Kontrollfragen zu Kapitel 6
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- Gerd Melsbach
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1 Martin Reuter: Methodik der Werkstoffauswahl 6.1 Lösungen zu Kontrollfragen Kontrollfragen zu Kapitel Welches Ziel verfolgt die Feinauswahl bei der Materialsuche? Wie ist die Vorgehensweise? o Aus der Liste möglicher Materiallösungen sind die Werkstoffe herauszufiltern, die am besten zum Anforderungsprofil der Konstruktionsaufgabe passen. Dazu werden weitere Informationen über die Werkstoffe abgerufen werden aus der Anforderungsliste Beurteilungskriterien ermittelt wird der jeweiligen Bedeutung eines Kriteriums ein Gewichtungsfaktor zugewiesen wird über Bewertungsverfahren eine Rangliste der Materiallösungen erstellt wird für die Spitzenreiter intensivste Informationsbeschaffung betrieben wird eine Liste der Versuchswerkstoffe aufgestellt. 6.2 Was ist die Quelle für die Bewertungsmerkmale? Welche Bedeutung haben sie hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit einer Materialentscheidung? o Anforderungen in der Materialanforderungsliste. Damit sind die Bewertungskriterien weiter zu fassen als Suchkriterien, die i. d. H. dem Zweck der Eingrenzung auf eine kleine Zahl möglicher Werkstofflösung dienen. o Ohne Bewertungsmerkmale ist eine systematische quantitative Bewertung nicht möglich. Die Nachvollziehbarkeit einer Entscheidung ist nicht gegeben. 6.3 Wie werden Bewertungsmerkmale üblicherweise erarbeitet? o Interdisziplinär, im Team, aus der Erfahrung heraus 6.4 Welche Aufgaben und welches Ziel haben Bewertungsverfahren? Wie werden sie typisiert (mit Erläuterung)? o Ein Bewertungsverfahren hat als Aufgabe, festzustellen, welche der Eigenschafts profile der Werkstoffkandidaten am besten mit dem Anforderungsprofil überein stimmt. Ziel ist das Aufstellen einer Rangliste, die über die Eignung eines Materials in Bezug auf die Materialanforderungen des Bauteils Auskunft gibt. o Eindimensionale und mehrdimensionale Bewertungsverfahren. Je nach Anzahl der Zielsetzungen wächst die Komplexität der Methodik. Eindimensionale Bewertungsverfahren sind auf nur eine Zielgröße ausgerichtet, z. B. geringe Bauteilkosten. Meist ist in der Realität mehr als nur ein Ziel vorhanden. Mehrdimensionale Bewertungsverfahren erlauben die Berücksichtigung mehrerer Zielsetzungen, z. B. geringe Bauteilkosten und geringstes Bauteilgewicht. 6.5 Wozu dienen Gewichtungsfaktoren in Bewertungsverfahren? o Zur quantitativen Berücksichtigung der Bedeutung eines Beurteilungskriteriums. 6.6 Welche Methoden werden zur objektiven Ermittlung von Gewichtungsfaktoren verwendet? Welches der Verfahren eignet sich am besten bei einer großen Zahl an Bewertungskriterien, welche sind am einfachsten zu handhaben? o Direkte Gewichtung einfache Handhabung o Absolute Gewichtung einfache Handhabung o Paarvergleiche einfache Handhabung nur bei wenigen Beurteilungskriterien o Zielsysteme für große Zahl an Bewertungskriterien
