Im Prozessen denken. Christian Amberg ist Management Berater bei der conunit GmbH
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- Margarethe Günther
- vor 8 Jahren
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1 Christian Amberg ist Management Berater bei der conunit GmbH Marc Kaminski ist Mitarbeiter der Commerzbank AG Integrierte Gesamtbanksteuerung Im Prozessen denken Ausgangssituation Die signifikanten Veränderungen auf den Finanzmärkten wie auch in der Realwirtschaft in der jüngeren Vergangenheit haben die Banken dazu veranlasst, ihre geschäftspolitischen Schwerpunkte neu auszurichten, was auch zu neuen Anforderungen an die Steuerungskonzepte und -lösungen führte. Das weit reichende Spannungsfeld aus sich ändernden Marktbedingungen und regulatorischen Vorgaben erfordert Systeme und Prozesse, die ebenso flexibel angepasst werden wie auch zeitnah die Informationsversorgung des Managements gewährleisten können. Die Unterstützung dispositiver und in jüngster Zeit auch operativer Entscheidungsprozesse erfolgt durch den Einsatz von Business Intelligence (BI). BI umfasst dabei sowohl die fachlichen IT- und betriebswirtschaftlichen Konzepte als auch die Systemseite. Eine effektive Umsetzung von BI-Projekten erfordert somit in besonderem Maße das Zusammenspiel von fachlicher und technischer Expertise. Während in der Forschung die interdisziplinäre Wissenschaft der Wirtschaftinformatik die Bereiche Betriebswirtschaftslehre und Informatik seit langem verbindet, hat eine organisatorische Berücksichtigung von Querschnittsthemen wie BI in der Unternehmenspraxis kaum stattgefunden. Überträgt man diesen Mangel an Erfahrungen und Kompetenzaufbau in den Projektalltag der Einführung von BI-Systemen, ergeben sich Problemfelder, die einen weniger technischen Hintergrund aufweisen, sondern vielmehr im organisatorischen und sozialen Umfeld zu finden sind. Beispielsweise in der Form, dass Projektanforderungen entweder zu fachlich oder zu technisch umgesetzt werden oder unterschiedliche Anreizsysteme bei Querschnittsthemen wie BI zu ungewünschten Ergebnissen führen können. Während die organisatorische Verantwortung zweifelsohne in den Bereich der IT- Governance fällt, lassen sich bei der Umsetzung Architekturen so gestaltet, dass sie Abstimmungsprozesse zwischen IT und Fachbereich verbessern oder minimieren. Dabei wird im Folgenden am konkreten Projektbeispiel der Konzeption eines integrierten BI-Systems zur Gesamtbanksteuerung für eine Universalbank verdeutlicht, wie neben den projektspezifischen und technischen Anforderungen auch organisatorische Aspekte berücksichtigt werden können. Die Controlling-Prozesse in der bankbetrieblichen Praxis Die Unterstützung des Managements bei bankbetrieblichen Entscheidungsprozessen ist eine wesentliche Aufgabe des Bank-Controllings. In welchem Umfang das Controlling systemseitig unterstützt werden sollte und welche Handlungsfelder sich daraus ableiten ließen, kann beispielhaft an einem idealtypischen Erstellungsprozess (Abb. 1) demonstriert werden:
2 Abb. 1: Controlling-Prozess zur Bereitstellung von Quartalsergebnissen Der Prozess beginnt mit der Datengenerierung. In dieser Phase stehen Fachabteilungen vor der Herausforderung mehrere, unstrukturierte Datenquellen, meist in der Form von Spread-Sheets, zusammenzuführen und zu konsolidieren. Je nach technischem Reifegrad (Ausstattung und Ausbildung des Fachbereiches) müssen die Daten unter Anwendung geschäftsspezifischer Regeln aufbereitet werden. In diesem Schritt werden z.b. Kostenumlagen vorgenommen oder weitere Indikatoren wie der Economic Value Added vorberechnet. Während der Analyse werden Verdichtungen und Abweichungen vorgenommen und Ursachen von Fehlentwicklungen herausgestellt, die in der anschließenden Kommentierung erläutert werden. Die Kommentierung von Indikatoren kann mehrstufig innerhalb der Organisation erfolgen. Beispielweise werden die während der Analysephase aufgezeigten Fehlentwicklungen an die jeweiligen Markteinheiten zur Kommentierung weitergeleitet. Gerade vor dem Hintergrund eines mehrstufigen Kommentierungsprozesses können manuelle Teilprozesse eine Gefahr für die IT-Compliance darstellen. Beispielsweise in der Form, dass vertrauliche Informationen zur Weiterverarbeitung an ein Geschäftsfeld per versendet werden sollen und dabei unter Zeitdruck ein falscher Mail-Verteiler gewählt wird (Abb. 2). Der Prozess schließt mit der Übergabe der Ergebnisse an das Management. Abb. 2: Kommentierungsprozess ohne und mit BI-Unterstützung
