Der Sicherungsüberwacher: Partner auf der Gleisbaustelle

Transkript

1 Foto: DB AG/Claus Weber Berufsprofil Der Sicherungsüberwacher: Partner auf der Gleisbaustelle Stefan Reith, DB Netz AG, Fachstelle Arbeitschutz/Brandschutz (I. NVS 3), Frankfurt am Main, DB Netz AG Die Sicherungsüberwachung bei Arbeiten an der Gleisinfrastruktur ist eine aus den Unfallverhütungsvorschriften und der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht resultierende Aufgabe. Die rechtlichen Grundlagen, Aufgaben und die Anforderungen zur Erfüllung dieser Funktion beschreibt dieser Beitrag. 22 Deine Bahn 7/2017

2 Ein Teil der Abwendung von Gefahren aus dem Eisenbahnbetrieb für die auf der Gleisinfrastruktur der DB Netz AG Arbeitenden ist die Durchführung von Sicherungsmaßnahmen. Diese können, falls sie nicht von der für den Bahnbetrieb zuständigen Stelle (BzS) selbst durchgeführt werden, entsprechend der Rahmenrichtlinie (RRil) Abschnitt 3 an präqualifizierte Sicherungsunternehmen (im Weiteren kurz Sicherungsunternehmen) delegiert werden. Die Überwachung der regelwerkskonformen Durchführung der Sicherungsmaßnahme durch die Sicherungsunternehmen ist die Hauptaufgabe des Sicherungsüberwachers. Damit ist der Sicherungsüberwacher in Zeiten von lärmarmer oder sogar bauablauforientierter Sicherung ein wichtiger Akteur zur Optimierung der Gleisbaustellensicherung, denn er ist der Erfüllungsgehilfe der BzS, der Sicherungsmanager vor Ort. Abgrenzung der Tätigkeit Obwohl der Sicherungsüberwacher meist in Personalunion vom Bauüberwacher oder/und vom Technisch Berechtigten durchgeführt wird, sind von Grund auf verschiedene Rechtskreise betroffen. Der Bauüberwacher steht für den Bauherrn zum Beispiel DB Netz AG, der Technisch Berechtigte für den Bahnbetreiber DB Netz AG und der Sicherungsüberwacher für die verkehrssicherungspflichtige DB Netz AG. Gemeinsam haben sie alle eine wichtige Stellvertreterfunktion oder, wie anfangs schon genannt, die Funktion des Erfüllungsgehilfen. Die Funktion des Sicherungsüberwachers wird bei jeder Baustelle, für die Sicherungsmaßnahmen festgelegt sind egal ob im großen ( V03) oder im kleinen Sicherungsplan ( V04/V05) benötigt. Sicherungsüberwacher werden in jedem Einzelfall von der BzS festgelegt. Die Entscheidung, ob der Bauüberwacher in Personalunion auch Sicherungsüberwacher sein darf, bestimmt die BzS. Einen Hinweis als Entscheidungshilfe, wann Tätigkeiten in Personalunion möglich sind, liefert die RRil im Abschnitt 6. Die BzS muss vor allem die Komplexität der Arbeiten (zum Beispiel Art der Arbeit, Anzahl der Beschäftigten und Gewerke, Ausdehnung der Arbeitsstelle, Bauverfahren) und der Sicherungsmaßnahmen abwägen. Rechtliche Einordnung Normalerweise hilft bei Arbeiten im Gleisbereich immer ein Blick in die Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). In der DGUV Vorschrift 78 sind die Sicherungspersonale aufgeführt. Sucht man den Sicherungsüberwacher, findet man diese Rolle vergebens. Obwohl nicht direkt erwähnt, so wendet sich die DGUV Vorschrift 78 im 4(1) Sicherungsanweisung an den Unternehmer und erlaubt die Arbeiten unter der Voraussetzung, dass die Sicherungsanweisung der BzS Angaben zur Durchführung und Überwachung der Sicherungsmaßnahme enthält. Nimmt man noch die Konkretisierung der DGUV Vorschrift, die DGUV Regel zur Hand, so findet man dort in den Durchführungsanweisungen zu 2.15 die Festlegung, dass sich der Sichernde nicht selbst überwachen darf. Abbildung 2: Ausschnitt DGUV Regel (ehem. GUV-R 2150) 2.15 In beiden Schriften der Unfallversicherungsträger erhält man schon den nächsten Hinweis, wo weiterzusuchen ist in der Sicherungsanweisung der BzS. Um nicht für jede Gleisbaustelle Abweisungen zu schreiben, hat sich die DB AG entschlossen, die