ZEITSCHRIFT DER ARBEITSKAMMER DES SAARLANDES

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1 Heft 5 Juli Jahrgang ZEITSCHRIFT DER ARBEITSKAMMER DES SAARLANDES Bericht an die Regierung des Saarlandes 2013 Für ein lebenswertes und leistungsfähiges Saarland Seite 4 Stadtteil-Initiativen helfen in Brebach und Burbach Seite 22 Ringvorlesung befasst sich an der Saar-Uni mit Wirtschaftsdemokratie Seite 24

2 Muss mein Arbeitgeber an Sonnund Feiertagen einen Lohnzuschlag zahlen? Sie fragen. Wir beraten. Gezielt. Als moderner Dienstleister vertreten wir die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Saarland. Beratung ist für unsere Mitglieder* kostenlos. Fragen Sie uns! *Mitglieder der Arbeitskammer sind alle im Saarland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Terminvereinbarung: Arbeits- u. Sozialrecht /-150/-200 Lohnsteuer Arbeitskammer des Saarlandes Haus der Beratung Trierer Straße Saarbrücken Broschürentelefon: (0681) Internet:

3 Arbeitskammer-Jahresbericht an die Landesregierung Fracking: Risiko aus der Tiefe für die Umwelt? Foto: D Angiolillo In diesem Jahr lautet das Schwerpunkthema des AK-Jahresberichts Für ein lebenswertes und leistungsfähiges Saarland!" Auf gut 370 Seiten werden Leitlinien, Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt. Eine arbeitnehmerorientierte Politik sollte dabei im Mittelpunkt stehen. Seiten 4 12 AUS DEM INHALT TITELTHEMA 4 Arbeitnehmer im Saarland in den Vordergrund stellen 6 Gute Arbeit für hohe Arbeitsqualität 8 Einnahmen müssen verbessert werden 9 Stärkung der industriellen Basis nötig 10 Für bessere Qualität in der Bildung sorgen 12 Kommentar: Zukunft jetzt gestalten ARBEITSWELT 13 Umgang mit vertraulichen Informationen 14 Mitarbeiterbefragung bei SAARLAND Versicherungen WIRTSCHAFT 16 Protest gegen Nachbaugebühren für Saatgut 17 Dauerstreit wegen Gasförderung durch Fracking 18 Einblicke in den Irrweg der Atomwirtschaft ARBEITSMARKT 20 Wie kann der Fachkräftebedarf gedeckt werden? 21 Modell gegen Arbeitslosigkeit: Passiv-Aktiv-Tausch GESELLSCHAFT 22 Saarbrücken: Stadtteile organisieren Hilfe selbst BILDUNG 24 Ringvorlesung über Wirtschaftsdemokratie SOZIALES 26 Carrotmob: Konsumieren für den Klimaschutz GEWERKSCHAFT 27 IG Metall: größte Beschäftigtenbefragung Deutschlands 28 DGB-Aktion für neue Ordnung der Arbeit 29 ver.di-aktionswoche zum Thema Urlaub KULTUR 30 Der Blick von oben im Centre Pompidou Metz 31 Ausstellung in Manderen über Georges Brassens HISTORIE Jahre Fußball-Bundesliga TIPPS 37 Zigaretten beim Zoll richtig deklarieren 38 Verbraucherzentrale gibt Tipps zum Reklamieren 39 Impfung kann Arbeitsunfall sein AK-INTERN 41 AK und Land: Betriebsbarometer Gute Arbeit 3 Foto: picture alliance In den USA wird die Methode praktiziert, Gas aus großer Tiefe durch Druck zu fördern. Die Risiken für die Umwelt sind dabei noch kaum erforscht, weshalb Bürger protestieren. Auch in Deutschland gibt es Widerstand. Ein Gesetz, das Fracking unter Auflagen gestattet hätte, kam bisher nicht zustande. Seite 17 IMPRESSUM Verleger: Arbeitskammer des Saarlandes, Fritz-Dobisch-Straße 6 8, Saarbrücken, Telefon (0681) , Telefax (0681) Herausgeber: Hans Peter Kurtz, Horst Backes Chefredakteur: Peter Jacob Redaktion: Anke Bauer, Gabi Hartmann Anzeigen: Arbeitskammer des Saarlandes, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Telefon (0681) Vertrieb: Christina Baltes, Telefon (0681) presse@arbeitskammer.de Satz + Druck: Ottweiler Druckerei und Verlag GmbH, Ottweiler Titelbild: Kurt Heinemann Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos oder sonstige Beiträge wird keine Haftung übernommen. Mit Namen oder Signum gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Arbeitskammer wieder. Bezugspreis jährlich für 8 Ausgaben 7,50 Euro inklusive Zustellung. Einzelheft 1,50 Euro. Gedruckt auf Umweltschutzpapier.

4 4 TITEL Cartoon: TOM Für ein lebenswertes und leistungsfähiges Saarland Arbeitnehmer in den Vordergrund stellen Zur Sicherung eines eigenständigen und handlungsfähigen Landes braucht es eine arbeitnehmerorientierte Politik. Dafür müssen alle Kräfte zusammenarbeiten. Die Landesregierung ist aufgefordert, einen solchen Prozess zu initiieren und mit höchster Priorität voranzutreiben. Bereits mit dem Titel des Berichts an die Landesregierung Für ein lebenswertes und leistungsfähiges Saarland will die Arbeitskammer einen Zielkorridor für alle gesellschaftlichen und politischen Akteure anbieten. Die Arbeitskammer sieht diesen Bericht als Aufforderung an die Landesregierung, die Anstrengungen zur Sicherung der Zukunft des Saarlandes und damit auch zum Erhalt seiner Eigenständigkeit weiter zu intensivieren, und bietet sich gleichzeitig als verlässlichen Partner für diesen ambitionierten, aber dringend notwendigen Prozess an. Die Empfehlungen sollen als Bestandteil einer konzertierten Aktion verstanden werden, bei der die verzahnte Arbeit aller Akteure an gemeinsam definierten Zielen und in einem grundsätzlich abgestimmten Rahmen dringend notwendig ist. Die Landesregierung muss in diesem Zusammenhang eine moderierende, motivierende und auch integrierende Rolle übernehmen, Grenzen im Denken und Handeln überwinden helfen und dabei konsequent ihre Gestaltungspotenziale in den relevanten Politik- und Handlungsfeldern zum Maßstab der eigenen Strategien machen. Die Landesregierung sollte diese Überlegungen zur Grundlage einer integrierten Landesentwicklungsplanung machen, die das Ziel hat, ein lebenswertes und leistungsfähiges Saarland zu erhalten. Die sechs Handlungsfelder für eine arbeitnehmerfreundliche Politik sind: 1. Haushaltspolitik: Die finanzpolitische Eigenständigkeit erhalten Die Eigenständigkeit des Saarlandes ist derzeit durch die Vorgaben der Schuldenbremse und die Haushaltsüberwachung durch den Stabilitätsrat eingeschränkt. Unter diesen Umständen darf sich die Landespolitik nicht darauf beschränken, die von außen kommenden Kürzungsforderungen umzusetzen. Es müssen Handlungsspielräume eröffnet werden, damit trotz Schuldenbremse die Rahmenbedingungen des Lebens im Saarland positiv gestaltet werden können. Die Schuldenbremse führt in Verbindung mit niedrigen Steuereinnahmen zu einer gesellschaftlichen Umverteilung zu Lasten derer, die auf öffentliche Leistungen angewiesen sind. Die Sanierung der Landesfinanzen darf nicht einem vermeintlich alternativlosen Sparzwang unterworfen werden, sondern sie muss sich an den Aufgaben des Landes und an den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten orientieren. Höhere Einnahmen sind deshalb dringend notwendig, um das Saarland als konkurrenzfähigen Lebens- und Wirtschaftsraum zu erhalten und im Wettbewerb der Regionen bestehen zu können. 2. Ein lebenswertes Saarland Die Diskussion um die Eigenständigkeit des Saarlandes darf nicht auf eine Debatte um ökonomische und haushaltspolitische Rahmenbedingungen reduziert werden. Der Lebens- und Wirtschaftsraum Saarland ist auch und vor allem eine Region, die Menschen verbindet und Identität(en) schafft. Die Arbeitskammer begrüßt die Bemühungen um ein Saarland-Marketing, mahnt aber auch an, dass sich ein solches Marketing nicht auf einen Slogan oder bunte Werbetafeln beschrän-

5 RUBRIK TITEL 5 ken darf. Es müssen klare Ziele formuliert werden, für die es Unterstützung braucht, damit sowohl nach innen wie nach außen nachhaltig an deren Umsetzung gearbeitet werden kann. Aspekte wie Gute Arbeit spielen dabei eine wesentliche Rolle. Aber auch die Kultur im Saarland, kurze Wege und Entscheider vor Ort als Standortvorteil sowie das Saarland als Teil der Großregion unterstreichen den besonderen Charakter des Saarlandes. 3. Wirtschaft: Struktur- und Innovationspolitik an Arbeitnehmerinteressen ausrichten Das Saarland ist Industrieland und soll es bleiben! In keinem anderen Bundesland ist das Wirtschaftswachstum im Guten wie im Schlechten so von der Entwicklung seiner Industrie abhängig. Der industrielle Kern bildet das Rückgrat der saarländischen Wirtschaft, tätigt wichtige Leitinvestitionen und sichert viele Dienstleistungsarbeitsplätze, auch in kleinen und mittleren Betrieben. Industriepolitik soll Rahmenbedingungen schaffen, die zu Wachstum und Wohlstand führen. Wachstum muss aus Sicht der Arbeitskammer qualitativ sein. Die Herausforderung lautet: Wie verbinden wir wirtschaftliche und ökologische Innovationen mit der Perspektive Guter Arbeit? Die Wirtschaftsförderung muss stärker als bisher als ein Instrument zur Erreichung wichtiger politischer Ziele betrachtet werden. Sie muss an erster Stelle der Schaffung von sicheren und fair bezahlten Arbeitsplätzen dienen. Die Energiewende ist eine besondere Herausforderung für das Saarland. In keinem Bundesland ist der Anteil der Industrie am Endenergieverbrauch so hoch wie im Saarland. Diese hoch effiziente, aber energieintensive Industrie bildet das Rückgrat der saarländischen Wirtschaft. Eine verfehlte Energiepolitik, an deren Ende der Industriestandort Saarland nicht mehr international konkurrenzfähig ist, muss daher verhindert werden. Die Arbeitskammer fordert die Landesregierung auf, einen industriepolitischen Dialog zu initiieren, an dem Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Verbände und Kammern beteiligt sind. 4. Gute Arbeit für hohe Arbeitsqualität Hinsichtlich weit verbreiteter atypischer Beschäftigungsverhältnisse und Niedriglöhne besteht zur Verwirklichung Guter Arbeit im Saarland erheblicher Nachholbedarf. Ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn ist überfällig. Positiv zu werten ist die Neufassung des saarländischen Tariftreuegesetzes, das für öffentliche Aufträge ab Euro einen Mindestlohn von 8,50 Euro vorsieht. Dies kann allerdings nur ein erster Schritt sein. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des hohen Anteils von Arbeitslosen ohne abgeschlossene Berufsausbildung ist die berufliche Weiterbildung ein zentrales Element der Arbeitsmarktpolitik. Insbesondere die Instrumente zur Qualifizierung älterer Arbeitnehmer sowie der besseren Arbeitsmarktintegration von Ausländern sind von besonderer Bedeutung. Das AK-Betriebsbarometer 2013 weist für viele Beschäftigte hohe Stresspegel aus. Zeit- und Leistungsdruck prägen das Bild. Die langfristige Sicherung der Arbeitsfähigkeit steht häufig nicht im Blickfeld der betrieblichen Akteure. Bei den Entgelten hat die Arbeitskammer erneut einen hohen Rückstand festgestellt: Er lag im vergangenen Jahr bei insgesamt 8,1 Prozent im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Dabei sind gute Arbeitsbedingungen und faire Entgelte der Schlüssel für eine wirtschaftlich positive Entwicklung. Fachkräftesicherung und die Herausforderungen des demografischen Wandels sind nur mit Guter Arbeit und damit einer nachhaltigen Wirtschafts- und Industriepolitik zu bewältigen. 5. Bildungs- und Forschungspolitik: Schlüssel für die Zukunft Zur Vermeidung bzw. frühzeitigen Behebung des Fachkräftebedarfs in Kindertagesstätten sollten nach Auffassung der Arbeitskammer die Ausbildungskapazitäten gesteigert und insbesondere der Anteil der Hochschulabsolventen im frühkindlichen Bereich erhöht werden. Zudem ist eine Neubewertung und Attraktivitätssteigerung des Erzieherinnenberufs verbunden mit der Verbesserung der Arbeitsbedingungen unerlässlich. Um die unterrichtlichen Rahmenbedingungen und damit verbunden die Qualität an den saarländischen Schulen nachhaltig zu verbessern, müssen insbesondere bei den Kriterien Klassengrößen und Schüler- Lehrer-Relation erhebliche Anstrengungen unternommen werden. Diese Bemühungen erscheinen dringend geboten, um die neue Schulform Gemeinschaftsschule so auszustatten, dass die angestrebte Gleichwertigkeit mit dem Gymnasium auf lange Sicht gewährleistet ist. Ebenso ist eine Qualitätsverbesserung Voraussetzung für den Ausbau und die Weiterentwicklung Gebundener Ganztagsschulen sowie inklusiver Bildung. Die Hochschulen im Saarland erleben seit einigen Jahren eine starke Expansion der Studierendenzahlen. Angesichts weiter steigender Zahlen bei gleichzeitig hohen Leistungserwartungen und wachsendem Konkurrenzdruck im Wissenschaftssystem sind stabile Globalhaushalte mit einer angemessenen Grundfinanzierung Voraussetzung der weiteren Entwicklung. Das gilt ebenso für die Forschungspolitik. Gemessen an der Wirtschaftsleistung und Beschäftigung sind die Forschungs- und Entwicklungs-Aufwendungen im Bundesvergleich unterdurchschnittlich. 6. Mitbestimmung ist unsere Stärke Der Strukturwandel im Saarland war nur mit starken Gewerkschaften möglich. Sie zeichneten sich als Krisenmanager und Gestalter aus und leisten wesentliche Beiträge zur Verbesserung der Lebensund Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder. Auch in der Landespolitik bewährt sich ihre Arbeit. Die Arbeitskammer als institutionelle Vertretung aller saarländischen Arbeitnehmer nimmt durch die Wahrnehmung ihres gesetzlichen Auftrags ebenfalls Einfluss. Die Landesregierung ist gefordert, gemeinsam mit den Gewerkschaften und der Arbeitskammer die wichtigen Projekte Guter Arbeit weiter voranzutreiben. Thomas Otto Der Autor: Thomas Otto ist Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik Bei der Jahrespressekonferenz stellte der AK-Vorstandsvorsitzende Hans Peter Kurtz den Jahresbericht vor. Mit dabei die Abteilungsleiter Carolin Lehberger (r.), Thomas Otto (2. v. r.), Werner Müller (l.) sowie Hauptgeschäftsführer Horst Backes (2. v. l.) und Pressesprecher Peter Jacob Foto: D Angiolillo

6 6 TITEL Die Flexibilisierung der Arbeitswelt setzt Arbeitnehmer verstärkt unter Druck Fotos: D Angiolillo Gute Arbeit für hohe Arbeitsqualität Noch viel zu tun Gute Arbeit ist nicht nur eine Grundvoraussetzung für gute Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten und ihrer Familien, sondern gleichzeitig auch die Grundlage für nachhaltiges Wachstum und hohe Arbeitsqualität. Dabei steht das Saarland vor einer Reihe von Herausforderungen. Gute Arbeit umfasst ein faires, festes und verlässliches Einkommen, eine unbefristete Beschäftigung, die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz und bei den Arbeitsbedingungen, eine sinnvolle Tätigkeit, Anerkennung und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten sowie Gesundheit bei der Arbeit. Hinsichtlich weit verbreiteter Niedriglöhne und prekärer Arbeitsverhältnisse besteht erheblicher Handlungsbedarf, um dem Ziel Guter Arbeit näher zu kommen. So arbeiteten im Jahr 2010 über 22 Prozent der Vollzeitbeschäftigten im Saarland zu Niedriglöhnen. Ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn ist überfällig: Untersuchungen über bestehende branchenbezogene Mindestlohnregelungen haben belegt, dass keine negativen Beschäftigungseffekte aufgetreten sind. Positiv zu werten ist die kürzlich in Kraft getretene Neufassung des saarländischen Tariftreuegesetzes. Die Einhaltung des Gesetzes setzt aber zwingend eine wirksame Kontrolle voraus. Die missbräuchliche Beschäftigung von Werkvertragsarbeitnehmern, die aktuell bekannt geworden sind, zeigt, dass dringender Handlungsbedarf des Gesetzgebers auf Bundes- und EU-Ebene besteht und wirksame Kontrollen notwendig sind. Zentrales Element der Arbeitsmarktpolitik ist auf dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des hohen Anteils von Arbeitslosen ohne abgeschlossene Berufsausbildung insbesondere bei den Jobcentern die berufliche Weiterbildung. Die bestehende Regelförderung, die in den letzten Jahren zudem gekürzt wurde, und die laufenden Sonderprogramme erreichen kaum die Geringqualifizierten im Hartz-IV-System. Eine deutlich verstärkte Förderung könnte einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten. Die Arbeitspolitik in den Unternehmen steht vor großen Herausforderungen. Wegen der zunehmenden Flexibilisierung der Arbeitswelt verlangen Arbeitgeber eine hohe Anpassungsbereitschaft der Beschäftigten. Dies setzt Arbeitnehmer verstärkt unter Druck. Durch die damit einhergehenden psychischen und psychosozialen Belastungen werden viele Beschäftigte krank. Neue arbeitsbedingte Erkrankungen wie Burnout, Depressionen oder Angsterkrankungen steigen an. Die Ergebnisse des AK-Betriebsbarometers 2013 (die im August in ihrer Gesamtheit veröffentlicht werden) geben einen Stresspegel von 70 Prozent an. Zeitund Leistungsdruck, etwa wegen zu hoher Zielvorgaben, prägen das Bild. Das Betriebsklima wird von einem Drittel der befragten Betriebe und Dienststellen als schlecht bezeichnet. Aber auch mit der Führungsqualität steht es nicht zum Besten. Bei der Arbeitszeit zeigt der Vergleich zum Bundesgebiet, dass die Beschäftigten im Saarland bei der Verbreitung der atypischen Arbeitszeiten insbesondere wegen der Schicht- und Nachtarbeit höheren Belastungen ausgesetzt sind. Die langfristige Sicherung der Arbeitsfähigkeit steht häufig nicht im Blickfeld der betrieblichen Akteure. Auch von der Politik wird das Thema Arbeitsfähigkeit weitestgehend durch die ökonomische, nicht aber durch die arbeits- und sozialpolitische Brille betrachtet. Auch wird bei Präventionsmaßnahmen wenig Bezug zum alternsgerechten Arbeiten hergestellt. Die Daten des AK-Betriebsbarometers zeigen, dass alternsgerechte Präventionsmaßnahmen bereits an der Analyse der Altersstruktur scheitern.

7 TITEL 7 Einen wichtigen Ansatzpunkt Guter Arbeit bietet wie im Koalitionsvertrag vorgesehen die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA). Inhaltlicher Beratungsschwerpunkt sollte die Umsetzung des Arbeitsschutzziels Reduzierung psychischer Belastungen sein. Um eine GDA-konforme Präventionsdichte zu erfüllen, müsste das betriebliche Bordpersonal allerdings besser aufgestellt sein. So sind auch Betriebsärzte verstärkt in die Pflicht zu nehmen. Betriebsübergreifend muss mit der Einrichtung eines Arbeitsschutzforums ein landespolitisches Signal gesetzt werden. Es gilt, die relevanten regionalen Partner für eine entsprechende Runde zusammenzuziehen. Auch die ordnungspolitische Kontroll- und Beratungsdichte muss erhöht werden. Familienfreundlichkeit ist ein wichtiger Standortfaktor Familienfreundlichkeit ist inzwischen zwar ein anerkannter Standortfaktor, in der betrieblichen Praxis kommt den Maßnahmen jedoch nur eine untergeordnete Rolle zu. Die konkreten Arbeitsbedingungen (Stress, Hektik und Arbeitszeitflexibilisierung) wirken häufig kontraproduktiv auf eine gelingende Familienfreundlichkeit. Der Ausbau der Kinderbetreuung kommt zwar voran, es bleibt jedoch unklar, ob die gesetzlichen Vorgaben beim Krippenausbau erfüllt werden können. Der tatsächliche Bedarf an Betreuungsplätzen geht ohnehin über diese Vorgaben hinaus. Dabei muss auch die Qualität der Angebote berücksichtigt werden. Noch deutlicher werden die Defizite beim Thema Gleichstellung in den Betrieben (wie Entlohnung, Aufstiegschancen, Beteiligung). Hier zeigt sich, dass es nicht ausreicht, alleine auf die Selbstverpflichtung der Wirtschaft zu setzen. Auch der häufig an die Wand gemalte Fachkräftemangel hat bisher zu keinerlei personalpolitischen Veränderungen geführt. Die Neufassung des seit 15 Jahren existierenden Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) für den öffentlichen Dienst ist überfällig. Die Überwindung der letzten großen Wirtschaftskrise 2008 hat eindrucksvoll belegt, dass die Beteiligung der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften über die Mitbestimmung eine Stärke des Standortes Deutschland darstellt. Starke Gewerkschaften sind Merkmal einer wirkungsvollen Mitbestimmung in den Betrieben und Unternehmen. Gewerkschaften im Saarland haben im Bundesvergleich hohe Organisationsgrade und eine überdurchschnittliche Akzeptanz. Sie leisten wesentliche Beiträge zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder. Die Landesregierung ist gefordert, gemeinsam mit den Gewerkschaften die wichtigen Projekte Guter Arbeit weiter voranzutreiben. Sozialer Zusammenhalt muss gestärkt werden Die Bewältigung der finanz- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen wird nur gelingen, wenn dabei der soziale Zusammenhalt in der Gesellschaft nicht geschwächt wird. Bei einer Reihe sozialpolitischer Indikatoren weist das Saarland jedoch bereits heute eine ungünstige Position auf. So liegt das Armutsrisiko über dem Durchschnitt Westdeutschlands. Beim Abbau der Arbeitslosigkeit wurden zwar Fortschritte erzielt, allerdings hat sich eine verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit herausgebildet. Die Belebung am Arbeitsmarkt hat zu keiner Verringerung des Armutsproblems geführt. Sie wurde durch die zunehmende prekäre Beschäftigung (Working Poor) konterkariert. Anknüpfend an den Sozialbericht der früheren Landesregierung sollen die Maßnahmen zur Armutsbekämpfung umgehend in einem Aktionsplan umgesetzt werden. Das aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderte Instrument der Bürgerarbeit hat im Saarland einen weitergehenden Einbruch bei der öffentlichen Beschäftigungsförderung verhindert. Da die Förderung aber ausläuft, bedarf es einer bundesweiten Anschlussregelung. Mit dem Landesarbeitsmarktprogramm ASaar ( Arbeit für das Saarland ) hat das Land zu Recht signalisiert, dass an einer breiten öffentlichen Beschäftigungsförderung festgehalten werden muss, da viele Erwerbslose auf dem ersten Arbeitsmarkt chancenlos sind. Gesundheitspolitik steht vor großen Herausforderungen Aber auch die Pflege- und Gesundheitspolitik stehen vor großen Herausforderungen. So liegen sowohl die Lebenserwartung als auch der Gesundheitszustand der Bevölkerung im Saarland unter dem Bundesdurchschnitt. Der Alterungsprozess macht sich im Saarland stärker bemerkbar. Das Pflegesystem ist für den wachsenden Pflegebedarf nicht ausreichend gerüstet. Vor allem die Arbeitsbedingungen und Belastungen der Pflegekräfte müssen dringend verbessert werden. Besondere Probleme zeichnen sich zudem im Bereich einer flächendeckenden Hausärzteversorgung ab. Werner Müller Der Autor: Werner Müller ist Leiter der Abteilung Gesellschaftspolitik.