2 Martin Reuter: Methodik der Werkstoffauswahl 6.2 Lösungen zu Kontrollfragen 6.7 Für ein Bauteil wurden fünf wesentliche Werkstoffeigenschaften identifiziert, die zur Prüfung der Eignung herangezogen werden sollen. Des Weiteren sind zwei Zielsetzungen genannt, die miteinander in Wechselwirkung stehen: niedrigste Kosten, geringstes Gewicht. Welche einfache Methode verwenden Sie, um schnell eine Rangliste der Materiallösungen zu erhalten? o Für beide Ziele werden Materialindizes ermittelt, die formelmäßig den Zusammenhang mit den Zielsetzungen beschreiben (m = V ρ und K = m/ρ k v * ). o Für die Materialindizes und die weiteren erforderlichen Eigenschaften der vorausgewählten Werkstoffe werden Ranglisten erstellt, sodass zunächst die beste Eignung für jeden Index bzw. jede Eigenschaftsgröße ermittelt wird. o Ein Gesamtranking ergibt sich entweder durch Abarbeiten der Ranglisten in einer sinnvollen Reihenfolge (entsprechend der Bedeutung der Eigenschaft) und dem sukzessiven Ausscheiden der Verlierer oder Auswertung der Ranglistenplätze der jeweiligen Werkstoffe (eventuell mit Gewichtung). Das Gesamtranking der Eignung weist am besten geeignete Werkstoffe aus, die weiter unversucht werden. 6.8 Ermitteln Sie für die Sohle eines Bügeleisens der Extraklasse die Gewichtungsfaktoren zunächst mit einer absoluten Gewichtung (Maßstab 1 bis 5 ), anschließend im Paarvergleich! Folgende Beurteilungsmerkmale mit zugeordneten Werkstoffeigenschaften sind gegeben: Beurteilungskriterium Maßgebender Werkstoffkennwert Anmerkungen Geringes Gewicht Dichte Für eine gute Handhabung Gute Wärmeübertragung Gutes Wärmespeichervermögen Geringe Bauteilkosten Hohe Korrosionsbeständigkeit Gute Verschleißfestigkeit Wärmeleitfähigkeit Temperaturleitfähigkeit Niedriger Relativkostenfaktor Korrosionsbeständigkeit Hohe Härte (auch bei Betriebstemperatur) Zur Erfüllung der Hauptfunktion Kein schnelles Auskühlen der Sohle Für wirtschaftliche Fertigung des Massenteils Gegenüber Umgebungseinflüssen über die gesamte Lebensdauer Bei Kontakt z. B. mit metallischen Körpern (Knöpfe etc.) o Hauptfunktion mit großer Bedeutung, Bauteilkosten mit sehr geringer Bedeutung Bei einem Bügeleisen der Extraklasse findet Verkauf und Marketing nicht über den Preis statt. In dieser Phase des Auswahlprozesses bleiben daher die Relativkostenfaktoren außer Acht bzw. erhält ein sehr geringes Gewicht. Eine Faktorenermittlung soll zur Verdeutlichung mit und ohne Kostenaspekt durchgeführt werden.
3 Martin Reuter: Methodik der Werkstoffauswahl 6.3 Lösungen zu Kontrollfragen o Absolute Gewichtung Absolute Gewichtung Gewichtung Gewichtungsfaktor α Absoluter Maßstab der Bedeutung Geringes Gewicht Dichte B % 1 sehr gering Gute Wärmeübertragung Wärmeleitfähigkeit B % 2 gering Gutes Wärmespeichervermögen Temperaturleitfähigkeit B % 3 mittel Geringe Bauteilkosten Relativkostenfaktor B 4 1 5% 4 groß Hohe Korrosionsbeständigkeit Korrosionsbeständigkeit B % 5 sehr groß Gute Verschleißfestigkeit Hohe Härte B % Summen % Ohne Bauteilkosten, da Bügeleisen der Extraklasse: Absolute Gewichtung Gewichtung Gewichtungsfaktor α Absoluter Maßstab der Bedeutung Geringes Gewicht Dichte B % 1 sehr gering Gute Wärmeübertragung Wärmeleitfähigkeit B % 2 gering Gutes Wärmespeichervermögen Temperaturleitfähigkeit B % 3 mittel Geringe Bauteilkosten Relativkostenfaktor B 4 0 0% 4 groß Hohe Korrosionsbeständigkeit Korrosionsbeständigkeit B % 5 sehr groß Gute Verschleißfestigkeit Hohe Härte B % Summen % o Paarvergleich Paarvergleichsurteile (15 Entscheidungen) B 1 B 2 B 3 B 4 B 5 B 6 Urteil Geringes Gewicht Dichte B 1 Gute Wärmeübertragung Wärmeleitfähigkeit B 2 B 2 Gutes Wärmespeichervermögen Temperaturleitfähigkeit B 3 B 1 B 2 Geringe Bauteilkosten Relativkosten-faktor B 4 B 1 B 2 B 3 Hohe Korrosions-beständigkeit Korrosionsbeständigkeit B 5 B 5 B 5 B 5 B 5 Gute Verschleißfestigkeit Hohe Härte B 6 B 6 B 6 B 6 B 6 B 5 Summen Zahl der Höherbewertungen Normierter Gewichtungsfaktoren = 15 13% 20% 7% 0% 33% 27% = 100 %
4 Martin Reuter: Methodik der Werkstoffauswahl 6.4 Lösungen zu Kontrollfragen 6.9 Ermitteln Sie für eine Waschmaschinentrommel der Unterklasse die Gewichtungsfaktoren zunächst mit einer absoluten Gewichtung (Maßstab 1 bis 5 ), anschließend im Paarvergleich! Folgende Beurteilungsmerkmale mit zugeordneten Werkstoffeigenschaften sind gegeben: Beurteilungskriterium Beständigkeit gegenüber Laugen Maßgebender Werkstoffkennwert Korrosionsbeständigkeit Anmerkungen Lebensdauer Geringes Gewicht Dichte Geringe Unwuchtkräfte Ausreichende Festigkeit und Steifigkeit Gutmütiges Versagensverhalten Geringe Materialkosten o Absolute Gewichtung o Paarvergleich Fließgrenze, Elastizitätsmodul Bruchzähigkeit, Festigkeit Relativkostenfaktor Keine Beständigkeit gegenüber dem Waschwasser (Laugen) Geringes Gewicht (geringe Unwuchtkräfte Ausreichende Festigkeit und Steifigkeit Gutmütiges Versagensverhalten (Verformung statt Bruch) Geringe Materialkosten Absolute Gewichtung Verformung statt Bruch Massenprodukt, Unterklasse! Korrosionsbeständigkeit (F) B % 1 sehr gering Dichte (F) B % 2 gering Fließgrenze, Elastizitätsmodul (F) B % 3 mittel Bruchzähigkeit, Festigkeit (F) B % 4 groß Rohmaterialpreis, Relativkostenfaktor (Z) Gewichtungsfaktor α B % 5 sehr groß Summen Gewichtung % Absoluter Maßstab der Bedeutung Paarvergleichsurteile (10 Entscheidungen) B 1 B 2 B 3 B 4 B 5 Urteil Beständigkeit gegenüber dem Waschwasser (Laugen) Geringes Gewicht (geringe Unwuchtkräfte) Ausreichende Festigkeit und Steifigkeit Gutmütiges Versagensverhalten (Verformung statt Bruch) Geringe Materialkosten Korrosionsbeständigkeit (F) B 1 Dichte (F) B 2 B 1 Fließgrenze, Elastizitätsmodul (F) B 3 B 1 B 2 Bruchzähigkeit, Festigkeit (F) B 4 B 3 B 2 B 4 Rohmaterialpreis, Relativkostenfaktor (Z) Zahl der Höherbewertungen B 5 B 1 B 5 B 5 B = 10 Normierter Gewichtungsfaktoren 30% 20% 10% 10% 30% = 100 % o Das Beispiel zeigt, dass insbesondere im Paarvergleich bei wenigen Beurteilungsmerkmalen einige Eigenschaftsgrößen untergehen. Erfolgt z. B. im Vergleich B 1 gegen B 3 das Urteil zugunsten von B 1, so würde die ausreichende Steifigkeit und Festigkeit mit einer Gewichtung von 0% ermittelt (keine Wertigkeit). In diesem Fall ist nach dieser objektivierten Betrachtung eine subjektive Korrektur angebracht (ggf. im Konsens mit den Beteiligten).
