INVESTITIONSKLIMA UND -RISIKEN NORWEGEN
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- Berthold Straub
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1 INVESTITIONSKLIMA UND -RISIKEN NORWEGEN
2 Norwegen (Februar 2015) Investitionsanreize in strukturschwächeren Regionen / Produktivität und Ausbildungsniveau mindern Arbeitskostennachteile Oslo (gtai) - Die Investitionen in die Öl- und Gaswirtschaft, 2013 noch die treibende Konjunkturkraft, haben 2014 nur noch um etwa 3% auf gut 26 Mrd. Euro (neun Mal mehr als im Bergbau und Verarbeitungsgewerbe zusammen) zugelegt und dürften 2015 sogar sinken. Deutsche Unternehmen engagieren sich in der Offshore-, stärker aber in der Festlandwirtschaft. Durch die Mitgliedschaft Norwegens im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bestehen grundsätzlich keine rechtlichen Marktzugangsbarrieren. Investitionsklima Die Wachstumsaussichten haben sich in Norwegen leicht eingetrübt. Das allgemeine Wirtschaftswachstum etwa 1,8% - soll auch im Jahr 2015 die 2%-Marke nicht übersteigen. Die schwächere Wirtschaftsentwicklung hat bis zum Jahresbeginn 2015 noch nicht wesentlich auf den Arbeitsmarkt durchgeschlagen. Zwar haben die Ölindustrie und Unternehmen in verwandten Wirtschaftszweigen so manches Investitionsprojekt hintenangestellt, größere Entlassungen sind aber bislang ausgeblieben. Vereinzelt kann es zu Personalmangel kommen, sowohl bei angelernten als auch ungelernten Fachkräften, vor allem in Dienstleistungsbereichen (unter anderem im Hotel- und Gaststättenwesen, Gesundheitssektor, IT-Branche). Der Bedarf an Maschinenarbeitern, Kraft- und Anlagenfahrern, Verkaufspersonal sowie Technikern und Ingenieuren für die verarbeitende Industrie ist groß. Die Arbeitslosenquote liegt 2014 bei knapp 3,5%; von den rund 2,73 Mio. Erwerbspersonen waren Ende 2014 etwa 2,64 Mio. erwerbstätig. In einer Aufstellung von Eurostat lagen 2013 die Arbeitskosten pro Stunde (Bruttolöhne und Gehälter zuzüglich der Lohnnebenkosten) in Norwegen durchschnittlich bei umgerechnet 48,50 Euro (Deutschland: 31,30 Euro). Damit zählt das Königreich in punkto Arbeitskosten zu den teuersten Standorten weltweit. Allerdings liegt die Arbeitsproduktivität je geleisteter Arbeitsstunde in Norwegen laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 2013 mit 62,60 US-Dollar (US$; in konstanten Preisen, Basisjahr 2005) deutlich höher als in Deutschland (etwa 50,90 US$). Auch das Ausbildungsniveau der Beschäftigten kompensiert die Lohnkostennachteile zumindest teilweise. Von den 25- bis 39-jährigen Personen verfügen gut zwei Fünftel über eine abgeschlossene höhere Ausbildung mit einer Dauer von drei oder mehr Jahren. Eine weiterführende Schul- beziehungsweise Berufsausbildung als höchste Bildungsstufe haben 42% der über 16-jährigen Norweger abgeschlossen. Abgesehen von einigen Anreizen für Engagements in strukturschwächeren Regionen (zum Beispiel Nordnorwegen) bestehen keine allgemeinen steuerlichen Investitionsanreize. Ausgaben für Forschungs- und Entwicklungsprojekte können zumindest teilweise von der Steuer abgezogen werden, wenn sie zuvor durch den Norwegischen Forschungsrat (Forskningsradet: genehmigt wurden, der unter anderem verschiedene Modelle von Forschungszentren fördert. Um Unternehmen zur Suche und Erforschung neuer Lagerstätten zu ermutigen, gelten in dieser Hinsicht für den Öl- und Gassektor großzügigere Regelungen. Germany Trade & Invest 1
