Nicht wir machen Erfahrungen, sondern Erfahrungen machen uns! Ionesco
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- Curt Thomas
- vor 5 Jahren
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1 Die biografische Wunde - Das Hirn entwickelt sich nach seinen Nutzungsbedingungen (Neuroplastizität) Wenn traumatisches Erleben Spuren hinterlässt Nicht wir machen Erfahrungen, sondern Erfahrungen machen uns! Ionesco Menschliche Entwicklung Erprobte Reaktionen Risikofaktor: Traumatisches Ereignis Trauma (Wunde) Tiefgreifende, seelische Verletzung/ Wunde schicksalhafte oder von anderen Menschen hervorgerufene lebensbedrohliche, hochgradig ängstigende und ausweglose Situationen (Hüther, Korritko, Wolfrum, Besser, 2012) Traumatisierung bezeichnet das Erleben und die Folgen - nicht das Ereignis Erleben plötzlicher, heftiger oder anhaltende äußere und/oder innere Bedrohung, das mit dem Gefühl von: Todesangst, Hilflosigkeit, Ohnmacht und Schutzlosigkeit einhergeht Ein traumatisches Erlebnis überfordert die gewohnten Anpassungs- und Verarbeitungsstrategien 1
2 Trauma und Bindung Trauma - Folgen Überwältigende Bedrohung Traumatisches Erleben hinterlässt eine Wunde (Trauma) in der Hirnstruktur und somit organische Spuren Eine Traumatisierung ist nicht ausschließlich psychisch sondern insbesondere organisch zu erklären! Psychischer No Flight Hilfslosigkeit Bindungsperson Wahrnehmungsveränderungen: Dissoziation, Fragmentierung Aktivierung des Paniksystems Alarmreaktionen des Körpers werden hochgefahren (Stresssystem) Zustand des Ausgeliefertseins Freeze - Erstarrung No Fight Machtlosigkeit Überlastungsschutz Anpassungsreaktionen: Unterwerfung Das Hirn Hirnstamm: Atmung, Herzschlag, Blutdruck, Wachheit, Alarmbereitschaft, Mobilisation der Überlebensreaktionen Zuständig für Überleben (Reptiliengehirn) Limbisches System: zuständig für Gefühl und emotionales Gedächtnis Präfortaler Cortex: zuständig für: Impulskontrolle, Planung, rationales Denken, Problemlösung (Managementabteilung) Biochemische Vorgänge im Organismus Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin sorgen für maximale Körperspannung und Beweglichkeit ==> Voraussetzung für Kampf o. Flucht gesteigerte Cortisolausschüttung erhöht Angstpegel ==> Voraussetzung für Wachsamkeit Ausschüttung körpereigener Endorphine sorgt für Verminderung des Schmerzempfindens (Dissoziativer Zustand) Seelensplitter Selbstschützende Wahrnehmungsveränderung Bilder Sensorisches Erleben Gedank en Körperliches Erleben FRAGMENTIERUNG Gefühle Verhalten Bindungserleben Fragmente.. sind Aspekte die während des traumatischen Erlebens aktiv waren diese werden im Organismus in abgespaltener Form eingefroren und gespeichert Und sind durch innere oder äußere Trigger (Schlüsselreize) jederzeit abrufbar und auslösbar Dadurch kann vollständiges oder unvollständiges Wiedererleben der alten Situation hervorgerufen werden Dominoeffekt 2
3 Trauma und Traumatisierung Schutzfaktoren Trauma Folgesymptomatiken Übererregung (Hyperousel): allgemeine Unruhe, Konzentrationsschwäche, Impulsdurchbrüche, Überschusshandlungen, Orientierungslosigkeit Intrusionen/ Flashbacks: Vollständiges oder teilweise Wiedererleben der traumatischen Situation (ausgelöst durch Trigger ) ==> Gefühls-/ Bilderstürme Vermeidung (Konstriktion): bewusste Vermeidung und/oder dissoziative Prozesse (Abwesenheitszustände) Dissoziation (Abwesenheitsszustände; keine Selbststeuerung) Monotrauma Multitrauma Sequentielle Traumatisierung Entwicklungstraumata Dysfunktionales Bindungsverhalten (unsichere Bindungen/ Bindungsstörungen) Entwicklungsverzögerungen Störungen der Wahrnehmungsentwicklung/ Reizverarbeitung Symptomatik Beeinträchtigung der Kognitive Entwicklung: Lernen und Speichern Ausgeprägte Scham- und Schuldgefühle.. Traumatisierung heißt Stressdisorder Traumatisierung bezeichnet die Folgen biografischer Verwundungen, die das Stresssystem in höchstem Maße herausgefordert haben und Spuren hinterlassen haben, die das