierung Inhaltliche Aspekte Nebenschauplätze mit Sogwirkung Arbeit mit Familien Arzt Jugendamt Schule KJH-Einrichtungen SBH Polizei Rechtsanwalt

40 Botschaften ins Hilfesystem Auch Jungen können v. sex. Gewalt betroffen sein Jungen verleugnen häufig die an ihnen begangene Gewalt Wie schlimm ist das, was dem Jungen passiert ist? Was davon ist in Worte zu fassen?

41 und was ist mit dem Opfer?

42 Gutachter Gericht Kindergarten Weitere Verwandte Eltern Indirekte Interventionen Netzwerkorientierung Inhaltliche Aspekte Nebenschauplätze mit Sogwirkung Arbeit mit Familien Arzt Jugendamt Schule KJH-Einrichtungen SBH Polizei Rechtsanwalt

43 Nebenschauplätze mit Sogwirkung Externalisierende Verhaltensweisen des betroffenen Jungen, insbes. Täterverhalten ( bei allem Verständnis ) Familie, z.b. Erziehungsfähigkeit der Mutter Konflikte innerhalb des Hilfesystems

44 Gutachter Gericht Kindergarten Weitere Verwandte Eltern Indirekte Interventionen Netzwerkorientierung Inhaltliche Aspekte Nebenschauplätze mit Sogwirkung Arbeit mit Familien Arzt Jugendamt Schule KJH-Einrichtungen SBH Polizei Rechtsanwalt

45 Direkte Interventionen

46 Direkte Interventionen Bewegliche Kontaktgestaltung Freiheitsgrade der Gestaltbarkeit Reflexion von Elementen einer Missbrauchsbeziehung Vermeidung überfordernder Fragen Variable Settings Lebensweltorientierte/nachgehende Arbeit Beziehungsarbeit unter Berücksichtigung der optimalen Distanz das Prinzip der Reziprozität Ressourcenorientierung Handlungsorientierung Entwicklung einer gemeinsamen Sprache: Die Besprechbarkeit des Unaussprechlichen Im Spannungsfeld zwischen Vergegenwärtigung und Verarbeitung: Von small stories zum life narrative Retraumatisierung vs Komplizenschaft mit der Verleugnung Methoden der inneren Distanzierung allgemeine Bemerkungen Methoden der inneren Distanzierung - Psychoedukation Methoden der inneren Distanzierung - Erzählungen aus der Praxis (Anbieten von Vergleichsschablonen) Methoden der inneren Distanzierung - Zirkuläres Fragen Konstruktion und Utilisierung konkreter Aufträge Abgleichen von Geschwindigkeiten permanente Auftragsklärung Abkehr von der normativen Zielvorstellung der Notwendigkeit einer langfristigen, kontinuierlichen Gesprächspsychotherapie

47 Direkte Interventionen Bewegliche Kontaktgestaltung Retraumatisierung vs Komplizenschaft mit Verleugnung Methoden der inneren Distanzierung Therapie?

48 Retraumatisierung vs Verleugnung Wir behandeln nicht den sexuellen Missbrauch, sondern den betroffenen Jungen. Die Jungen sind nicht nur Opfer sexuellen Missbrauchs, sondern sie werden als vielfältige, ressourcenreiche Persönlichkeiten wahrgenommen. ABER: Wie vermeiden wir die Vermeidung?

49 Therapie? Abkehr von der normativen Zielvorstellung der Notwendigkeit einer langfristigen, kontinuierlichen Gesprächspsychotherapie Akzeptanz diskontinuierlicher Verläufe Mehrdimensionale diagnostische Betrachtungsweise durch Eltern, Lehrkräfte, Beratungsstelle, Systemische, ressourcenorientierte Methoden

50 Wie können Jungs erreicht werden? Durch vielfältige Kontakte in regionalen Hilfesystemen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Jungen zugewiesen werden Botschaft: Es gibt ein Angebot speziell für Betroffene Jungen! Aufkleber in Jungstoiletten bringen nix!

51 Sicherer Ort, zuverlässige Beziehung

52 für Jungs

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