8 8 TITEL Sachsen Quelle: BMF Bayern Baden-Württemberg Mecklenburg-Vorp. Hessen Haushaltspolitik An Aufgaben orientieren Die Schuldenbremse darf nicht nur zu Kürzungen im Haushalt des Landes führen. Zugleich müssen die Einnahmen von Land und Kommunen verbessert werden. Aktuelle Diskussionen drehen sich um die schwierige Haushaltslage von Land und Kommunen und um die Möglichkeiten, angesichts der Schuldenbremse zu einem Haushaltsausgleich zu kommen. Aus Sicht der Arbeitskammer muss es darum gehen, die Bereitstellung öffentlicher Leistungen sicherzustellen, da sie für die Möglichkeit gesellschaftlicher Teilhabe von Menschen mit niedrigem Einkommen wichtig sind. Damit geht es bei den öffentlichen Finanzen nicht einfach um solides Haushalten, sondern auch um eine gesellschaftliche Verteilungsfrage. Die Arbeitskammer fordert eine Verbesserung der Einnahmen von Land und Kommunen. Die dafür erforderlichen Steuererhöhungen sollen bei solchen Bevölkerungsgruppen erfolgen, bei denen dies sowohl verteilungspolitisch als auch konjunkturell vertretbar ist. Steuererhöhungen bei den Beziehern hoher und sehr hoher Einkommen erhöhen die Armutsrisiken nicht und führen auch zu keiner nennenswerten Reduzierung der Konsumnachfrage. Sie machen aber die Finanzierung öffentlicher Leistungen im Interesse auch der finanzschwachen Bevölkerungsgruppen möglich. Die Arbeitskammer unterstützt deshalb Vorschläge zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes, zur Ersetzung der derzeitigen Flat Tax auf Zinserträge (Abgeltungssteuer) durch Zinsausgaben in pro Kopf 2012 Brandenburg Nordrhein-Westfalen Niedersachsen Rheinland-Pfalz Thüringen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Hamburg Saarland Berlin Bremen Arbeitskammer die Einbeziehung der Zinseinkünfte in die normale progressive Einkommensteuer, zur Wiedereinführung der Vermögensteuer, zur Erhöhung der Erbschaftsteuer und zu einer Finanztransaktionssteuer. Das saarländische Haushaltsdefizit ist höher als das Defizit anderer Länder. Die Arbeitskammer unterstützt Vorschläge zu einem bundesstaatlichen Altlastenfonds, in dem überdurchschnittliche Altlas- ten gemeinschaftlich getragen werden. Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet macht es erforderlich, regionale Unterschiede in der Wirtschaftskraft und infolgedessen der Finanzausstattung der öffentlichen Haushalte wenigstens teilweise auszugleichen. Die Arbeitskammer fordert die Erhaltung eines solidarischen Finanzausgleichs zwischen den Bundesländern auch über das Jahr 2019 (in dem das derzeitige System ausläuft) hinaus. Die aktuelle Klage der Länder Bayern und Hessen gegen den Länderfinanzausgleich ist aus Sicht der Arbeitskammer nicht berechtigt. Auch bei der Sanierung der Landesfinanzen darf die Orientierung an den Aufgaben des Landes und an den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten nicht aufgegeben werden. Das schließt die Möglichkeit ein, in Bereichen mit Nachholbedarf auch neue Stellen zu schaffen. Gewerkschaften und Personalräte sind in jedem Fall zu beteiligen, um auch in den Fällen, in denen sich ein Kürzungsbedarf begründen lässt, die Interessen der Beschäftigten zu berücksichtigen. Auch für die saarländischen Kommunen sind höhere Steuereinnahmen dringend notwendig, um das Saarland als konkurrenzfähigen Lebens- und Wirtschaftsraum zu erhalten und im Wettbewerb der Regionen bestehen zu können. Angesichts der Tatsache, dass die Kommunen selbst laufende Ausgaben oft nur noch mithilfe von Kassenkrediten finanzieren können, ist eine deutliche Verbesserung der kommunalen Einnahmesituation erforderlich. Für die Entlastung der Kommunalfinanzen ist es außerdem notwendig, konsequent das Konnexitätsprinzip anzuwenden, wonach das Land für Aufgaben, die den Kommunen übertragen werden, die Finanzierung übernimmt. Thomas Otto Vielen Kommunen steht das Wasser bis zum Hals, selbst Pflichtaufgaben können nicht mehr bezahlt werden. Schwimmbäder stehen deshalb oft auf der Streichliste Foto: D Angiolillo

9 TITEL 9 Wirtschafts- und Strukturpolitik Die industrielle Basis stärken Die Arbeitskammer fordert eine zukunftsorientierte und nachhaltige Industriepolitik, die den Unternehmensbestand im Saarland stabilisiert, aber auch ausbaut und so Beschäftigung sichert und schafft. So kann die Landesregierung einen Beitrag zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Saarland leisten. Nachhaltige Industriepolitik ist mit gesellschaftlicher und sozialer Verantwortung verbunden. Die Landesregierung hat ein regionales CSR-Projekt (Corporate Social Responsibility) ins Leben gerufen und bereits Aktivitäten gestartet. Die Arbeitskammer sieht in diesem Projekt ein Instrument, um gemeinsame Positionen und Aktivitäten im Bereich CSR für das Saarland zu entwickeln. Eine glaubwürdige CSR-Strategie erfordert allerdings beteiligungsfreundliche Arbeits- und Mitbestimmungsstrukturen. Ein gemeinsamer Dialog ist eine Chance, die für eine aktive Industriepolitik notwendigen Innovationen, die oftmals mit Arbeitsplatzverlusten, Leistungsverdichtung und unzumutbaren Arbeitsbedingungen verbunden sind, mit Guter Arbeit zu versöhnen. Das betriebliche Innovationsvermögen gerät so zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Vor allem Organisations- und Sozialinnovationen bilden die Grundlage für die Entwicklung von neuen Produkten, Dienstleistungen und neuen Verfahren. Eine Kultur der Mitbestimmung und Beteiligung mit dem Ziel Guter Arbeit in Guten Unternehmen scheint hier fast unverzichtbar, zumal sie auch ein wichtiges Argument zur Werbung um die Talente in den Unternehmen ist. Die Innovationsstrategie der saarländischen Landesregierung muss stärker darauf abzielen, dieses Potenzial zu nutzen und Wege für ein mitarbeiterorientiertes Innovationsmanagement aufzuzeigen. Gute Arbeit muss auch bei Wirtschaftsförderung gelten Wirtschaftsförderung im Saarland muss die Weiterentwicklung der Saarwirtschaft fördern und somit einen Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilität leisten. Eine komplexe Aufgabe, zu deren Bewältigung das Wissen von Betriebsräten, Gewerkschaften und der Arbeitskammer hinzugezogen werden sollte ganz im Das Saarland sollte die Chancen der erneuerbaren Energien nutzen Foto: D Angiolillo Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit, wie sie die EU-Kommission im Rahmen der Verwendung von europäischen Fördermitteln erwartet. Politik muss ihre Gestaltungsmöglichkeiten für Gute Arbeit auch in der Wirtschaftsförderung nutzen. Hier muss gelten, was bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gilt: Unternehmen haben rechtliche Pflichten zu erfüllen, etwa beim Arbeits- und Gesundheitsschutz, bei Arbeitszeiten oder bei der Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Arbeitskammer begrüßt den klaren politischen Willen der Regierungskoalition, die sich darauf verständigt hat, dass sich die Wirtschaftsförderung verstärkt an Qualitätskriterien wie regionalwirtschaftlicher Bedeutung, positiven Beschäfti- gungseffekten, Innovationspotenzial und fairer Entlohnung orientieren soll. Die Landesregierung hat allerdings weitaus größere Handlungsspielräume. Die saarländische Wirtschaft ist durch einen überdurchschnittlich hohen Endenergieverbrauch geprägt. Ziel der saarländischen Politik muss sein, Energie für die Verbraucher wie für die Industrie bezahlbar zu halten. Die aktuellen Veränderungen dürfen nicht zu existenzbedrohlichen Verwerfungen und Wettbewerbsnachteilen in der saarländischen Wirtschaft führen. Langfristig bedarf es einer Politik, die hilft, die Chancen der Nutzung der erneuerbaren Energien und einer gesteigerten Energieeffizienz zu ergreifen. Die Anforderungen der Klimaschutzpolitik und der Energiewende eröffnen dem Saarland neue industriepolitische Chancen. Die Nachfrage nach energieeffizienten und ressourcenschonenden Produkten wird steigen. Die Voraussetzungen für die saarländische Wirtschaft, von diesem Trend zu profitieren, sind gut. Zur erfolgreichen Umsetzung bedarf es allerdings einer breiten Unterstützung aller. Von daher erwartet die Arbeitskammer, dass die Landesregierung den mit dem Energiebeirat begonnenen breiten Beteiligungsprozess fortführt, mit dem Ziel, Gute Arbeit und Beschäftigung in der Energiewende zu sichern. Auch Dienstleistungen müssen in den Blick Nicht nur die Industrie, sondern auch Dienstleistungen spielen im Saarland für die Beschäftigung eine wichtige Rolle. Neben einer nachhaltigen industriepolitischen Strategie ist auch eine zukunftsorientierte Dienstleistungspolitik dringend notwendig. Im Sektor der Dienstleistungen muss der Gesundheitswirtschaft aufgrund ihrer Bedeutung für die Beschäftigung eine erhöhte Aufmerksamkeit zukommen. In dieser Branche spielt allerdings geringfügige Beschäftigung eine beachtliche Rolle. Diesem Thema muss sich die Politik stellen, insbesondere vor dem Hintergrund der Debatten um Gleichstellung und Chancengleichheit sowie der Szenarien zur drohenden Altersarmut. Die Gesundheitswirtschaft muss als eine der großen Wirtschaftsbranchen im Saarland weiterentwickelt werden. Die Arbeitskammer fordert die saarländische Landesregierung und hier konkret das zuständige Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr auf, einen industriepolitischen Dialog zu initiieren, an dem Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Verbände und Kammern beteiligt sind. Thomas Otto

10 10 TITEL Bildungspolitik Qualität nachhaltig verbessern! Fotos: D Angiolillo Guter Unterricht braucht gute Rahmenbedingungen. Die muss das Land herstellen, wenn es im Vergleich zu anderen aufholen will. Gebundene Ganztagsschulen sollten ausgebaut werden. Die Zukunft des Saarlandes hängt entscheidend von den bildungspolitischen Anstrengungen ab, die das Land weiterhin unternehmen und im Rahmen der Kulturhoheit vor sich selbst verantworten muss. Ständige Rangplätze im unteren Drittel beim Länderranking zeigen, wie weit unser Bundesland immer noch vom ehedem propagierten Aufsteigerland entfernt ist. Das mäßige Abschneiden des Saarlandes im Ländervergleich bei den entscheidenden Beurteilungskriterien für eine gute Unterrichtsqualität erklärt sich durch die seit Jahren verbesserungswürdigen unterrichtlichen Rahmenbedingungen. Dreh- und Angelpunkt dieser Rahmenbedingungen sind Personalisierungsfragen und damit letztendlich Finanzierungsfragen. Gerade die tägliche Unterrichtsqualität wird entscheidend bestimmt durch die Klassengröße und die Schüler-Lehrer-Relation. Im ihrem Bericht an die Landesregierung 2013 hat die Arbeitskammer hinsichtlich der beiden Kriterien Klassenfrequenz (das ist die Anzahl der Schüler je Klasse) und Schüler-Lehrer-Relation (das ist die Anzahl der Schüler pro Lehrer) erneut dargelegt, dass der Abstand des Saarlandes zum Bundesdurchschnitt sowie zu den Bundesländern mit Spitzenposition deutlich ist. Die Erweiterten Realschulen im Saarland schneiden beim Beurteilungskriterium Schüler je Lehrer mit 13,9 im Vergleich zum Bundesdurchschnitt (12,2) mit einer Differenz von 1,7 am schlechtesten ab. Zum bestplatzierten Bundesland Thüringen beträgt der Abstand sogar 3,7 Schüler je Lehrer (KMK-Dokumentationen 2013). Dies ist angesichts der erst im Aufbau befindlichen Schulform Gemeinschaftsschule keine gute Ausgangssituation. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Erweiterte Realschule nach und nach mit in die neue Schulform Gemeinschaftsschule einmündet, gilt es hier noch einen erheblichen Rückstand zu überwinden, soll die Gemeinschaftsschule eine echte Chance zur Bewährung erhalten. Die Arbeitskammer hat bereits darauf hingewiesen, dass mit der neuen Gemeinschaftsschule die gerade im Saarland stark ausgeprägte Abhängigkeit der Bildungsbeteiligung von sozialer und regionaler Herkunft in nennenswertem Umfang und nachhaltig abgebaut werden kann (Bericht an die Landesregierung 2011, S. 319). Um diese Chance wahrzunehmen, bedarf es allerdings vermehrter und vor allem finanzieller Anstrengungen für diese Schulform. Gemeinschaftsschule vor Bewährungsprobe Die Bildungspolitik hat nun die Aufgabe, Nachbesserungen bei der konzeptionellen und personellen Ausgestaltung der Gemeinschaftsschule umzusetzen. Möchte man möglichst viel individuelle Förderung der Schüler leisten und möglichst vielen einen Weg zum Abitur ebnen, lässt sich dieser Förderungsanspruch nur durch bessere personelle Ressourcen als bis dato realisieren. Zu der im Koalitionsvertrag angekündigten Gleichwertigkeit des achtjährigen Gymnasiums und der Gemeinschaftsschule, die alle Schulabschlüs-

11 TITEL 11 se bis hin zum Abitur nach neun Jahren anbietet, gehört ein erkennbarer Weg zum Abitur durch eigene Oberstufen von Gemeinschaftsschulen und/oder Oberstufenverbünden mit benachbarten Gemeinschaftsschulen und/oder Gymnasien. Die Gemeinschaftsschule wird die Schulform sein, in der zukünftig noch stärker als bisher der Unterricht so angelegt werden muss, dass er der Heterogenität der Schülerschaft gerecht wird. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in der Gemeinschaftsschule braucht klare ministerielle Vorgaben. Dabei sollten auch Erfahrungen aus dem Pilotprojekt zur Entwicklung eines inklusiven Förderkonzepts an Regelschulen im Saarland berücksichtigt werden. Jahrzehntelang hat man im Saarland der Entwicklung von Ganztagsschulen nicht die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet und gesellschaftliche und pädagogische Begründungsansätze nicht erkannt. Im Rahmen ihrer Berichterstattung an die Regierung des Saarlandes hat die Arbeitskammer über eine Reihe von Jahren hinweg den flächendeckenden Ausbau gebundener Ganztagsschulen gefordert. Kinder und Jugendliche können besser individuell gefördert werden, speziell auch solche aus sozial schwächeren und bildungsfernen gesellschaftlichen Schichten. Dabei ermöglichen Gebundene Ganztagsschulen ein stabiles soziales Umfeld für diese Kinder und unterstützen sie in ihrer Entwicklung. Darüber hinaus haben sie einen positiven Einfluss auf die Schullaufbahn und die Leistungsentwicklung der Schüler. So belegen wissenschaftliche Studien, dass in Ganztagsschulen das Risiko der Klassenwiederholungen sinkt und ebenfalls eine positivere Notenentwicklung zu verzeichnen ist. Mit gebundenen Ganztagsschulen sind Nachmittagsbetreuung und -unterricht kein ergänzendes Angebot (mehr), sondern integraler Bestandteil von Schule. Somit kann gegenüber der Freiwilligen Ganztagsschule der Unterricht besser über Vor- und Nachmittag verteilt werden und Hausaufgaben können entfallen. Die Arbeitskammer begrüßt, dass die Landesregierung auf der Grundlage einer landesweiten Schulentwicklungsplanung in den nächsten Jahren das Angebot an Gebundenen Ganztagsschulen weiter ausbauen will. Dabei sollte sich auf lange Sicht ein unverbindlich offener, freiwilliger Ganztagsschulbetrieb zu einem verbindlichen Lern- und Erfahrungsraum für alle Kinder und Jugendlichen entwickeln. Ein professionelles pädagogisches Arbeiten an Gebundenen Ganztagsschulen erfordert nicht nur ein Umdenken bei Lehrern, Eltern und Schülern, die bislang Schule nur als Halbtagesbetrieb kennen. Es stellt für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar, eingefahrene Strukturen und Denkmuster zu überwinden und gemeinsam Entwicklungsprozesse zu gestalten. Die Verinnerlichung einer veränderten Lehrerrolle wird Zeit brauchen und muss in der Lehrerbildung und Lehrerweiterbildung fest verankert werden. Lehrerbildung sollte demnach ganz gezielt auf Ganztagsschulen eingehen und sicherstellen, dass Lehrkräfte und an den Ganztagsschulen beschäftigtes pädagogisches Fachpersonal an entsprechenden Weiterbildungsangeboten teilnehmen. Carolin Lehberger Die Autorin: Dr. Carolin Lehberger ist Leiterin der Abteilung Bildungs- und Wissenschaftspolitik beraten bilden forschen Zur wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen und kulturellen Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Bericht an die Regierung des Saarlandes 2013 Schwerpunktthema: Für ein lebenswertes und leistungsfähiges Saarland! Zukunft sichern Der Bericht an die Regierung des Saarlandes befasst sich in diesem Jahr mit dem Schwerpunktthema Für ein lebenswertes und leistungsfähiges Saarland! Dabei werden sämtliche Politikbereiche durchleuchtet und daraufhin untersucht, was aus Arbeitnehmersicht von der Landesregierung getan werden muss, damit das Saarland als eigenständiges Bundesland gesichert werden kann. Wichtig aus Sicht der Arbeitskammer ist vor allen Dingen die Haushaltskonsolidierung. Sparen allein reicht nicht aus, wir müssen die Altschuldenproblematik lösen und dringend die Einnahmen erhöhen, lautet die Mahnung des AK-Vorstandsvorsitzenden Hans Peter Kurtz. Zudem müsse das Saarland beim Thema Gute Arbeit Vorreiter sein, damit das Land für Arbeitnehmer attraktiv bleibe. Wenn die Menschen schlecht bezahlt und prekär arbeiten, werden sie ihre Zukunft anderswo suchen und der Region den Rücken kehren, so Kurtz weiter. Der 370 Seiten starke Bericht enthält sehr viel statistisches Material und eignet sich gut auch als Nachschlagewerk. Er kann komplett online nachgelesen werden unter www. arbeitskammer.de Am 29. August 2013, 17 bis 19 Uhr, diskutieren saarländische Spitzenpolitiker im Saarbrücker Schloss beim AK-Zukunftsforum die Inhalte des Berichts. Einladungen werden noch verschickt. PJ

12 12 RUBRIK TITEL Meine Meinung Zukunft jetzt gestalten! Hohe Lebensqualität im Saarland Geringe Größe zur Stärke entwickeln Foto: D Angiolillo Die Arbeitskammer des Saarlandes leistet mit ihrem Bericht an die Landesregierung 2013 Für ein lebenswertes und leistungsfähiges Saarland! einen Beitrag zur politischen Debatte um die Zukunft unseres Landes. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage steuert die Arbeitskammer mit diesem Bericht eine umfassende Bestandsaufnahme bei und zeigt konkrete Wege in die Zukunft eines weiterhin eigenständigen und handlungsfähigen Saarlandes auf. Das Saarland wird aus unserer Sicht nur eine Chance haben, wenn alle Akteure die Herausforderungen um die Zukunft unseres Landes als gemeinsame konzertierte Aktion verstehen. Die Landesregierung ist daher aufgefordert, einen solchen Prozess zu initiieren und mit höchster Priorität zu begleiten. Das Land steht vor schwierigen Herausforderungen, die aus unserer Sicht allerdings lösbar sind. Dazu meine Vorstellungen: Die finanzpolitische Eigenständigkeit des Landes bleibt erhalten; das Saarland wird als lebenswerte Region sowohl nach innen als auch nach außen wahrgenommen; eine an Arbeitnehmerinteressen orientierte Struktur- und Innovationspolitik bringt die Wirtschaft voran; hohe Arbeitsqualität wird durch die Perspektive Guter Arbeit sichergestellt; Bildungs- und Forschungspolitik sind der Schlüssel für die Zukunft; mit Sozialpolitik wird der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt; Mitbestimmung und Solidarität sind unsere Stärke. Es gibt viel zu tun! Lassen Sie es uns gemeinsam anpacken. Hans Peter Kurtz, AK-Vorstandsvorsitzender Die Montanindustrie prägt(e) im Saarland eine eigene (Industrie-)Kultur, die sich in den letzten Jahrzehnten mit einem offenen Zugang zu Zukunftstechnologien und -disziplinen verbunden hat. Gewachsene Kompetenzen in der Industriearbeit, ein gut entwickelter Mittelstand und eine ausgeprägte Hochschullandschaft bieten dem Land und seinen Menschen hervorragende Zukunftsperspektiven. Im Saarland konnte ein positiver Strukturwandel erreicht werden. Die saarländische Stahlindustrie ist heute Weltmarktführer in vielen Bereichen, sie steht für Hightech, Innovation, grüne Industrie, sichert Arbeitsplätze und leistet einen herausragenden Beitrag zur Stabilität im Saarland. Daneben ist die Automobilindustrie mit Leuchttürmen wie Ford, ZF, Bosch, Eberspächer und Michelin ein attraktiver Gewinnbringer für das Land. Möglichen Zuwanderern sind die (Lebens-)Qualität stiftenden Ansätze des Landes oft verborgen: Ländliche Regionen und ihre reizvolle Natur, attraktive Mittelstädte mit ihrem individuellen Charme sowie eine Landeshauptstadt mit Leuchtturmcharakter für die gesamte Region dies alles mit sehr kurzen Wegen zeichnen unser Land aus. Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Saarland-Marketing wird von der Arbeitskammer unterstützt. Sie hat aber angemahnt, dass es sich nicht auf einen Slogan und bunte Werbetafeln beschränken darf. Es müssen klare Ziele formuliert werden, für die es Unterstützung braucht, damit sowohl nach innen wie nach außen nachhaltig an deren Umsetzung gearbeitet werden kann. Saarland-Marketing wird dann erfolgreich sein, wenn mit aller Kraft gleichzeitig an den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zielen im Lande gearbeitet wird. Wenn Fachkräfte im Land gebunden oder auch aus anderen Regionen gewonnen werden sollen, darf Gute Arbeit nicht nur auf dem Papier stehen, sie muss Realität in den Unternehmen sein. Zum Erhalt der politischen Eigenständigkeit des Saarlandes kann sicherlich auch die Kultur einen Beitrag leisten. Dabei muss künftig ein stärkeres Augenmerk auf die (noch) vorhandenen Möglichkeiten im Bereich Industriekultur gelegt werden. Das Saarland verfügt sowohl im Amateur- als auch im Profi-Bereich über etliche Highlights, die auch über die Landesgrenzen hinaus als qualitativ hochwertige Angebote wahrzunehmen sind. Die Kultur-Potenziale könnten durch einen Kulturentwicklungsplan Auftrieb erhalten. Das Saarland muss seine geringe Größe zu einer Stärke entwickeln. Kurze Wege ermöglichen Kooperationen und Bündnisse aller Beteiligten unter Moderation der Politik. Entscheider vor Ort sind wichtiges Merkmal saarländischer Landespolitik. Mit seiner Lage im Herzen Europas, eingebettet in eine grenzüberschreitende Großregion, bietet das Saarland ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Diese Aspekte müssen von der Landespolitik zu einem nachhaltigen Standortvorteil entwickelt werden. Thomas Otto Foto: D Angiolillo

13 ARBEITSWELT 13 arbeiterbezogenen Informationen. Wenn hier Pannen passieren, wird schnell die Arbeit des Gremiums in Frage gestellt. Betriebs- und Personalräte, denen Sorgen und oft auch sehr persönliche Probleme der Arbeitnehmer mitgeteilt werden, müssen darauf achten, dass diese Informationen nicht in falsche Hände geraten, sagte Horst Backes, AK-Hauptgeschäftsführer, bei einer Veranstaltung der Arbeitskammer in Kooperation mit der Beratungsstelle für sozialverträgliche Technologiegestaltung BEST. Dabei ging es in erster Linie darum, was passiert, wenn das Betriebs- oder Personalratsbüro zum Spionageziel wird und wie Datenschutzpannen vermieden werden können. Betriebe profitieren von Datenschutzkonzepten Umgang mit vertraulichen Informationen Datenklau im Betriebsund Personalratsbüro Der Umgang mit vertraulichen Informationen steht bei Mitarbeitervertretungen auf der Tagesordnung. Datenschutz und Datensicherheit sollten deshalb höchste Priorität haben. Vor allem im digitalen Netz lauern viele Gefahren. Alte Papiere mit vertraulichen Daten wandern im Büro für gewöhnlich in den Reißwolf. Im Zeitalter von Netzwerken, , Internet, Smartphones und der Tatsache, dass man digitale Dokumente tausendfach und unbemerkt kopieren kann, stehen viele Unternehmen und Arbeitnehmer vor einem ganz neuen Problem. Wer weiß heute, wer wann auf welche Daten zugreift? Ob digitale Kopien erstellt wurden? Und wer welche Daten speichert oder übermittelt? Für die meisten Menschen ist es nicht nachvollziehbar, auf welche Reisen sich Daten machen, sobald sie einmal eingetippt, abgespeichert, per verschickt oder als Statusmeldung gepostet worden sind. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht 2008 in einer Grundsatzentscheidung allen Bürgern ein neues Grundrecht zugesichert: Die Integrität von Computeranlagen in anderen Worten ausgedrückt: Niemand darf durch den Gebrauch eines Computers ausspioniert werden. Doch das hält längst nicht jeden davon ab, es trotzdem zu versuchen. Das Foto: picture alliance Wie Betriebs- und Personalräte mit Datenschutz umgehen sollten, war Thema einer Veranstaltung in Saarbrücken Foto: BEST kann vor allem in Unternehmen und Verwaltungen schnell zum Problem werden. Es gibt zwar praktische Möglichkeiten, die verhindern, dass die Computer durch gezielte Hackerangriffe oder Trojaner zum Sicherheitsrisiko werden. Doch was passiert mit vertraulichen Informationen, sollte es doch zu einer Datenschutzpanne kommen? Vor allem Betriebs- und Personalräte arbeiten ständig mit vertraulichen, mit- Marc-Oliver Schmitt vom Landeskriminalamt gab einen Überblick über potenzielle Schwachstellen. Der Experte berichtete, dass Sicherheit bereits bei der Gestaltung des Betriebs- oder Personalratsbüro anfängt. Der Bildschirm des PCs solle etwa immer fensterabgewandt stehen und sensible Schriftstücke lege man am besten nie von außen einsehbar auf der Fensterbank ab, empfahl er. Vor allem aber sei bei der Nutzung der informationstechnischen Infrastruktur und des Internets Vorsicht geboten. Es gebe eine ganze Reihe von sogenannten Angrifftools Programme, die zur Überwachung dienen. Die seien nicht immer zwingend verboten, erklärte Schmitt. Ausschlaggebend seien die Arbeitsrichtlinien des Unternehmens. Zur Sicherheit der Firmennetze dürfe der Arbeitgeber etwa mitprotokollieren. Mit PC-Abwehrtools könne man herausfinden, ob der eigene Rechner überwacht wird und ob Viren oder Trojaner am Werk sind. Vorsicht sei auch bei Firmenhandys geboten, berichtete Schmitt. Ob mit oder ohne Spionagesoftware: Die Inhalte des Handys ob übermittelte SMS-Inhalte, Anrufzeiten und angerufene Nummern, aber auch der Standort des Telefons können ausgelesen werden. Bernhard Scheid, Wirtschaftsingenieur und Berater für Betriebs- und Personalräte bei BEST, unterstrich, dass Datenschutz eine wichtige Aufgabe für Arbeitnehmervertretungen, auch für die eigene Interessenvertretungsarbeit ist. Wer sichergehen wolle, sollte ein eigenes Datenschutz- und Datensicherheitskonzept für das Gremium ausarbeiten. Anke Bauer Infos und Hilfe gibt es bei BEST unter der Tel.: (0681) oder im Internet unter Nützliche Hinweise bietet die Seite