Basis -Sicherungsanweisung als Rahmenrichtlinie in ihr Arbeitsschutzmanagement aufzunehmen und für jede Gleisbaustelle durch die BzS vor Ort eine besondere Sicherungsmaßnahme für den Einzelfall (= Sicherungsplan V03 V05) zu erstellen. In der RRil im Abschnitt 6 finden sich die wichtigen Aufgaben des Sicherungsüberwachers und erneut der Grundlagen der DGUV Vorschrift und der DGUV Regel. Grundsätzlich ist die Sicherungsüberwachung eine Aufgabe der BzS. Sie darf die Sicherungsüberwachung delegieren, muss dann aber in jedem Einzelfall bestimmen, wer die Sicherungsüberwachung durchführt. Wird die Sicherungsüberwachung auf Dritte (DB-externe) delegiert, so müssen diese oder das Unternehmen, für die der externe Sicherungsüberwacher tätig ist, über eine Präqualifikation für Ingenieurdienstleistungen verfügen. Eine Liste der präqualifizierten Unternehmen findet man im Lieferantenportal der DB Netz AG unter lieferantenportal/lieferantenmanagement/lieferantenqualifizierung.html. Damit wird der Sicherungsüberwacher zum Erfüllungsgehilfen der BzS. Wie schon aus der DGUV Regel bekannt, darf die Sicherungsüberwachung nicht dem Unternehmer übertragen werden, der die Sicherungsmaßnahme durchführt. Generell darf also kein Sicherungsunternehmen (auch DB-FWD) die Sicherungsüberwachung durchführen. Dritte (DB AG-externe Unternehmen) dürfen die Sicherungsüberwachung nicht ausüben, wenn sie an der Durchführung von Arbeiten in Sinne der DGUV Vorschrift 78 beteiligt sind. Dies soll einen Interessenkonflikt zwischen Bauablauf und der Durchführung der Sicherung verhindern. Aufgaben Die Sicherungsüberwachung hat umfangreiche Aufgaben, die sich grob in Planungs- und Überwachungsaufgaben unterteilen. Die Planungsaufgaben sind hierbei Bestandteil der Sicherungsplanung vor Beginn der Baumaßnahme. Abbildung 1: Auszug SGUV Vorschrift 78 4(1) Deine Bahn 7/

3 Planungsaufgaben des Sicherungsüberwachers sind: Abbildung 3: Auszug aus der RRil Abschnitt 6 Planungsaufgaben des Sicherungsüberwachers Aber was heißt das im Einzelnen? Was muss der Sicherungsüberwacher hier konkret prüfen (bezogen auf Abb. 3)? n Hat der Sicherungsunternehmer im Abschnitt 4 des Sicherungsplanes V03 bestätigt, dass nur eine eingewiesene Sicherungsaufsicht eingesetzt wird? Diese Prüfung ist wichtig, da es eine sicherheitsrelevante Dienstleistung der Sicherungsaufsicht ist, die an der Arbeitsstelle anwesenden Mitarbeiter in die Sicherungsmaßnahmen einzuweisen. n Hier führt der Sicherungsüberwacher keine Tiefenprüfung durch, dafür sind alle an der Sicherungsplanung beteiligten für ihren Abschnitt selbst verantwortlich. Er führt hier eine Plausibilitätsprüfung durch: Stimmen die Angaben des ausführenden Unternehmers im Abschnitt 1 mit der Festlegung der Sicherungsmaßnahme im Abschnitt 2 und der geplanten Umsetzung durch den Sicherungsunternehmer im Abschnitt 3 überein (Beispiel siehe Abbildung 4). Weitere Plausibilitätsprüfungen wären zum Beispiel: Gleisgebundene Großbaumaschine (GBM) und Sicherungsposten Feste Absperrung (FA) und v > 160 km/h Automatische Warnsysteme (ATWS) bei Störschall > 126 db(a) Sicherungsposten beziehungsweise Erkennen der Fahrt am Beginn der Annäherungsstrecke im Dauersicherungsplan und 00:00 24:00 Uhr. n Für die Erstellung des ATWS-Planes ist das für ATWS-Einsatz präqualifizierte Sicherungsunternehmen verantwortlich. Die Prüfung des ATWS-Planes durch den Sicherungsüberwacher erstreckt sich deshalb auf das Vorhandensein des ATWS-Planes als Teil der Sicherungsplanung (bei der Sicherungsaufsicht!) beziehungsweise, ob eine technische Funktionsabnahme durchgeführt wurde. Die Durchführung der Planungsaufgaben ist durch die Unterschrift des Sicherungsüberwachers im Abschnitt 5 nachgewiesen und der Sicherungsplan wird an die BzS