MH Info für medizinisches Fachpersonal. Was ist Maligne Hyperthermie?
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- Melanie Kohler
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1 KLINISCHE ABTEILUNG F. SPEZIELLE ANÄSTHESIE UND SCHMERZMEDIZIN Prof. DDr. Hans-Georg Kress, FFPMCAI MH Info für medizinisches Fachpersonal Was ist Maligne Hyperthermie? Die Maligne Hyperthermie (MH) ist eine seltene, angeborene Stoffwechselstörung der Skelettmuskulatur, die bei Anwendung bestimmter Narkosemedikamente, sogenannten Triggersubstanzen, zu tödlichen Anästhesiezwischenfällen führen kann. Sie tritt typischerweise bei klinisch unauffälligen Personen ( subklinische Myopathie ) plötzlich und unvorhersehbar im Rahmen einer Allgemeinnarkose mit Triggersubstanzen (volatile Anästhetika oder Succinylcholin) auf. Für das tägliche Leben bedeutet die Diagnose MH-Anlageträger üblicherweise keine Einschränkung. Epidemiologie Die Veranlagung zur Malignen Hyperthermie wird autosomal dominant vererbt. Mehr als 40 verschiedene Mutationen sind im Zusammenhang mit der MH-Disposition beschrieben worden. Nur bei etwa 60% aller Familien mit MH-Disposition ist die kausative Mutation bekannt. Die genetische Veranlagung zur MH ist selten (etwa 1:10 000); das resultiert in einer MH-Episode bei 1: Narkosen 1: Narkosen, die Literaturangaben hierzu schwanken jedoch sehr stark. Maligne Hyperthermie und Muskelerkrankungen Die meisten Patienten, bei denen eine Maligne Hyperthermie diagnostiziert wurde, sind klinisch gesund. Selten kann die Veranlagung zur Maligne Hyperthermie mit einer anderen Muskelerkrankung gekoppelt sein wie z. B. Central-core Disease King-Denborough-Syndrom Multi-Minicore Disease Bei anderen Muskelerkrankungen bzw. Neuromuskulären Erkrankungen (Myotonien, Muskeldystrophien etc.) können bei Narkosen MH-ähnliche Symptome auftreten, sodass bei Allgemeinnarkosen auf Triggersubstanzen verzichtet werden sollte. Pathophysiologie und Klinik
2 Eine Störung des intrazellulären Ca ++ -Stoffwechsels in der Skelettmuskulatur wird als auslösender Mechanismus der Malignen Hyperthermie angesehen. Bei einer MH-Disposition führen bestimmte Triggersubstanzen zu einer vermehrten Freisetzung von Ca ++ aus dem Sarkosplasmatischen Reticulum und dadurch zu einer extremen Stoffwechselsteigerung in den Muskelzellen (Hypermetabolismus) und schließlich zum Untergang von Skelettmuskelzellen (Rhabdomyolyse). Klinisch werden als Frühsymptome einer MH-Episode, in variabler Ausprägung und zeitlicher Abfolge, Anzeichen des Hypermetabolismus beobachtet: ein Anstieg der Herzfrequenz (durch zusätzliche Aktivierung des Sympathikus) oder tachycarde Herzrhythmusstörungen; ein Anstieg der Atemfrequenz bei spontanatmenden Patienten oder des CO 2 in der Ausatmungsluft bei Beatmeten und ein erhöhter Sauerstoffbedarf (Zyanose, fleckiges Hautkolorit). Häufig fällt eine gesteigerte Rigidität der Muskeln auf. Im Labor finden sich Zeichen einer Acidose, ein Anstieg des K+ und bedingt durch die Rhabdomyolyse (Muskelzerfall), oft massiv, erhöhte Muskelenzyme (CK und Myoglobin). Die namensgebende Hyperthermie ist eine Folge der Stoffwechselsteigerung und tritt erst später im Verlauf auf. Die Symptome einer akuten MH-Krise unter Narkose können sich sehr rasch entwickeln und führen unbehandelt in den meisten Fällen zum Tod. Therapie Um fatale Zwischenfälle zu verhindern ist bei Verdacht auf eine MH-Reaktion eine frühzeitige Diagnosestellung wichtig. Die Therapie besteht in der sofortigen Unterbrechung der Zufuhr von Triggersubstanzen. Frischgasflow 10 l O 2 /min, drei- bis vierfaches Atemminutenvolumen Verdampfer entfernen, Kreissystem und Narkosemaschine belassen Narkose triggerfrei als TIVA fortführen... Medikamentös unterbindet die rasche und ausreichende Gabe von Dantrolen das Fortschreiten der MH- Symptomatik. Dantrolen ist ein Muskelrelaxans, welches an der elektromechanischen Koppelung in der Muskulatur wird angreift und eine weitere Ca ++ -Freisetzung aus dem SR verhindert. inital 2.5 mg/kg Dantrolen in 10 Minuten und Dosiswiederholung alle 10 Minuten bis Ansprechen der Therapie (maximal mg/kg steigern, falls dann keine Besserung der Symptome sollte die Diagnose reevaluiert werden) nach Initialer Gabe erfolgt die weitere Therapie mit 10 mg/kg über 24 h oder 100 mg Dantrolen oral alle 6 Stunden