3 Norwegen (Februar 2015) Zuschüsse und Anreize, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), können auch im Wege von Ermessensentscheidungen gewährt werden. Hierfür müssen diese in Norwegen niedergelassen sein und einen entsprechenden Antrag bei Innovasjon Norge (Innovation Norway) stellen. Die zuständigen, regionalen Büros der öffentlich-rechtlichen Stiftung beurteilen die Anträge unter sozio-ökonomischen Gesichtspunkten und können unter anderem risikoarme Kredite, Garantien, Investitionsdarlehen und Innovationskredite vergeben (Informationen zu den Dienstleistungen von Innovasjon Norge in norwegischer Sprache unter Ausländische Investoren können sich auch an die nationale Investitionsförderagentur Invest in Norway ( wenden, die sich als Türöffner zu Innovasjon Norge, dem Forskningsradet und der Gesellschaft für industrielle Entwicklung SIVA (Selskapet for industrivekst: versteht. SIVA unterstützt die Bildung von regionalen und lokalen industriellen Netzwerken. Ehemals staatliche Monopole, wie Postdienste, Eisenbahn sowie die Vor-Ort-Herstellung und der Handel mit alkoholischen Getränken, hat Norwegen bereits 2004 gelockert. Seither dürfen ausländische Unternehmen grundsätzlich bestimmte Postdienstleistungen (wie Luftverkehrsdienste zwischen verschiedenen Ländern) und Bahngüterdienste (insbesondere zwischen Norwegen und Schweden) ausüben. Seinen stark auf Wasserkraft basierenden Strommarkt hat Norwegen zwar vollständig liberalisiert, sodass die Kunden ihren Stromversorger frei wählen können; da das nationale Wasserkraftgesetz aber eine Beteiligung privater Firmen begrenzt, sind dort weiterhin vor allem öffentliche Akteure wie Statkraft und zahlreiche Regionalversorger tätig. Die Regierung kann ausländische Investitionen in die Energieerzeugung aus Wasserkraft zulassen, aber tut das in der Praxis sehr selten. Solche Beteiligungen sind dann auf 20% des Grundkapitals beschränkt. Bei den regulatorischen Beschränkungen für Auslandsinvestoren sieht die OECD Norwegen im Mittelfeld ihrer Mitgliedstaaten, etwa gleichauf mit der Schweiz, Türkei und Dänemark. Für Unternehmen aus Deutschland bestehen durch die Mitgliedschaft Norwegens im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) grundsätzlich keine rechtlichen Marktzugangsbarrieren, wie etwa für die Gründung einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft oder den Erwerb von norwegischen Gesellschaften. Zu beachten ist, dass mindestens die Hälfte der Mitglieder von Geschäftsführungsorganen EWR-Bürger mit Wohnsitz innerhalb des EWR sein müssen. Im letzten Global Competitiveness Report des World Economic Forum landete Norwegen auf Rang 11 in der Gesamtwertung und platzierte sich damit hinter den Nachbarn Finnland (4) und Schweden (10), aber vor Dänemark (13). Seine gute Gesamtnote verdankt das Königreich vor allem der Bewertung seiner institutionellen Infrastruktur (Platz 5), seines zum Zeitpunkt der Berichtsveröffentlichung hervorragenden gesamtwirtschaftlichen Umfelds (Platz 1), seiner Hochschul- und Berufsbildung (Platz 8) und seinem technologischen Wandel (Platz 4). Beim Indikator Effizienz des Gütermarktes landet Norwegen dagegen nur auf Rang 24. Als problematischste Faktoren für die Geschäftstätigkeit gelten restriktive arbeitsrechtliche Regelungen und relativ hohe Steuern. 2 Investitionsklima und -risiken
