Man kann also nicht erwarten, dass man immer den richtigen Wert trifft.
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- Sven Lichtenberg
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1 2.2.2 Gütekriterien Beurteile die Schätzfunktionen, also das Verfahren an sich, nicht den einzelnen Schätzwert. Besonders bei komplexeren Schätzproblemen sind klar festgelegte Güteeigenschaften wichtig. Natürlich ist auch zu Beginn genau festzulegen, was geschätzt werden soll. Im Folgenden sei der Parameter ϑ stets eine eindimensionale Kenngröße der Grundgesamtheit (z.b. Mittelwert, Varianz, Maximum) Der Punkt ist, dass T zufällig ist; der Wert schwankt mit der konkreten Stichprobe. Man kann also nicht erwarten, dass man immer den richtigen Wert trifft. Die Beurteilung der Güte des Schätzers bezieht sich auf Kenngrößen seiner Verteilung (v.a. Erwartungswert und Varianz) 2 Induktive Statistik 276
2 Definition 2.3. (Erwartungstreue, Bias) Gegeben sei eine Stichprobe X 1,..., X n und eine Schätzfunktion T = g(x 1,..., X n ) (mit existierendem Erwartungswert). T heißt erwartungstreu für den Parameter ϑ, falls gilt für alle ϑ. Die Größe E ϑ (T ) = ϑ Bias ϑ (T ) = E ϑ (T ) ϑ heißt Bias (oder Verzerrung) der Schätzfunktion. Man schreibt E ϑ (T ) und Bias ϑ (T ), um deutlich zu machen, dass die Größen von dem wahren ϑ abhängen. Erwartungstreue Schätzfunktionen haben per Definition einen Bias von 0. 2 Induktive Statistik 277
3 Anschauliche Interpretation: 2 Induktive Statistik 278
4 Bsp [Fortsetzung des Beispiels] Nehmen Sie an, die Stichprobenziehung sei gemäß einer reinen Zufallsauswahl erfolgt, d.h. jede Stichprobe hat dieselbe Wahrscheinlichkeit gezogen zu werden (hier dann 1 6 ). Sind die oben betrachteten Schätzfunktionen T 1, T 2, T 3 erwartungstreu? 2 Induktive Statistik 279
5 Zur Beurteilung: Alle möglichen Stichproben (vom Umfang n = 2, ohne Zurücklegen) betrachten: Personen in der Nummer Realisationen von Stichprobe der Stichprobe X 1 X 2 T 1 T 2 T 3 1 ω 1, ω ω 1, ω ω 2, ω ω 2, ω ω 3, ω ω 3, ω Verteilung von T 1, T 2, T 3 siehe bei Erwartungstreue 2 Induktive Statistik 280
6 Für die Träger T i von T i, i = 1, 2, 3 gilt: T 1 = {1.5, 2, 2.5} T 2 = {1, 2, 3} T 3 = {1. 3, 2} Bei T 1 gilt: P ({T 1 = 1.5}) = P ({T 1 = 2}) = P ({T 1 = 2.5}) = 2 6 = 1 3 Bei T 2 gilt: P ({T 2 = 1}) = P ({T 2 = 2}) = P ({T 2 = 3}) = 2 6 = 1 3 Bei T 3 gilt: P ({T 3 = 1.5}) = 2 6 = 1 3 ; P ({T 3 = 3}) = 4 6 = Induktive Statistik 281
7 und damit bei ϑ = µ = 2 : E 2 (T 1 ) = t 1 T 1 t 1 P ({T 1 = t 1 }) = 1 3 ( ) = 2. In der Tat gilt allgemein (vgl. die nächste Bemerkung): Das arithmetische Mittel ist erwartungstreu für den Erwartungswert. E 2 (T 2 ) = t 2 P ({T 2 = t 2 }) = 1 ( ) = 2 3 t 2 T 2 Wieder gilt allgemein: Einzelne Stichprobenvariablen ergeben auch erwartungstreue Schätzer für den Erwartungswert, sind aber weniger geeignet (s.u.). E 2 (T 3 ) = T 3 ist also nicht erwartungstreu. Es gilt t 3 T 3 t 3 P ({T 3 = t 3 }) = = Bias(T 3 ) = E 2 (T 3 ) 2 = = Induktive Statistik 282
8 2 Induktive Statistik 283
9 Bem [Bias und Erwartungstreue bei einigen typischen Schätzfunktionen] Das arithmetische Mittel X = 1 n n i=1 X i ist erwartungstreu für den Mittelwert µ einer Grundgesamtheit: Aus X 1,..., X n i.i.d. und E µ (X 1 ) = E µ (X 2 ) =... = µ folgt: E( X) = E µ ( 1 n = 1 n = 1 n n i=1 ) ( n X i = 1 n ) n E µ X i i=1 E(X i ) n µ = 1 n n µ = µ i=1 i=1 2 Induktive Statistik 284
10 Sei σ 2 die Varianz in der Grundgesamtheit. Es gilt E σ 2( S 2 ) = n 1 n σ2, also ist S 2 nicht erwartungstreu für σ 2. Bias σ 2( S 2 ) = n 1 n σ2 σ 2 = 1 n σ2 (Für n geht Bias σ 2( S 2 ) gegen 0, S 2 ist asymptotisch erwartungstreu.) 2 Induktive Statistik 285
11 Für die korrigierte Stichprobenvarianz gilt dagegen: ( ) E σ 2(S 2 1 n ) = E σ 2 (X i n 1 X) 2 i=1 ( ) 1 = E σ 2 n 1 n n (X i n X) 2 i=1 ( ) n = E σ 2 n 1 S2 = n n 1 n 1 n σ2 = σ 2 Also ist S 2 erwartungstreu für σ 2. Diese Eigenschaft ist auch die Motivation dafür, von einer Korrektur der Stichprobenvarianz zu sprechen. Vorsicht: Im Allgemeinen gilt, wie in Kapitel ausgeführt, für beliebige, nichtlineare Funktionen g E g(x) g(e(x)). Man kann also nicht einfach z.b. und E vertauschen. In der Tat gilt: S 2 ist zwar erwartungstreu für σ 2, aber S 2 ist nicht erwartungstreu für σ 2 = σ. 2 Induktive Statistik 286
12 Bsp [Wahlumfrage] Gegeben sei eine Stichprobe der wahlberechtigten Bundesbürger. Geben Sie einen erwartungstreuen Schätzer des Anteils der rot-grün Wähler an. 2 Induktive Statistik 287
13
14 Bedeutung der Erwartungstreue: Erwartungstreue ist in gewisser Weise ein schwaches Kriterium, denn es gibt viele unsinnige erwartungstreue Schätzer! Deshalb betrachtet man zusätzlich die Effizienz eines Schätzers, s.u. 2 Induktive Statistik 288
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