3 Ziel einer ganzheitlichen BI-Architektur sollte eine bestmögliche Unterstützung aller Entscheidungsprozesse unter Berücksichtigung der IT-Compliance sein. Betrachtet man den unter Abb. 1 dargestellten Controlling-Prozess eingehend, ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen einer bestmöglichen Automatisierung und den Freiheitsgraden des Fachbereichs, beispielsweise in der Form das notwenige Datentransformationen, sich ändernde Organisationsstrukturen oder die Anpassung und Steuerung von Kommentierungsprozessen nicht eigenständig aus dem Fachbereich gesteuert werden können. Für eine technische Unterstützung der Kommentierung muss neben der typischen Compliance-Fragestellung wer darf welche Daten sehen das wann (innerhalb des Workflows) mit beantwortet werden. Innovative BI-Architekturen stellen sich diesen Herausforderungen und verlagern Funktionalitäten sowie die notwendigen User-Interfaces in den Fachbereich hinein und verhindern damit, dass Parallelwelten und operationelle Risiken innerhalb der Fachbereiche entstehen. Die besonderen Anforderungen aus der Projektzielsetzung Ausgehend von den vorstehenden Anforderungen und auf Basis der vorgeschlagenen BI-Architektur wurde das nachfolgend skizzierte Projekt für ein Controlling einer deutschen Großbank in einem Zeitraum von 16 Monaten durchgeführt. Die fachliche Basis ist ein Performance-Management-Ansatz zur Steigerung des Unternehmenswertes. Wesentliche Ziele sind die Schaffung von Transparenz über die Entwicklung der Geschäftsfelder und die frühzeitige Korrektur möglicher Fehlentwicklungen. Neben klassischen BI-Funktionen z.b. Analyse, Reporting sollte ein konzeptioneller Ansatz gewählt werden, der die Controlling-Workflows, die mit BI im Zusammenhang stehen, weitgehend vollständig unterstützt. Darüber hinaus sollte eine fast autonome Administration des Gesamtsystems aus der Fachabteilung ermöglicht werden. Auf Seiten der IT-Unterstützung des Projektes ist die technische Abbildung der Prozesselemente für die Erstellung, Präsentation und Auswertung von Berichten im Rahmen der Gesamtbanksteuerung der zentrale Aspekt der Umsetzung. Den Kern der ganzheitlichen BI-Architektur bildet das Data Warehouse. In diesem werden alle Daten abgelegt, um diese für Berichte und Auswertungen bereit zu halten. Für ihre Erstellung werden im Weiteren zusätzliche Systeme (z.b. Cognos 8 BI, siehe unten) angebunden. Sobald diese erstellt wurden, ist eine weitere technische Unterstützung für die Weiterverarbeitung i.d.r. nicht vorgesehen. Insbesondere im Controlling existieren zu diesen Anforderungen zur Gewinnung von Daten und Informationen noch zusätzliche im Rahmen der Berichts- und Abschlussprozesse (vgl. Abb. 1). Für die Unterstützung der zusätzlich aus dem Projekt geforderten Prozesselemente sind weitere Leistungen durch die BI-Architektur zu erbringen. Zum einen sollte ein Prozessmanagement und zum anderen ein Kommentierungs- und Ablagesystem dem Anwender bereitgestellt werden. Die Abbildung von Prozessen bildet hierbei eine der größten Herausforderungen. Im Rahmen des Prozessmanagements müssen sowohl festgelegte, strukturierte als auch flexible Prozesse abgebildet werden können. Festgelegte Prozesse spiegeln alle standardisierte Controlling Berichtsprozesse wider. Hierzu zählen insbesondere Standardberichte. Zur Unterstützung des Standardberichtsprozesses müssen nach der Generierung der Daten aus einem Data Warehouse in ein Berichtsformat die Freigaben durch die einzelnen Gremien dokumentiert werden. Aus den Anforderungen einer Prozessorientierung ergeben sich die Architekturkomponenten Analytische Datenhaltung, Prozessdatenhaltung, Berichtssystem, Kommentierungssystem, Online-Dateneingabe und Prozessmanagement. Die Architektur wird in Abb. 3 dargestellt.