4 WEF-Länderrating 2014 bis 2015, Norwegen (wirtschaftlicher Rang von insgesamt 144 Ländern) Kriterien Norwegen Finnland Deutschland Gesamtrang Institutionen (bewertet unter anderem Eigentumsrechte, Unabhängigkeit der Justiz, Intensität der Auditierung) 2 Infrastruktur Makroökonomisches Umfeld Gesundheit und Grundschule Höhere Bildung und Ausbildung Effizienz der Gütermärkte (bewertet unter anderem benötigte Zeit für die Unternehmensgründung, Wettbewerbsintensität, Besteuerung, Zollvorschriften) 7 Effizienz des Arbeitsmarkts Entwicklung des Finanzmarkts (bewertet unter anderem Beschränkungen der Kapitalströme) 9 Technologische Reife Marktgröße Qualität des Geschäftsumfeld Innovation Quelle: World Economic Forum, Global Competitiveness Report, Stand und Perspektiven für ausländische Direktinvestitionen Nach einem Anstieg um mehr als ein Fünftel im Jahr 2013 sind die Investitionen der Öl- und Gaswirtschaft 2014 nur noch um circa 3% auf knapp 219 Mrd. Norwegische Kronen (nkr; Durchschnittskurs 2014: 1 Euro = 8,3544 nkr) gestiegen. Sie sollen 2015 auf 189 Mrd. nkr zurückgehen und sich in den nächsten fünf Jahren auf einem Niveau von 190 Mrd. bis 200 Mrd. nkr einpendeln. Dagegen stagnierten 2014 die Investitionen der sogenannten Festlandwirtschaft, bei der die Ölund Gasindustrie herausgerechnet wird. Das schwache Plus im Verarbeitungsgewerbe, Bergbau und in der Versorgungsindustrie sowie Elektroenergiewirtschaft basiert vor allem auf Vorhaben der Stromversorger, die in neue Kapazitäten und den Netzausbau investieren. Für 2015 rechnen Beobachter nochmals mit einer Stagnation, wobei der erwartete leichte Rückgang seitens der verarbeitenden Industrie erneut durch Mehrinvestitionen in Übertragungs- und Verteilungsnetze kompensiert werden dürfte. Germany Trade & Invest 3
5 Norwegen (Februar 2015) Der Wohnungsbau entwickelte sich 2014 schwach rückläufig, doch soll die Bautätigkeit in diesem Jahr wieder zunehmen. Auch 2016 sollen die Investitionen in den Wohnungsbau weiter steigen, dann aber nicht mehr so stark (für 2015 wird ein Plus um 5 bis 6% prognostiziert). Der kumulierte Bestand ausländischer Direktinvestitionen (ADI) betrug in Norwegen Ende 2013 knapp Mrd. nkr (-8% gegenüber dem Vorjahr). Davon entfielen 61% auf Beteiligungskapital (Bestandsplus um über 7%), der Rest in erster Linie auf Kredite zwischen Verbundunternehmen. Gut 73% der ADI kommen aus EU-Ländern, vor allem aus Schweden (16%) und den Niederlanden (10%); Deutschlands Anteil liegt bei 5%. Nach Branchen dominiert bei den ADI die Öl- und Gasindustrie, gefolgt von Finanzintermediären und dem verarbeitenden Gewerbe. Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen (in Mrd. Euro) *) Kumulierter Bestand, davon 145,0 173,7 153,4 Beteiligungskapital 77,5 91,2 93,9 Nettoforderungen 67,5 82,4 59,5 *) Umrechnungen auf Basis des Euro-Referenzkurses der Europäischen Zentralbank (EZB): 2011 (2012; 2013): 1 Euro = 7,7934 (7,4751; 7,8067) nkr Quelle: auf Basis von Angaben des Statistikamts SSB Deutsche Direktinvestitionen (in Mio. Euro) *) Kumulierter Bestand k.a. Nettotransfers (Zunahme/ Kapitalausfuhr: -) *) unmittelbare und (über abhängige Holdinggesellschaften im Ausland bestehende) mittelbare (konsolidiert) Quelle: Deutsche Bundesbank Von deutscher Seite sind E.ON Global Commodities, Europipe, GISMA, RWE Dea, SICK, Siemens, ThyssenKrupp, Verbundnetz Gas und Wintershall stark im Norwegen-Öl- und Gasgeschäft engagiert. Wintershall Norge hat gegen Ende des Jahres 