14 14 Mitarbeiterbefragung zur Arbeitssituation 84 Prozent machen ihre Arbeit gern Vorstand und Betriebsrat der SAARLAND Versicherungen befragten im letzten Jahr die Belegschaft intensiv zu ihren Arbeitsbedingungen, und das schon zum zweiten Mal. Über die Ergebnisse sprach der arbeitnehmer mit dem Personalchef Stefan Müller und dem Betriebsratsvorsitzenden Albert Schug. Der Firmensitz in der Mainzer Straße in Saarbrücken Foto: D Angiolillo arbeitnehmer: Sie haben im letzten Jahr in den SAARLAND Versicherungen eine große Mitarbeiterbefragung durchgeführt. Wie fällt Ihre Bilanz aus? Müller: Unsere Bilanz ist durchweg positiv, beginnend mit der methodischfachlich erstklassigen Unterstützung durch BEST, über die Zusammenarbeit zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat bei der Erstellung des Fragebogens, ebenso wie die erfreulich hohe Rücklaufquote, bis hin zu den zurückgemeldeten Ergebnissen. arbeitnehmer: Die gesamte Belegschaft umfassend zu ihrer Arbeitssituation zu befragen, das macht viel Arbeit und kostet nicht wenig Geld. Warum betreiben Sie diesen Aufwand? Und: Hat sich die Investition gelohnt? Schug: Das können wir uneingeschränkt bejahen. Im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung werden grundsätzlich Daten erhoben, die dazu dienen, Problembereiche aufzuzeigen, den Handlungsbedarf offenzulegen und eine IST- Analyse im Positiven wie im Negativen zu ermöglichen. Das konnten wir auch mit unserer Umfrage voll erreichen. Die Befragung lieferte Daten zu Themen, die sonst schlecht durch Kennzahlen abbildbar sind; sie diente als Erfolgskontrolle für betriebliche Maßnahmen. Sie hat nach unserer Meinung auch zu einem guten Unternehmensklima und zu einer offenen Kommunikation beigetragen. Wir nehmen die Ergebnisse ernst und arbeiten damit. So wird die Mitarbeiterbefragung zu einer wichtigen Grundlage für mehr Arbeitszufriedenheit. arbeitnehmer: Vor vier Jahren gab es die erste Befragung dieser Art. Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen. Aber die Beschäftigten haben auch Erwartungen formuliert. Was waren die Konsequenzen aus der damaligen Umfrage? Müller: Die Ergebnisse haben wir in arbeitsbereichsbezogene und übergreifende Themen aufbereitet. Sie wurden im Vorstand, im Betriebsrat, mit den Führungskräften, in Betriebsversammlungen und im Intranet kommuniziert. In den Abteilungen haben die Führungskräfte die Ergebnisse mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausführlich besprochen. Anschließend wurde eine Vielzahl von Aktivitäten abgearbeitet. Die Befragung führte sowohl zu organisatorischen als auch zu baulichen Veränderungen: So haben wir unsere vielfältigen Personalentwicklungsakti- Die Befragung Initiative von Vorstand und Betriebsrat Sagen Sie uns Ihre Meinung: Wie bewerten Sie Ihre Arbeitssituation bei den SAARLAND Versicherungen? Im Herbst 2008 wollten es Vorstand und Betriebsrat schon einmal genau wissen, und der Großteil der Belegschaft gab gerne Auskunft. Das Ergebnis war eine umfassende Bestandsaufnahme, mit durchaus positiven Aspekten, aber auch Schwachpunkten. Im Sommer 2012 wurde die Aktion wiederholt. Eine Arbeitsgruppe aus Personalabteilung und Betriebsrat, unterstützt vom BEST-Berater Ronald Westheide, hatte erneut einen umfangreichen Fragebogen vorbereitet. Bis auf wenige Details handelte es sich um den gleichen wie Alle rund 450 Mitarbeiter wurden gebeten, den Fragebogen auszufüllen. Die Auswertung erfolgte außerhalb der SAARLAND Versicherungen bei BEST, unter strenger Einhaltung des Datenschutzes. Die Resonanz war erneut erfreulich gut: 70 Prozent der Beschäftigten beantworteten die Fragen und notierten oft zusätzliche Anmerkungen. Wieder ergab dies ein facettenreiches Bild der Arbeitsbedingungen. Vergleiche zwischen den Abteilungen waren möglich und ein Abgleich mit den Ergebnissen der Umfrage Stefan Müller, Personalleiter, und Albert Schug, Betriebsratsvorsitzender, waren maßgeblich mit den Befragungen befasst. vitäten für den Innen- und Außendienst in einer neuen Einheit zusammengefasst, um das wichtige Zukunftsthema Personalentwicklung auch auf strategische Beine zu stellen. Arbeitsabläufe wurden geglättet und besser strukturiert. Die äußeren Bedingungen am Arbeitsplatz und das Raumklima wurden weiter verbessert. Zum Beispiel wurden hierfür neue Fenster eingebaut. Nach der Befragung haben wir die geforderte Betriebsvereinbarung zum Nichtraucherschutz verhandelt und abgeschlossen. Das Gesundheitsmanagement wurde weiter intensiviert. Außerdem haben wir unser Informationsverhalten verbessert. Das gilt für die Unternehmensleitung wie für den Betriebsrat. Beratungsstelle für sozialverträgliche Technologiegestaltung e.v.

15 15 Seminare von BEST Betriebsratsvorsitzender Albert Schug und Personalchef Stefan Müller Foto: D Angiolillo arbeitnehmer: Nun haben Sie wieder ganz genau hingeschaut. Über 100 Aspekte wurden beleuchtet. Kurz gefasst: Was sind Ihre wichtigsten Erkenntnisse aus der neuen Umfrage? Welche Veränderungen der aktuellen Arbeitssituation werden im Vergleich zur Bestandsaufnahme 2008/2009 deutlich? Schug: Die Tendenz der Antworten war wenn auch je Arbeitsbereich unterschiedlich ausgeprägt im Großen und Ganzen stabil. Bei den abgefragten Themen gab es insgesamt gesehen nur geringe Verschiebungen. Allerdings ließen sich im Detail eine Reihe deutlicher Unterschiede feststellen, auch Veränderungen in einzelnen Abteilungen. Gefreut hat uns, dass es im Durchschnitt insgesamt bessere Einschätzungen in Bezug auf die Arbeitsorganisation, die Arbeitsbelastung und das Führungsverhalten gab. 84 Prozent Unser Land, unsere Versicherung Mit diesem Motto agieren die SAARLAND Versicherungen als regionaler Service-Versicherer mit flächendeckender Präsenz im Saarland. Wir haben die klare Zielsetzung, so Dr. Dirk Hermann, Vorsitzender des Vorstandes, den Menschen an der Saar ein direkter und zuverlässiger Partner in Sachen Sicherheit zu sein. Dafür verbindet die SAARLAND lokales Engagement mit Weltoffenheit, mit zukunftsorientiertem Denken und Handeln. Bei der SAARLAND handelt es sich zum einen um die SAARLAND Feuerversicherung AG, zum anderen um die SAARLAND Lebensversiche- der Befragten machen ihre Arbeit gerne. Insgesamt zeigen uns die beiden Umfragen, dass wir beim Thema gute Arbeit ganz gut aufgestellt sind. arbeitnehmer: Die Auswertung der Ergebnisse wurde im Herbst letzten Jahres abgeschlossen. Was hat sich seither getan? Müller: Die Ergebnisse der beiden Mitarbeiterbefragungen mündeten unter anderem in unsere Bemühungen um eine familienbewusste Personalpolitik. Wir stellten uns der Begutachtung durch die gemeinnützige Hertie-Stiftung Beruf & Familie und erhielten im Dezember 2012 das erhoffte Zertifikat. Im Rahmen der Auditierung wurden der Bestand der Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie begutachtet und weiterführende Ziele einer familienbewussten Personalpolitik definiert. Die daraus resultie- Die SAARLAND Versicherungen rung AG. Beide Unternehmen wurden 1951 gegründet. Die SAARLAND Feuerversicherung AG bietet eine breite Produktpalette zur Schaden- und Unfallversicherung. Die SAARLAND Lebensversicherung AG leistet Versicherungsschutz zur finanziellen Absicherung des Alters, der Hinterbliebenen und der Berufsunfähigkeit. Zusammen erreichen beide ein Beitragsvolumen von mehr als 257 Millionen Euro jährlich. Die Belegschaft umfasst 445 Beschäftigte und 25 Auszubildende. Seit dem Jahr 2002 gehören die SAAR- LAND Versicherungen zur Versicherungskammer Bayern. Neben Angeboten der individuellen Beratung von Betriebs- und Personalräten bietet BEST auch ein überbetriebliches Angebot von Seminaren zu unterschiedlichen Themen aus der Interessenvertretungsarbeit an. In der zweiten Jahreshälfte 2013 stehen folgende Veranstaltungen an: Facebook, Twitter und Co. Soziale Netzwerke und die Mitbestimmung am Arbeitsplatz (11./12. September 2013 in Weiskirchen) Arbeitszeiten mitbestimmen (15./16. Oktober 2013 in Weiskirchen) GPS, Flottenmanagement und Fahrtenschreiber Mitbestimmung bei Fahrzeugortung und Fahrüberwachung (6./7. November 2013 in Kirkel) Kaizen, 5-S, Teamarbeit und Co. Die Mitbestimmung bei Produktionssystemen (27./28. November 2013 in Kirkel) Mehr Informationen zu den Seminaren und Anmeldemöglichkeit unter: oder per Telefon: renden Maßnahmen werden innerhalb der nächsten drei Jahre umgesetzt. arbeitnehmer: Sie haben in zwei großen Mitarbeiterbefragungen Erfahrungen gesammelt. Welche Tipps haben Sie für Kollegen in anderen Betrieben, die sich mit der Analyse der Arbeitssituation der Beschäftigten befassen möchten? Schug: Zunächst war es für uns auch aus Datenschutzgründen wichtig, eine externe methodisch-fachliche Unterstützung zu erhalten, dies insbesondere bei der Fragebogenentwicklung, der Datenerfassung, der statistischen Auswertung und Aufbereitung der Befragungsergebnisse. Ganz wesentlich ist es, sich vorab auf die Ziele der Mitarbeiterbefragung zu verständigen. Aus der Zielsetzung ergibt sich die Fragestellung, die entscheidend für Inhalt und Form der Mitarbeiterbefragung ist. Vor allem aber gilt: Eine Mitarbeiterbefragung sollte nicht nur eine Alibi-Funktion im Unternehmen haben, sondern es sollten tatsächlich Veränderungen angestrebt und die Ergebnisse umgesetzt werden. Andernfalls könnte sich die Unzufriedenheit im Unternehmen erhöhen.

16 16 WIRTSCHAFT Der Streit ums Saatgut Privat- oder Gemeineigentum? Es geht um ein uraltes Grundprinzip der Landwirtschaft: Wer sät, erntet irgendwann und bewahrt dann etwas von dieser Ernte auf, um damit im nächsten Jahr erneut auszusäen. Das soll aber nicht mehr uneingeschränkt möglich sein, die Züchter verlangen dafür Nachbau -Gebühren. Dagegen wehren sich betroffene Bauern. Die Auseinandersetzung läuft schon seit Längerem und ihr Ausgang ist offen. Dies ist eine höchst spannende, wenn auch nicht ganz einfach zu verstehende Geschichte aus dem für Außenstehende oftmals schier undurchdringbar scheinenden Dickicht der nationalen und internationalen Agrarwirtschaft und Agrarpolitik. Seit Jahren tobt in Deutschland ein heftiger Streit zwischen Saatgut-Züchtern und einer Gruppe von Landwirten um die Gebühren für den sogenannten Nachbau. Dabei nutzt der Bauer einen Teil seiner eingebrachten Ernte im nächsten Jahr wiederum als Saatgut. Dafür fordern die Pflanzenzüchter seit Ende der neunziger Jahre nicht nur die einmalige Lizenzgebühr, die durchaus berechtigt ist, wenn sie neues Saatgut an die Landwirte verkaufen, sondern sie wollen auch die nächsten 25 bis 30 Jahre Geld, wenn der Bauer den skizzierten Nachbau betreibt. Um diese Problematik etwas stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, organisierten die Aktion 3. Welt Saar und Foto: D Angiolillo die SPD-Landtagsfraktion jetzt eine Informationsveranstaltung unter dem ziemlich kompliziert klingenden Motto Streit um Saatgut ist Saatgut Privat- oder Gemeineigentum? Warum gibt es Streit um die Nachbaugebühren? Referent Michael Miersch sagte denn auch gleich zu Beginn seines Vortrages vor den rund 50 Zuhörern, es gehe um ein sehr sperriges Thema im Spannungsfeld von Züchtern, Landwirten und Verbrauchern. Der SPD-Bundestagsabgeordnete vertritt seit mehreren Jahren als Rechtsanwalt vor Gericht verschiedene Mitglieder der Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugesetze und Nachbaugebühren (IGN). Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von konventionell und biologisch wirtschaftenden Bäuerinnen und Bauern. Ihr Ziel ist es, die Ausforschung durch die Gebühreneinzugsorganisation der Züchter zu beenden und das Recht auf,freien Nachbau wieder uneingeschränkt herzustellen. Sie halten den Nachbau für ein jahrhundertealtes Bauernprivileg. Inzwischen haben die betreffenden Bauern nach vielen verlorenen Prozessen in Deutschland vor dem EU-Gerichtshof mehrere Verfahren gewonnen. Die Auseinandersetzung ist aber längst noch nicht beendet, weil die Saatgut-Anbieter nach Angaben des Anwalts nicht lockerlassen beim Versuch, auf lange Sicht Jahr für Jahr Geld für ihr geistiges Eigentum (wie sie es nennen) zu bekommen. Es sei weiterhin der Versuch der Industrie zu beobachten, eine stetige Erweiterung der Rechte auf Saat- und Pflanzgut zu erreichen. Es geht um die Steuerung der Ernährung vom Acker bis zum Tellerrand, meinte Miersch. Mit den genannten Produkten ließen sich offensichtlich sehr lukrative Geschäfte machen, wenn nur wenige darauf Zugriff hätten und sie mit Schutzrechten belegten. Es geht also tatsächlich um die Frage, ob Saatgut aufgrund von internationalen und nationalen Verordnungen oder Gesetzen Privateigentum ist oder ob es sich dabei eigentlich um Gemeineigentum handelt. Ein IGN-Vertreter gab zu bedenken, dass die Züchter beispielsweise dann, wenn sie Nachbaugebühren für ihre Kartoffeln haben wollten, im Umkehrschluss eigentlich auch Geld an die Urzüchter der Kartoffel in Peru oder Bolivien zahlen müssten. Ein anderer Landwirt warf den beteiligten Konzernen wie Monsanto, Bayer, DuPont oder BASF vor, sie wollten die Landwirtschaft komplett in ihre Hand bekommen. Letztlich treibt offensichtlich gar nicht wenige Bauern die Angst um, dass die klassischen Landwirtschaftsbetriebe in Familienhand mehr und mehr durch eher industrielle Agrarfabriken abgelöst werden sollen. Manch einer fürchtet deshalb sogar den langsamen Tod des Bauernstandes. Vielen deutschen und EU-Politikern werfen die Betroffenen in diesem Zusammenhang vor, sich nicht genug für ihre Interessen einzusetzen, aber auf die Lobbyisten der großen Unternehmen zu hören. Miersch erklärte dazu: Der Widerstand ist noch viel zu schwach! Möglichst viele Landwirte und Verbraucher müssten gemeinsam für vernünftige Rechtsgrundlagen bei der Ernährungsproduktion eintreten. Insofern war es wohl wirklich gut und wichtig, dass die Aktion 3. Welt Saar und die SPD-Fraktion im Saar-Landtag das Thema mal aus dem Halbschatten der öffentlichen Wahrnehmung geholt haben, selbst wenn das auf den ersten Blick recht sperrig ist. Wulf Wein Weitere Informationen zum Thema bietet die IGN im Internet unter an.

17 WIRTSCHAFT 17 Fracking-Förderstelle in Pennsylvania in den USA Foto: picture alliance Dauerstreit wegen Gasförderung durch Fracking Risiko in der Tiefe Fracking spaltet unterirdisches Gestein zur Gasgewinnung, aber auch die Politik wegen ökologischer Risiken. Ein Gesetz vor der Wahl ist gescheitert. Fürs Erste bleibt diese Art der Fördertechnik damit ohne spezielle Auflagen erlaubt. Bis zuletzt rangen Union und FDP um Kompromisse, doch die Regelung eines brisanten energie- und umweltpolitischen Projekts ist an internen Interessengegensätzen gescheitert: Der Bundestag hat in dieser Legislaturperiode kein Gesetz zum Fracking verabschiedet, der umstrittenen unterirdischen Gewinnung von Gas aus Schiefergestein. Wirtschaftspolitiker bei Union und Liberalen wollten diese Energieausbeutung unter Auflagen erlauben so sollte bei jeder Bohrung eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben werden, auch sollte Fracking in Wasserschutzzonen prinzipiell untersagt sein. Doch CDU- Politiker vor allem aus Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen pochten erfolgreich auf eine Absetzung dieses heißen Themas, weil sie im Wahlkampf Streit mit Bürgerinitiativen befürchteten, die gegen Fracking-Projekte mobil machen. Wegen solcher Proteste verzichtete bereits eine kanadische Firma auf Bohrungen in Thüringen. Nach der Wahl wird wieder der Grundsatzstreit aufflammen zwischen jenen, die eine unterirdische Gasgewinnung unter Bedingungen erlauben wollen, und jenen, die wie Umweltverbände ein generelles Verbot fordern. Dass es jetzt kein Gesetz gibt, heißt nicht, dass Fracking untersagt ist. Im Gegenteil: Diese Fördertechnik ist fürs Erste ohne spezielle Auflagen gestattet einfach deshalb, weil Fracking im Bergrecht nicht vorkommt. Landesregierungen haben nun nicht viel in der Hand, um aus ökologischen Gründen diese Gasausbeutung zu steuern und einzelne Vorhaben vielleicht zu untersagen. In Hessen, Niedersachsen und Nordrhein- Westfalen werden Genehmigungen bislang nur mit behördlichen Tricks hinausgezögert. Umweltminister Peter Altmaier hat vergeblich mit dem Argument für ein Gesetz geworben, dass dadurch nichts erlaubt werde, was vorher verboten war, sondern stattdessen einiges untersagt werde, was bisher gestattet war. Fracking steht für Hydraulic Fracturing : Mit hohem Druck wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in bis Meter Tiefe gepresst, um dort Schiefergestein aufzubrechen, damit Gas oder Öl freigesetzt wird. In den USA hat diese Technik einen langen Siegeszug hinter sich, die ökonomischen Effekte sind beeindruckend: Die Gas- und generell die Energiepreise sind spürbar gefallen, was Verbraucher und Wirtschaft erheblich entlastet. Der Erfolg jenseits des großen Teiches strahlt natürlich aus. Hierzulande aber befürchten Kritiker, dass durch che- mische Rückstände in tiefen Schichten das Grund- und Trinkwasser verseucht werden könne. Da ist in der Tat vieles unerforscht. Außerdem sorgen sich Umweltschützer, dass durch das Aufbrechen des Gesteins Erderschütterungen provoziert werden könnten, die Geothermie dient als negatives Beispiel. Sogar der Brauer-Bund warnt vor Verschmutzungen des Wassers durch Fracking, weil dann die Qualität des Biers leiden könne das wirkt allemal. Das Potenzial an Schiefergas in Deutschland mutet durchaus beachtlich an. Schätzungen des Umweltbundesamts gehen von 1,3 Billionen Kubikmetern aus, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe spricht von 2,3 Billionen. Die größten Vorkommen gibt es im Norden. Mit diesen gigantischen Mengen ließe sich der deutsche Bedarf für 13 bis 27 Jahre decken. Das ist auch deswegen von Bedeutung, weil Atom- und Kohlekraftwerke zusehends durch Gasanlagen ersetzt werden sollen. Im Saarland gibt es keine geeigneten Gesteinsschichten Das Umweltbundesamt rechnet an der Saar ebenfalls mit unterirdischen Erdgaslagerstätten. In den neunziger Jahren fanden zwei Testbohrungen statt, allerdings bei Kohleflözen, bei denen allein durch Wasserdruck Methangas freigesetzt werden sollte. Diese Versuche wurden mangels Rentabilität eingestellt. Dem hiesigen Wirtschaftsministerium sind an der Saar keine Schieferformationen bekannt, die für Fracking geeignet wären. Es werde lediglich Methan in Form von Grubengas nutzbar gemacht, das aus alten Kohleschächten entweiche. Dieses Gas, das ressourcenschonend und umweltverträglich in Heizkraftwerken eingesetzt werde, gewinne man ohne Aufbrechen der Kohleschichten durch hydraulischen Druck. Ressortchef Heiko Maas und Umweltministerin Anke Rehlinger stehen Fracking kritisch gegenüber und betonen den Vorrang des Umweltschutzes. Die Landesregierung hat die Forderung des Bundesrats unterstützt, dass stets eine Umweltverträglichkeitsprüfung stattfinden müsse. Genehmigungen seien erst zu erteilen, wenn negative Auswirkungen auf Wasservorkommen zweifelsfrei auszuschließen seien. Zudem lehne die Länderkammer den Einsatz giftiger Chemikalien ab, so lange die Risiken nicht geklärt sind, heißt es beim Wirtschaftsministerium. Man bedauere es, dass das Anliegen des Bundesrats vor der Wahl nicht gesetzlich realisiert werde. Karl-Otto Sattler

18 18 WIRTSCHAFT Einblicke in den Irrweg der Atomwirtschaft Euphorie und Fiasko vielmehr in einem politischen Durcheinander planlos in diese Richtung. Konrad Adenauer und Franz-Josef Strauß hatten die deutsche Atombombe im Sinn wogegen angesichts der noch frischen Kriegserfahrungen und des Hiroshima- Fanals weite Teile der Öffentlichkeit und auch die Atomphysiker protestierten. Die Energiewirtschaft wiederum war damals an der Nuklearkraft nicht sonderlich interessiert, man witterte etwa in der Braunkohle mehr Chancen. Schließlich nahm der Staat die Dinge in die Hand und drängte die Energiebranche auf den gewünschten Weg einfach deshalb, weil Bonn von US-Amerikanern, Engländern und Franzosen, den Vorreitern, nicht abgehängt werden wollte. Von da an existierte für Jahrzehnte die berüchtigte Verflechtung von Energiewirtschaft und Staat mit der Konsequenz milliardenschwerer Subventionen für den Atomsektor, auch ein Grund für die immense öffentliche Verschuldung. Auch die SPD war lange dafür Wie kam es eigentlich in Deutschland zur Atomenergie? Und warum ist die Kernkraft gescheitert? Joachim Radkau und Lothar Hahn gewähren Einblicke in einen energiepolitischen Irrweg eine nicht nur für Historiker aufschlussreiche Lektüre. Foto: picture alliance Wie optimistisch beseelt diese Zeiten doch waren. Aber jetzt, wo der Nuklearausstieg beschlossene Sache ist, sind die in der Rückschau so seltsam anmutenden fünfziger und sechziger Jahre mit ihrer Atom-Euphorie weithin vergessen: Man glaubte, mit der Kernenergie alle Energieprobleme der Menschheit lösen zu können, so Lothar Hahn. Es wurde sogar phantasiert, resümiert Joachim Radkau, Eiswüsten abzuschmelzen und die Sahara in ein grünes Paradies zu verwandeln. Noch mehr wirre Ideen kursierten: Atomexplosionen sollten den Zugang zu Bodenschätzen freilegen, Mini-Reaktoren Gebäude beheizen. Politisch fand die Kernkraft von Rechts bis Links fast einhellige Zustimmung. Das Godesberger Programm der SPD bekannte sich zur friedlichen Nutzung der Nuklearenergie. Noch 1977 schrieb Rudi Dutschke angesichts der neuen Anti-AKW-Bewegung, diese Massenmobilisierung bereite ihm theoretische und politische Schwierigkeiten: Old Surehand II mit und für die Kinder zu lesen ist leichter. Inzwischen hat Fukushima das Aus der Atomkraft besiegelt, die Energiewende rollt an, wenn auch holprig. Was soll da das Buch des Bielefelder Geschichtsprofessors Radkau und des Nukleartechnik- Fachmanns Hahn mehr sein als eine Fundgrube für Historiker und Nostalgiker? Doch das Kapitel Kernenergie ist keineswegs beendet: Der Rückbau der Reaktoren wird Jahrzehnte dauern und Milliarden kosten. Viele Staaten treiben die Nuklearkraft sogar weiter voran. Da lohnt ein Blick in den Werdegang der Kernenergie allemal. Die Autoren arbeiten ein Stück Zeitgeschichte auf, vom einstigen Überschwang über den Aufstieg der neuen Industrie und das Entstehen des Anti-Atomkraft- Protests bis zum Ende der Risikotechnologie, und sie verbinden dies mit einem Ausblick auf die Zukunft regenerativer Energien. Das in einem gewissen wissenschaftlichem Duktus geschriebene Sachbuch ist nicht flott zu lesen. Man mag auch einwenden, dass ein sehr starkes Augenmerk auf die technische Entwicklung der Reaktortypen gelegt wird, dass das Thema DDR und Nuklearkraft recht knapp behandelt wird und dass die Bürgerinitiativen mehr Raum verdient hätten. Doch solche Kritik schmälert den Erkenntnisgewinn nicht. Für manche Leser gewiss überraschend: Der Einstieg in die Kernenergie wurde keineswegs gezielt betrieben, die Bundesrepublik stolperte Die Massenproteste der siebziger und achtziger Jahre nagten zwar zusehends am politischen Fundament der Nuklearbranche, vermochten dieses System aber nicht zum Einsturz zu bringen. Noch bis Tschernobyl 1986 war die SPD mehrheitlich für die Kernenergie, erst danach kam der Schwenk. Dann dauerte es noch eineinhalb Jahrzehnte bis zum rotgrünen Ausstiegsbeschluss. Schließlich ließ Fukushima auch Union und FDP keine andere Wahl. Hahn und Radkau sehen die Ursache des Niedergangs der Nuklearkraft nicht nur in der Widerstandsbewegung sowie in Tschernobyl und Fukushima, sondern auch bei den Konzernen selbst: Eine schlechte Informationspolitik, Innovationsscheu und milliardenteure Fehlinvestitionen in Atomruinen hätten ebenfalls eine wesentliche Rolle gespielt. Nun ist wie schon bei Tschernobyl auch nach Fukushima zu beobachten, dass der Schock über die Katastrophe spürbar nachlässt. Gefährdet dies den Schwung der Energiewende, droht gar ein Rollback zur Kernkraft? Die Verfasser sind optimistisch: Anders als nach Tschernobyl böten sich heute erneuerbare Energien mit ihrer rasanten und vielversprechenden Entwicklung als Alternative an und zudem hätten politisches Gewicht und wirtschaftlicher Einfluss der Konzerne stark abgenommen. Karl-Otto Sattler Joachim Radkau/Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. Oekom Verlag, München Seiten, 24,95 Euro.