4 Abb. 3: Architektur Architektur und Umsetzung Im Rahmen der Architektur-Modellierung wurden unterschiedliche Komponenten ausgewählt, da ein Gesamtansatz auf Basis der Lösungen eines einzigen Herstellers mangels vollständiger Abdeckung sämtlicher Anforderungen nicht realisierbar war. Die originären Systeme für den Datenhaushalt waren SAP R/3 und individuelle Datenbanklösungen für die einzelnen bank- und produktspezifischen Anwendungen, wie beispielsweise Risiko- und Eigenkapitaldaten. Kernmodul der Architektur sind die analytische Datenhaltung und deren Auswertungssystem. Diese soll eine hohe Flexibilität bezüglich ihrer Erweiterbarkeit an Kennzahlen und Dimensionen haben. Aus diesem Grunde wurde ein relationales OLAP-Modell auf Basis einer Oracle-Datenbank gewählt, um sowohl dimensionales Reporting als auch relationale Berichte erstellen zu können. Das Auswertungssystem besteht aus Cognos BI 8, da hierbei alle im Reporting benötigten Komponenten vorhanden sind. Insbesondere die Trennung zwischen Analyse und Reporting war ein entscheidendes Kriterium. Aufgrund der teilweise hohen Komplexität der Schnittstellen zu individuellen Systemen wurde bei einigen auf eine manuelle Online-Eingabe zurückgegriffen, da die Kosten der Anbindung den Nutzen überstiegen hätten. Insbesondere solche Schnittstellen, bei denen ausschließlich monatlich zwei Kennzahlen übertragen werden, wurden durch manuelle Eingaben ersetzt. Als Eingabeschnittstelle wird Cognos TM1 verwendet. Im Rahmen der textlichen Eingaben des Anwenders im Rahmen der Kommentierungsprozesse wird Apparo Fast Edit eingesetzt. Gerade bei der Erfassung manueller Daten muss die Datenintegrität (IT-Compliance) durch zusätzliche Prüfroutinen sichergestellt werden. Innerhalb der Architektur übernehmen sogenannte Quality Gates diese Aufgabe. Durch die Hinterlegung von Business Rules können beispielweise Schwellwerte für Kennzahlen definiert und mögliche Eingabefehler vermieden werden. Die ETL-Prozesse wurden auf Oracle-Basis entwickelt. Damit der Fachbereich die Entstehung von Kennzahlen im ETL-Prozess verfolgen bzw. nachvollziehen kann, wurde ein spezielles DWH- Reporting implementiert. Darüber hinaus stehen zur Validierung der Datenflüsse jederzeit zusätzliche Metadaten über Kennzahlen, z.b. zur Berechnung online zur Verfügung. Das Prozess- und Anwendungsmanagement erfolgt in einer individuell angepassten Online-Anwendung der conunit
5 GmbH. Innerhalb dieser Anwendung werden sowohl die ETL-Prozesse verwaltet, angepasst und ausgeführt als auch Prozesse für das Reporting in Zusammenarbeit mit Fast Edit verwaltet. Durch die Einführung des Gesamtsystems konnte die Durchlaufzeit eines Berichtszyklus um mehr als 60 % verkürzt werden. Aufgrund des hohen möglichen Automatisierungsgrades der einzelnen Berichte konnte die Zeiten der Berichtserstellung von vier Tagen auf einen Tag verkürzt werden. Insbesondere die Unterstützung im Rahmen der Kommentierung führte zu einer Optimierung der Controlling- Prozesse für die Gesamtbanksteuerung. Des Weiteren konnte die Datenqualität der Berichte deutlich verbessert werden.
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