2014 Anteile an mehreren aktiven Öl- und Gasfeldern von Statoil auf dem norwegischen Schelf übernommen. Auf einer der größeren Produktionsplattformen soll die BASF-Tochter erstmalig die Betriebsführerschaft in Norwegen übernehmen. Im Baubereich sind Hochtief und Bilfinger SE aktiv. Hohe Summen haben auch Benteler Aluminium Systems und Steertec Raufoss (Kfz-Teile) investiert, die beide im Industriepark Raufoss, einem Cluster für Leichtbauwerkstoffe für automatisierte Fertigungstechnologien etwa 120 km nördlich von Oslo, angesiedelt sind. Nicht nur die Investitionen im Offshoreöl- und -gassektor eröffnen deutschen Unternehmen Chancen, sondern zum Beispiel auch die Stromwirtschaft: Allein die Verlegung des ersten der beiden Hochspannungsgleichstromkabel für die bis zum Jahr 2018 geplante Seekabelverbindung zwischen Norwegen und Deutschland zieht Investitionen in Höhe von rund 2 Mrd. Euro nach sich. 4 Investitionsklima und -risiken
6 Neben dem norwegischen Stromkonzern Statnett sind an der Finanzierung des Projekts der niederländisch-deutsche Netzbetreiber TenneT und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beteiligt. Norwegen will bis Anfang des Jahres 2017 eine möglichst flächendeckende Advanced Metering Infrastruktur aufbauen. Die dafür erforderlichen Investitionen schätzen manche Experten auf umgerechnet knapp 5,4 Mrd. Euro. Dahinter verbirgt sich nicht nur ein gewaltiges Energieinfrastruktur-, sondern auch ein ebensolches Informations- und Kommunikationstechnologieprojekt, da die dafür bei den Endabnehmern zu installierenden, intelligenten Boxen mit Computern ausgestattet sein müssen, die Schnittstellen zum Internet haben. Auch im Bereich Elektromobilität sind die Skandinavier sehr engagiert. Gemeinsam mit Schweden will Norwegen die Europastraße E14 von Trondheim via Östersund nach Sundsvall zum ersten skandinavischen Green Highway mit Ladestationen und Tankstellen für elektrische und Kfz mit alternativen Antrieben ausbauen. Um die Trasse bis zum Jahr 2020 für Elektrofahrzeuge durchgehend befahrbar zu machen, ist alle 120 km eine Ladestation mit Schnellladern vorgesehen. Des Weiteren investiert Norwegen massiv in den Aus- und Umbau seiner Straßen- und Schieneninfrastruktur. Neben großen Teilen des Schienennetzes müssen Signalsysteme erneuert werden. Kontaktanschriften Innovasjon Norge (Innovation Norway) Besucheradresse: Akersgata 13, 0158 Oslo Postadresse: Postboks 448 Sentrum/Akersgata 13, 0104 Oslo Ansprechpartner: Per Stensland, Project manager Invest in Norway, Tel.: / , Mobil: 0047/ , Tel.: / , Fax: Internet: Deutsch-Norwegische Handelskammer Besucheradresse: Drammensveien 111 B, 0273 Oslo Postadresse: Postboks 603 Skoyen, 0214 Oslo Tel.: / , Fax: Internet: Germany Trade & Invest 5
7 Kontakt Impressum Herausgeber: Germany Trade and Invest Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbh Villemombler Straße Bonn Tel.: +49 (0)228/ Fax: +49 (0)228/ Internet: Hauptsitz der Gesellschaft: Friedrichstraße 60, Berlin Geschäftsführung: Dr. Benno Bunse, Erster Geschäftsführer Dr. Jürgen Friedrich, Geschäftsführer Autor: Heiko Steinacher, Oslo Redaktion/Ansprechpartnerin: Edda vom Dorp, Tel.: +49 (0)228/ , Redaktionsschluss: Februar 2015 Bestell-Nr.: Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. Layout: Germany Trade & Invest Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
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