19 WIRTSCHAFT 19 Sparkasse Saarbrücken zieht Bilanz Marktführerschaft behauptet Mit dem Verlauf des Geschäftsjahrs 2012 ist die Sparkasse Saarbrücken zufrieden. Zuwächse sowohl im Kredit- (plus 1,7 Prozent) als auch im Einlagengeschäft (plus 4,7 Prozent) haben zur Festigung der Marktposition im Regionalverband Saarbrücken beigetragen. Dabei fiel nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden Hans-Werner Sander die Steigerungsrate bei den Immobilienfinanzierungen mit einem Plus von 3,2 Prozent deutlich höher aus als im Jahr zuvor (plus 2 Prozent). Für den privaten Wohnungsbau habe die Sparkasse Saarbrücken ,2 Millionen Euro neu bewilligt, das waren rund 43 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Erneut gesteigert habe sich auch die Summe der bewilligten Kredite für Firmenkunden, die mit 142,2 Millionen Euro um rund 12 Prozent über dem Vorjahresergebnis liegt. Das Vertrauen des Mittelstands in die Sparkasse Saarbrücken sei weiterhin ungebrochen, von einer Kreditklemme war auch im Jahr 2012 nichts zu spüren, betonte Sander bei der Jahrespressekonferenz. Kaum verändert habe sich das Kreditgeschäft mit Kommunen, das sowohl im Bestand als auch bei den Neubewilligungen auf Vorjahresniveau gelegen habe. Trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase haben sich die Spareinlagen um 3,1 Prozent auf 2,289 Milliarden Euro erhöht. Dafür waren kurzfristige Anlagen, wie das Geldmarktsparen, maßgeblich, längerfristige Spareinlagen mit Kündigungsfristen über drei Monate gehen weiter zurück, sagte Sander weiter. Um rund drei Millionen Euro höher als im Vorjahr sei mit 8,5 Millionen Euro der Jahresüberschuss ausgefallen. Die Bilanzsumme sei zum Bilanzstichtag um 1,2 Prozent auf 6,283 Milliarden Euro gestiegen. Wie der für das Privatkundengeschäft verantwortliche stellvertretende Vorstandsvorsitzende Uwe Kuntz ausführte, habe die Sparkasse Saarbrücken im vergangenen Jahr ihre Kundenorientierung erfolgreich fortgesetzt. Einen wichtigen Schritt in die Zukunft stellte dabei das neue SparkassenCenter im Herzen der Landeshauptstadt, am ehemaligen Korn s Eck, dar. Ende 2012 waren Mitarbeiter bei der Sparkasse Saarbrücken beschäftigt. Mit diesem auf Vorjahresniveau liegenden Personalbestand bleibe das Kreditinstitut weiterhin einer der größten Arbeitgeber in der Region, sagte Sander. Ende 2012 bereiteten sich 81 Auszubildende auf ihre berufliche Zukunft vor wurden alle Auszubildenden übernommen. red/pj

20 20 ARBEITSMARKT Fachkräfte sind in Unternehmen gesucht und gefragt Foto: D Angiolillo Industrielle Entwicklung und Fachkräftebedarf Schlüsselrolle Gute Arbeit Beim Thema Fachkräftebedarf spielen die Politik, aber auch die Unternehmen selbst eine tragende Rolle. Gute Arbeitsbedingungen und die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern bergen am meisten Entwicklungspotenzial. Das Saarland ist stärker als viele andere Bundesländer durch einen wirtschaftlichen Strukturwandel geprägt. Nachdem die Steinkohleproduktion als tragende Säule der Wirtschaft in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung verloren hat und seit Juli 2012 vollständig eingestellt worden ist, haben sowohl Stahlproduzenten wie Saarstahl und die Dillinger Hütte als auch die verarbeitende Industrie wie die Ford-Werke in Saarlouis eine tragende Rolle übernommen. Doch stehen den Unternehmen genügend geeignete Fachkräfte zur Verfügung? Und welche Rolle müssen Unternehmen und Politik bei der Ausbildung und Qualifizierung der Mitarbeiter spielen? Die Friedrich-Ebert-Stiftung hatte zum Thema mit Dr. Wilhelm Adamy, dem Leiter des Bereiches Arbeitsmarktpolitik im Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), sowie Peter Schweda, dem Arbeitsdirektor der AG Dillinger Hütte und Saarstahl, zwei kompetente Redner für ihre Veranstaltung im Vereinshaus Fraulautern gewinnen können. Adamy hatte zwar keine saarlandspezifischen Zahlen parat, konnte jedoch mit deutschlandweiten Zahlen aufwarten, die zum Nachdenken anregen. So sei die Entwicklung, dass etwa ein Drittel aller offenen Stellen, die gemeldet werden, Stellen Wilhelm Adamy vom DGB-Bundesvorstand (links) und Peter Schweda von der AG Dillinger Hütte und Saarstahl Foto: DGB/Dillinger Hütte für Leiharbeiter seien, besorgniserregend. Auf der anderen Seite kommen auf 100 offene Stellen 685 Arbeitslose. Trotzdem klagen einige Branchen über einen Mangel an gut ausgebildeten Kräften, rechnete Adamy vor. Wenn man dann noch beobachte, dass etwa 20 Prozent der Leute mit Berufsausbildung schon jetzt im Niedriglohnsektor arbeiten, dann herrsche eine klare Schieflage auf dem Arbeitsmarkt. Der Bundespolitik stellt er in gewissen Bereichen ein schlechtes Zeugnis aus. Beispielsweise habe sich die Quote der ungelernten Arbeitskräfte zwischen 1996 und 2010 eben nicht verringert, obwohl dies ein vorrangiges Ziel der jeweiligen Regierungen war: In der Altersstufe zwischen 20 und 34 blieb sie bei 14,7 Prozent, in der Altersstufe zwischen 30 und 34 ist sie sogar gestiegen. Hier liege das Saarland mit 16,9 Prozent sogar über dem Durchschnitt. Die Maßnahmen im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung der vergangenen Jahre waren deutschlandweit unzureichend und haben zu einer stärkeren Spaltung am Arbeitsmarkt geführt, lautet Adamys Urteil. Es gebe viele Möglichkeiten, etwas zu tun, aber es müsse endlich gehandelt werden, statt zu klagen. Es gebe in Deutschland genügend Qualifizierungspotenziale allerdings seien dabei nicht nur die Politik, sondern in erster Linie auch die Unternehmen gefordert. Gute Arbeit nimmt eine Schlüsselrolle in dieser Frage ein. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse und das ständige Sparen im Lohnsektor sowie bei den Ausbildungen sind da völlig kontraproduktiv, stellt Adamy klar. Wenn man dann noch bedenke, dass ein Arbeitsloser, der nie einer Tätigkeit nachgehe, in seinem Leben den Steuerzahler mit etwa 1,5 Millionen Euro belaste, gebe es keinen Grund, noch mehr Zeit zu verlieren. Förderung ist entscheidend Peter Schweda von der AG Dillinger Hütte und Saarstahl wollte ihm da nicht widersprechen. Das Unternehmen habe schon lange erkannt, dass nur gute Arbeitsbedingungen nachhaltige Erfolge bringen. Wir haben eine geringe Fluktuation bei den Arbeitskräften. Nicht umsonst heißt es beispielsweise: Wer zur Dillinger Hütte geht, bleibt bei der Hütte. Das Unternehmen könne einiges tun, um die Fachkräfte nicht nur heranzuziehen, sondern auch zu halten. Wir qualifizieren und fördern unsere Mitarbeiter im Grunde dauernd, auf verschiedene Arten. Allerdings sind ihm auch Grenzen gesetzt: Wir benötigen ausbildungsfähige Leute. Wir machen aus denen dann gute Facharbeiter. Aber wenn es die nicht gibt, haben wir ein Problem. Das verstärkte Zurückgreifen auf ausländische Facharbeiter sieht er zumindest nicht als Lösung an: Wir sind Exportweltmeister, warum sollten wir einen Bildungsimport betreiben? Die Landespolitik bestätigte ein Strukturproblem im Ausbildungssektor. Auf den Vorwurf, dass die Länder ihrem Bildungsauftrag nicht gerecht würden, antwortete Wirtschafts-Staatssekretär Jürgen Barke: Die Länder beklagen sich, dass sie im Bildungssektor vom Bund zu wenig Geld erhalten. Auf der anderen Seite betonen sie ständig, dass Bildung Ländersache sei. Einer besseren Bündelung von Ausund Weiterbildungsmaßnahmen stehe der Föderalismus in Deutschland im Weg. Sascha Sprenger

21 ARBEITSMARKT 21 Passiv-Aktiv-Tausch Neue Perspektiven für Langzeitarbeitslose? Ein Modell im Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit: Mit dem Passiv-Aktiv-Tausch könnten im Saarland über Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden. Arbeitsmarktes verdrängt oder gar ersetzt werden. Konkret bedeutet das, dass es zusätzliche Tätigkeiten sind, die laut Gillo bisher keiner bezahlt. Das sind größtenteils Arbeiten im Gemeinwesen: So könnten die Arbeitslosen etwa dafür eingesetzt werden, Senioren zu betreuen oder in Kaufhäusern für Menschen mit geringem Einkommen zu arbeiten. Auch die Säuberung von öffentlichen Anlagen kommt hierfür in Frage. Wichtig ist vor allem, dass die Menschen etwas zu tun haben und Hoffnung bekommen, so Gillo. Langzeitarbeitslosen eine Perspektive geben, sie am besten noch in den ersten Arbeitsmarkt bringen das wünschen sich Politiker aller Couleur. Ein Patentrezept, wie das am besten funktioniert, gibt es indes bis heute nicht. Eher das Gegenteil ist der Fall: Langzeitarbeitslose damit sind Menschen gemeint, die länger als ein Jahr von Arbeitslosengeld II oder Hartz IV leben sind nur sehr schwer wieder in den regulären Arbeitsmarkt zu vermitteln. Die Chance liege laut dem Saarbrücker Regionalverbandsdirektor Peter Gillo nur bei etwa fünf Prozent, die durchschnittliche Vermittlungsquote der arbeitsfähigen Hartz-IV-Empfänger gerade einmal bei rund 15 Prozent. Ein Vorschlag von Gillo soll einem Teil dieser Langzeitarbeitslosen, die mit aktuell etwa zwei Drittel aller Hartz-IV-Empfänger im Regionalverband ausmachen, eine neue Perspektive geben: der Passiv-Aktiv-Tausch (PAT). Mit diesem Modell sollen bis zu Stellen auf einem öffentlich geförderten Arbeitsmarkt entstehen. Der Name Passiv-Aktiv-Tausch kommt daher, dass die sonst nur passiv genutzten Leistungen der Jobcenter, sprich die Regelleistungen sowie die Zuschüsse zu Heizkosten und die Kosten der Unterkunft, mit den ohnehin aktiven Mitteln (Eingliederungsmaßnahmen, sprich Qualifizierungen und Ähnliches) gebündelt und dann so aufgestockt werden, dass von diesem Gesamtbetrag ein sozialversicherungspflichtiger Job entsteht. Aktiver Gebrauch von passiven Mitteln Ich bin sicher, dass dieser aktive Gebrauch von bisher größtenteils passiv genutzten Mitteln den betroffenen Menschen besser gerecht wird, sagt Gillo. Der Aufstockungsbetrag belaufe sich nach dem Modell, das der Regionalverbandsdirektor vorstellte, auf etwa eine Million Euro. Dieser könne aus dem sogenannten Eingliederungs-Topf der Bundesarbeitsagentur entnommen werden. Der Bruttoverdienst der geschaffenen Stellen liege dann bei knapp Euro, Der Gang zum Jobcenter gehört für Langzeitarbeitslose zum Alltag Foto: D Angiolillo das Nettoeinkommen des Arbeitnehmers bei knapp 950 Euro pro Monat. Langzeitarbeitslose sollen so also in einen öffentlich geförderten, sogenannten dritten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Sie hätten so eine reale Beschäftigung, davon profitieren laut Gillo sowohl die Betroffenen als auch die gesamte Gesellschaft. Bei vielen unserer Langzeitarbeitslosen ist es nicht gelungen, sie in eine reguläre Beschäftigung zu vermitteln trotz verschiedenster Qualifizierungsmaßnahmen, muss Gillo feststellen. Das liege zum einen an Defiziten im Bereich der fachlichen wie sozialen Kompetenz, zum anderen am fehlenden Angebot von entsprechenden einfachen Arbeitsplätzen. Des Weiteren wies Gillo darauf hin, dass die Zahl der Ein-Euro-Jobs wegen Kürzungen des Bundes stark gesunken sei, auch das Modell der Bürgerarbeit laufe aller Wahrscheinlichkeit nach Ende dieses Jahres aus. Davon seien im Regionalverband knapp 850 Menschen betroffen. Die neuen Beschäftigungsverhältnisse können am freien Markt geschaffen oder durch die öffentliche Hand angeboten werden. Voraussetzung ist jedoch, dass ähnlich wie bei der Bürgerarbeit oder den Ein-Euro-Jobs keine Stellen des ersten Eine Antwort schuldig bleibt das System jedoch in einer entscheidenden Frage: Ist es denn eine wirkliche Perspektive für Langzeitarbeitslose, gemeinnützige Arbeit zu verrichten? Denn mehr als eine in diesem Fall wirklich sinnvolle Übergangslösung können und dürfen solche Jobs nicht sein. Es wird immer wieder darum gehen, die Menschen so zu qualifizieren, dass sie eine Chance im ersten Arbeitsmarkt besitzen, aber auch darum, die Unternehmen dabei zu unterstützen, Arbeitsplätze zu schaffen, die von Langzeitarbeitslosen besetzt werden können. Denn nur das ist eine wirkliche Perspektive. Und die hängt in jedem Fall von der Qualifizierung ab. Diese ist bisher in dem Beschäftigungsmodell des Regionalverbandes nicht vorgesehen. Peter Gillo will jedenfalls in Berlin für seinen Vorschlag werben. Die Finanzierbarkeit sei gegeben, allerdings müssten zur Durchführung Gesetze der Sozialversicherung geändert werden. Das Modell wird schon bundesweit diskutiert, aber es wurde noch nie so detailliert berechnet, behauptet der Regionalverbandsdirektor. Anhand dieser Berechnungen könnten nun jedoch in absehbarer Zeit Fakten geschaffen werden. Sascha Sprenger

22 22 GESELLSCHAFT Hilfe für Senioren in Brebach und Burbach Aus dem Stadtteil für den Stadtteil ankreuzen, bei welchen Tätigkeiten von Besorgungen außer Haus über Schreibkram, Haushalt, Ernährung bis zur Körperpflege sie derzeit Hilfe benötigen. In einem Beratungsgespräch könne man auf dieser Grundlage dann besser klären, wo in nächster Zeit weitere Unterstützung erforderlich werde und wie man sie am besten organisiere, sagt Projektmitarbeiterin Schackmann. Beratung und das Tagebuch bietet man auch auf Türkisch an, da in dem Stadtteil sehr viele türkischstämmige alte Menschen leben, die nicht gut Deutsch sprechen. Zu uns finden sie, weil wir durch unsere generationsübergreifenden und interkulturellen Angebote wie Müttertreff und Schülerhilfe bekannt sind, sagt Heß. Aber ansonsten würden sie sich im deutschen System meist wenig auskennen, hätten daher einen besonders hohen Beratungsbedarf. Neun Stadtteilhelferinnen Wolfgang Schönberger vom Diakonischen Werk überreicht Bezirksbürgermeister Daniel Bollig ein Unterstützungs- und Pflegetagebuch, in dem alle Hilfe notiert wird Foto: D Angiolillo Mit dem Modellprojekt Brebach versorgt sich selbst erprobt die Gemeinwesenarbeit des Diakonischen Werks an der Saar jetzt im Stadtteil neue Konzepte, damit alte Menschen möglichst lange selbstbestimmt in ihrem Zuhause leben können. Auch in Burbach gibt es eine Initiative für diese Zielgruppe. Im Saarbrücker Stadtbezirk Brebach/ Neufechingen bekommen die Mitarbeiter der Gemeinwesenarbeit die Auswirkungen des demografischen Wandels, von Altersarmut und Vereinsamung immer deutlicher zu spüren. Wir merken das daran, dass immer mehr ältere Menschen ab 60 oder auch ihre Angehörigen zu uns in die Sozialberatung kommen, sagt Ulli Heß vom BürgerInnenzentrum Brebach des Diakonischen Werks an der Saar. Erst gerade wieder, erzählt ihre Kollegin Dagmar Schackmann, habe die Tochter einer 89-jährigen Brebacherin angerufen und um Rat gefragt. Die Tochter, die in einer anderen Stadt wohne, suche nach einem fahrbaren Mittagstisch für ihre Mutter. Die lebe allein und könne kaum noch sehen. Da weiß man schon, dass es mit einem Mittagstisch nicht getan ist, mit der Zeit wird bei der Frau weiterer Hilfebedarf hinzukommen, sagt Schackmann. Es müsse ja nicht immer gleich der Fall sein, dass ein Pflegedienst notwendig werde, so die beiden Expertinnen. Oft sei den Älteren gar nicht bewusst, wie viel Hilfe sie schon bekommen. Da erfahre man im Gespräch dann nebenbei, dass der Bruder den Papierkram erledige, die Nachbarin immer Brot vorbeibringe. Mag ja sein, dass das alles gut funktioniert, aber was, wenn diese Helfer ausfallen? Um Lösungen für solche Probleme zu entwickeln, hat das BürgerInnenzentrum Brebach im Juli 2012 das Projekt Brebach versorgt sich selbst! gestartet. Es will Unterstützung aus dem Stadtteil für den Stadtteil organisieren : Zum einen, indem es die verschiedenen schon bestehenden Dienstleistungen im Stadtteil besser vernetzt, zum anderen, indem es in dem Spektrum zwischen Nachbarschaftshilfe und sozialen Dienstleistungen neue Ressourcen ausschöpft. Als Modellprojekt wird es vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Programm Zuhause im Alter ) und dem Land gefördert und wissenschaftlich vom ispo-institut begleitet. Um erst einmal zu ermitteln, welcher Hilfebedarf bei einer Seniorin oder einem Senior besteht, hat das Projekt-Team etwa ein Unterstützungs- und Pflegetagebuch entwickelt. In diesem Heft sollen die Betroffenen selbst oder auch ihre Angehörigen über 14 Tage hinweg täglich Mit Beratung allein lassen sich die Probleme jedoch nicht immer lösen, ist Heß klar: Es braucht auch jemanden, der handelt und begleitet, die Menschen an die Hand nimmt. Deshalb bildet das Projektteam jetzt Brebacher Bürgerinnen zu sogenannten Stadtteilhelferinnen aus. Die zunächst neun Frauen zwischen 20 und 50 erhalten einen Erste-Hilfe-Kurs, ein Führungszeugnis, eine Hygieneschulung und ein Kommunikationstraining und damit die nötigen Voraussetzungen, um anschließend ehrenamtlich kleine Aufgaben im Stadtteil zu übernehmen. Sie sollen zum Beispiel bei der Speisenzubereitung und Bedienung beim Stadtteilfest, Frauenfrühstück, Mittagstisch für die Schülerhilfe oder auch Pausenverkauf in der Ganztagsgrundschule zum Einsatz kommen. Wenn ihnen das liegt, bilden wir sie weiter aus, zu Alltagshelferinnen, erklärt Heß. Damit eröffneten sich den Frauen auch entlohnte Beschäftigungschancen in Privathaushalten, bei Pflegediensten, der ökumenischen Sozialstation oder der Agentur für haushaltsnahe Dienstleistungen. Langfristig wollen wir so einen Pool von Stadtteil- und Alltagshelferinnen aufbauen, die hier im Stadtteil tätig sind und den Bedarf abdecken, beschreibt Heß das Ziel. Der Vorteil sei: Wenn die Alltagshelferin gleich um die Ecke wohne, könne sie auch kleine Einsätze übernehmen, die sich bei langen Anfahrtswegen nicht rentierten. Außerdem arbeitet das Projektteam daran, die sozialen Dienstleistungen (Gemeinwesenarbeit), die pflegerischen Dienstleistungen (wie etwa Tagespflege) und die medizinischen Dienstleistungen (Ärzte, Krankenhaus) im Stadtteil bes-

23 GESELLSCHAFT 23 ser zu vernetzen. Und es erstellt zurzeit einen Wegweiser für Senioren und ihre Angehörigen in Brebach in Form einer Broschüre mit allen wichtigen Adressen. Ein umfangreiches Programm also, um Brebach für die Zukunft zu rüsten. Und nicht nur Brebach: Die Bausteine, die man hier erarbeitet, sollen später auch anderen Stadtteilen zugutekommen. Burbacher Bringdienst Auch im Saarbrücker Stadtteil Burbach stellt man sich auf den demografischen Wandel ein. Hier haben Geschäftsinhaber, die sich auch am BID Burbach (Bündnis für Investition und Dienstleistung) beteiligen, Ende 2010 gemeinsam einen Bringdienst eingerichtet. Damit kann man sich Einkäufe, die man in den teilnehmenden Geschäften tätigt, gegen einen Aufpreis von 2,50 Euro innerhalb von Saarbrücken-West nach Hause transportieren lassen, oder auch gleich von daheim aus telefonisch oder per App bestellen. 19 Geschäfte sind an diesen Bringdienst angeschlossen, vom Schuhmacher über das Sanitätshaus bis zum Pferdeoder auch Bio-Metzger. Da die Burbacher BID-Geschäfte nicht das ganze Spektrum der Waren des täglichen Bedarfs abdecken, haben sie auch einen Lebensmittel- Supermarkt und einen Drogeriemarkt in den benachbarten Stadtteilen Gersweiler und Malstatt in den Service mit aufgenommen. Unsere Zielgruppe sind Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, aus Altersgründen oder weil sie gesundheitlich beeinträchtigt sind, erklärt Siegfried Graber, der Vorsitzende des BID Burbach. Wenn diese Menschen dann auch noch kein eigenes Auto hätten oder nicht gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden seien, sei es für sie schwierig, im Burbacher Zentrum einzukaufen. Der Bringdienst werde sehr gut angenommen, sagt Graber, doch trotz voller Auslastung bleibe er ein Zuschussbetrieb. Wirtschaftlich lasse er sich zu den Gebühren, die für die Zielgruppe erschwinglich sind, nicht betreiben, habe man erkannt. Was bedeutet, dass die Geschäftsleute für den dreirädrigen Piaggio-Lieferwagen und den Fahrer monatlich Geld zusammenlegen müssen. Auch Beschäftigte auf den Saarterrassen oder im IT-Park in Burbach lassen sich inzwischen gern und immer öfter ihr Mittagessen mit dem Piaggio zum Arbeitsplatz transportieren. So lange sie auf diese Weise zur Auslastung des Bringdienstes beitragen, ohne dass die eigentliche Zielgruppe dadurch zu kurz kommt, ist das für die Geschäftsleute kein Problem. Silvia Buss Armutsbericht der Bundesregierung Experten bekräftigen Kritik Die Kritik am Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung reißt nicht ab. Anfang Juni war der Bericht, der in den vergangenen Monaten zu heftigen Debatten geführt hatte, Thema im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales. Dabei wurde deutlich, dass auch Experten die optimistische Einschätzung des Berichts aus dem Haus von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht teilen. So unterstrich der Vizedirektor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, Ulrich Walwei, dass die Behauptung des Berichts, dass die Lohnungleichheit in Deutschland seit 2005 nicht weiter gestiegen ist, nicht stimme. Bei sozialversicherungspflichtig in Vollzeit Beschäftigten seien die Löhne des unteren Verdienst- Zehntels zwischen 2005 und 2010 um sechs Prozent gesunken, erklärte Walwei. Beim oberen Zehntel hätten sie dagegen um rund ein Prozent zugenommen. Damit habe auch die Ungleichheit zugenommen. Dieser Einschätzung schloss sich auch Markus Grabka vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) an. Experten vom Deutschen Gewerkschaftsbund und der Arbeiterwohlfahrt regten in der Anhörung an, die Bildungschancen besser im Blick zu haben, um Chancengerechtigkeit und Vermeidung von Armut im Lebenslauf zu gewährleisten. Caritas-Präsident Peter Neher mahnte anlässlich der Anhörung den Fortbestand der Förderung der Schulsozialarbeit an. DIW-Experte Grabka mahnte jedoch, mit Bildungspolitik allein lasse sich Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen nicht lösen. Hier bedarf es Antworten, beispielsweise aus dem Bereich der Steuerpolitik, sagte er. Angesichts des erneuten Vorwurfs, der Armutsbericht aus dem Ministerium von Ursula von der Leyen (CDU) sei geschönt, verlangte die Nationale Armutskonferenz (nak) eine unabhängige Kommission zur Erarbeitung des Armutsund Reichtumsberichts. Wir brauchen einen ehrlichen Armutsbericht, erklärte der stellvertretende nak-sprecher Michael David. Auch Grabka regte an, bereits in der nächsten Wahlperiode eine unabhängige Kommission einzusetzen. Maria Loheide, sozialpolitischer Vorstand der Diakonie Deutschland kritisierte anlässlich der Anhörung, dass der aktuelle Bericht das Problem von Langzeitarbeitslosigkeit und drohender Altersarmut infolge von Minijobs und Niedriglöhnen außer Acht lasse. Damit verschleiere er die sozialen Probleme, erklärte sie. Auch im Saarland war der Bericht bei seinem Erscheinen im März heftig kritisiert worden. Das Bündnis UmFAIRteilen, dem rund 30 Organisationen angehören, hatte moniert, dass die Bundesregierung sich schlicht weigere, bestimmte Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Von der Landesregierung forderten Mitglieder des Bündnisses, endlich den angekündigten Aktionsplan zur Armutsbekämpfung vorzulegen. Den soll es jetzt nach Angaben des Sozialministeriums nach der Sommerpause geben. epd/gh Nach Ansicht aller Experten ist die Ungleichheit in Deutschland gewachsen, nimmt Armut immer mehr zu Foto: picture alliance

