Krisenbewältigung und Fortbestehensprognose 25. Mai 2011
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- Peter Kraus
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1 Krisenbewältigung und Fortbestehensprognose 25. Mai 2011 StB Mag. Kurt Lassacher Geschäftsführer PricewaterhouseCoopers Salzburg Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH. Rainerstrasse Salzburg Tel: Mail: kurt.lassacher@at.pwc.com
2 Agenda 1. Grundlegendes 2. Wer muss eine Fortbestehensprognose erstellen? 3. Wann muss eine Fortbestehensprognose erstellt werden? 4. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? 5. Welche Haftungen/Strafen sind möglich bei Nichterstellung einer Fortbestehensprognose?
3 1. Grundlegendes bei positivem Eigenkapital kann der Fortbestand trotzdem nicht gesichert sein 225 (1) UGB fordert bei buchmäßiger Überschuldung eine Einschätzung der Überlebensfähigkeit des Unternehmens URG dient zur Früherkennung Da insolvenzrechtliche Überschuldung nur bei einer ungünstigen/negativen Fortbestehensprognose vorliegt, kommt dieser in der Praxis immer mehr Bedeutung zu. Liegt eine negative Fortbestehensprognose vor, hat der Unternehmer die Pflicht zur Beantragung der Insolvenzeröffnung!!
4 1. Grundlegendes Zweistufiger Überschuldungsbegriff des OGH rechnerische Überschuldung (negativer Vermögensstatus zu Liquidationswerten statischer Teil) führt noch nicht zur insolvenzrechtlichen Überschuldung, wenn eine positive Fortbestehensprognose vorliegt (dynamischer Teil der insolvenzrechtlichen Überschuldungsprüfung)
5 1. Grundlegendes Trotz rechnerischer Überschuldung zu Liquidationswerten liegt keine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes vor, wenn eine positive Fortbestehensprognose gegeben ist! Leitentscheidung des OGH: Die Überschuldungsprüfung sei durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen, in deren Rahmen mit Hilfe sorgfältiger Analysen von Verlustursachen, eines Finanzierungsplans sowie der Zukunftsaussichten der Gesellschaft die Wahrscheinlichkeit der künftigen Zahlungsunfähigkeit und damit der Liquidation der Gesellschaft zu prüfen ist [ ]
6 1. Grundlegendes Das rechtzeitige Erkennen des Zeitpunktes, in dem sich die Frage nach der Fortführung des Unternehmens stellt, gehört zu den schwierigsten Fragen der Bilanzierung überhaupt. Beck scher Bilanzkommentar
7 2. Wer muss eine Fortbestehensprognose erstellen? (1) Nach UGB trifft die Verpflichtung zur Rechnungslegung alle Unternehmer kraft Rechtsform, alle Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt haftet, sowie alle (nicht freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlich tätigen) Unternehmer, mit Umsatz > ,-. Bei der Erstellung des Jahresabschlusses und wenn Indizien für eine wirtschaftliche Gefährdung / Beendigung der Unternehmenstätigkeit vorliegen grundlegende Pflicht zur Beurteilung des Fortbestehens des Unternehmens ( going concern- Prämisse )
8 2. Wer muss eine Fortbestehensprognose erstellen? (2) Im insolvenzrechtlichen Sinn müssen juristische Personen, Personengesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, sowie Verlassenschaften eine Fortbestehensprognose erstellen.
9 2. Wer muss eine Fortbestehensprognose erstellen? (3) Grundsätzlich ist sie vom Unternehmer bzw dem vertretungsbefugten Organ zu erstellen. Ist der Schuldner eine natürliche Person, so trifft diese Person die Insolvenzantragspflicht; bei der OG und der KG sind es die unbeschränkt haftenden Gesellschafter und Liquidatoren. Bei allen anderen juristischen Personen trifft die Insolvenzantragspflicht jeden einzelnen, zur Außenvertretung befugten Organwalter.
10 2. Wer muss eine Fortbestehensprognose erstellen? (4) Die Beiziehung eines externen Experten (zb Wirtschaftstreuhänder, Unternehmensberater, Rechtsanwalt), der über einschlägige Erfahrungen verfügt, wird im Einzelfall von der wirtschaftlichen Situation, der Größe des Unternehmens und von der Vertrauensbeziehung zu den Gläubigern abhängig sein. Aus Haftungsgründen zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit in einem späteren Haftungsprozess ist die Einschaltung eines qualifizierten externen Beraters natürlich vorteilhaft.