Stresssystem langfristig verändern und verstören - Dauerhaft zu hoch eingestellte Stressparameter permanente Hab-Acht-Stellung, Übererregung, hohes Maß an Triggerbarkeit, chronische Angst im Organismus mit entsprechenden Unwillkürlichen Reaktionen des Stresssystems in Flucht- und Kampfmodi. - zu niedrig eingestellte Stressresonanz: Untererregung, mangelnde Schwingungsfähigkeit, Dissoziative Reaktionen (Abschalten) - mangelnde Steuerungsfähigkeit: Affekte können nicht reguliert werden, entsprechend kann die Person unter Stress nicht auf angemessene Handlungskonzepte zurückgreifen Stressregulation ist die Voraussetzung für.. Selbststeuerung und selbstbemächtigtes Handeln die Bereitstellung sozial-emotionaler Kompetenzen planvolles Handeln Die Aktivierung der Leistungsfähigkeiten (Motivation, Aufmerksamkeit, Konzentration, Speichern) Traumapädagogik Naturschutzgebiete für die Seele versteht sich im übergeordneten Sinne als Ansatz, in dem ein Rahmen geschaffen wird, in dem sich verwundete Stresssysteme beruhigen können und das Erlernen von Stresskompetenzen ermöglicht wird Haltung ist die Kleinigkeit, die einen großen Unterschied macht 3
4 Heilsame Prozesse Sich sicher fühlen in Beziehungen sichere Bindungen Übergeordnete Leitlinien traumapädagogischen Handelns Psychoedukation - Erst verstehen dann handeln Sich sicher fühlen in der Welt (Weltvertrauen) Strukturen von Sicherheit Sich sicher fühlen in sich selbst Selbstsicherheit/ Selbstvertrauen Safety first Sicherheit herstellen (emotional und faktisch) Bindungsorientierung Unterstützung bei der Stress- und Affektregulation Stabilisierung und Ressourcenorientierung Aufbau positiver Selbstkonzepte Selbstbemächtigung und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen stärken Grundhaltung zur Symptomatik Normalisieren statt Pathologisieren: Ganz normale Reaktion auf ein unnormales Ereignis Verhalten ist entwicklungs-logisch und nicht pathologisch Psychoedukation Das Verstehen von eigenen Verhaltensweisen verhindert, dass sich Selbstzuschreibungen wie: Ich bin verrückt, mit mir kann man nicht auskommen etc. verfestigen und zu inneren Landschaften der Selbstkonstruktion werden (in Anlehnung an W.Weiß/ 2009) Erst verstehen dann handeln! Bindungsorientiertes Arbeiten Verhalten / Symptome Gute Gründe 1. Entwicklungsbedürfnisse 2. Welche spezifischen Bedürfnisse kommen im Verhalten zum Audruck? 3.Was versucht die Person für sich sicherzustellen (positive Absicht) 4. Welche biografischen Erfahrungen des Menschen kommen in seinem Verhalten zum Ausdruck (Traumasensibilität) Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit.in einer Welt in der Nichts sicher scheint. (Silbermond) 4
5 Trauma und Bindungsorientierung Die Erforschung der effektivsten Behandlungsformen zur Unterstützung von kindlichen Trauma-Opfern lässt sich genau so zusammenfassen: Was am besten wirkt, ist alles, was die Qualität und die Anzahl der Beziehungen im Leben der Kinder erhöht Bruce Perry Ziele bindungsorientierter Pädagogik Schutzfaktor: Kompensatorische heilsame sichere Bindungserfahrungen Stress-/Affektregulation Fürsorgliches Introjekt (Repräsentanz) Erlernen von Feinfühligkeit statt Feindseligkeit Bindungsorientierte Ansätze Bindungssensible Interpretation von Symptomatik und Interaktion Verlässliche Präsenz - Erfahrungen (emotional und faktisch) Feinfühligkeit und emotionale Resonanz Beruhigungs-/Regulationserfahrung Assistenzerfahrung Gemeinsames Handeln Bindungsorientierung im Erdbebengebiet Stressregulation als Stabilisierungsansatz Haltung Es gibt gute Gründe, dass Du Dich manchmal fühlst wie Du Dich fühlst Ich helfe Dir zu erkennen, wann es beginnt Dir schlecht zu gehen Ich unterstütze Dich darin, wie Du lernen kannst, dann gut für Dich zu sorgen Ich bin an deiner Seite, wenn Du von deinen Zuständen überwältigst wirst und helfe Dir, die Kontrolle über Dich zurückzugewinnen Hab keine Angst wir schaffen das schon! Prozess von Dissoziation Psychische Überlastung (EP) Emotionale Persönlichkeitsanteile ( ANP:) Alles im Griff 5
