Hat der Lissabon-Vertrag die Effizienz der EU-Institutionen erhöht?
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- Ralf Schräder
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1 Europa-Universität Frankfurt (Oder) Master of European Studies Sommersemester 2008 Seminar: Der Vertrag von Lissabon Dozent: Prof. Dr. Timm Beichelt Thought Paper II Hat der Lissabon-Vertrag die Effizienz der EU-Institutionen erhöht? Autor: XXX 1
2 Einleitung Der Lissabon-Vertrag wurde auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten im Oktober 2007 als neues Grundlagendokument der EU beschlossen. Der Vertrag ist nach dem Scheitern der europäischen Verfassung 2005 das Ergebnis langwieriger Neuverhandlungen zwischen den EU-Staaten und wird auch als Reformvertrag bezeichnet. Anders als ursprünglich mit der europäischen Verfassung beabsichtigt, löst der Lissabonner Vertrag die bisherigen EU-Grundlagendokumente nicht auf sondern bildet einen neuen Rahmen für den EU-Vertrag (1993) und den EG- Vertrag (1958). Letzterer wird umbenannt in Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Gegenwärtig läuft die Ratifizierung des Lissabon- Vertrags, die in den nationalstaatlichen Parlamenten bzw. durch ein Referendum (Irland) stattfindet und bis Mitte 2009 abgeschlossen sein soll. Ziel des Lissabon-Vertrags ist es unter anderem, die Union insgesamt demokratischer, transparenter und effizienter (Denkschrift 2007: 1) zu machen. Ob dieser Anspruch im Bereich der EU-Institutionen erfüllt wird, soll in diesem Thought Paper beispielhaft näher untersucht werden. Im Besonderen wird dabei geprüft, ob der Lissabon-Vertrag die Effizienz der EU-Institutionen erhöht hat. Effizienz kann dabei als Wirtschaftlichkeit oder positives Verhältnis von Aufwand und Nutzen gesehen werden (Fremdwörterduden 1997). Basierend auf der konsolidierten Fassung des Vertrags wird argumentiert, dass durch die Neuerungen im Vertrag von Lissabon eine Effizienzsteigerung der europäischen Institutionen beabsichtigt ist, damit die Handlungsfähigkeit der auf 27 Mitgliedstaaten erweiterten Union erhalten bleibt. Kommentar [TB1]: Kommentar Beichelt: Der Fremdwörterduden als Quelle stellt hier nur eine zweitbeste Lösung dar. Besser wäre der Verweis auf eine sozialwissenschaftliche Quelle gewesen; z.b. Manfred Schmidt, Wörterbuch zur Politik. Institutionelle Neuerungen nach Lissabon Zum Institutionengefüge der EU gehören sowohl supranationale als auch intergouvernementale Organe der Union: einerseits das Europäische Parlament (EP), die Europäische Kommission, der Europäische Gerichtshof (EuGH), der Europäische Rechnungshof und die Europäische Zentralbank, andererseits der Europäische Rat (Gipfeltreffen) und der Rat der EU (Ministerrat). Daneben gibt es zwei beratende Organe für Parlament, Kommission und Rat: den Ausschuss der Regionen und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss. 1 Im begrenzten Rahmen dieses 1 Alle Organe vgl. Art. 13 EUV: Bestimmungen über die Organe. 2
3 Thought Papers werden nur die Neuerungen bezüglich des EP, der Kommission, des Europäischen Rats und des Rats der EU betrachtet. Die oft beklagten demokratischen Defizite und Ineffizienzen der europäischen Institutionen werden im Reformvertrag aufgegriffen. Der Lissabonner Vertrag nimmt sich in Anlehnung an die Vorschläge des europäischen Verfassungskonvents dieser berechtigten Kritik an und bemüht sich um eine Verbesserung der institutionellen Gegebenheiten der EU. In diesem Zusammenhang wird das EP im Reformvertrag deutlich gestärkt (vgl. Maurer 2008a). Neben der Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens und dem neuen Recht zur Wahl des Präsidenten der Kommission wird die Zahl der europäischen Abgeordneten erstmals auf 750 begrenzt (vgl. Art. 14 EUV). Durch diese Maßnahme kann die Handlungsfähigkeit des Parlaments gesichert werden. Ebenso ist die Kommission von Reformen betroffen, mithilfe derer ihre Handlungsfähigkeit auch bei einer erweiterten Union gesichert werden soll. Die Zahl der Kommissare, die bisher nach dem Prinzip ein Kommissar pro Mitgliedstaat festgelegt war, wird ab 2014 reduziert. Nach der neuen Regelung sind dann nur noch 2/3 der Mitgliedstaaten zugleich in der Kommission vertreten. Durch ein Rotationsprinzip soll dabei die gleichmäßige Verteilung der Posten gesichert werden (vgl. Art. 17 EUV; Weiner 2008). Der Europäische Rat erfährt im Reformvertrag