11 3. Wann muss eine Fortbestehensprognose erstellt werden? (1) Negatives Eigenkapital im (Entwurf des letzten) Jahresabschlusses Aufzehrung des Eigenkapitals bei anhaltend negativen Ergebnissen (laufende auch unterjährige Beobachtung!!) Handfeste Krisensymptome, wie Nichteinhaltung finanzieller Verpflichtungen Entzug finanzieller Unterstützung durch Gläubigerbanken, Lieferanten, etc.
12 3. Wann muss eine Fortbestehensprognose erstellt werden? (2) Unmöglichkeit, Finanzmittel für wichtige neue Produktentwicklungen oder andere wichtige Investitionen zu beschaffen Ausscheiden von Führungskräften und leitenden Angestellten ohne adäquaten Ersatz (Nachfolgeprobleme beim Unternehmer selbst) Verluste eines Hauptabsatzmarktes, Verlust von Hauptlieferanten oder wesentlichen Kunden Gravierende Personalprobleme oder Führungskrisen
13 4. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? 1. Allgemeines 1. Primärprognose 2. Sekundärprognose 3. Art und Umfang einer entsprechenden Begründung
14 4.1. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (1) Perspektiven der Fortbestehensprognose Umfeldperspektiven Beraterperspektiven Konzeptperspektive Durchsetzungsperspektive Ergebnis: Fortbestehen Ja / Nein Umsetzungsperspektive Koordinationsperspektive Gesamtwirtschaftliche Entwicklung Branchenentwicklung Prognoseersteller
15 4.1. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (2) Analyse Fundamentaldaten Demographische Entwicklung Entwicklung von globalen Wirtschaftsräumen (z. B. Ostasien) Ölangebot und Ölpreis Langfristiger -Kurs Sektorale Entwicklung (Industriestruktur, Dienstleistung) Technologische Sprünge (z. B. IT-Bereich, Biotech etc.) Entscheidend für das nachhaltige Fortbestehen!
16 4.1. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (3) Branchenentwicklung und Wettbewerbskräfte Potentielle neue Konkurrenten Bedrohung durch neue Konkurrenten Lieferanten Verhandlungsstärke der Lieferanten Wettbewerber in der Branche Rivalität unter den bestehenden Unternehmen Verhandlungsmacht der Abnehmer Abnehmer Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste Ersatzprodukte
17 4.1. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (4) Bedeutung von Gesamtwirtschaft und Branche Reales Marktvolumen bei negativem Branchentrend Branchenkonjunktur Überkapazitäten, Preiskämpfe, Verdrängung Branchen -trend Beginnender Abschwung Rezession Depression Erholung, Konjunkturaufschwung Boom, Hochkonjunktur Neuer Konjunkturabschwung
18 4.1. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (5) Analyse des Unternehmensstatus und seines Umfeldes Lagebeurteilung Unternehmenssituation (Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage) Gesamtwirtschaftliche Rahmensituation und Branchenentwicklung Feststellen des Krisenstadiums und Krisenursachenanalyse (Stakeholderkrise, strategische Krise, Erfolgskrise, Liquiditätskrise) Darstellung der Primärprognose Finanzplan samt Erläuterungen
19 4.1. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (6) Darstellung der Sekundärprognose Sanierungs- oder Unternehmenskonzept Darauf basierende integrierte Planung für den Prognosezeitraum Finanzierungsmaßnahmen und allfällige externe Sicherstellungen für Gläubiger Angaben zur Umsetzung und Kontrolle des Sanierungs- oder Unternehmenskonzeptes Prognoseergebnis
20 4.2. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (7) Primärprognose Nachweis der Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit Prognose-/Betrachtungszeitraum: nähere Zukunft Zahlungsfähigkeit anhand eines Finanzplanes glaubhaft dokumentieren Finanzplan umfasst idr einen Zeitraum von 6 12 Monaten Darlegung der Innenfinanzierung anhand Darstellung der zu erwartenden operativen und investitiven Plan- Cash-Flows Darlegung der Außenfinanzierung durch zugesagte Verpflichtungen Dritter oder gegenüber Dritten; im Einzelfall auf den Eintritt zu überprüfen
21 4.3. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (8) Sekundärprognose Darlegung, dass durch die geplanten Maßnahmen in der weiteren Zukunft ein Turn around bzw. eine längerfristige positive Entwicklung erwartet und die Zahlungsfähigkeit aufrecht erhalten werden kann. Turn around Rückkehr von der Verlust- in die Gewinnzone
22 4.3. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (9) Sekundärprognose Falls dies für den Prognosezeitraum nicht erreicht werden kann, ist darzulegen, mit welchen anderen bzw. zusätzlichen Maßnahmen eine Befriedigung aller Gläubiger mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist. Prognose-/Betrachtungszeitraum: 2 bis 3 Geschäftsjahre, da die Planungsunsicherheit darüber hinaus als zu hoch angesehen wird.