6 Ansätze im Katastrophenschutz Präventiv Vermeiden und Erkennen von psychischer Belastung (Triggeranalyse, Entwicklung innerer und äußerer sicherer Orte ) Stressreduktion und Feinfühligkeit Stresstoleranzfenster Dissoziation Übererregung Strategien für den Umgang mit psychischer Belastung (Vermeidung von Übererregung und dissoziativen Zuständen) Stresskompetenz entwickeln Akut Positive (Beruhigungs-)erfahrungen + - Erschlaffung (submission) Dissoziation copyright K.H. Brisch Co-Regulation Bindungsorientierung in der Gruppe - Emotionale Resonanz: Sprechen über das, was das Kind innerlich bewegt: Verbalisieren von Emotionen, möglichen Motiven, Wünschen, Bedürfnissen des Kindes - Handlungsbegleitende Kommentare verbale Transparenz gegenüber eigenen Handlungen - Beruhigungsanker nutzen (was bringt den anderen in guten Zustand Anbieten zur Verfügung stellen ) - Nachtrösten, wenn Affekt noch nicht runter ist Zugehörigkeit in der Gruppe schaffen Du gehörst zu uns! Der ( äußere ) sichere Ort Wie können wir Dir helfen, dass es Dir besser geht? Ohne einen äußeren sicheren Ort kann es keinen inneren sicheren Ort geben Ressourcen des Kindes in der Gruppe sichtbar machen! Kinder stabilisieren mit Schwierigkeiten umzugehen, um Ausschluss zu vermeiden 6
7 Aspekte eines sicheren Ortes STRESS RAUS! Geborgenheit und Ruhe Positive, heile, angenehme Räume Strukturelle Klarheit: Höchstmaß an Durchschaubarkeit und Kontrollierbarkeit von Situationen und Prozessen herstellen (Transparenz, Sichtbarkeit, Rituale ) Gewalt- und Macht freiheit (niemand soll Angst haben) Individualisierte statt institutionalisierte Regeln Regeln Individualisierte statt institutionelle Regeln Wie können wir Dir helfen, dass Du Dich an Regeln halten lernen kannst Fühlt sich das Kind als Teil der sozialen Gemeinschaft? Kann es den Sinn der Regeln im positiven Sinne erfassen? Entsprechen die Anforderungen der Regeln, dem Entwicklungsstand und der Stresskompetenz des Gegenübers? Besitzt das Kind ausreichend Steuerungsfähigkeit, um eine Regel zu berücksichtigen? Sind die Konsequenzen mit positiven und heilsamen Erfahrungen, statt mit Androhungen und Beängstigung verbunden? Ressourcenorientierung Aufbau positiver Selbstbilder Schatzsuche statt Fehlersuche Stärken stärken statt Mangel ausgleichen Erfolge stärker als Misserfolge beachten Selbstwirksamkeit, Selbstvertrauen und Handlungsfähigkeit unterstützen (Aufgaben, Partizipation, Expertentum, Verantwortung geben ) Ressourcenreiches Feedback: - Anerkennung ausdrücken: Wow! Sehr gut - Stärken, Qualitäten, Ressourcen, Kompetenzen benennen Selbstfürsorgliches Handeln I Ressourcenbewusste Lebensführung - Aufsuchen, nutzen und installieren von persönlichen Ressourcen und Kraftquellen Selbstfürsorgliches Handeln II Strategien für Situationen akuter Belastung Distanzierungs/Selbstberuhigungstechniken Atemübungen Körperübungen Ablenk-/Achtsamkeitstechniken Imaginationsressourcen Welche Gedanken, Bilder etc. rufen angenehme Gefühle in mir hervor? Persönliche Kraftquellen Womit kann ich mich schnell in einen guten Zustand versetzen? Beziehungsressourcen Wen kann ich ansprechen um Unterstützung bitten.? 7
8 Organisationsfürsorge (Organisation als sichere Orte für HelferInnen ) Ausreichend Ressourcen (materiell/personell, zeitlich, Mitarbeiterfürsorge) Teamstrukturen als Unterstützungsstrukturen - Reflektionszeit - Psychohygiene im Team - Notfallstrukturen Helfer der Helfer : Supervision, Fachberater, Krisenhelfer Weitere Informationen zum Thema, sowie Beratung und Fortbildung: Pädagogisch-Therapeutisches Fachzentrum (PTFZ) Gertigstrasse Hamburg Tel. 040/ www. paedagogisch-therapeutisches-fachzentrum.de Ansprechperson: Corinna Scherwath Aktuelle Veröffentlichung zum Thema: Corinna Scherwath/Sibylle Friedrich Soziale und pädagogische Arbeit bei Traumatisierung Reinhardtverlag Erscheinungsdatum: Sept
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