zurückgeschickt. Dies muss mindestens 5 Tage vor Baubeginn erfolgen. Bei Baustellenbeginn gibt es neue Aufgaben für den Sicherungsüberwacher vor Ort (Abbildung 6). Abbildung 4: Ergebnis des Zusammenspiels der verschiedenen Abschnitte auf der Gleisbaustelle (Unternehmer liefert Arbeitsbreite, BzS legt Sicherungsmaßnahme FA fest und Sicherungsunternehmen setzt um) Diese sind: Abbildung 5: Auszug aus der RRil Abschnitt 6 Aufgaben des Sicherungsüberwachers vor Ort Auch hier sollen die einzelnen Aufgaben kurz erläutert werden (bezogen auf Abb. 5): n Der Sicherungsüberwacher ist der Erfüllungsgehilfe der BzS, deswegen überprüft er nochmals die Einhaltung der Sicherungsanweisung, also dem Regelwerk und der Sicherungsplanung. Er gibt sozusagen den Startschuss für die Arbeiten n Der Sicherungsüberwacher muss vor Ort sein, das heißt aber nicht, dass er die ganze Zeit auf der Baustelle anwesend sein muss (auch für Sicherungsüberwacher gilt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG)). Die Anwesenheit richtet sich danach, ob er seine weiteren Aufgaben erfüllen kann. n Wichtigste Aufgabe des Sicherungsüberwachers ist es, auf der Baustelle die Anpassung der Sicherungsmaßnahme zu veranlassen und sich hierzu mit der BzS abzustimmen. Wie er das macht, ob telefonisch, per Mail oder SMS, organisiert der Sicherungsüberwacher in eigener Verantwortung. Empfehlung: Möglichst immer mit Nachweis beziehungsweise mindestens einer Telefonnotiz. n Das Regelwerk der DB AG (RRil Abschn. 8 9) regelt die Befähigung von Sicherungsposten. Sicherungsposten 24 Deine Bahn 7/2017

4 Quelle: Stefan Reith Abbildung 6: Befähigungsausweis, V06 Abbildung 7: Ablauf der Einweisung des Sicherungsunternehmers müssen eine Funktionsausbildung zum Sicherungsposten erfolgreich absolviert haben, müssen körperlich und geistig geeignet sein und eine aktuell gültige FIT-Schulung vorweisen können. Als Nachweis gibt es den Befähigungsausweis (Abb. 6). Sicherungsposten und Sicherungsaufsichten sowie alle ATWS-Personale haben diese Befähigungsausweise immer mit sich zu tragen (Abbildung 6). n Da Sicherungsposten für die Sicherheit der Arbeiter verantwortlich sind und dazu konzentriert arbeiten müssen, regelt die RRil auch die Pausenzeiten und die Zeit zwischen den Schichten. Diese Regelungen können mit den Eintragungen im Einsatznachweis verglichen werden. Treten hier Abweichungen auf, so muss der Sicherungsüberwacher sich mit der Sicherungsaufsicht abstimmen und auf ein Abstellen des Mangels drängen (zum Beispiel Ablösung des Sicherungspostens). heimisch fühlt, die verschiedenen Arten der Arbeiten kennt und die Sicherung der dort arbeitenden Beschäftigten einschätzen kann. Wissen über die technische Gleisbaustellensicherung aber auch die verschiedenen betrieblichen Regelungen muss zumindest vorhanden sein. Mit der Qualifikation zum Sicherungsüberwacher erhält der Sicherungsüberwacher auch die Qualifikation zum Selbstsicherer nach der Ril Er darf sich damit selbst sichern bzw. in einer Gruppe bis zu drei Beschäftigten die Sicherung übernehmen. Daraus resultieren die verschiedenen Anforderungen sowohl fachlicher (B) als auch körperlicher Art (A) an einen Sicherungsüberwacher: Die Erfüllung der Aufgaben ist für die DB Netz AG oder für die Aufsichtsorgane einfach nachzuvollziehen, denn im Einsatznachweis des Sicherungspostens ist die Kontrolle durch den Sicherungsüberwacher zu dokumentieren. Die Kontrollen sollten immer in den Einsatznachweisen abgezeichnet werden. Weitere Aufgaben, die in Absprache mit der BzS auf den Sicherungsüberwacher übertragen werden können, sind zum Beispiel die Einweisung der Sicherungsaufsicht in die örtlichen und betrieblichen Verhältnisse und die Sicherungsplanung (Abb. 7). Voraussetzungen Bis Ende 2012 