24 24 BILDUNG Von Sinn und Zweck der Wirtschaftsdemokratie Mitsprache in der Arbeitswelt tut not Udo Rehfeldt arbeitet als Wirtschafts- und Sozialforscher in Paris. In Frankreich spielten die Gewerkschaften eine andere Rolle als bei uns und strebten teilweise nach einer kompletten Übernahme der Wirtschaftsbetriebe, klärte er die Zuhörer auf Foto: D Angiolillo Es gäbe Möglichkeiten, in der Wirtschaft deutlich mehr Teilhabe aller Beschäftigten in ihren Betrieben durchzusetzen. Dazu müssten sich Politik und Gesellschaft aber viel intensiver auf die Vorstellung einer Wirtschaftsdemokratie einlassen. Bei einer Ringvorlesung an der Saar-Universität wurden Konzepte vorgestellt und Chancen für deren Umsetzung diskutiert. Es gibt Themen, die etwas aus der Zeit gefallen zu sein scheinen, weil sich aktuell offenbar kaum jemand damit auseinandersetzt. Wirtschaftsdemokratie scheint auf den ersten Blick ein solcher Begriff zu sein. Unter Wirtschaftsdemokra tie sind nach Angaben des Online-Le xi kons Wikipedia Überlegungen zu ver stehen, die die Mitbestimmung und Beteiligung der Arbeitnehmer an wirtschaftlichen Prozessen und eine demokratisch legitimierte Globalsteuerung der Wirtschaft anstreben. Geprägt wurde der Begriff Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Seinerzeit forderte der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund die schrittweise Beseitigung der Herrschaft, die sich auf den Kapitalbesitz aufbaut, und die Umwandlung der leitenden Organe der kapitalistischen Interessen in solche der Allgemeinheit, wie es in einer Resolution hieß. In der Brockhaus-Enzyklopädie von 1974 steht, nach dem Zweiten Weltkrieg sei die Diskussion um die Wirtschaftsdemokratie in Deutschland zunächst weitgehend im Zeichen der Forderung nach Mitbestimmung geführt worden. Als Beispiele für praktizierte Wirtschaftsdemokratie werden neben kollektiven Verträgen (also Tarifverträge für einzelne Branchen) die Arbeiterselbstverwaltung im mittlerweile untergegangenen Jugoslawien, Organisationsstrukturen in (inzwischen wieder weitgehend privatisierten) verstaatlichten Wirtschaftszweigen in Großbritannien und die Einschaltung aller Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen bei der Ausformung der staat- lichen Wirtschaftspolitik in skandinavischen Ländern genannt. Das klingt zum Teil sehr theoretisch und zum Teil tatsächlich nicht mehr ganz zeitgemäß. Um etwas mehr über die Thematik zu vermitteln, organisierte die Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt (KoWA) an der Saar-Universität daher gemeinsam mit der Arbeitskammer und dem Bildungswerk Arbeit und Leben von DGB und VHS in diesem Sommersemester eine Ringvorlesung. In der Einladung dazu hieß es: Unter Wirtschaftsdemokratie versteht man demokratische Beteiligungsformen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den jeweiligen Unternehmen und von Interessengruppen (Gemeinden, Umweltverbänden, Gewerkschaften und staatliche Einrichtungen) bezüglich der demokratischen Steuerung von Unternehmen und der Gesamtwirtschaft. Historische Instrumente und Vorschläge einer weiterführenden Konzeption von Wirtschaftsdemokratie sind Wirtschaftsund Sozialräte und Arbeitskammern. Angesichts dieser Ausführungen wird klar, warum DGB und Arbeitskammer als Mitveranstalter auftraten. Auch die Herkunft der Referenten zeigte an, wer sich für das Ideal einer Wirtschaftsdemokratie stark macht: Es ist im weitesten Sinne die gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmerschaft. In insgesamt vier Vorträgen wurden Wirtschaftsdemokratie in Frankreich und Deutschland im Vergleich von Udo Rehfeldt (Institut de Recherches Économiques et Sociales IRES, Paris), Entwicklungslinien der deutschen Wirtschaftsdemokratie durch Dr. Joachim Beerhorst (IG-Metall-Bundesvorstand, Frankfurt), Wirtschaftsdemokratie und Wirtschaftspolitik von Dr. Dierk Hierschel (ver.di-bundesverwaltung, Berlin) sowie die Europäische Dimension von Wirtschaftsdemokratie durch Dr. Thorsten Schulten (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut WSI in der Hans- Böckler-Stiftung, Düsseldorf) vorgestellt. Rehfeldt erklärte in seinem Referat, dass kein einheitliches Modell für Wirtschaftsdemokratie existiere. Einerseits gebe es Bestrebungen, entsprechende Konzepte in Tarifverträgen zu fixieren und andererseits den Versuch, das auf gesetzlicher Ebene zu regeln. In Deutschland setze man seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor allem auf Mitbestimmung in den Unternehmen, in Frankreich verfolgten Gewerkschafter und linke Politiker hingegen eher das Ziel einer Wirtschaftsdemokratie im gesamten ökonomischen Bereich. Es gebe zudem einen institutionalisierten Wirtschafts-, Sozial- und Umweltrat zur Beratung der Regierung, der jedoch relativ wenige Kompetenzen habe. Auch ideologisch

25 BILDUNG 25 Bei der Ringvorlesung zum Thema Wirtschaftsdemokratie wurden viele Facetten angesprochen. KoWA-Leiter Dr. Luitpold Rampeltshammer hätte sich mehr aktive Betriebsräte als Teilnehmer gewünscht Foto: D Angiolillo unterschieden sich deutsche und französische Gewerkschaften, sagte Rehfeldt: Während diesseits des Rheins der partnerschaftliche Umgang in einer sozialen Marktwirtschaft das Leitmotiv sei, werde jenseits des Rheins bis heute der Ruf nach kompletter Übernahme der Betriebe erhoben ( revolutionärer Ansatz ). Der IG-Metaller Beerhorst vertrat die Auffassung, man müsse die praktizierte Wirtschaftsdemokratie nach vorne wenden. Das bereits Erreichte sollte möglichst durch überbetriebliche Einrichtungen wie Sozialräte und öffentlichrechtliche Kammern ergänzt werden. ver.di-mann Hierschel sprach von einer Tragödie, was das Vorgehen führender Politiker aus EU-Staaten in Südeuropa betreffe. Dort würden ganze Bastionen der Tarifgestaltung geschleift, was sich natürlich auch negativ auf vorhandene Strukturen der Wirtschaftsdemokratie auswirke. Beerhorst warnte zudem vor dem Überschwappen neoliberaler Politik-Entwürfe auf Deutschland, wenn sich die Krise erneut zuspitzen sollte. IG Metall: Mehr Wirtschaftsdemokratie wagen! Für Schulten von der Hans-Böckler- Stiftung hat die Krisensituation letztlich sogar etwas Positives. Seit 2008 gebe es nämlich so etwas wie eine Renaissance der Debatte. Die IG Metall fordere ganz offen einen ökonomischen Kurswechsel und habe das Motto ausgegeben: Mehr Wirtschaftsdemokratie wagen! In anderen Gewerkschaften werde nach zeitgemäßen Konzepten für die Wirtschaftsdemokratie gesucht. Der WSI-Experte zitierte als geistigen Unterstützer den Sozialphilosophen Oskar Negt, der 2012 erklärte: Demokratie wagen, dies hieße heute die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in die Verfügungsgewalt über die Produkte ihrer eigenen Arbeit hieße: Wirtschaftsdemokratie wagen! Negt geißele zudem den deregulierten Finanzmarktkapitalismus als ein zutiefst autoritäres Regime, das die Gesellschaft nicht zulassen dürfe. Schulten konstatierte eine ökonomische und politische Krise in der Europäischen Union angesichts selbst verursachter Probleme durch ein neoliberales, finanzmarktdominiertes Kapitalismusmodell und durch postdemokratische Tendenzen, die zu Polit-Strategien mit fast schon autoritärem Charakter und damit zu einem anhaltenden Legitimationsverlust Wirtschaftsdemokratie im Saarland Eine Bestandsaufnahme Dr. Peter Stefan hat im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung/Peter- Imandt-Gesellschaft eine Regionalstudie zur Wirtschaftsdemokratie veröffentlicht. Die Untersuchung mit dem Titel Neue Wirtschaftsdemokratie im Saarland? dokumentiert gelungene und weniger gelungene Praxisbeispiele demokratischen und nachhaltigen Wirtschaftens im Saarland. Eine kurze Skizzierung historischer und internationaler Vorbilder und Diskussionen verdeut- der EU geführt hätten. Als Möglichkeit zum Gegen- und Umsteuern skizzierte er Konturen einer europäischen Wirtschaftsdemokratie ( kein fertiges Konzept ). Politisch müsse das EU-Parlament nach seiner Ansicht endlich normal werden in der Hinsicht, dass es grundlegende Kontrollrechte gegenüber der EU-Kommission erhält; außerdem solle es mehr direkte Demokratie durch Referenden auf EU-Ebene geben. Ökonomisch hält Schulten eine demokratische Kontrolle der Europäischen Zentralbank für überfällig, spricht sich für transnationale Mitbestimmungsrechte in Unternehmen aus und fordert eine demokratische Ausgestaltung der EU-Industrie, Regional- und Strukturpolitik. Auf sozialer Ebene gilt es für ihn, verbindlichen Arbeits- und Sozialregelungen Vorrang vor den ökonomischen Grundfreiheiten einzuräumen, nationale Sozialstaatssysteme und nationale Instrumente der Wirtschaftsdemokratie abzusichern sowie EU-Mindeststandards (wie etwa Mindestlöhne, -einkommen, -renten) zu schaffen. Als Gegenentwurf zu einem Ökonomiemodell, das allein auf die Kraft des freien Marktes (beziehungsweise die Durchsetzungsfähigkeit der Stärksten ) vertraut, taugt die Wirtschaftsdemokratie weiterhin oder sogar wieder! also allemal: Denn Mitsprache tut offensichtlich dringend not. KoWA-Leiter Dr. Luitpold Rampeltshammer fand es deshalb etwas schade, dass nur wenige aktive Betriebsräte an der Ringvorlesung teilnahmen. Immerhin war DGB-Landeschef und KoWA-Beiratsvorsitzender Eugen Roth bei der Auftaktveranstaltung anwesend. Er könnte bei passender Gelegenheit ja vor Gewerkschaften und in seiner Eigenschaft als Landtagsabgeordneter auch vor anderen Politikern vehement dafür werben, dass die Idee der Wirtschaftsdemokratie noch mehr Unterstützer erhält. Wulf Wein licht zudem, dass Wirtschaftsdemokratie eine lange Geschichte hat. Die Studie kann unter de/fileadmin/ls_saar/pdf/studie_auflage2_2012_web.pdf aus dem Internet heruntergeladen werden. Unter demokratie.eu/wirtschaftsdemokratie/ ist eine Liste mit Internet-Links zu Organisationen, Verbänden und Interessengruppen zu finden, die sich mit Wirtschaftsdemokratie beschäftigen. WW

26 26 SOZIALES Das Carrotmob-Team bei seinem Aktionstag vor dem Café de Paris Fotos: D Angiolillo Erster Carrotmob in Saarbrücken Konsumieren für den Klimaschutz Warum boykottieren, wenn man auch motivieren kann? Beim ersten Carrotmob in Saarbrücken belohnten über 100 Besucher das Bistro Café de Paris für seinen Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz. schützern und wurde vom BUND Saar, Cambio Carsharing, Occupy Saarland, der ARGE Solar, dem Umwelt-Campus Birkenfeld und dem Biosphärenreservat Bliesgau unterstützt. Nach zahlreichen Planungstreffen und einem Workshop, der Carrotmob-Akademie ein Projekt der Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit stand die Aktion. Und es lief erfolgreich: Gemobbt wurde das Bistro Café de Paris im Nauwieser Viertel, wo sich von 11 bis 15 Uhr viele Interessierte tummelten und leckere Flammkuchen, Backwaren und Getränke kosteten. Die Geschäftsführerin Christina Tsiakiris war von der Idee direkt begeistert, als die Initiatoren auf sie zukamen. Den Gedanken, so direkt etwas für die Nachhaltigkeit zu machen, fand ich klasse, sagte sie. Ihr Beitrag zum Carrotmob ist es, ab sofort auf regionale Produkte aus dem Biosphärenreservat Bliesgau zu setzen. Die Speisekarte wird nun durch regionale Speisen und Getränke erweitert, erzählt Tsiakiris, die das französische Bistro in der Saarbrücker Blumenstraße Durch Konsum das Klima retten? Oder zumindest zum Klimaschutz beitragen? Was sich zunächst seltsam anhört, ist die Idee, die hinter einem sogenannten Carrotmob steckt. Statt Geschäfte und Unternehmen zu boykottieren, die sich umweltschädlich verhalten, werden diejenigen belohnt, die bereit sind, ihre Klimabilanz zu verbessern. Das Prinzip ist einfach: Man verabredet sich an einem bestimmten Aktionstag in einem ausgewählten Geschäft und mobilisiert so viele Besucher wie möglich, dazuzukommen und zu konsumieren. Der Laden, der gestürmt wird, verpflichtet sich, einen Teil des Tagesumsatzes in Maßnahmen zu nachhaltigerem Wirtschaften zu investieren. Das kann zum Beispiel eine Investition in energieeffizientere Beleuchtung, die Umstellung auf fair gehandelten Kaffee oder der Wechsel des Stromanbieters sein. Der Begriff Carrotmob ist abgeleitet von der Möglichkeit, einen Esel zu motivieren, indem man ihm eine Karotte vor die Nase hält. Übertragen auf einen Carrotmob bedeutet das, dass die Karotten die Kunden sind und die bringen den Gewinn. Wir halten der Wirtschaft die Karotte hin, sagte Brad Burton, US-amerikanischer Mitinitiator der inzwischen weltweit aktiven Carrotmobbewegung. Der erste Buycott fand 2008 in San Francisco statt. Ein einfaches Prinzip, hinter dem ganz schön viel Arbeit steckt. Das war im Juni in Saarbrücken zu sehen, wo 15 Ehrenamtliche den ersten Carrotmob im Saarland organisierten. Wir haben alle möglichen Läden gefragt, ob sie mitmachen wollen, erzählte die Initiatorin und Umweltpädagogin Katharina Hemp. Das bunt zusammengewürfelte Organisationsteam bestand aus engagierten Klima- Katharina Hemp zeigte kleinen Carrotmob- Besuchern unter anderem, wie sich mit Sonnenlicht und Wind Strom erzeugen lässt Flammkuchen mit regionalen Zutaten gibt es ab sofort im Saarbrücker Café de Paris im Oktober 2012 eröffnet hat. Außerdem will sie einen Teil des Aktionsumsatzes in Energiesparmaßnahmen investieren. Geboten wurden beim Saarbrücker Carrotmob auch Musik und Experimente rund ums Thema Nachhaltigkeit. Die Veranstalter und die Café de Paris-Besitzerin waren mit dem Aktionstag sehr zufrieden: Es war super, berichtete Initiatorin Petra Stein. Gut 120 Leute seien gekommen, die Stimmung war schön. Und die Aktion ließ nicht nur im Café de Paris die Kassen klingeln, sondern erfüllte auch ihr Ziel: nachhaltigen Konsum in den Alltag zu integrieren Klimaschutz, der Spaß macht, so Stein. Und mitmachen kann jedermann, ergänzte Hemp. Es gebe zum Beispiel Aktionen an Schulen, bei denen Schüler eine Eisdiele mobben, aber auch Unternehmen könnten sich bereit erklären mitzumachen. Anke Bauer Infos gibt es im Internet unter www. carrotmob-akademie.de und

27 GEWERKSCHAFT 27 CGM fordert Konzept Missbrauch von Werkverträgen Die Christliche Gewerkschaft Metall (CGM) fordert die Bundesregierung auf, so schnell wie möglich ein Konzept gegen den Missbrauch von Werkverträgen zu erarbeiten. Auf dem Arbeitsmarkt schießen seit einiger Zeit Werkverträge wie Pilze aus dem Boden. Dadurch werden Stammarbeitsplätze vernichtet und Lohndumping breitet sich aus, so der CGM-Bundesvorsitzende Adalbert Ewen. Das Werkvertragswesen, das es schon seit Bestehen des Bürgerlichen Gesetzbuches gibt, würde zunehmend in Bereichen angewandt, in denen es nichts zu suchen habe. Hier wird eine traditionsreiche Vertragsart zu Lasten der Arbeitnehmer missbraucht. Das ist inakzeptabel, prangert Ewen die derzeitige Situation an. Die CGM spricht sich dafür aus, die Anwendung von Werkverträgen stärker zu kontrollieren: Wenn man genau hinschaut, handelt es sich in vielen Fällen lediglich um Scheinwerkverträge. Zumindest die könnten verhindert werden, indem in den Betrieben mehr und besser kontrolliert wird auch unangemeldet. Außerdem fordert die CGM, das Mitbestimmungsrecht auf Werkverträge auszuweiten, denn zumindest dort, wo Stammarbeitsplätze ersetzt werden sollen, gehen Werkverträge auch den Betriebsrat etwas an. Die CGM spricht sich zudem dafür aus, dass die Vergabe von Werkverträgen nicht mit Zeitarbeit kombiniert werden kann: Dadurch entsteht Intransparenz zu Lasten der Beschäftigten. Keiner blickt mehr durch und dem Missbrauch ist Tür und Tor geöffnet, so Ewen. Werkvertragsunternehmen sollten deshalb nicht auch noch zusätzlich eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung erhalten. Letztendlich sei entscheidend, dass kein Missbrauch mehr betrieben werden kann und dass nicht mehr dieselbe Arbeit von der Stammbelegschaft und von Fremdarbeitskräften zu unterschiedlichen löhnen geleistet wird. Es sollte außerdem dringend hinterfragt werden, was die Herstellung eines Werkes bedeutet. Ist das Auffüllen von Regalen, das Aufräumen von Lagern oder das Verpacken von Waren wirklich als Herstellung im Sinne eines Werkvertrages anzusehen? Wir sehen das nicht so und wollen deshalb gerne eine Antwort auf diese Frage. Und wir wollen Regelungen, die verhindern, dass weiterhin massenhaft Stammarbeitsplätze in Werkvertragsverhältnisse umgewandelt werden, so Ewen. red IG Metall befragte Beschäftigte Unbefristete, faire Arbeit Berthold Huber und Detlef Wetzel stellten die Ergebnisse vor Foto: picture alliance Sichere und faire Arbeit ist das zentrale Thema für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Zu diesem Ergebnis kommt die größte Beschäftigtenbefragung Deutschlands Beschäftigte aus über Betrieben haben sich an der IG Metall-Befragung Arbeit: sicher und fair! von Februar bis Ende April 2013 beteiligt. Allein im Saarland nahmen Beschäftigte aus 145 Betrieben an der Umfrage teil. Die Parteien diskutieren im Wahlkampf 2013 bisher völlig an den Menschen vorbei. Die Beschäftigten wollen eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt, faire Altersübergänge, gerechte Bildungschancen und sie wollen Beruf und Familie vereinbaren, sagte Berthold Huber, Erster Vorsitzender der IG Metall. Er vermisse eine Debatte über diese Fragen. Ich sage der Politik: Sie werden die Menschen nur dann für Wahlen begeistern, wenn Sie deren Themen bearbeiten, sagte Huber. Nur wer die Anliegen der Beschäftigten in handfeste Aus- und Zusagen umsetze, werde Wähler mobilisieren. Ein wesentliches Anliegen der Menschen ist unbefristete, fair bezahlte Arbeit. 88 Prozent der Befragten bezeichnen einen unbefristeten Arbeitsvertrag als sehr wichtig, 83 Prozent ein verlässliches Einkommen. Prekäre Beschäftigung wird abgelehnt. Über 90 Prozent der Befragten fordern, dass der Niedriglohnsektor eingedämmt wird, sagte Huber. Das sei Aufgabe der Politik. 97 Prozent der Befragten fordern von der Politik einen handlungsfähigen und starken Sozialstaat. Flexibilität gibt es nur gegen Sicherheit, sagte Huber. Die Mehrheit der Befragten (73 Prozent) sieht Weiterbildung als wesentlichen Faktor in der beruflichen Entwicklung an. Unter gerechten Bildungschancen verstehen die Befragten gute Bildung, Ausbildung und Weiterbildung. Elektromobilität, Erneuerbare Energien nur mit hochqualifizierten Facharbeitern und Ingenieuren wird unsere Industrie den Strukturwandel erfolgreich bewältigen, sagte Huber. Deutschlands Beschäftigte sind es leid, dass an ihnen vorbeiregiert wird. Den einsamen Entscheidungen in den Elfenbeintürmen von Politik und Wirtschaft setzen wir Demokratie entgegen. Viele Menschen fühlen sich mit den Themen aus ihrer Lebenswirklichkeit in der Politik und in der öffentlichen Diskussion nicht mehr ausreichend wahrgenommen, sagte Detlef Wetzel, Zweiter Vorsitzender der IG Metall. Die Befragung Arbeit: sicher und fair sei deshalb die Grundlage für die weitere Arbeit der IG Metall. Die große Beteiligung von einer halben Million Menschen zeichne ein repräsentatives Stimmungsbild. 31 Prozent der Befragten sind keine Gewerkschaftsmitglieder. Damit ist es uns gelungen, mehr als Menschen über unsere Kernklientel hinaus für diese Befragung zu motivieren, sagte Wetzel. Zudem wurden 27 Prozent der Fragebögen von Beschäftigten unter 35 Jahren ausgefüllt, überdurchschnittlich hoch war auch der Anteil der Angestellten und Hochqualifizierten. Für die IG Metall sei Beteiligung ein Schlüsselthema, hin zu mehr Politik für die Menschen. Deshalb fordern wir neben einer Stärkung der Volksentscheide auf politischer Ebene auch in den Betrieben mehr individuelles Beteiligungsrecht der Beschäftigten für alle Fragen zu ihrer Arbeitssituation. Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften: Wir alle müssen mehr Beteiligung wagen!, so Wetzel. red