eine Aufwertung, er wird in den Status eines Organs der EU erhoben und erhält einen gewählten Präsidenten als Vorsitz für 2,5 Jahre (vgl. Art. 15 EUV). Mit diesen Änderungen soll die Kontinuität und Organisation der Gipfeltreffen verbessert werden, wodurch eine höhere Effizienz des Organs auch hier zu erwarten ist. Der in wechselnden Formationen tagende Rat der EU weist einige der bedeutsamsten Neuerungen im institutionellen Rahmen der Union auf. Insbesondere die Änderungen in Bezug auf qualifizierte Mehrheitsentscheidungen können die Arbeitseffizienz sowie die Bereitschaft zu Verhandlungen im Rat positiv beeinflussen (vgl. Maurer 2008c). Zum einen kann eine Ausweitung der Bereiche, die mit qualifizierter Mehrheit entschieden werden, festgestellt werden (vgl. ebd.). Darüber hinaus wird ab 2014 der Entscheidungsmodus der doppelten Mehrheit eingeführt (vgl. Art.16 EUV). Dies bedeutet, dass eine Mehrheit dann erreicht ist, wenn 55% der Mitgliedstaaten mindestens 65% der EU-Bevölkerung repräsentieren. Mit Rücksicht auf die kleineren 3
4 Mitgliedstaaten, die durch diese Regelung angeblich benachteiligt werden, gibt es für diese Reform eine zusätzliche Übergangsregelung, die Ausnahmen von der doppelten Mehrheit bis 2017 erlaubt. Eine weitere Neuerung betrifft den Vorsitz im Rat, der mit Ausnahme der Ratsformation Auswärtige Angelegenheiten rotierend geführt wird. Mit dem Lissabon-Vertrag sollen 18-monatige Teampräsidentschaften von jeweils drei Mitgliedstaaten institutionalisiert werden (vgl. Denkschrift 2007: 7). In der Praxis hat sich dieses Prinzip bereits aus praktischen Gründen etabliert, um eine höhere Kontinuität der Ratstreffen zu gewährleisten. Eine weitere wichtige institutionelle Neuerung ist die Einführung eines Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der den ursprünglich in der Verfassung vorgesehenen europäischen Außenminister ersetzt. Der Amtsinhaber wird als Doppelhut bezeichnet, was seine zwei- und sogar dreifache Funktion als Vizepräsident der Kommission, Vorsitzender der Ratsformation Auswärtige Angelegenheiten und Ersatz für den Hohen Vertreter für GASP beschreibt (vgl. Denkschrift 2007: 9). Es ist zu erwarten, dass mit dieser neuen Position, die mehrere Bereiche zugleich abdeckt, größere Kontinuität und Einheitlichkeit in der europäischen Außenpolitik erzielt werden können. Fazit Die im Lissabonner Vertrag beschlossenen institutionellen Neuerungen haben, wie im Vorwort des neuen Vertrags dargelegt, die Intention, die Effizienz der EU-Institutionen erhöhen. Darüber hinaus wird beabsichtigt, die Organe transparenter zu gestalten und dem oft bemängelten demokratischen Defizit der EU-Bürokratie entgegenzuwirken. Beim Vergleich mit den bisherigen institutionellen Regelungen der EU wird deutlich, dass die Veränderungen zur Erreichung dieser Vorhaben durchaus erkennbar sind. Ob diese ambitionierten Ziele jedoch tatsächlich umsetzbar sind, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Ich denke, dass die im Lissabon-Vertrag vorgesehenen Reformen die Möglichkeiten zu effizienteren EU-Institutionen geben. Kommentar [TB2]: Kommentar Beichelt: An dieser Stelle zeigt sich, dass die obige Definition (Fremdwörterduden9 nicht genügend hergegeben hat. a) Der Autor ist gezwungen, nun eine Definition zu verwenden, die über das reine Kosten-/Nutzenverhältnis hinausweist. b) Deshalb verfällt er nunmehr darauf, die von der EU selbst verwendete Begriffsbestimmung als Maßstab anzulegen Fazit: beides ist suboptimal. 4
5 Literaturangaben: Auswärtiges Amt (2007). Denkschrift zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember Berlin. ( download: ) Fremdwörterduden Mannheim: Duden-Verlag Maurer, Andreas (2008a).Das Europäische Parlament. Berlin. (SWP-Dossier: Der Vertrag von Lissabon. abrufbar unter: Maurer, Andreas (2008b). Der Europäische Rat und sein Präsident. Berlin. (SWP- Dossier: Der Vertrag von Lissabon. abrufbar unter: Maurer, Andreas (2008c). Die Ausdehnung der Verfahren mit qualifizierter Mehrheit im Rat. Berlin. (SWP-Dossier: Der Vertrag von Lissabon. abrufbar unter: Rat der Europäischen Union (2008). Konsolidierte Fassungen des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der europäischen Union. Brüssel. Weiner, Michael (2008). Die Europäische Kommission. Berlin (SWP-Dossier: Der Vertrag von Lissabon. abrufbar unter: 5
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