war die Funktion der Sicherungsüberwachung dem Bauüberwacher Bahn/Fachbauüberwacher und Bau betriebskoordinator vorbehalten. Da diese Funktionen aber nicht in jedem Fall auf jeder Baustelle vorhanden sind, wurde mit der Erschaffung einer separaten Funktionsausbildung zum Sicherungsüberwacher ein weiterer Zugangsweg zur Qualifikation als Sicherungsüberwacher ermöglicht. Berücksichtigt man die vielfältigen Aufgaben, muss der Sicherungsüberwacher eine Person sein, die sich auf der Gleisbaustelle Abbildung 8: Voraussetzung zur Ausbildung zum Sicherungsüberwacher ( ) Die Funktionsausbildung inklusive Abschlussprüfung dauert sieben Tage und beinhaltet die Themen, die der zukünftige Sicherungsüberwacher braucht, um die oben genannten Aufgaben zu erfüllen. Durch die Teilnahme am jährlichen FIT für Sicherungsüberwacher (vier Unterrichtsstunden) wird das Deine Bahn 7/

5 Abbildung 9: Beispiel für eine der Weiterentwicklungen in der Gleisbaustellensicherung Kombination Feste Absperrung (Firma RSS) ATWS (Firma Schweizer Electronic) Fachwissen, vor allem zu neuen ATWS- aber auch FA-Systemen und deren Einsatzmöglichkeiten auf dem aktuellen Stand gehalten (Abbildungen 9 und 10). Sonderfall Arbeiten im Eigenbetrieb Die Sicherung kann auch durch die BzS selbst durchgeführt werden. Arbeiten die DB Netz-Mitarbeiter im Eigenbetrieb, dann erfolgt die Sicherungsüberwachung im Rahmen des 3 ArbSchG durch den Unternehmer. Dieser muss nicht über die Qualifikation eines Sicherungs überwachers verfügen, da er die Aufgaben im Rahmen des 3 Grundpflichten des Arbeitgebers (ArbSchG) wahrnimmt und nicht in der Funktion Sicherungsüberwacher gemäß Ril Wichtig für die Einsatzplanung: Für diese Arbeiten müssen Mitarbeiter mit Personalverantwortung die Aufgaben nach 3 ArbSchG wahrnehmen. Sie dürften alls Sicherungsüberwacher eintragen werden, also zum Beispiel 1. Bezirksleiter oder IH-Leiter. Sollte ein Mitarbeiter der BzS die Funktion Sicherungsüberwacher wahrnehmen dürfen, kann auch dieser eingetragen werden. Dies entspricht dem Normalfall im Regelwerk. Qualifikation der Mitarbeiter BzS Abbildung 10: Einsatz von mobilen mit Magneten befestigten Warnsignalgebern und der funkgestützten Warnbereichsumschaltung der Firma Zöllner Zusammenfassung Der Sicherungsüberwacher ist der Vertreter des verkehrssicherungspflichtigen Eisenbahninfrastrukturunternehmens auf der Baustelle. n Er hat weitreichende Überwachungsaufgaben, immer mit dem Fokus auf die risikominimierte Sicherung auf der Baustelle und die Einhaltung der Regelwerke. n Er ist Ansprechpartner der Sicherungsaufsicht, Auslöser von Änderungen in der Sicherungsplanung und Schnittstelle zur BzS. n Bei der Meisterung der zukünftigen Herausforderungen im Brennpunkt von Sicherheit, Betrieb und Lärmschutz hat der Sicherungsüberwacher eine aktive Rolle. n Betrachtet man die Entwicklungen im Bereich der Sicherung beim Einsatz von Großbaumaschinen mit der Kombination von Fester Absperrung und ATWS (Abbildung 10) wird die Anforderung an den Sicherungsüberwacher eher steigen als sinken. n Die Funktionsausbildung zum Sicherungsüberwacher ist aber noch in anderer Hinsicht für die BzS eine wichtige Voraussetzung. Der Mitarbeiter BzS, der große Sicherungspläne ( V03) im Abschnitt 2 verantwortlich unterzeichnet, muss die Qualifikation zum Sicherungsüberwacher erwerben und durch die regelmäßige Teilnahme an den FIT-Unterrichten aktuell halten. Ziel ist es, die notwendigen Kenntnisse über die verschiedenen Sicherungsmaßnahmen, vor allem der technischen Sicherungsmaßnahmen Feste Absperrung und ATWS, zu erwerben. Einzige Abweichung: Eine körperliche Tauglichkeit ist nicht notwendig. Der Mitarbeiter darf dann aber nicht die operative Sicherungsüberwachung übernehmen. 26 Deine Bahn 7/2017