3 Die begleitende symptomatische Therapie umfasst z.b. Kühlung Korrektur der Acidose, forcierte Diurese ev. Antiarrhythmika (Calcium-Antagonisten und Digitalis kontraindiziert) Bei Verdacht auf eine stattgefundene MH-Episode ist eine stündige intensivmedizinische Überwachung, am besten auf einer anästhesiologischen Intensivstation, sinnvoll. Eine gute Dokumentation erlaubt eine bessere Beurteilung, ob ein Narkosezwischenfall eine MH war. (vgl. Clinical Grading Scale; Larach et al., Anesthesiology 1994). Für Meldungen eines MH-verdächtigen Narkosezwischenfalls bitten wir um Zusendung von Kopien des Anästhesieprotokolls und relevanter Befunde sowie des ausgefüllten Formulars Krisenmeldung an: 1. KLINISCHE ABTEILUNG FÜR SPEZIELLE ANÄSTHESIE UND SCHMERZMEDIZIN Pharmakogenetische Ambulanz 1.1. Medizinische Universität/AKH-Wien WÄHRINGER GÜRTEL A-1090 Wien oder Fax: Konsequenz für die Praxis: Narkoseführung bei Anlageträgern Personen mit der Veranlagung zur MH weisen ohne Exposition gegenüber Triggersubstanzen keine typischen Pathologien auf und sind im normalen Leben üblicherweise nicht eingeschränkt. Operative Eingriffe können bei MH-veranlagten Patienten sowohl in Lokal- bzw. Regionalanästhesie als auch in triggerfreier Allgemeinnarkose (total intravenöse Anästhesie TIVA) sicher durchgeführt werden. Um perioperativen Stress zu vermeiden kann die Indikation zur präoperativen Gabe von Benzodiazepinen großzügig gestellt werden. Für Lokal- bzw. Regionalanästhesien können alle Arten von Lokalanästhetika, das heißt, sowohl Ester- als auch Amid-Lokalanästhetika, gefahrlos verwendet werden.
4 Allgemeinanästhesien müssen ohne die Anwendung von Triggersubstanzen durchgeführt werden. Eine besondere Vorbereitung der Narkosemaschine ist nötig. Details können dem Informationsblatt Narkoseführung bei Anlageträgern entnommen werden. Diagnostik der MH Die Diagnostik, ob eine Veranlagung zur MH vorliegt erfolgt mittels In-Vitro-Kontraktionstest (IVCT) nach dem Protokoll der Europäischen Malignen Hyperthermie Gruppe. Dabei wird in Regionalanästhesie ein ca. 1 x 3 cm großes Stück Muskel aus dem Oberschenkel entnommen und die entnommenen Muskelfaserbündeln anschließend in einem Gewebebad ansteigenden Konzentrationen von Halothan bzw. Koffein ausgesetzt. Der Test hat eine hohe Sensitivität (99% - d.h. 1% fasch negativ) und Spezifität (93.6% - d.h. 6.4% falsch positiv). Eine Testung ist immer dann indiziert, wenn bei einer Allgemeinnarkose Symptome aufgetreten sind, die den Verdacht einer MH nahe legen. Da es sich bei der MH um eine vererbbare Muskelstoffwechselstörung handelt, sollten bei Bestätigung der Diagnose auch alle Blutsverwandten untersucht werden. Die Muskelbiopsie mit IVCT wird in Österreich nur in unserem Zentrum durchgeführt. Da wir für den Test frisches, vitales Muskelgewebe benötigen, ist eine Entnahme in einem anderen Krankenhaus und Einsenden der Probe ist nicht möglich. Der Eingriff wird bei uns ambulant durchgeführt, wir beginnen am frühen Vormittag und unsere Patienten und Patientinnen können bis spätestens 14:00 Uhr mit Diagnose und Befundbrief die Ambulanz verlassen. Eine Terminvereinbarung ist unter der Telefonnummer oder möglich. Informations- und Aufklärungsbögen zur Biopsie Eine Genetische Diagnostik der MH ist nur dann möglich, wenn die genetische Variante, die für die MH- Veranlagung der Familie verantwortlich ist, bekannt ist. Kann diese kausativen Mutationen nicht nachgewiesen werden, schließt dies eine MH nicht sicher aus, da z.b. eine auch eine neue, bisher unentdeckte Mutation vorliegen kann. Deshalb ist es in solchen Fällen notwendig, zum sicheren Ausschluss einer MH- Veranlagung eine Muskelbiopsie mit IVCT durchzuführen. Informations- und Aufklärungsbögen zur genetischen Untersuchung
5 Weitere Informationen und Kontaktdaten nu anderer Zentren im Ausland finden Sie auch auf der Homepage der European Malignant Hyperthermia Group:
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