23 4.3. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (10) Sekundärprognose Berücksichtigung der Besonderheiten des Unternehmens, der voraussichtlichen Branchenentwicklung, des gesamten wirtschaftlichen Umfeldes Nachweis über eine nachhaltige Trendumkehr ( turn around bzw. Wiederherstellung der Ertragskraft) in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen ist mittels plausibler und nachvollziehbarer Annahmen darzustellen.
24 4.3. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (11) Sekundärprognose Prognostizierte nachhaltige Trendumkehr wird nur dann positiv beurteilt werden können, wenn in der vorgelegten Prognoserechnung eine Rückkehr zu positiven Ergebnissen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) plausibel dargelegt werden kann
25 4.3. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (12) Sekundärprognose Ist die Einbeziehung von Sanierungsmaßnahmen erforderlich, müssen diese konkret geplant sein und verwirklichbar erscheinen. Finanzierungsmaßnahmen der Gesellschafter oder außenstehender Dritter (Zuschüsse, Kapitalerhöhungen, Forderungsnachlässe) in einem Sanierungskonzept sind oft notwendige Voraussetzungen für eine positive Fortbestehensprognose. IdR wird dafür das Vorliegen von rechtsverbindlichen Zusagen erforderlich sein.
26 4.3. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (13) Sekundärprognose Für die Fremdkapitalzufuhr (Kreditaufnahme) ist das Abstellen auf die Kreditwürdigkeit erforderlich und genügend. Bei Sanierungshilfen seitens der Gläubiger (Stundung, Forderungsnachlass) wird im Regelfall eine rechtsverbindliche Zusage erforderlich sein.
27 4.4. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (14) Art und Umfang einer entsprechenden Begründung Eine positive Fortbestehensprognose sollte so stichhaltig begründet und dokumentiert sein, dass sie im Fall des Scheiterns des Unternehmens in einer eventuell späteren gerichtlichen Überprüfung den rechtlichen Anforderungen standhält. Dabei kommt es auf die Sichtweise eines sorgfältig handelnden Geschäftsführers im Zeitpunkt der Erstellung der Fortbestehensprognose an.
28 4.4. Wie ist eine Fortbestehensprognose aufgebaut? (15) Art und Umfang einer entsprechenden Begründung Fortbestehensprognose ist in schriftlicher Form notwendig, um nicht schuldhaft eine Sorgfaltspflicht zu verletzen. Dokumentation ratsam Nachvollziehung der Urteilsfindung durch einen sachkundigen Dritten Begründung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes (OGH: mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit )
29 5. Welche Haftungen/Strafen sind möglich bei Nichterstellung einer Fortbestehensprognose? (1) Der Schuldner ist zur Stellung des Insolvenzantrags ohne schuldhaftes Zögern verpflichtet, längstens jedoch binnen 60 Tagen ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. ab Kenntnis der (erkennbaren) Überschuldung. Wird dies ignoriert und kommt es zu einer verschleppten Insolvenzanmeldung, müssen die Geschäftsführer mit beachtlichen straf- und haftungsrechtlichen Konsequenzen rechnen.
30 5. Welche Haftungen/Strafen sind möglich bei Nichterstellung einer Fortbestehensprognose? (2) Strafrechtlich Die wesentlichsten strafrechtlichen Risken sind: 153c StGB - Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung 156 StGB - Betrügerische Krida 158 StGB - Begünstigung eines Gläubigers 159 StGB - Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen
31 5. Welche Haftungen/Strafen sind möglich bei Nichterstellung einer Fortbestehensprognose? (3) Zivilrechtlich 22, 25 URG persönliche Haftung bis EUR ,00 für vertretungsbefugte Organe 25 GmbHG (Innenhaftung "Verlust bzw. Quotenschaden"), kann durch den Masseverwalter geltend gemacht werden auf Grundlage einer Schutzgesetzverletzung ( 69 IO), wobei nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens einzelne geschädigte (Neu-) Gläubiger den Ausgleich des vollen Vertrauensschadens einklagen können.
32 5. Welche Haftungen/Strafen sind möglich bei Nichterstellung einer Fortbestehensprognose? (4) Zivilrechtlich Darüber hinaus ergeben sich Risken auf Grund 9 BAO, für nicht entrichtete Abgaben im Falle schuldhafter Verletzung auferlegter Pflichten (analog Sozialversicherung im ASVG!!!)
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