5 Martin Reuter: Methodik der Werkstoffauswahl 6.5 Lösungen zu Kontrollfragen 6.10 Was ist der Gesamtnutzwert (oder Material-Performance-Index) eines Werkstoffs? o Durch Bildung des Summenprodukts aus den Gewichtungsfaktoren und den Eigenschaftsgrößen eines Werkstoffs für alle Bewertungsmerkmale wird ein Gesamtnutzwert oder Material-Performance-Index gebildet, der als Maß für die Eignung des Materials für die gestellte Konstruktionsaufgabe dient Was bedeutet eine Normierung von Eigenschaftsgrößen bei der Anwendung von Bewertungsverfahren? Welchen wesentlichen Vorteil hat eine Normierung? o Bei der Normierung der Eigenschaftsgrößen E ij ( i -te Eigenschaft des j -ten Werkstoffs) auf sinnvolle dimensionslose Größen wird je nach Anforderungsprofil in Abhängigkeit von der Bewertungsrichtung der größte bzw. der kleinste auftretende Werkstoffkennwert (Referenzgrößen) aus der Gruppe der betrachteten Werkstoffe gesucht. Für den i -ten normierten Eigenschaftswert E ij * des j -ten Werkstoffs ermittelt sich je nach Bewertungsrichtung E * ij Eij * min (Ei1, Ei2, Ei3, K, Eik ) = bzw. Eij =. max (E, E, E, K, E ) E i1 i2 i3 ik o Durch die Normierung ist die Bewertung für ein Beurteilungskriterium (Eigenschaftsgröße) auf maximal hundert Prozent eingeschränkt ( Ideallösung ). Die prozentuale Gewichtung der Eigenschaftswerte bewirkt in der Vergleichsliste eine deutlich bessere Differenzierung zwischen den Materialien und kompensiert die oben genannten kritischen Größenunterschiede in einem Bewertungskriterium Welche Nachteile ergeben sich bei der Bewertung von Eigenschaftsgrößen mit unterschiedlichen Bewertungsrichtungen? o Die Empfindlichkeit der Abweichung von einem Referenzwert (gegebenenfalls Anforderungswert = Grenz- oder Zielwert) ist bezüglich des Überschreitens und Unterschreitens unterschiedlich (Hyperbel- oder lineare Funktion als Berechnungsgrundlage). Daher ist beim Gesamtnutzwert mit einer (i. d. R. tragbaren) Unschärfe zu rechnen Was ist eine Designlinie im Werkstoffschaubild? o Die grafische Darstellung eines Materialindizes, welche die beiden Eigenschaftsgrößen des Werkstoffschaubildes beinhaltet. o Designlinien sind häufig Geraden mit einer Steigung, die vom Materialindex abgeleitet wird. Für jeden Wert K eines Materialindex lassen sich Designlinien zeichnen, die parallel zueinander liegen Wie werden Designlinien zur Materialsuche genutzt? o Eine Designlinie kann für eine Anforderung an einen Materialindex in das Werkstoffschaubild eingezeichnet werden. Materialien, die die Bedingung für den Materialindex erfüllen, liegen je nach Bewertungsrichtung auf der einen oder anderen Seite der Designlinie. Materialien, die nahe an der Designlinie liegen, erfüllen die Anforderung am genauesten im Gegensatz zu denen, die den größten Abstand haben. o Auch Anforderungen an Werkstoffeigenschaften sind quasi Designlinien. Sie sind vertikale oder horizontale Linien im Schaubild. o Durch die hintereinander geschaltete Anwendung von Designlinien (zu Forderungen) können die Materialien ermittelt werden, die (als Schnittmenge) alle Anforderungen erfüllen. ij
6 Martin Reuter: Methodik der Werkstoffauswahl 6.6 Lösungen zu Kontrollfragen 6.15 Leiten Sie den Materialindex für die Zielsetzung Geringstes Gewicht bei einer torsionsbelasteten Vollwelle (Durchmesser d, Länge l) her! Der freie Konstruktionsparameter sei der Durchmesser d (und somit die Fläche A). Lösung: T τ tf = τ W t t max Grenzbetrachtung! W t T = τ tf T = σ σ F entspricht der Versagensspannung (allgemeiner Ansatz). F Für das Widerstandsmoment gegen Torsion gilt: W t d = π 16 3 Für die zu minimierende Masse (Gewicht) gilt: π d m = A ρ l = ρ l 4 2 Das Eliminieren des freien Konstruktionsparameters d mit Hilfe 4 m d = ergibt sich π ρ l 2 / 3 1 / 3 2 / 3 ρ m = 2 π T l σ 2 / 3 F σ 2 / 3 F Der gesuchte Materialindex ist M = (oder sein Reziprokwert). Je nach Betrachtung ist er ρ zu minimieren bzw. zu maximieren, um das geringste Materialgewicht der Vollwelle zu erhalten (für diesen Fall Maximierung!). Der Funktionsindex ist 2 / T 3 F =, der Geometrieindex G = l 6.16 Eine Schwungscheibe soll ein Maximum an Energie pro Kilogramm des eingesetzten Werkstoffs speichern. Dabei ist die Festigkeit des Werkstoffs zu berücksichtigen, da Fliehkräfte den Werkstoff beanspruchen. Die Spannungen im Werkstoff können wie folgt berechnet werden: σ max Bestimmen Sie den dazugehörigen Materialindex, der für die Werkstoffauswahl verwendet wird! Lösung: + ν = ρ d Für die kinetische Energie der Schwungscheibe gilt: Für eine Scheibe ist 2 1 ω ρ d 8 ω. E kin 1 2 = J ω J = m d, sodass für die Energie folgt: ω 2 2 E kin = m d. E 1 kin 2 2. Die massebezogene, gespeicherte Energie beträgt somit = d ω m 16 Bei zu einer großen Drehzahl werden die Massenkräfte so groß, dass die Scheibe zerbirst. Für die Spannung im Werkstoff gilt annähernd σ max = d ω ρ. Auflösen nach 8
7 Martin Reuter: Methodik der Werkstoffauswahl 6.7 Lösungen zu Kontrollfragen σ max d ω = und Einsetzen erbringt, dass die volumenbezogene Energie von der Drehzahl ρ E σ kin f und dem Durchmesser unabhängig ist. Es gilt: =. m 2 ρ σ f Damit wird die Energie maximiert, wenn der Materialindex M = maximal wird. ρ Ekin ρ Ekin Volumenbezogen muss nur mit der Dichte r erweitert werden. Es folgt: = = σ f. m V Der Materialindex entspricht der Festigkeit des Werkstoffs Warum ist ein Formfaktor bei der Materialsuche mit Materialindizes einzubeziehen? o Die Form eines Bauteils beeinflusst wesentlich die auftretenden inneren Spannungen bzw. die Verformungen beeinflussen Welche beiden Formfaktoren werden unterschieden? Erläutern Sie die Unterschiede! o Formfaktoren für lastgerechte und verformungsgerechte Konstruktion o Die Eignung der Form eines Querschnitts wird über die Formzahl ausgedrückt. Sie ist das Verhältnis der Steifigkeiten eines formgestalteten Bauteils zum formlosen Bauteil gleicher Querschnittsfläche. o Lastgerechtes Konstruieren bedeutet, dass die Festigkeitseigenschaften eines Werkstoffs ausnutzt werden sollen. Eine verformungsgerechte Konstruktion verlangt, dass die Festigkeitseigenschaften eines Werkstoffs bestmöglich für eine benötigte Steifheit genutzt werden sollen. Dadurch können auftretende Verformungen minimiert werden. o Wie gut entweder das eine oder das andere durch Bauteilformen realisiert wird, drückt durch die Formzahl ausdrückt Berechnen Sie die Formfaktoren zu verformungsgerechten, torsionsbeanspruchten Konstruktionsauslegungen folgender Querschnitte: Quadrat, Rechteck mit einem Höhen/Breiten-Verhältnis von Zwei, Vollwelle (Kreisquerschnitt), Hohlwelle mit einer Wanddicke von ca. 10 % des mittleren Durchmessers. Interpretieren Sie das Ergebnis und erläutern Sie an einem Beispiel, wie sich dies auf eine Werkstoffwahl auswirken kann! o Quadrat Formel für Rechteck mit h/b = 1 Φ e T = 1 Φ h b o Rechteck = 2,38 1 0,58 = 2,38 2 ( 1 0,58 0,5) 3, 4 o Vollwelle b h e T = Φ e T = 1,14 e d d o Hohlwelle Φ T = 1,14 = 1,14 = 5 7, 2 t 2 0,1 d o Die Hohlwelle ist aufgrund der größten Formzahl am besten für die verformungsgerechte Konstruktion geeignet, gefolgt vom Rechteck. Vollwelle und Quadrat bieten sich nicht für die Torsionsbeanspruchung an. o Hohlwellen werden mit anderen Fertigungsverfahren gefertigt als Rechteckquerschnitte. Als rotationssymmetrisches Bauteil kann es im Schleuderguss mit Gusswerkstoffen hergestellt werden. Aber auch Extrudieren, Strangpressen und Schweißen ist verbreitet. Rechteckquerschnitte können i. d. R. nur durch Extrusion und Strangpressprozesses erzeugt werden. Für die Werkstoffwahl ist mit der Hohlwelle sind breitere Möglichkeiten für eine Fertigung gegeben als für die nichtrotationssymmetrischen Profile.
