Strukturreformen in Europa: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft
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- Franka Waldfogel
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1 AK Tagung: Europas Weg in die Zukunft Austeritätskurs beenden, Investitionen starten 17. April 2015 Strukturreformen in Europa: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft Prof. Jörg Flecker Universität Wien und Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt Dr. Christoph Hermann Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA)
2 Inhalt 1. Was sind strukturelle Reformen? 2. Strukturreformen in den Krisenländern und im Europäischen Semester 3. Die Folgen in den Krisenländern 4. Fazit 2
3 Geschichte der strukturellen Reformen 1980er Jahre: Washingtoner Konsens 1990er Jahre: EU Weißbuch Wettbewerbsfähigkeit und Gründzüge der Wirtschaftspolitik Lissabon Programm und integrierte Richtlinien für Wachstum und Beschäftigung seit 2010: Programme zur ökonomischen Anpassung in den Krisenländern seit 2011: Europäisches Semester und nationale Reformprogramme 3
4 Washingtoner Konsens (Williamson 1990) Budgetdisziplin Handelsliberalisierung Freigabe des Kapitalverkehrs Liberalisierung der Zinsraten Steuerrefomen inkl. Herabsetzen der Höchststeuersätze Abbau öffentlicher Subventionen Privatisierung von Staatsbetrieben Deregulierung von Märkten und Preisen u.a. Markt statt Staat soll für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung sorgen 4
5 Europäische Integrationspolitik Budgetdisziplin: Höchstgrenzen für Verschuldung der Mitgliedsstaaten Strukturreformen um Einschränkungen für Firmen zu überwinden um Marktkräfte zur Entfaltung zu bringen um Steuern herabzusetzen um öffentliche Dienstleistungen zu liberalisieren um Staatshilfen abzuschaffen um den Finanzsektor zu liberalisieren um den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren (in Kombination mit Beschäftigungssicherheit) 5
6 Krisenpolitik in Europa Europäische Kommission (DG ECFIN) Beschäftigungsfreundliche Reformen : Reduzierung der Generosität in der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld, Bezugsdauer usw.) Abbau des Kündigungsschutzes Ausdehnung des Renteneintrittsalters Dezentralisierung der Tarifverhandlungen, Aufhebung des Günstigkeitsprinzips Reduzierung der Tarifbindung Allgemeine Reduzierung der Verhandlungsmacht der Gewerkschaften 6 Dr. Thorsten Schulten
7 Was sind also strukturelle Reformen? Codewort für Liberalisierung bzw. Schaffung von Märkten, für Deregulierung und Sozialabbau Annahme, dass staatliche Regulierungen, Kollektivverträge etc. Hemmnisse für die Wirtschaft sind Länder mit weniger Staatsintervention bessere Wachstumschancen haben Einseitige Förderung von Kapitalinteressen (erscheinen als allgemeine Interessen) 7
8 Strukturreformen in den Krisenländern Liberalisierung und Privatisierung Liberalisierung von freien Berufen, Erleichterung von Unternehmensgründungen, Abbau von Bürokratie Privatisierung von Staatsunternehmen wie Telekom, Post, Bahn, Energie, Wasserversorgung Sehr ehrgeizige Regierungsziele (22% des BIP als Erlöse in Griechenland), aber wenig Nachfrage - und Widerstand Mit Privatisierung verbunden: massiver Beschäftigungsabbau 8
9 Strukturreformen im Europäischen Semester Liberalisierung und Privatisierung Schaffung eines unternehmerfeundlichen Klimas, Abbau bürokratischer Hürden Liberalisierung der freien Berufe, Förderung von Gründungen Liberalisierung der Energiesektoren und lokaler Dienstleistungen Slowenien: Privatisierung öffentlicher Unternehmen 9
10 Strukturreformen in den Krisenländern Steuerreform Erhöhung indirektiver Steuern, wie der Mehrwertsteuer Senkung von Unternehmenssteuern Einführung und Erhöhung von Steuern auf Immobilienbesitz Ungarn: Senkung der Einkommenssteuer 10
11 Strukturreformen im Europäischen Semester Steuerreform Senkung der Steuer auf Arbeit (Lohnsteuer) Erhöhung indirekter Steuern wie Mehrwertsteuer, ökologische Steuern und Steuern auf Immobilien und Grundbesitz 11
12 Strukturreformen in den Krisenländern Reform von Arbeitsmärkten Ausbau atypischer Beschäftigung vor allem durch Erleichterungen für befristete Beschäftigung Abbau von Beschäftigungssicherheit durch kürzere Kündigungsfristen und geringere Abfertigungen In Griechenland und Irland: Kürzung der Mindestlöhne 12
13 Strukturreformen im Europäischen Semester Reform von Arbeitsmärkten Förderung von flexiblen Beschäftigungsverhältnissen Schwächung des Kündigungsschutzes In Litauen Ausbau befristeter Beschäftigung, in Tschechien mehr Teilzeit, in Polen längere Probezeiten empfohlen 13
14 Strukturreformen in den Krisenländern Reform von Kollektivvertragssystemen Dezentralisierung der Lohnfindung u.a. durch Aufhebung des Günstigkeitsprinzips Schwächung der Kollektivvertragssysteme durch Aussetzen der Allgemeinverbindlichkeit und der Nachwirkung Zypern: Aussetzen der Lohnindexierung 14
15 Strukturreformen im Europäischen Semester Reform von Kollektivvertragssystemen Dezentralisierung der Lohnfindung Aussetzen der Anpassung an die Inflation und Reform der Mindestlöhne Belgien: Zulassen von Ausstiegsklauseln aus Branchenkollektivverträgen empfohlen Lohnzurückhaltung und weniger Rigiditäten nach unten 15
16 Strukturreformen in den Krisenländern Reform der Pensionssysteme Erhöhung des Pensionsalters und automatische Anpassung an Lebenserwartung Einschränkung für Früh- und Invaliditätspensionen Längere Beitrags- und Durchrechnungszeiten Pensionskürzungen in Griechenland, Portugal und Ungarn 16
17 Strukturreformen im Europäischen Semester Reform der Pensionssysteme Anhebung des Pensionsalters z.t. nur für Frauen Einschränkung für Früh- und Invaliditätspensionen Automatische Anhebung des Pensionsalters bei steigender Lebenserwartung 17
18 Folgen in den Krisenländen Verlust an Wirtschaftsleistung Hohe Arbeitslosigkeit (mehr als 25% in Griechenland und Spanien) Steigende (absolute) Armut (+9% in Griechenland und Ungarn) Wachsende Ungleichheit in den Ländern (in Spanien verlor das oberste Einkommenszehntel 1% und das unterste Zehntel 14% des Einkommens) Zunehmende Unterschiede in Europa 18
19 Wirtschaftswachstum in den Krisenländern /9-14 Griechenland Irland Italien Lettland Portugal Rumänien Spanien Ungarn , Zypern
20 Fazit 20 Krise in Südeuropa hat andere Gründe Strukturreformenn führen nicht zu Wachstum und Beschäftigung Triumph gescheiterter Ideen löst Probleme nicht Verlorenes Jahrzehnt wie in Lateinamerika? Umverteilung nach oben statt Investitionen in die Zukunft sozial-ökologische Transformation koordinierte europäische Lohn- und Sozialpolitik Ausbau des öffentlichen Sektors gezielte Industriepolitik
21 DANKE FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! 21
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