28 28 GEWERKSCHAFT DGB-Aktion für neue Ordnung der Arbeit Politikwechsel hin zu Guter Arbeit Am bundesweiten Aktionswochenende des Deutschen Gewerkschaftsbundes unter dem Motto Für eine neue Ordnung der Arbeit haben sich auch der DGB Saar und die DGB-Jugend Saar beteiligt. In seinem Aufruf fordert der DGB einen Politikwechsel hin zu Guter Arbeit. Spätestens nach der Bundestagswahl müssten ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn, der Schutz und die Stärkung der Tarifautonomie, der Ausbau der Mitbestimmung, die Bekämpfung prekärer Beschäftigung und gleicher Lohn für gleiche Arbeit als Kernelemente realisiert werden. Thorsten Schmidt, Vorsitzender der DGB-Jugend Saar, erklärte: Zentral ist für uns natürlich die Forderung nach einer neuen Ordnung der Arbeit. Für uns heißt das, die Menschen müssen für ihre Arbeit gerecht bezahlt werden, so dass sie von ihrem Einkommen wieder leben können. Wir wollen Schluss machen mit unwürdigen Arbeitsbedingungen und verlangen deshalb unter anderem einen flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro, die Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen, Leih- und Zeitarbeit sowie gleiches Geld für gleiche Arbeit unabhängig vom Geschlecht. red Mahnwache vor dem Saarbrücker Rathaus Foto: D Angiolillo Personalmangel in Kliniken Kostendruck steigt überall Mit flotten Sprüchen und kreativen Ideen machten Thorsten Schmidt, Bettina Altesleben und Heike Wendorff auf die Anliegen des DGB aufmerksam Foto: D Angiolillo Von IG BAU geforderte Regelung in Kraft Handhabe für Schrottimmobilien Schlechte Zeiten für Besitzer von Schrottimmobilien : Die Kommunen im Regionalverband Saarbrücken können künftig wirkungsvoller gegen Eigentümer von leer stehenden, verwahrlosten Gebäuden vorgehen. Möglich wird dies durch eine Änderung des Baugesetzbuches, die der Bundestag jetzt verabschiedet hat. Darauf hat die Industriegewerkschaft Bauen- Agrar-Umwelt hingewiesen. Bereits Ende letzten Jahres hatte sich der IG BAU-Bezirksverband Saar-Trier öffentlich für eine solche Änderung stark gemacht. Die Neureglung gibt den Städten und Gemeinden im Regionalverband Saarbrücken jetzt ganz konkret die Möglichkeit, die Eigentümer von verwahrlosten Gebäuden an den Abrisskosten zu beteiligen. Damit sind wichtige Weichen gestellt, dass marode Immobilien, die jahrelang unbewohnt vor sich hin gammeln, nicht zum Dauerproblem werden, sagt Heiner Weber. Nach den Worten des IG BAU-Bezirksvorsitzenden ist die Neuregelung insbesondere aus städtebaulicher Sicht von Bedeutung. Heruntergekommene, unbewohnte Gebäude entwickeln sich nicht selten zu Schandflecken, die auch die Wohnqualität in der Umgebung verschlechtern und die Entwicklung in Städten und Gemeinden blockieren. Hier muss man rechtzeitig vorbeugen, so Weber. Vor diesem Hintergrund appelliert er an die Kommunen im Regionalverband Saarbrücken, die neuen Möglichkeiten offensiv zu nutzen. red Mit einer 24-stündigen Mahnwache vor dem Rathaus der Landeshauptstadt hat ver.di Saar den Winterberg. Auf. Schrei! der Beschäftigten des Klinikums Saarbrücken unterstützt. Damit wollte die Gewerkschaft zugleich auf den katastrophalen Personalnotstand in allen Krankenhäusern aufmerksam machen. Gewerkschaftssekretär Michael Quetting beschreibt die Situation so: Nach einer Erhebung der Gewerkschaft ver.di fehlen im Klinikum 386 Arbeitsplätze Überstunden gibt es allein auf dem Winterberg. Viele Arbeitszeitkonten stehen auf Rot und jetzt will man die Personalkosten um weitere zwei Prozent senken. Wir sind es leid, dass die ungenügende finanzielle Ausstattung lediglich und stets auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. Der Kostendruck in den Krankenhäusern führe überall zu einer unerträglichen Situation, allein im Saarland fehlten etwa Arbeitsplätze, bundesweit handle es sich um fehlende Stellen, die Versorgung der Patienten sei gefährdet. Die Lage in allen Krankenhäusern ist sehr ernst, so Alfred Staudt. Die Situation mache erneut deutlich, wie wichtig es sei, die Einnahmen der öffentlichen Haushalte zu verbessern, insbesondere durch die Einführung einer Vermögenssteuer, Veränderung der Erbschaftssteuer und mehr Steuergerechtigkeit. Dies sei auch ein Gebot des Grundgesetzes. red

29 GEWERKSCHAFT 29 Förderpreis Ehrenamt Engagierte Jugend Das Netzwerk für Demokratie und Courage Saar e.v. (NDC Saar) ist einer von sechs Preisträgern des Förderpreises Ehrenamt In der Kategorie Engagierte Jugend konnte das NDC die Jury überzeugen und wurde in der Staatskanzlei augezeichnet. In der Laudatio wurde das große Engagement der ehrenamtlichen Teamer ebenso hervorgehoben wie die Besonderheiten der Arbeit: Unter anderem das Wirkungsprinzip Jugend für Jugend, die hohe Beteiligungsorientierung der Workshops und Projekttage. Besonders gelobt wurde daneben das Projekt ToR! Team ohne Rassismus, das sich an alle saarländischen Vereine richtet. Seit mehr als zehn Jahren ist das NDC Saar mit diesen Grundsätzen in der Arbeit gegen Vorurteile, Diskriminierung und Ausgrenzung an saarländischen Schulen und in Vereinen präsent. red IG Metall Bildungsmanifest Die IG Metall fordert im Wahljahr mit einem Bildungsmanifest von der Politik, grundlegende Reformen im Bildungssystem umzusetzen. Bildung soll gerechter, für alle zugänglich, in der Regel kostenfrei und mit Arbeit besser vereinbar werden. Deutschland brauche ein Bildungssystem, das lebenslanges Lernen ermöglicht. Das Bildungsmanifest kann online auf www. revolutionbildung.de unterschrieben werden. Es fordert unter anderem ein Ausbildungsangebot für alle Jugendlichen, ein durchlässigeres Schulsystem, mehr Zugangswege zum Studium, einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung und die Abschaffung der Studiengebühren. red Mitgliederentwicklung ver.di legt zu ver.di hat in den ersten Monaten des Jahres so viele neue Mitglieder gewinnen können wie noch nie zuvor: insgesamt Nach Abzug der Austritte ergibt das ein reales Plus von Ein Grund für den Erfolg sind die Tarifkonflikte der vergangenen Monate. Allein im Handel kamen rund Mitglieder dazu. Aber auch bei den Finanzdienstleistern, im Luftverkehr und im Energiebereich war ver.di erfolgreich. dgb-einblick Auftakt in der Saarbrücker Fußgängerzone Foto: D Angiolillo ver.di Saar beteiligte sich an Aktionswoche Her mit dem schönen Urlaub! Vier oder sechs Wochen? Das ist der Unterschied zwischen gesetzlichem und tariflichem Urlaub. Wenn Arbeitnehmer wählen müssten, wäre das Ergebnis nach Einschätzung von ver.di dabei eindeutig: Die sechs Wochen würden einen haushohen Sieg einfahren das ist sonnenklar, ist sich Landesbezirksleiter Alfred Staudt sicher. Diesen Unterschied müssen sich die Arbeitnehmer aber immer wieder erst erstreiten darauf hat ver.di in einer Aktionswoche im Juni 2013 hingewiesen. Vernünftige Arbeitsbedingungen und dazu gehört auch der bezahlte Urlaub sind leider nicht selbstverständlich, erklärte der stellvertretende Landesleiter Kurt Hau. In aller Regel sei zur Durchsetzung kräftige Vorarbeit durch die Gewerkschaften nötig. Nach Erfahrung von ver.di wird beispielsweise gerade im Bereich der Minijobs häufig am Urlaub gespart. Das ist klar gesetzwidrig der Urlaubsanspruch besteht unabhängig von der Arbeitszeitdauer!, so die stellvertretende Landesleiterin Petra Frank. Erste tarifliche Urlaubsregelungen entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In von Gewerkschaften erreichten Tarifverträgen wurden dabei ab drei Urlaubstage pro Jahr erkämpft. Erst seit 1963 gibt es eine bundeseinheitliche Regelung zum Urlaub, das Bundesurlaubsgesetz, obwohl bereits seit 1948 in den Allgemeinen Menschenrechten in Artikel 24 festgelegt wurde: Jeder hat das Recht auf Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub. In den Tarifverträgen können vom Gesetz abweichend Regelungen getroffen werden. Aber die im Gesetz festgelegte Urlaubsdauer von 24 Werktagen, also vier Wochen bei einer 6-Tage-Woche, darf nicht unterschritten werden (Art. 7 der europäischen Arbeitszeitrichtlinie). In den Tarifverträgen, die ver.di abschließt, werden in der Regel 26 bis 30 Tage Urlaub vereinbart, wobei es sich dabei um Arbeitstage handelt. Im öffentlichen Dienst sind im Länderbereich aktuell 30 Arbeitstage erreicht, also sechs Wochen, bei den Kommunen und beim Bund 29 Arbeitstage. Daneben werden tarifvertraglich üblicherweise Übertragungsfristen abweichend vom Gesetz geregelt und zusätzliche Urlaubstage für Schichtarbeit und Nachtdienste. Auch spezielle Vorschriften zur Berechnung des Urlaubsentgeltes, wie etwa die Berücksichtigung von Zulagen, werden in den Tarifverträgen geregelt. red Wie das andere Länder regeln In den USA gibt es keinen gesetzlichen Anspruch, in Kanada sind es zehn Tage, in China fünf bis 15 Tage (15 Tage ab 20 Jahren Betriebszugehörigkeit). In anderen europäischen Ländern wie etwa Großbritannien beträgt der gesetzliche Urlaub bis zu 28 Tage jährlich. In Deutschland sind es dagegen nur 20 Tage (unterster Wert in Europa). Erste tarifvertragliche Regelungen sorgen in vielen Branchen für einen Urlaubsanspruch zwischen 26 und 30 Tagen.

30 30 KULTUR Centre Pompidou Metz Faszinierende Blicke aus der Vogelperspektive Das Centre Pompidou in Metz entführt seine Besucher in luftige Höhen: Mit der Ausstellung Der Blick von oben Vue d en haut zeigt es, wie die Perspektive aus der Luft die Kunst beeinflusste und veränderte von den ersten Ballonaufnahmen bis zu den Satellitenfotos heute. Was das Centre Pompidou auszeichnet, ist nicht nur die Tatsache, dass es als kunstsammelnde Institution eine schier unermessliche Zahl hervorragender Kunstwerke besitzt. Es versteht es auch, diese immer wieder zu Ausstellungen zusammenzufügen, die neue und überraschende Erkenntnisse über Kunst und Künstler vermitteln. Und zwar so, dass es nicht nur aber auch für das eingeweihte Kunst-Publikum interessant und aufschlussreich ist. Sehr schön belegt dies jetzt wieder die große Schau Der Blick von oben Vue d en haut, die Angela Lampe, eine im Pariser Mutterhaus tätige Kuratorin, entwickelt hat. Die Ausstellung, die bis zum 7. Oktober läuft, widmet sich der Frage, wie sich die Möglichkeit, dank technischen Fortschritts als Mensch in die Luft zu steigen und die Welt von oben zu sehen, auf die bildende Kunst von 1850 bis heute ausgewirkt hat. 500 Exponate sind zu sehen. Wobei sich Kunstwerke und zeithistorisch-technische Dokumente wunderbar ergänzen und die Aussagen der Ausstellungsmacher nachvollziehbar machen. Was uns heute in Zeiten von Pauschalflügen, Satellitenfotos, Drohnen und Google Earth ganz normal scheint, war Mitte des 19. Jahrhunderts eine ganz neue, schwindelerregende Erfahrung. Damals, als der Franzose Nadar Paris erstmals aus einem Fesselballon in rund 300 Meter Höhe heraus fotografierte, staunte er, wie flach die Stadt aus der Vogelperspektive wirkt. Die Erde, notierte er, entrollt sich wie ein riesiger Teppich ohne Rand, hat weder Anfang noch Ende. Durch die Erfindung immer kleinerer Kameras betätigten sich immer mehr Ballonfahrer als Fotografen, die Gebrüder Lumière drehten erste Filme aus dem Ballon. Zeitschriften rissen sich um die Luftbildaufnahmen und machten sie populär. Das rief nicht nur Zeichner wie den aus Nancy stammenden Grantville, Honoré Daumier und André Devambez auf den Plan, die sich über die zum Volkssport werdende Luftkutscherei lustig machten. Es inspirierte Robert Delaunays Tour Eiffel et Jardin du Champ de Mars, 1922 Fotos: Centre Pompidou Die Fotografin Margaret Bourke-White auf dem Chrysler Building in New York, 1935 auch französische Impressionisten wie Caillebotte und Pissarro, die ihre Stadtansichten plötzlich flacher, ornamentaler oder aus der Balkon-Perspektive malten. Picasso malte Dörfer nach eigenen Fotos von oben. Die Luftfahrt-Begeisterung das legt die Metzer Ausstellung nahe trug dazu bei, dass die Kubisten auf ihren Bildern den Blick auf die Dinge in viele Perspektiven zerlegten und so die Malerei revolutionierten. Im Ersten Weltkrieg dienten Luftbildaufnahmen vornehmlich militärischen Zwecken. Man nutzte sie zur Auf- klärung, zur Vermessung von Flächen, um Karten zu korrigieren, und um Zerstörungen zu erfassen. Durch die extreme, vertikale Aufsicht auf Schützengräben, Felder und Dörfer erhielten die Aufnahmen einen fast zeichnerischen, abstrakten Charakter. Auf Avantgarde-Künstler hatten sie offenbar eine nachhaltige Wirkung. In den Bildern von Kasimir Malewitsch, Wassily Kandinsky und Paul Klee gewahrte man plötzlich Strukturen, die denen der Luftbilder erstaunlich ähneln. Piet Mondrian scheint sich durch einen Film, der Truppenbewegungen an der Front in Form kleiner Quadrate verschiedener Färbung simuliert, unmittelbar zu seinen Farb quadratbildern inspiriert zu haben. Kritisch beleuchtet die Ausstellung in einem eigenen Kapitel, wie der Blick von oben dazu dient, Macht und Überlegenheit auszudrücken. Die mit dem Faschismus liebäugelnden Maler des italienischen Futurismus ( Aeropittura ) liebten ihn ebenso wie die Nazis, die ihn zur Verfilmung von Masseninszenierungen zu Propagandazwecken nutzten. Auch der Architekt Le Corbusier ist hier mit Zeichnungen und Modellen vertreten, entwarf er doch gern Städte aus einer Herrschaftsperspektive, die auf bestehende Strukturen keine Rücksicht nahm. Doch auch für weniger rabiate Stadtplaner wie Otto Frei wurden Luftbildaufnahmen zu einem wichtigen, hilfreichen Instrument, wie die Schau im Kapitel Topografie darstellt, das in der Nachkriegszeit einsetzt. Dabei wird eine interessante Brücke von der Luftarchäologie zur Land-Art geschlagen bei beiden geht es um Strukturen, die sich nur aus der Luft wirklich erfassen lassen. Gerade in den USA eröffnet der Blick von oben jetzt vielen Künstlern neue ästhetische Wege. Jackson Pollock etwa revolutionierte die Malerei, indem er die Leinwand wie eine Landkarte flach auf den Boden legt und in seinen Drippings die Farben von oben darauf tropfen lässt. Ab Ende der 60er Jahre nutzten Maler wie Ed Ruscha zunehmend die Perspektive von oben, um Großstädte und Metropolen als abstrakte, seelenlose Strukturen ins Bild zu setzen. Einen Parforceritt durch die Facetten der Rundum-Überwachung des Globus heute unternimmt die Ausstellung im letzten Kapitel. Während einige Künstler längst Google Earth für ihre Zwecke nutzen, steigen andere wie Yann Arthus-Bertrand ( Die Welt von oben ) wieder mit der Kamera in den Fesselballon. So wie in seinem Auftragsfilm hat man Metz und sein Umland noch nie gesehen: zum Dahinschmelzen. Als wär s ein Stück vom Paradies. Silvia Buss Die Ausstellung läuft bis zum 7. Oktober. Infos:

31 KULTUR 31 Ausstellung Brassens in Manderen Übervater des Chansons Die neueste Ausstellung im lothringischen Schloss Malbrouck ist dem französischen Autor, Komponisten und Interpreten Georges Brassens gewidmet. Bis heute gilt er, der bereits 1981 starb, als einer der größten Chansonniers. Dieses Lied ist für George Brassens, den Liedermacher aus der Provence, dichtete dereinst einer seiner deutschen Nachahmer in Verehrung des französischen Chansonniers zu der Melodie des Chanson pour l Auvergnat, dem Lied an den guten Menschen. Provence? Eher Provinz, denn derzeit spielt das Leben des 1981 im Alter von 60 Jahren verstorbenen Musikers auf dem flachen Land gleich hinter der saarländischen Landesgrenze. Wenn auch an erhabener Stelle auf Schloss Malbrouck bei Sierck-les-Bains. Dorthin lädt der Generalrat des Département Moselle seit einigen Jahren zu Ausstellungen ein. Damit auch viele Besucher kommen, setzt man auf den Kontrast zu den alten Mauern, auf die Kunst des 20. Jahrhunderts, wobei es gern laut, bunt, groß und populär sein darf. Bevorzugt wird ein bekannter Name, der viele Besucher anlockt. Im Fall von Georges Brassens, den seine Verehrer zum Shakespeare des 20. Jahrhunderts erklärten, geht diese Rechnung wiederum auf. Denn der Mann aus der südfranzösischen Hafenstadt Sète, der mit 18 Jahren nach Paris kam und dessen Aufstieg Anfang der 1950er Jahre in den Cabarets der französischen Hauptstadt begann, ist nichts weniger als ein Nationalheiligtum. Ein Übervater Foto: Graf des Chansons, dessen Markenzeichen die hohe, von Locken umschlossene Stirn, Schnurrbart und Pfeife waren. Wer das bislang nicht wusste, der weiß es jetzt, denn die Wände der vier Wehrtürme des Schlosses sind mit unzähligen Fotos behängt. Die frühesten Aufnahmen zeigen seine Kinder- und Jugendzeit, in der er noch ganz untypisch in eleganten Anzügen unterwegs war. Auch die ersten Jahre in Paris, wo seine Tante lebte, er aber bei der 30 Jahre älteren Jeanne le Boniec und deren Mann Unterkunft fand, zeigen einen schlanken Jüngling. Doch der wandelt sich sehr bald zum markant-männlichen Bild, das durch seine zahlreichen Auftritte in den Pariser Cabarets und Musikhallen, dem Olympia und dem Bobino, seinem wachsenden Publikum vertraut ist. Doch was hinter diesem Image des rauen Sängers mit bisweilen deftigen Texten steckt, der alles andere als ein charmanter Conferencier, sondern konzentriert mit vor Anstrengung verschwitztem Gesicht seine Lieder vortrug, den, wie ein Konzertmitschnitt aus den 1960er Jahren im Kino des Schlosses zeigt, der Jubel seiner Zuhörer zu verstören schien und dessen Weg vom Skandal zu den Pailletten, wie es in einem Begleittext rührend rustikal heißt all das zeichnet die Ausstellung mit viel Liebe zum Detail nach. Seine letz- te Gitarre, unzählige Schallplattenhüllen, Glückwunschtelegramme von Kollegen, Plakate und Programmhefte finden sich zusammen, vor allem aber sehr viele Fotos, die Brassens allein oder mit Kollegen und seinen Freunden zeigen. Ungeachtet seines Wortes, dass wenn mehr als vier zusammenhocken, ein Deppenhaufen entsteht, hatte er dennoch viele Freundschaften gepflegt. Wenn man ein Bild von seinem Leben haben wollte, müsse man sich nur die Konstruktion, die Machart seiner Chansons betrachten, beschied Brassens einst. Und diesem Leben nach dem Rhythmus der Worte und Töne folgt die Ausstellung. Sie stellt den unermüdlichen Arbeiter vor, der sich im Selbststudium in Bibliotheken die Grundlagen der Dichtkunst erwarb, frühmorgens begann und seine Texte in sauberer, runder Schrift auf kariertes Papier schrieb. Sie liegen im Faksimile zum Nachlesen im nachgebauten Arbeitsraum Brassens aus. Darunter sind die großen Erfolge, angefangen von Le Gorille, der Geschichte eines brunftigen Gorillas, die ein Plädoyer gegen die Todesstrafe war, bis zu dem Gassenhauer Les copains d abord, den er für den Film Les Copains schrieb. Immer wieder erklingt das Chanson und ringelt sich wie ein Ohrwurm durch die Schlossräume. Seine Lieder wurden in 30 Sprachen übersetzt Entlang der Töne und Worte führt die Ausstellung von der Kindheit über seine Erfolge auf der Bühne, seine zahlreichen Schallplatten, bis zu den Begegnungen mit Musikerkollegen in Konzert- und Fernsehausschnitten, seinen Freundschaften, und erschafft damit die Partitur eines unvergleichlichen Musikerlebens, das in der französischen Kultur verwurzelt ist. Was er den Zeitgenossen bedeutet, vermeldet eine Videowand, allerdings nur auf Französisch. Wohingegen jeder Besucher diese Erfahrung auch selbst machen kann, wenn er mit einer Melodie von Brassens summend die Ausstellung verlässt. Auch 32 Jahre nach seinem Tod begegnet man einem Künstler, dessen Musik die Menschen mitreißt und belebt. Und das nicht nur in Frankreich, sondern überall auf der Welt, wie die Musikbox im Restaurant des Schlosses mit seinen in 30 Sprachen übersetzten Liedern zeigt. Sabine Graf Bis 1. September: Montag von 14 bis 18 Uhr, Dienstag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr. Samstag, Sonntag, Feiertag von 10 bis 19 Uhr. Führung in deutscher Sprache immer sonntags um Uhr.

32 32 KULTUR Jo Enzweiler belebt einen alten Plan neu Originale für zuhause Das Institut für aktuelle Kunst in Saarlouis fungiert jetzt schon als Künstlerarchiv Foto: Graf Das Saarland soll eine Artothek erhalten. Dort könnten auch Künstlernachlässe eine Bleibe finden, solange es das geplante Zentrum für Lebenswerke noch nicht gibt. Bibliothek? Ist klar: Ein Ort, an dem Bücher gesammelt werden, die man ausleihen kann. Artothek? Dasselbe, nur mit Gemälden, Druckgrafik, Fotografie und Skulpturen kleineren Formats. Wenn man so will, ist die Artothek ein Museum zum Ausleihen. Der Unterschied zur Bücherei besteht darin, dass eine Artothek, wie es sie in Bonn oder Trier gibt, großteils Originale anbietet. Da mag einer sofort fragen, was denn mit dem Klimaschutz ist, wenn ein Ölgemälde im Wohnzimmer eines Hauses hängt, in dem geraucht wird, in das die Sonne scheint oder das in der Nacht auskühlt. Museen sorgen mit hohem finanziellen Aufwand für das richtige Raumklima: Etwas, das Privatleute weder leisten können noch wollen. Aber auch der öffentlichen Hand fällt es angesichts leerer Kassen immer schwerer, den Standard zu halten oder auszubauen. Darauf reagiert der von Jo Enzweiler vertretene Plan einer Artothek für das Saarland. Zwar ist dieser Plan für den Direktor des 1993 gegründeten Instituts für aktuelle Kunst im Saarland nicht neu, doch unter den gegebenen Umständen gibt er einem anderen Enzweiler-Plan Perspektive nahm sich ein vom Institut veranstaltetes Symposium des Themas Künstlernachlässe an. Die fortan Lebenswerke genannten Vermächtnisse von Künstlern und Sammlern der Region sollten an einem Ort gesammelt, aufgearbeitet und in Auswahl ausgestellt werden. Die Suche nach einem geeigneten Standort verlief ergebnislos. Denn dafür braucht es den politischen Willen, einem solchen Plan Raum und damit Geld zu geben, damit er ausgestattet und die Arbeit darin organisiert werden kann. Das war und ist eine Frage des Klimas, nicht nur was die Ausstattung der Räume angeht, sondern was die gesamte kulturelle Situation im Land betrifft. Mag der Klimawahn, wie Enzweiler launig kommentiert, die Entscheidung für einen Standort verhindern, so ist das politische Klima für ein solches Projekt vor dem Hintergrund der Ereignisse um den Vierten Pavillon nicht einfacher geworden. Nach dem 2010 verabschiedeten Memorandum für ein Zentrum für Lebenswerke ist bislang nichts passiert. Die Artothek ist ein wichtiger Teil, diese Idee zu vermitteln und daran weiterzuarbeiten, bestätigt Jo Enzweiler. Vor allem wäre es ein wichtiges Instrument eines Zentrums für Lebenswerke, fügt er hinzu. Mit dem Plan der Gründung einer Artothek als einer Art abgespeckten Version eines solchen Zentrums umgeht man vorerst das Problem des Standorts mit Archivund Galeriecharakter, weil die zum Verleih, aber auch zum Verkauf gebotenen Arbeiten mit weitaus weniger Aufwand aufbewahrt werden können. Wenn auch nicht umsonst, denn auch ein Schaulager, in dem Lebenswerke und Sammlungen auf ihren Auftritt in Privatwohnungen oder Klassenräumen warten, braucht eine entsprechende Infrastruktur und Personal. Das kann über Sponsoren gelingen und mit Unterstützung der öffentlichen Hand, in welcher Form auch immer. Ein solches Unternehmen, weiß Jo Enzweiler, muss auf eine breite Basis gestellt werden, damit es Perspektive hat und gleich drei Zwecken dient: Der Kunstvermittlung sowie der Künstler- und Verkaufsförderung. Dazu trägt auch das in Saarlouis sitzende Institut für aktuelle Kunst bei, das als Künstlerarchiv und durch seine zahlreichen Publikationen, etwa den Werkverzeichnissen, Katalogen und Interviewreihen mit Künstlern und Architekten, die notwendigen Vorarbeiten geleistet hat. Eine in dessen Umfeld angesiedelte Artothek ist praktisch eine Aufgabenerweiterung des Instituts, weil wir das notwendige Know-how haben, erklärt Jo Enzweiler und stützt sich auch bei diesem neuen, alten Projekt auf die Säulen des Instituts und seiner mittlerweile 50 Jahre währenden Arbeit als Kunstvermittler. Das heißt informieren, publizieren, archivieren, kurzum: kommunizieren. Sabine Graf Technoseum Mannheim Durch Nacht zum Licht? Noch bis 25. August zeigt das Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim die Sonderausstellung Durch Nacht zum Licht? Die Geschichte der Arbeiterbewegung von Die industrielle Revolution im Laufe des 19. Jahrhunderts und damit der Übergang von der Hand- in die Maschinenarbeit ließ die Anzahl der Fabrikarbeiter schnell steigen. Die Ausstellung zeichnet diese Entwicklung nach und zeigt, wie eng der Zusammenhang von Arbeit und Arbeiterbewegung war und in der heutigen Zeit noch ist. Dabei dürfen große Namen der Arbeiterbewegung wie August Bebel, Karl Liebknecht, Karl Marx und Friedrich Ebert ebenso wenig fehlen wie die einfacher Arbeiterinnen und Arbeiter und ihr Leben zwischen Fabrik, Verein und Gewerkschaft. Die Besucher wandeln von Epoche zu Epoche und erfahren dabei, vor welchen Aufgaben die Arbeiterbewegung stand und bis zum heutigen Tag steht. red Täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet

33 KULTUR 33 Die Künstlerin vor ihrer preisgekrönten Installation Liquid Souls Foto: Graf Die Medienkünstlerin Claudia Brieske Ihr Werkstoff ist Klang Seit 20 Jahren arbeitet Claudia Brieske mit Raum und Klang. Jetzt hat sie für ihre jüngste Arbeit den Medienkunstpreis des Saarländischen Rundfunks erhalten. Man entkommt dem Raum nicht, noch weniger dem Ort seiner Herkunft. Vor mehr als 20 Jahren begann Claudia Brieske ihr Studium bei dem Plastiker Wolfgang Nestler, der seit Gründung der Hochschule der Bildenden Künste Saar im Jahr 1989 in der Handwerkergasse der ehemaligen Völklinger Hütte arbeitete. Heute lebt und arbeitet die 1966 in Vechta geborene Künstlerin in Berlin, doch die Jahre in der Handwerkergasse prägten und bilden die Basis für ihre weitere Arbeit mit Raum und Klang. Denn auch das war ein Werkstoff, aus dem sich etwas plastisch im Raum darstellen ließ. Stein, Holz oder Metall waren bei Wolfgang Nestler nicht zwingend als Arbeitsmaterialien vorgeschrieben. Hier habe sie gelernt, mit Kontexten umzugehen und mit Orten zu arbeiten, sagt Claudia Brieske. Schon damals waren es weniger das handfeste Material als der immaterielle Klang und die einfache Handlung, die im Zentrum ihrer Arbeiten standen. Claudia Brieske blieb diesem Ansatz verbunden und erkundete fortan das Verhältnis von Klang, Raum und Bewegung. Sie variierte damit die uralte Bildhauerfrage nach dem Verhältnis von Figur und Grund, indem sie sich mit der Beziehung von Klang und Raum beschäftigte. Der Klang vertrat dabei den Menschen, sprich den Körper und die Figur. Der Raum stand für den Grund, der sich zwischen der Figur, der von ihr ausgehenden Bewegung und dem Grund, sprich dem Umfeld oder Kontext aufbaut. Der Klang, bisweilen auch Schall und Rauch, wurden zu Werkstoffen, aus denen ihre Skulpturen und Installationen entstanden. Der Klang baut den ganzen Raum und die Atmosphäre. Er ist ein plastisches Instrument. Er ist das Glied, das Bild und Raum verbindet, so Claudia Brieske. Wiederholung als Prinzip Bewegung im Raum bedeutete zudem, dass die Komponente Zeit hinzukommt. Das hieß, einen zeitlichen Verlauf einer Bewegung, etwa das Gehen, Fahren, Schlagen oder Wirbeln von Füßen, zu zeigen, aber immer so, dass eine Bewegung auf Film hintereinander geschnitten in einer Endlosschleife verläuft, sich im Kreis dreht und damit einen Raum umfasst. Die Wiederholung einer Bewegung oder eines Klangs ist ein Arbeitsprinzip von Claudia Brieske. Denn dadurch lädt sich eine beiläufige Bewegung, weiß sie, mit Aggressivität und einer gewaltvollen Komponente auf. Oder sie offenbart die Wucht, die in einer Bewegung steckt, wenn wie in ihrem Video Hotel de Ville aus dem Jahr 2008 nur wenige Sekunden lang eine U-Bahn durch eine Station rauscht und dem verwischten Bild von der rasenden Zugdurchfahrt ein lautes Dröhnen beigemischt ist. Diese Szene nur in einem Monitor zu betrachten, ist zu wenig. Als sie jedoch im Rahmen der Landeskunstausstellung 2008 in einer eigens dafür errichteten Box lief, entfaltete sie ihre Wucht im Raum. Auch das darf man bei Claudia Brieske wörtlich nehmen, weil sie die Vibration, den Luftzug einer Bewegung hören und sehen lässt. Minimalistisch sind die Bewegungen, betont sie und machte dies vor ein paar Jahren bei einer Performance klar, indem sie mit hohen schweren Stiefeln in einer Halle der St. Ingberter Baumwollspinnerei auftrat, bis ein dumpfes Knallen den Raum erfüllte und ihn so dem Besucher erst bewusst machte. Ihre aktuelle Arbeit, die sie auf Einladung des Weltkulturerbes Völklinger Hütte als einzige ortsbezogene Arbeit im Rahmen der Landeskunstausstellung SaarArt 2013 im Kokerei-Areal der Hütte realisierte, spitzt dieses Verhältnis von Raum, Bild und Klang zu. Nur ein paar Meter von dem Ort, an dem Claudia Brieske studiert hat, überziehen graue Betonmauern die Gesichter zweier Menschen. Eines spuckt Wasser, dem anderen öffnen und schließen Hände den Mund in stetiger Wiederholung, begleitet und verstärkt von lautem Krachen und einem schrillen metallischen Kreischen, als wenn Eisen über Eisen schrammt. Minimalistisch sind die Gesten auch hier, aber die Wirkung im Raum ist maximal, an einem Ort, an dem Kokskammer und Hochöfen im Stundentakt mit Koks und Eisenerz gefüttert wurden und die Menschen, die das taten, unter dem Diktat der Technik und dem Zwang zur Produktivität nicht weniger ferngesteuert und entfremdet agierten wie die aufklappende Münder im Video. So hat diese Arbeit eine künstlerische, aber auch eine menschliche, fast gesellschaftspolitische Dimension. Und auch eine biographische, die von den rissigenrauen Betonwänden zerfurchten Gesichter ihres Videos führen zurück nach Florenz, wo Claudia Brieske Mitte der 1980er Jahre Malerei studierte und sich dabei mit Fresko-Malerei befasste. Eine biographische Schleife, kommentiert sie, die ihrer Video- und Klanginstallation Liquid Souls/Körperschleusen anhängt. Dazu kommt eine weitere, denn für diese Arbeit erhielt sie gerade den mit Euro dotierten SR-Medienkunstpreis Sabine Graf

34 34 HISTORIE mit Erfolg: Die Meisterschaften zwischen 1969 und 1977 machten eben diese beiden Vereine alleine unter sich aus. In dieser Zeit wurden die Einnahmen noch zu 90 Prozent aus den Eintrittsgeldern generiert und nicht wie heute größtenteils aus Fernseheinnahmen. Typen hinter dem Trikot Am 24. August 1963 erzielte der Bremer Timo Konietzka beim Start der Fußball-Bundesliga das erste Bundesliga-Tor der Geschichte. Gegner Dortmund verlor mit 2:3 Foto: picture alliance 50 Jahre Fußball-Bundesliga Die Marke Bundesliga Höhepunkte, Kurioses, Rekorde und viele Emotionen bestimmen 50 Jahre Fußball-Bundesliga. Ein Historiker sprach in Saarbrücken über die Geschichte und das Jubiläum. Die Fußball-Bundesliga ist mehr als einfach nur der Name der Liga, in der die besten deutschen Fußballvereine spielen. Die zentrale Spielklasse, die der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am 28. Juli 1962 trotz Widerstand aus den eigenen Reihen beschloss, ist zu einer der erfolgreichsten Marken in Deutschland geworden. Diese Entwicklung ist kein Zufall, wie Professor Wolfram Pyta von der Universität Stuttgart erklärt. In einem Vortrag im Haus der Stiftung Demokratie in Saarbrücken stellte er die Ergebnisse eines Forschungsprojektes vor, das die ersten 30 Jahre Bundesliga erstmals geschichtswissenschaftlich untersucht hat. Die Bundesliga hat sich ihre eigene Tradition gestiftet, erklärt er. Sie lebt vordringlich von der Beliebtheit ihrer Vereine, von der Identifikation der Fans mit diesen. Und doch gebe es dabei große Unterschiede: Während viele Vereine nur in ihrem direkten Umfeld Anhänger ansprechen, haben es Vereine wie Bayern München oder Borussia Dortmund geschafft, nicht nur deutschland-, sondern auch europaweit Fans zu begeistern und damit auch die Marke Bundesliga zu stärken. Gerade einige der sogenannten Traditions vereine aus dem Ruhrgebiet wie Rot-Weiß Essen oder Rot-Weiß Oberhausen hätten nicht auf den wirtschaftlichen Strukturwandel in ihren Regionen reagiert. Diese Vereine waren in den 50er und 60er Jahren dominant. Vereine wie Borussia Mönchengladbach oder Bayern München gehörten nicht einmal zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga, stiegen erst auf waren aber 15 Jahre später in Deutschland das Maß aller Dinge. Was also haben diese Ver eine anders gemacht?, fragt Pyta. Der Verein als Unternehmen Die Antwort wird den Traditionsvereinen nicht gefallen: Viele dieser Vereine haben sich auf einer Subventionsmentalität ausgeruht, erklärt Pyta. Sie haben sich nicht wirklich seriös um ihre Geschäfte gekümmert und gedacht: Die Kommune wird schon helfen, wenn wir in Schieflage geraten. Denn die Tradition darf nicht sterben. Viele Vereine wurden laut Pyta damals patriarchalisch geführt, meist von Leuten, die von geschäftlichen Dingen nur wenig Ahnung hatten. Anders als wohl Borussia Mönchengladbach, die mit Helmut Grashoff 1966 den ersten professionellen Manager der Bundesliga angestellt hatten. Bei Bayern München übernahm diese Rolle etwas später der damalige Präsident Wilhelm Neudecker, ein vermögender Bauunternehmer. Diese Leute begannen, Fußballvereine wie Unternehmen zu führen, sagt Pyta. Und das Der Fußball wurde erst Mitte der 70er Jahre vom Fernsehen entdeckt und da auch zunächst nicht die Bundesliga, sondern die Auftritte der deutschen Mannschaften im Europapokal. Die Partien ab dem Halbfinale waren damals die einzigen Live-Fußballspiele des Vereinsfußballs im deutschen Fernsehen, bestätigt Pyta. Und auch dies brachte den beteiligten Vereinen deutschlandweit Fans. Das Ende der 70er Jahre brachte einen kulturellen Umbruch. Pyta: Plötzlich interessierten sich die Menschen für das Privatleben von Fußballern. Es ging um die Typen in den Trikots. Günther Netzer in Mönchengladbach, Paul Breitner in München oder auch Franz Beckenbauer mit seinem wechselvollen Privatleben. Es ging nicht mehr nur rein um den Sport. In der Folge erkannten viele Vereine den Nutzen von ehemaligen Profis in leitender Position. Netzer zum Beispiel und das vergessen viele war nicht nur ein begnadeter Spieler, sagt Pyta. Im Anschluss an seine Karriere wurde er Manager des HSV. Er holte Ernst Happel, der mit der Pressing-Taktik den Fußball revolutionierte und wie kein anderer für den Aufschwung des HSV stand. Die Tatsache, dass gesellschaftliche Themen auf den Sport übertragen wurden etwa der Klassenkampf Arm gegen Reich, sprich St. Pauli gegen Bayern München half der Bundesliga durch eine Krisenzeit Mitte der 80er Jahre, als die Zuschauerzahlen auf unter im Schnitt sanken. Fußball wurde zum Ereignis, was etwa ab 1988 die Fernsehgelder in ungeahnte Dimensionen steigen ließ: Von rund 20 Millionen 1988 bis auf 420 Millionen im Jahr Wer in diesem Zeitraum Erfolg hatte, hat es geschafft, sich oben festzusetzen, folgert Pyta. Das habe andererseits zu der heutigen Situation geführt, dass die Kräfteverhältnisse festgelegt seien. Sie werden es in absehbarer Zeit nicht mehr finden, dass ein Aufsteiger auf Anhieb deutscher Meister wird, mutmaßt der Professor. Geld schieße zwar keine Tore, und Überraschungen gebe es immer wieder, aber so etwas wie das 6:1 des 1. FC Saarbrücken gegen Bayern München 1977 wird es nicht mehr geben. Dafür sind die Unterschiede mittlerweile zu groß, die Hierarchien zu festgelegt. Sascha Sprenger

35 BÜCHER 35 Die Bibel in Dialekt Augenzwinkernd Die vier Evangelien auf Saarländisch? Näher kann man biblische Texte nicht an sich heranlassen, als mit den von Walther Henßen liebevoll in die saarländische Mundart übertragenen Evangelien. Der Theologe sorgte schon in den 80er Jahren während seiner Pfarrtätigkeit mit Mundartgottesdiensten für Begeisterung in seiner Gemeinde Brebach-Fechingen. Nun hat er die vier Evangelien von Matthäus bis Johannes ins Saarländische übersetzt, um wie er sagt denen ein Stück Heimat zu vermitteln, die mit ihm in der gemeinsamen Muttersprache verbunden sind. Ohne die Ernsthaftigkeit aufs Spiel zu setzen, gelingt es Henßen mit einem Augenzwinkern, die biblischen Texte frisch und aktuell in Szene zu setzen. Walther Henßen wurde 1938 in Ottweiler geboren. Insgesamt 31 Jahre an Blies und Saar haben ihn geprägt. Schon recht früh entdeckte er seine Liebe zur Mundart. Dies äußerte sich in zahlreichen Mundart-Gedichten über die vielfältigen Lebensgeschichten, die einem Pfarrer so im Laufe seines Dienstes begegnen und die regelmäßig im Gemeindebrief veröffentlicht wurden. Bereits ab dem Jahr 1981 hielt er seine ersten Mundartgottesdienste, über die die Saarbrücker Zeitung damals schrieb: Gott muss Saarländer gewesen sein! red Walther Henßen: Em Zimmermanns Jupp sei Äldschder Die vier Evangelien in saarländischer Mundart. Hardcover, 364 Seiten mit 4 Illustrationen von Bernd Kissel, Geistkirch-Verlag, 19,80 Euro, ISBN Der Mensch im Bergbau Nachfragend Der saarländische Autor Karl Josef Boussard, ehemaliger Leiter der betrieblichen Ausbildung der Saarbergwerke AG, stellt in seinem Buch Ressource Kohle Ressource Mensch leibeigene, untertanen, bergarbeiter das Leben der Menschen im Bergbau in den Mittelpunkt. Die Menschen des 18. und 19. Jahrhunderts waren arm. Obwohl der Bergbau ihnen eine neue Erwerbsquelle aufzeigte, änderte sich lange wenig an ihrem kargen Leben. Im Gegenteil: Die Ressource Kohle war immer Streitpunkt deutscher und französischer Herrscher, die Menschen hatten nur zu funktionieren. Die Situation änderte sich erst mit Inkrafttreten der Montanmitbestimmung in den 1950er Jahren. Der Bergmann fand endlich gesellschaftliche Anerkennung, aber fast gleichzeitig begannen andere Energieträger nach und nach die Steinkohle zu verdrängen. Der Kreis der über 250-jährigen Ära schließt sich mit einem großen Block spannender Interviews mit Bergleuten und vom Bergbau Betroffenen. Die letzte Schicht ist gefahren und die Kohle bleibt unter der Erde. Sie hatte lange Vorrang vor der Ressource Mensch. Karl Josef Boussard, Jahrgang 1948, arbeitete in der fünften Generation im Bergbau. Seinen Platz fand er schließlich in der betrieblichen Ausbildung, wo er eine intensive Auseinandersetzung mit sozialen Fragen entwickelte. red Karl Josef Boussard: Ressource Kohle, Ressource Mensch, Burr-Verlag, Nonnweiler-Otzenhausen, 92 Seiten. Das Buch kann beim Autor zum Preis von 9,90 Euro unter bestellt werden. Werke von Alfons Kiefer Illustrierend Die Werke von Alfons Kiefer kennen vermutlich Millionen von Menschen auf der ganzen Welt, ohne es zu wissen. Denn der Name des deutschen Malers und Illustrators dürfte vielen unbekannt sein. Der Wahl-Münchner und gebürtige Saarländer (er kam in Besseringen zur Welt) arbeitet seit über 30 Jahren für Zeitschriften und Magazine wie Spiegel, Stern und Playboy, entwirft Titelbilder, illustriert Geschichten und Reportagen, gestaltet Filmplakate ebenso wie Werbekampagnen. Seine fotorealistischen Bilder faszinieren durch ihre außerordentliche Präzision, einige seiner Arbeiten wurden ausgezeichnet. In den internationalen Fokus gelangte Alfons Kiefer mit dem Cover zum Beatles-Album Anthology, das er in Zusammenarbeit mit seinem Freund, dem zweifachen Grammy-Preisträger Klaus Voormann, gestaltet hat. Anlässlich des 60. Geburtstags von Alfons Kiefer präsentiert der Gollenstein Verlag erstmals in Buchform das breite Spektrum von Kiefers Schaffen und gibt anhand von Studien und Skizzen Einblick in seine Arbeitsweise. Dabei sind sowohl bekannte Titelbilder von Spiegel oder Stern, aber auch bisher unveröffentlichte Entwürfe im typischen Kiefer-Stil. red Wolf Porz & Alfons Kiefer (Hg.): Alfons Kiefer Illustrationen, Zeichnungen & Gemälde, 192 Seiten, durchgängig 4-farbig, mit über 180 Abbildungen, Fotos und Skizzen, Texte in deutscher und englischer Sprache, 29,90 Euro, ISBN

36 36 TIPPS Kirchliche Einrichtung Entlassung nach Kirchenaustritt war rechtens Abfindung gezahlt Keine Entschädigung für verfallenen Urlaub Tritt ein Mitarbeiter einer vom Caritasverband getragenen Kinderbetreuungsstätte aus der katholischen Kirche aus, kann das die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Ein Arbeitnehmer war seit 1992 beim Caritasverband als Sozialpädagoge beschäftigt. Im Februar 2011 trat er aus der katholischen Kirche aus. Als Beweggründe gab er die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die Piusbruderschaft und die Karfreitagsliturgie an, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zutage trete. Als Reaktion kündigte der Caritasverband das Arbeitsverhältnis ordentlich. Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Nach dem Grundgesetz ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze selbst, so das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 25. April 2013: Dieses Recht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten karitativen Einrichtungen zu. Nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse von 1993 ist der Austritt aus der katholischen Kirche ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters nicht zulässt. Arbeitnehmer verstößt gegen Loyalitätsobliegenheiten Im Kündigungsschutzprozess haben die Arbeitsgerichte zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer etwa auf Glaubens- und Gewissensfreiheit und dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft abzuwägen. Im vorliegenden Fall hat der Arbeitnehmer durch seinen Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen. Aufgrund dessen war es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, ihn als Sozialpädagogen weiterzubeschäftigen. dgb-einblick Az.: 2 AZR 579/1200 Verzichten Arbeitnehmer nach einer Kündigungsschutzklage und Abfindung auf weitere finanzielle Ansprüche, können sie später keine Zahlung für nicht genommenen Urlaub verlangen. Der Rechtsanspruch auf Urlaubsabgeltung könne in solch einem Fall ausgeschlossen werden, urteilte am 14. Mai das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt. Geklagt hatte ein aus Sachsen stammender Arbeitnehmer, dem wegen langer Krankheit zum 30. Juni 2009 gekündigt wurde. Der Mann war seit Januar 2006 arbeitsunfähig erkrankt. Gegen seine Entlassung erhob der Mann Kündigungsschutzklage. Vor dem sächsischen Landesarbeitsgericht verglichen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Danach erhielt der Beschäftigte eine Abfindung in Höhe von Euro. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass damit alle finanziellen Ansprüche erledigt seien. Trotz des Vergleichs forderte der Arbeitnehmer jedoch weitere ,72 Euro als Urlaubsabgeltung für nicht genommenen Urlaub aus den Jahren 2006 bis Der Kläger berief sich auf das Bundesurlaubsgesetz, wonach Urlaub abzugelten ist, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann. Dieser Anspruch könne nicht in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich ausgeschlossen werden. Gerichtlicher Vergleich beendet Anspruch Dem widersprach das BAG. Normalerweise könne zwar das Entstehen eines Urlaubsabgeltungsanspruchs vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Anders sehe dies aber aus, wenn der Arbeitnehmer dieses Recht bereits hatte, darauf aber in einem gerichtlichenvergleich verzichtete. In solch einem Fall könne die Zahlung für nicht genommenen Urlaub ausgeschlossen werden. Dies verstoße auch nicht gegen EU-Recht. epd-sozial Az.: 9 AZR 844/11 Betriebsratsmitglieder Unterlagen im Büro einsehen Die Mitglieder des gewählten Betriebsrats haben das Recht, die Unterlagen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse jederzeit einzusehen. Daraus ergibt sich, dass sie auch einen Anspruch gegenüber dem Betriebsrat auf Überlassung eines Schlüssels für das Betriebsratsbüro haben, wenn anders ein jederzeitiges Recht zur Einsichtnahme nicht gewährleistet werden kann, so ein Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden- Württemberg vom 20. Februar dgb-einblick Az.: 13 TaBV 11/12 Bewerbung Keine Auskunft vom Arbeitgeber Ein abgelehnter Stellenbewerber hat gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf Auskunft, ob dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat und gegebenenfalls aufgrund welcher Kriterien. Verweigert der Arbeitgeber jegliche Auskunft, so begründet dies allein nicht die Vermutung einer unzulässigen Benachteiligung des Bewerbers, lautet ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. April dgb-einblick Az.: 8 AZR 287/08 Mobbing Bereichsleiter musste Schrott sortieren Unterbeschäftigung oder Zuweisung von minderwertigen Aufgaben kann Mobbing darstellen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Bereichsleiter im IT- Sofwareservice angewiesen wird, tägliche Arbeitsberichte zu verfassen und EDV- Schrott zu sortieren. Wer vom Arbeitgeber gemobbt wird, kann sich mit einer Schmerzensgeldklage dagegen wehren, urteilte das Arbeitsgericht Siegburg am 11. Oktober dgb-einblick Az.: 1 Ca 1310/12

37 TIPPS 37 Mitbringsel aus dem Urlaub Zigaretten richtig bei Zoll deklarieren Die meisten Urlauber bringen Fotos von Reisen mit oder Souvenirs für ihre Liebsten. Für ein anderes Mitbringsel entschied sich ein Reisender, der aus der Türkei zurückkehrte und 400 Zigaretten bei sich führte. Am Münchner Flughafen wählte Herr X beim Zoll den grünen Ausgang für anmeldefreie Waren, obwohl das Zollamt nur 200 Zigaretten als abgabefreies Reisemitbringsel erlaubt. X wurde kontrolliert und dazu verdonnert, für die überzähligen 200 Zigaretten 76 Euro zu zahlen (Einfuhrabgabe und Strafzuschlag). Dagegen legte Herr X Widerspruch ein. Begründung: Er habe im Flugzeug nur eine Zigarettenstange, also 200 Stück gekauft. Die andere Stange habe sein Bruder erworben. Allerdings hätten sie die Zigaretten dann in eine gemeinsame Einkaufstüte gepackt. Im Flughafen sei er zusammen mit dem Bruder zum Ausgang geschlendert. Als die Abfertigungsbeamtin ihre Unterhaltung unterbrochen und ihn angesprochen habe, sei der Bruder weitergegangen. Das Zollamt schilderte den Vorgang anders: Die Beamtin habe den Reisenden X nicht in Begleitung anderer Personen gesehen. Erst als ihm mitgeteilt wurde, dass er mehr Zigaretten dabei habe, als er abgabefrei einführen dürfe, habe X behauptet, die Hälfte gehöre seinem Bruder. Die Freimenge gelte aber nur für Reisende, die mit ihrem Gepäck zur Zollabfertigung kämen. Da X allein erschienen sei, habe er 200 Zigaretten zu viel gehabt. Bruder als Ausrede Auch das Finanzgericht München (Urteil vom 6. September 2012) bestätigte: Nur Ware, die der Reisende im persönlichen Gepäck mit sich führe, gehöre zur Freimenge (14 K 1265/11). Reisende müssten Ware und Gepäck direkt bei sich tragen. Der Bruder des Herrn X sei jedoch bei der Kontrolle nicht anwesend gewesen. Wo er sich während der Zollkontrolle aufhielt, könne offenbleiben: Die Menge von 400 Zigaretten sei jedenfalls richtig dem Reisenden X zugerechnet worden, weil X allein zur Kontrolle erschien. X habe eine Ordnungswidrigkeit begangen, indem er den Ausgang für anmeldefreie Waren benutzte. Dafür habe man ihm zu Recht die Abgabe plus Strafzuschlag aufgebrummt. Vor der Einfuhr von Waren müssten sich Reisende über die Freimengen und über die Bedeutung des roten und grünen Ausgangs an den Flughäfen informieren. jur-press.de Az.: 14 K 1265/11 Berufsausbildungsbeihilfe Nebenkosten sind zu berücksichtigen Die Agentur für Arbeit muss Nebenkosten auch bei Eigentumswohnungen berücksichtigen. Das geht aus einem Fall des Sozialgerichts Mainz hervor: Eine Auszubildende wohnt mit ihrem Lebensgefährten in einem beiden gehörenden Haus. Bei der Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe für eine Altenpflegerin hatte die Agentur für Arbeit über den gesetzlichen Pauschalbetrag von 149 Euro hinaus keine Aufwendungen der Frau berücksichtigt (Darlehensrate, Heiz- und Nebenkosten). Die Behörde verwies darauf, dass nur bei Mietwohnungen Aufwendun gen bedarfserhöhend seien. Die Frau reichte Klage ein und bekam am Ende Recht. Die Agentur für Arbeit hat nicht das Darlehen, wohl aber die Nebenkosten zu berücksichtigen, urteilte das Sozialgericht Mainz am 9. April Das Gesetz spricht von Mietkosten für Unterkunft und Nebenkosten. Damit seien nicht nur die Nebenkosten einer Mietwohnung anzusetzen. Da Nebenkosten von jedem nicht mehr bei den Eltern Wohnenden zu tragen sind, unerheblich ob bei Miete oder Eigentum, lässt sich für eine Differenzierung kein nachvollziehbarer Grund erkennen. Deshalb entschied das Gericht zugunsten der Klägerin. dgb-einblick Az.: S 4 AL 194/11 RUNDE SACHE! Schauen Sie rein! Hier finden Sie alle Leistungen, die zu Ihrem Erfolg führen. Für Sie optimal strukturiert: Ottweiler Druckerei und Verlag GmbH Johannes-Gutenberg-Straße Ottweiler Telefon: Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