8 Martin Reuter: Methodik der Werkstoffauswahl 6.8 Lösungen zu Kontrollfragen 6.20 Berechnen Sie die Formfaktoren zu lastgerechten, biegebeanspruchten Konstruktionsauslegungen folgender Querschnitte: Quadrat, Rechteck mit einem Höhen/Breiten-Verhältnis von Zwei, Vollwelle (Kreisquerschnitt), Hohlwelle mit einer Wanddicke von ca. 10 % des mittleren Durchmessers. Interpretieren Sie das Ergebnis! o Quadrat Formel für Rechteck mit h/b = 1 Φ f B = 1 f h o Rechteck Φ B = = 2 = 1, 4 b o Vollwelle Φ f B = 0,846 3 d f 3 d o Hohlwelle Φ B = = = 1, 5 2 π 2 t 2 π 2 0,05 d o Die Hohlwelle und das Rechteck sind aufgrund der ähnlich großen Formzahlen gut für eine lastgerechte Konstruktion geeignet. Die Vollwelle und das Quadrat bieten sich nicht für die Biegebeanspruchung an Welche Problematiken ergeben sich, wenn ein Bauteil mehrere Zielsetzungen erfüllen soll? Erläutern Sie dies anhand eines Beispiels. o Ein Zielkonflikt ist i. d. R. vorhanden. Werkstoffeigenschaften dabei gegensätzliche Einflüsse auf die Ziele. Soll ein Bauteil, das als Wärmetauscher fungiert, beispielsweise sowohl kostengünstig gefertigt werden, als auch technisch hinsichtlich der Wärmeübertragung optimiert werden, haben die Materialien mit hohen Wärmeleitfähigkeiten möglicherweise einen sehr hohen Preis. o Die Gewichtung der Zielsetzungen bestimmt die Materiallösung Welche Vorgehensweise wird bei Bauteilen im Hinblick auf die Werkstoffauswahl gewählt, um verschiedene Randbedingungen bei einer Zielsetzung zu berücksichtigen? o Für jeden Werkstoff werden zu allen konstruktiven Bedingungen Zielfunktionen ermittelt. Für jeden Werkstoff werden anhand der Zielfunktionen die Zielgrößen (z. B. geringste Kosten) bestimmt. Die Zielgröße, die bezüglich der Bewertungsrichtung am schlechtesten abschneidet, ist die am stärksten einschränkende Bedingung. Die einschränkende Bedingung kann für jeden Werkstoff auf einer anderen Randbedingung der Konstruktion basieren. Die Zielgröße der einschränkenden Bedingung ist für die abschließende Bewertung aller Werkstoffe heranzuziehen. Eine Rangliste der Eignung kann erstellt werden Warum ist die Einschränkung auf eine geringe Anzahl an Versuchwerkstoffen für den weiteren Verlauf einer Produktentwicklung von größter Bedeutung? o Der Zeit-, Kosten- und Ressourcenaufwand für die Evaluierung und Validierung von Produkteigenschaften ist sehr hoch. Aus wirtschaftlichen Gründen, aus Gründen eines kurzen Time-to-Market sowie aus organisatorischen Gründen sollte daher nur eine begrenzte Zahl an Werkstoffen durch Versuche etc. weiteruntersucht werden Welche anwendungsspezifischen Quellen sind bei der Eingrenzung auf wenige Versuchswerkstoffe zu nutzen? Welches Ziel wird mit dieser Informationsbeschaffung verfolgt? o Quellen: Recherchen über unternehmensexterne Erfahrungen mit dem Werkstoff in anderen Anwendungen Recherchen von Fallstudien und von Fachartikeln
9 Martin Reuter: Methodik der Werkstoffauswahl 6.9 Lösungen zu Kontrollfragen Gespräche mit Lieferanten und Fachleuten des Herstellers, die sich im Verlauf des Materialauswahlprozesses auf immer neue Werkstoffaspekte vertiefen. Expertenmeinungen aus dem Hochschulbereich bzw. von Forschungsinstituten die Suche nach Versuchsergebnissen, welche auf die eigene Konstruktion übertragbar sind, Fachgespräche mit unternehmensinternen Know-how-Trägern auf allen Gebieten des Produktlebens (Fertigung, Kosten, Qualitätsfragen, Recycling usw.) die Sichtung von Konstruktions- und Verarbeitungsrichtlinien usw. o Das Ziel dieser Wissensvertiefung über die ausgewählten Materialien ist es, deren Schwächen und Stärken zu erkennen.
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