38 38 TIPPS Verbraucherzentrale zur Gewährleistung Richtig reklamieren Für Sachmängel, die schon beim Kauf vorlagen, gilt grundsätzlich eine zweijährige Gewährleistungsfrist, wobei das Gesetz innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf beim Verbrauchsgüterkauf davon ausgeht, dass der Mangel bereits von Anfang an vorgelegen hat. Strikt davon zu unterscheiden ist die Garantie. Sie ist eine freiwillige Leistung des Verkäufers oder Herstellers er muss diese also nicht gewähren. Tut er es dennoch, kann er den Umfang und die Modalitäten der Garantie selbst bestimmen. In vielen Fällen muss daher genau abgewogen werden, auf welchen Anspruch man sich stützen möchte, denn Voraussetzungen und Folgen können sich erheblich unterscheiden. Im Zusammenhang mit Gewährleistungsrechten und Garantie erleben wir oft, dass Verbraucher ihre Rechte nicht genau kennen und Händler tatsächlich bestehende Ansprüche mit falschen Argumenten zurückweisen. Beides erschwert es dem Verbraucher deutlich, sein kaputtes Produkt richtig zu reklamieren, sagt Juristin Désirée Fuchs von der Verbraucherzentrale Saarland. Die Verbraucherzentrale will dieses Jahr durch besonders umfangreiche Information und Aktionen dem Verbraucher den Unterschied zwischen Gewährleistung und Garantie, zwischen tatsächlichem Anspruch und reiner Kulanzentscheidung sowie zwischen Mangel und Verschleiß deutlich machen. Wissen beim Online-Quiz testen Foto: picture alliance Der teure Laptop lässt sich nach vier Wochen nicht mehr einschalten, das neue T-Shirt gefällt zu Hause doch nicht mehr und der reduzierte Föhn funktioniert nicht welche Rechte und Möglichkeiten hat man als Verbraucher in solchen Fällen? Die Verbraucherzentrale Saarland hat eine Informationskampagne gestartet. Zum Beispiel können Interessierte ihr Wissen auf der Internetseite in einem kleinen Quiz testen. Auf 18 Fragen direkt aus dem Verbraucheralltag gegriffen gibt es Antworten, mit denen sich neben vielen anderen interessanten Informationen auch die eingangs genannte Frage lösen lässt. Ziel der Aktion ist es, dass sich beim nächsten mangelhaften Produkt der Ärger in Grenzen hält und es heißen kann: So reklamiere ich richtig. Die Aktion findet im Rahmen des vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geförderten Projektes Wirtschaftlicher Verbraucherschutz statt. red Fehler gemacht Kein Grund zur Kündigung Macht der Arbeitnehmer bei der Ausführung seiner Aufgaben einen Fehler, rechtfertigt das keine Kündigung, wenn nicht zu erwarten ist, dass er diesen Fehler in Zukunft wiederholen wird. Eine 48-jährige Arbeitnehmerin arbeitet seit 26 Jahren bei einem Bankinstitut. Zu ihren Aufgaben gehört die Überprüfung von Überweisungsbelegen und deren Korrektur. Sie hatte 603 Belege innerhalb von weniger als 1,4 Sekunden, 105 Belege innerhalb von 1,5-3 Sekunden und 104 Belege in mehr als 3 Sekunden geprüft. Dabei übersah sie einen Zahlungsbeleg, der durch einen Arbeitskollegen von 62,40 auf ,22 korrigiert worden war. Der vorprüfende Kollege, nicht für die Prüfung des Betragsfelds zuständig, war auf die Taste 2 der Tas tatur geraten und hatte diese länger gedrückt. Durch eine systeminterne Prüfungsroutine wurde der Fehler berichtigt, der Bank entstand kein Schaden. Die Bank warf der Angestellten die vorsätzliche Täuschung über ihre Arbeitsleistung vor, sie habe die Belege ohne Prüfung freigegeben. Sie kündigte der Frau fristlos, hilfsweise fristgerecht. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Eine vorsätzliche Schädigung des Arbeitgebers liegt nach Auffassung des Hessischen Landesarbeitsgerichts (Urteil vom 7. Februar 2013) nicht vor. Nach der Vorbearbeitung durch den Arbeitskollegen kann der Sachbearbeiterin nur eine unterlassene Kontrolle des Überweisungsträgers vorgeworfen werden. Dies sei zwar ein schwerer Fehler gewesen. Die für eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen notwendige negative Prognose ist nach Abwägung aller Umstände aber nicht erkennbar. Eine Abmahnung war zumutbar. dgb-einblick Az.: 9 Sa 1315/12 Schadensersatz Nur bei grober Fahrlässigkeit Die Bundeswehr kann von einem Soldaten nur dann Schadensersatz nach einem Unfall mit einem Dienstfahrzeug verlangen, wenn der Unfall von ihm grob fahrlässig verursacht wurde, so das Verwaltungsgericht Koblenz in einem Urteil vom 4. Juni dgb-einblick Az.: 1 K 1009/12.KO

39 TIPPS 39 Krankgeschriebene Arbeitnehmer Ein Bewerbungsgespräch ist nicht verboten Kranke Arbeitnehmer müssen nicht zu Hause bleiben. Sogar ein Bewerbungsgespräch kann erlaubt sein, wenn dies die Genesung nicht verzögert, urteilte das das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern am 5. März Damit gab das LAG der Kündigungsschutzklage eines Abteilungsleiters eines Sanitärfachhandels statt. Gespräche, ihm die Geschäftsführung zu übertragen, endeten im Frühjahr 2011 ohne Einvernehmen. Daraufhin bewarb sich der Mann um die Geschäftsführung einer städtischen Gesellschaft. Am 22. August 2011 sollten sich die aussichtsreichsten Bewerber öffentlich in der Bürgerschaft vorstellen. Der Kläger nahm daran teil, obwohl er vom 8. bis 24. August 2011 krankgeschrieben war. Als der Arbeitgeber am nächsten Tag davon in der Zeitung las, kündigte er ihm. Die Klage dagegen hatte Erfolg. Ein kranker Arbeitnehmer müsse sich zwar so verhalten, dass er die Phase der Arbeitsunfähigkeit möglichst zügig überwindet, heißt es in den Rostocker Urteilsgründen. Gesetzliche Unfallversicherung Impfung kann Arbeitsunfall sein Das bedeute aber nicht, dass er die eigene Wohnung nicht verlassen darf. Vielmehr hänge es von der jeweiligen Krankheit ab, welche Tätigkeiten einem Arbeitnehmer während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit untersagt sind. Kein genesungswidriges Verhalten Im konkreten Fall habe ein eingeklemmter Nerv zu einer eingeschränkten Bewegungsfähigkeit des rechten Arms geführt. Der Arzt habe daher Anweisung gegeben, den Arm nicht zu belasten. Damit ist nicht erkennbar, weshalb es dem Kläger verboten sein sollte, sich in der Bürgerschaft der Hansestadt während der Arbeitsunfähigkeit für den von ihm angestrebten Posten vorzustellen. Die Teilnahme an der Bewerberrunde sei kein genesungswidriges Verhalten gewesen, so das LAG. Auch der mit der Bewerbung möglicherweise gezeigte Abkehrwille vom Die Erkrankung einer Kinderkrankenschwester aufgrund einer betrieblich durchgeführten Schweinegrippeimpfung ist wegen der beruflichen Gefährdung als Folge eines Arbeitsunfalls anzuerkennen. Eine Arbeitnehmerin arbeitete als Kinderkrankenschwes ter in der Kinderund Jugendmedizin, als das Schweinegrippevirus H1N1 grassierte. Sie nahm an einer von der Klinik dringend empfohlenen Impfung gegen die Schweinegrippe teil. Daraufhin erkrankte sie schwer, sodass sie inzwischen eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht. Die Unfallkasse lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab: Gesundheitsvorsorge sei dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen. Sie berief sich auf das Bundessozialgericht. Die gegen die Ablehnung gerichtete Klage der Geschädigten hatte am Ende Erfolg. Der Fall unterscheide sich wesentlich von dem Fall, den das Bundessozialgericht 1974 entschieden hatte, so das Sozialgericht Mainz in seinem Urteil vom 21. März Damals hatte es sich um eine allgemeine Grippeschutzimpfung gehandelt, die Klägerin war keiner besonderen Gefährdung ausgesetzt. Im jetzt entschiedenen Fall hingegen bestand aufgrund der Tätigkeit der Kinderkrankenschwester ein erhöhtes Risiko. Die Ständige Impfkommission hatte eine Impfempfehlung für Beschäftigte im Gesundheitsdienst ausgegeben, auf die sich die Universitätsmedizin beim Impf-Angebot berief. Schließlich hatte auch die Klinik die Impfung ausdrücklich empfohlen. Unter diesen Umständen sei ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und der Impfung unbedingt anzunehmen. Die Klinik hatte ein Interesse daran, ihre Mitarbeiter möglichst umfänglich zu impfen, um die Funktionsfähigkeit des Betriebes und die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Schließlich hat auch das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1974 darauf hingewiesen, dass bei einer besonderen beruflichen Gefährdung eine Impfung durchaus einen Arbeitsunfall begründen könne. dgb-einblick Az.: S 10 U 48/11 bisherigen Arbeitgeber könne eine Kündigung nicht rechtfertigen. Die Suche nach alternativen Stellen sei Teil der im Grundgesetz verbürgten Berufsfreiheit. Eine Kündigung kann daher allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten im alten Arbeitsverhältnis zugunsten seiner zukünftigen Tätigkeit vernachlässigt, heißt es in dem Rostocker Urteil. Schlüssige Anhaltspunkte dafür habe der Arbeitgeber aber nicht vorgetragen. epd-sozial Az.: 5 Sa 106/12 Probezeit Keine Kündigung wegen Geruchs in der Kleidung Ein Arbeitgeber darf ein Arbeitsverhältnis in der Probezeit nicht allein mit der Begründung kündigen, die Kleidung des Arbeitnehmers rieche stark nach Zigarettenrauch, Kollegen und Kunden hätten sich darüber beschwert. In der Probezeit findet das Kündigungsschutzgesetz zwar keine Anwendung, aber das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die allgemeine Handlungsfreiheit sind zu berücksichtigen, urteilte das Arbeitsgericht Saarlouis am 3. Juni dgb-einblick Az.:1 Ca 375/12T Betriebsratsmitglied Sitzungsteilnahme muss abgewogen werden Selbst wenn ein Betriebsratsmitglied zu einer Betriebsratssitzung geladen ist, entbindet die Einladung das Mitglied nicht davon, abzuwägen, ob seine Teilnahme an der Betriebsratssitzung wichtiger ist als dringende berufliche Tätigkeiten. Der Entsendungsbeschluss bzw. die Ansetzung einer Betriebsratssitzung nach 30 Satz 2 BetrVG bewirkt weder die Arbeitsbefreiung, noch kann er den Arbeitnehmer von einer selbstständigen Überprüfung der Rechtslage hinsichtlich des Bestehens einer Betriebsratsaufgabe entlasten, so das Hessisches Landesarbeitsgericht in einem Beschluss vom 4. Februar dgb-einblick Az.: 16 TaBV 261/12

40 40 TIPPS Zumutbarkeit bei Arbeitsaufnahme Nächtlicher Fußweg geht in Ordnung Einem Empfänger von Arbeitslosengeld II ( Hartz IV ) kann es zuzumuten sein, zur Arbeitsaufnahme einen nächtlichen Weg von der Arbeitsstelle nach Hause durch ein Industriegebiet zurückzulegen. Das Jobcenter hatte einer Empfängerin von Hartz-IV-Leistungen eine Stelle in einer Wäscherei im Industriegebiet angeboten. Die Beschäftigung sah auch den Einsatz in der Spätschicht vor, die um 22 Uhr endet. Die Frau nahm die Tätigkeit nicht auf, da sie sich nicht traute, nachts den Weg von der Arbeitsstelle zu ihrer etwa 2,7 km entfernt liegenden Wohnung zu Fuß zurückzulegen. Ein Auto oder Fahrrad besäße sie nicht, Busse verkehrten nach 20 Uhr nicht mehr. Das Jobcenter konnte darin jedoch keinen wichtigen Laktoseintoleranz Nicht immer Mehrbedarf Entstehen einem Hartz-IV-Empfänger mit Laktoseintoleranz aufgrund seiner vegetarischen Lebensweise keine Mehrkosten gegenüber einem Gesunden, hat er keinen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung. Ein Hartz-IV-Empfänger ist seit Jahren Vegetarier. Er verzehrt kein Fleisch, keinen Fisch bzw. keine Produkte, die Gelatine enthalten. Er machte gegenüber dem Jobcenter höhere Kosten für Milchersatzprodukte geltend, nachdem mit einem Laktosetoleranztest eine Milchzuckerunverträglichkeit festgestellt worden war. Nach Ablehnung durch das Jobcenter erhob er Klage. Diese blieb ohne Erfolg. Grundsätzlich deckt der im Rahmen der Grundsicherungsleistungen gewährte Regelbedarf ( Hartz IV ) die Kosten der Hartz IV Elterngeld ist Einkommen Bei der Berechnung von Hartz-IV- Leistungen wird das Elterngeld wie auch das Kindergeld abzüglich einer Versicherungspauschale als Einkommen berücksichtigt. Dadurch wird die Leistung gemindert. Diese Regelung ist sachgerecht; denn mit dem Elterngeld hat der Gesetzgeber einen Anreiz schaffen Grund erkennen, die Arbeitsaufnahme zu verweigern und kürzte die Leistungen der Frau. Die dagegen gerichtete Klage der Frau hatte keinen Erfolg. Es war der Leistungsempfängerin durchaus zuzumuten, die Tätigkeit aufzunehmen; der Fußweg war weder von der Länge noch von der Gefährlichkeit her unzumutbar, so das Sozialgericht Mainz in einem Urteil vom 11. April Der Heimweg nach der Spätschicht kann auf einer noch beleuchteten Hauptstraße mit Geschäften zurückgelegt werden. Die Frau hätte zudem ausloten können, ob sie mit anderen Beschäftigten den Heimweg gemeinsam hätte zurücklegen können. dgb-einblick Az.: S 10 AS 122/11 gesamten Ernährung, so das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in einem Urteil vom 12. März Etwas anderes gilt bei Leis tungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen; sie erhalten einen angemessenen Mehrbedarf. Der vom Gericht beauftragte Ernährungsberater kam in seinem ernährungswissenschaftlichen Gutachten zu dem Ergebnis, dass höhere Kosten zwar zutreffen können, wenn sich ein Laktoseintoleranter mit Fleisch und Fisch ernähre, nicht jedoch für einen sich vegetarisch Ernährenden. Aufgrund der ersparten Aufwendungen für Fleisch und Fisch habe der Mann gegenüber einem sich mit normaler Vollkost ernährenden Leistungsempfänger sogar geringfügig geringere Ausgaben. dgb-einblick Az.: L 6 AS 291/10 wollen, eine Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes zu unterbrechen. Dies ist Eltern, die Grundsicherungsleistungen beziehen, nicht möglich, so ein Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. März dgb-einblick Az.: L 6 AS 623/11 Fristlose Kündigung Vertrauensbruch als Begründung Besteht der dringende Verdacht, dass ein Arbeitnehmer und Betriebsratsmitglied eine Gutschrift für private Zwecke genutzt hat, die ein Lieferant im Rahmen eines Geschäfts mit seiner Arbeitgeberin gewährt hatte, rechtfertigt dieser Verdacht die außerordentliche Kündigung, so das Arbeitsgericht Hamburg in einem Beschluss vom 22. Mai dgb-einblick Az.: 26 BV 31/12 Gesetzliche Unfallversicherung Fußballturnier nicht geschützt Ein betriebliches Fußballturnier steht, selbst wenn es von der Unternehmensleitung organisiert und finanziert worden ist, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn das Programm nur den fußballbegeisterten Teil der Mitarbeiterschaft angesprochen hat und fast keine Beteiligung von Frauen am Turnier zu verzeichnen ist. Um unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen zu können, müssen Turnier und Programm geeignet sein, die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Teil anzusprechen, urteilte das Landessozialgericht Baden-Württemberg am 14. Mai dgb-einblick Az.: L 9 U 2557/10 Parabolantenne Nicht verboten Ist keine angemessene Zahl von Programmen aus dem jeweiligen Heimatland über den bereitgestellten Kabelanschluss, sondern nur über eine separat montierte Parabolantenne via Satellit zu empfangen, so ist das Interesse der ausländischen Mieter am Empfang von Rundfunkprogrammen ihres Heimatlandes bei der Abwägung mit den Eigentümerinteressen des Vermieters zu berücksichtigen, lautet ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 31. März dgb-einblick Az.: 1 BvR 1314/11

41 AK-INTERN 41 Die Zukunft des Landes Über das Schwerpunktthema des diesjährigen Jahresberichts der Arbeitskammer an die Landesregierung Für ein lebenswertes und leistungsfähiges Saarland diskutieren auch in diesem Jahr saarländische Spitzenpolitiker beim AK-Zukunftsforum. Am Donnerstag, 29. August, werden sie ab 17 Uhr im Saarbrücker Schloss ihre politischen Antworten zu den Forderungen der Arbeitskammer geben. Moderiert wird die Veranstaltung von Peter Stefan Herbst, Chefredakteur der Saarbrücker Zeitung. red Hans Peter Kurtz und Heiko Maas Foto: Berntsen AK-Forum Fachtagung zu Schulsozialarbeit Minderjährige lernen in der Familie und in kommunalen Sozialräumen. Regelschulen und die Angebote der Kinderund Jugendhilfe sind dabei wichtige Teile. Wie sie besser aufeinander abgestimmt werden können, damit befasst sich die Fachtagung Soziale Arbeit im Kontext von Schule am Freitag, 13. September, von 9 bis 16 Uhr auf dem Campus Rastpfuhl der Sozialwissenschaften der HTW. Impulse gibt am Vormittag ein Vortrag von Prof. Dr. Ulrich Deinet vom Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der Fachhochschule Düsseldorf, bevor Arbeitsgruppen am Nachmittag die Thematik vertiefen. Die Arbeitskammer ist dabei einer von mehreren Kooperationspartnern. red AK-Betriebsbarometer Gute Arbeit Kooperationsvertrag mit dem Land Wirtschafts- und Arbeitsminister Heiko Maas und der AK-Vorstandsvorsitzende Hans Peter Kurtz unterzeichneten Mitte Juni den Kooperationsvertrag für das Projekt Betriebsbarometer Gute Arbeit. Damit setzt das Land eine Verpflichtung aus dem Koalitionsvertrag um. Mit dem fünf Jahre laufenden Projekt soll eine kontinuierliche Beurteilung der Arbeitsqualität in den saarländischen Betrieben im Sinne einer Guten Arbeit möglich werden. Das Projekt ergänzt das seit zehn Jahren durchgeführte Betriebsbarometer der Arbeitskammer. Projektträger ist die Arbeitskammer, die Umsetzung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Technologieberatungsstelle BEST e. V. der Arbeitskammer. WM AK-Fotopreis 2013 Endspurt! Noch bis zum 16. August können Arbeiten zum diesjährigen Fotopreis der Arbeitskammer eingereicht werden. Das Thema lautet diesmal Junge Arbeitswelten. Je 500 Euro gibt es für den Publikums- und den Fachpreis zu gewinnen. Die 30 besten Fotos werden im Herbst in einer Ausstellung in der Arbeitskammer präsentiert. red Teilnahmebedingungen unter Jo Leinen (links) und Jorgo Chatzimarkakis Foto: D Angiolillo Diskussion über Europa Die saarländischen Europaabgeordneten Jo Leinen (SPD) und Jorgo Chatzimarkakis (FDP) diskutierten auf Einladung der Arbeitskammer im Saarbrücker Filmhaus mit Schülern über europäische Fragen. Grundlage war der zuvor gezeigte Dokumentarfilm The Brussels Business wer regiert Europa? von Friedrich Moser und Matthieu Lietaert, in dem es um die Rolle und den Einfluss von Lobbyisten auf die Politik der Europäischen Union geht. red

42 42 AK-INTERN AK-Forum und Lesung Leben in Armut Leben in Armut ist auch im reichen Wohlfahrtsstaat Deutschland tägliche Realität trotz Grundsicherung. Viele verzichten aus Scham auf ihnen zustehende Leistungen und fühlen sich gesellschaftlich ausgeschlossen. Dr. Stefan Selke, Professor an der Hochschule Furtwangen mit dem Lehrgebiet Gesellschaftlicher Wandel, kennt diese Armut und die daraus resultierende Scham sehr genau. Er ist durch Deutschland gereist und hat viele Interviews mit Betroffenen geführt. Bei seinen Begegnungen in Suppenküchen und bei den Tafeln entdeckte er eine neue Armutsökonomie, die den Staat wenig kostet, aber die Almosen-Empfänger zu Menschen zweiter Klasse degradiert. Sein Buch Leben im Schamland stellt er am Mittwoch, 4. September, in der Arbeitskammer vor. Davor referiert er in dem Fachforum Die Armut mitten unter uns, das die AK in Zusammenarbeit mit der Katholischen Arbeitnehmer- Bewegung Saar und der Saarländischen Armutskonferenz ab 16 Uhr veranstaltet. Um Uhr beginnt dann die Lesung. Danach besteht die Gelegenheit zur Diskussion mit dem Autor. red AK-Filmtage Thema Wasser Vom 23. bis 27. September bietet die Arbeitskammer mit ihren Filmtagen wieder Schulklassen und Jugendgruppen die Gelegenheit, die Welt mit kritischem Blick zu betrachten, Hintergründe zu erfahren und darüber zu diskutieren. Fünf Filme stehen im kino achteinhalb auf dem Programm, die Montag bis Freitag in drei Vorstellungen gezeigt werden: um 8.30 Uhr, um 11 Uhr und um Uhr. Der Eintritt dazu ist frei, allerdings ist eine Anmeldung erforderlich. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf dem Thema Wasser. Die Dokumentation Water makes money (24.9.) zeigt, wie private Konzerne aus Wasser Geld machen und was das letztlich für die öffentliche Versorgung bedeutet. Auch der Spielfilm Und dann der Regen (25.9.) befasst sich mit diesem Thema, diesmal in Bolivien. Wasser als Ursprung des Lebens auf der Welt und die Folgen menschlicher Eingriffe in diesen Ökokreislauf zeigt beeindruckend die Doku Planet Ocean (26.9.). GH Pasquale D Angiolillo (r.) vor seinen Werken Foto: Ruppenthal Ausstellung im Interkulturellen Kompetenzzentrum Fotos saarländischer Migranten Das Team der Arbeitskammer macht sich bereit Foto: Arbeitskammer Dillinger Firmenlauf Mit großem Erfolg lief die Ausstellung Saarländische Migranten: selbstverständlich bis Mitte Juli im Haus der Beratung der Arbeitskammer in Saarbrücken. Der Fotograf Pasquale D Angiolillo, Saarländer mit italienischem Pass und luxemburgischer Ehefrau, zeigt darin Menschen mit Migrationshintergrund in verschiedenen Lebenssituationen. Im September wird die Ausstellung der Arbeitskammer-Zeitschriften arbeitnehmer und in4mation im Rahmen der Interkulturellen Woche im Interkulturellen Kompetenzzentrum der Arbeitskammer in Völklingen/Wehrden (Saarstraße 25) zu sehen sein, eröffnet wird sie am 9. September um Uhr. Bis zum 2. Oktober können die aussagestarken Werke dort betrachtet werden: von Montag bis Freitag jeweils zwischen 10 und 15 Uhr. GH Großes AK-Aufgebot am Start Mit einer Rekordbeteiligung ging in diesem Jahr die Arbeitskammer beim Dillinger Firmenlauf an den Start: 33 Beschäftigte nahmen Kurs auf die fünf Kilometer lange Strecke durch die Dillinger Innenstadt. Dabei hatte Organisator Timm Lau diesmal auch viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Bildungszentrum Kirkel der Arbeitskammer motivieren können. Team AK 1 (Mixed) belegte schließlich den 70. Platz. Dazu gehörten Petra Becker, Sebastian Daub, Peter Jacob und Timm Lau. Schnellster Läufer der Arbeitskammer war Timm Lau. red

43

44 Alle Filme auf einen Blick: Montag, Schuld sind immer die Anderen Dienstag, Water makes money Wie private Konzerne aus Wasser Geld machen Mittwoch, Und dann der Regen Donnerstag, Planet Ocean Freitag, Promised Land Anmeldungen und Informationen: arbeitskammer.de H. Lorenz In Kooperation mit:

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