Privatrechtliche Übung
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- Adam Beck
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1 Systematische Darstellung des materiellen Rechts (Vorlesung)./. Methodik der Fallösung (Übung, schriftliche und mündliche Prüfungen) Literaturempfehlung: Privatrechtliche Übung Brox, Zur Methodik der Bearbeitung eines zivilrechtlichen Falles, Juristische Arbeitsblätter (JA) 1987, 169 ff. Michalski, Einführende Übungen zum Zivilrecht, Teile I und II, Carl Heymanns Verlag, 2001 und 1998 Michalski, Übungen im Zivilrecht für Anfänger, Carl Heymanns Verlag, 2. Aufl Schulte, Grundkurs im BGB, Bd. 3 - Fälle mit Lösungen, Hüthig/Müller, 3.Aufl Hemmer/Wüst/Braun, Privatrecht für BWL er, WiWis & Steuerberater, Hemmer/Wüst Verlagsgesellschaft Otto, Die Grundstrukturen des neuen Leistungsstörungsrechts, JURA 2002, 1 ff. Huber, Der Nacherfüllungsanspruch im neuen Kaufrecht, NJW 2002, 1004 ff. Prof. Dr. Th. DREIER 01 Übung im Privatrecht
2 Beispielsfall Der 15-jährige A will sich Inline-Skates kaufen. Im Sportgeschäft des B entdeckt er das Luxusmodell zu 999,-DM, das auf 899,- DM reduziert ist. Da B den A für wesentlich älter hält, verkauft er ihm die Skates. Da A das Geld erst noch von der Bank holen muss, sollen Zahlung und Übergabe am kommenden Montag erfolgen. Am Wochenende erfahren die Eltern des A von diesem Wahnsinnskauf, rufen sofort bei B an und erklären ihm, dass aus dem Kauf nicht wird. B besteht auf seinem Geld. Wie ist die Rechtslage? Prof. Dr. Th. DREIER 02 Übung im Privatrecht
3 Wer will was von wem woraus? Wer (Gläubiger) von wem (Schuldner) was (wirtschaftliches Begehren) woraus (Anspruchsgrundlage) Anspruch (Definition in 194 I BGB): Das Recht, von einem anderen ein Tun oder ein Unterlassen zu verlangen Anspruchsgrundlage: Rechtsnorm, die einen Anspruch gewährt Prof. Dr. Th. DREIER 03 Übung im Privatrecht
4 Fallfragen Umfassend: Wie ist die Rechtslage? = Prüfung sämtlicher (sinnvoller) Anspruchsbeziehungen aller Beteiligten gegen alle Beteiligten Eingeschränkt: z.b. Welche Rechte hat A gegenüber dem B? = Prüfung aller möglichen Anspruchsziele des A gegen B Konkret: z.b. Kann C von D Schadensersatz verlangen? = Prüfung nur des Anspruchsziels Schadensersatz C gegen D Immer unterscheiden: Anspruchsziele = was wird begehrt? Anspruchsgrundlagen = welche rechtliche Norm gewährt das Anspruchsziel? Dabei kann ein Anspruchsziel ggf. auch auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützt werden. Prof. Dr. Th. DREIER 04 Übung im Privatrecht
5 Subsumtion Ausgangspunkt: Anspruchsgrundlage Zerlegen der jeweiligen Anspruchsgrundlage in die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen, ggf. unter Hinzuziehung sonstiger Normen Bsp.: Anspruch aus 433 II BGB (Zahlung des Kaufpreises): Abschluss eines Kaufvertrags: - Angebot und Annahme ( 145 ff. BGB) - Inhalt Kauf, und nicht etwa Miete ( 535 ff.), Leihe ( 598 ff.) o.a. Wirksamkeit des Kaufvertrages, insbes. : - Geschäftsfähigkeit der Beteiligten ( 104 ff. BGB) - kein Verstoß gegen Formerfordernis ( 125 ff. BGB) - kein Verstoß gegen gesetzliches Verbot ( 134 BGB) - keine Sittenwidrigkeit ( 138 BGB) - keine Anfechtung ( 119 ff. BGB) - keine Vertretung ohne Vertretungsmacht ( 177 I BGB) Prof. Dr. Th. DREIER 05 Übung im Privatrecht
6 Methodik: Wie löse ich einen Fall? * Ausgangspunkt: Sachverhalt - Erfassen aller Einzelvorgänge - Skizze - Fallfrage * Auffinden der Anspruchsgrundlagen * Gliederung * Subsumtion des Sachverhalts oder seiner Teile unter jede der Anspruchsgrundlagen (= Zuordnung des Sachverhalts zu den Tatbestandsmerkmalen der Anspruchsgrundlagen) * Schriftliche Ausarbeitung (im Gutachtenstil) Prof. Dr. Th. DREIER 06 Übung im Privatrecht
7 Der Gutachtenstil Gutachtenstil A könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gem. 433 II BGB haben. Dann müsste zwischen A und B ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen worden sein. Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen eines Kaufvertrages ist das Vorliegen von Angebot und Annahme, die Übereinstimmen. Im vorliegenden Fall hat A erklärt Also ist zwischen A und B ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. Folglich kann A von B aus 433 II BGB Zahlung des Kaufpreises verlangen. Gegensatz: Urteilsstil A hat gegen B einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gem. 433 II BGB. Denn zwischen A und B ist ein wirksamer Vertrag deshalb zustande gekommen, weil A erklärt hat... Prof. Dr. Th. DREIER 07 Übung im Privatrecht
8 Prüfungsschema Obersatz = Nennung der Anspruchsgrundlage ( A könnte gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz gem. 823 I BGB Tatbestandsmerkmale = Voraussetzungen des Anspruchs ( Dazu müsste A das Eigentum des B schuldhaft und rechtswidrig verletzt und dadurch einen Schaden verursacht haben. ) Definition = Umschreibung der einzelnen Tatbestandsmerkmale ( Schaden ist jede materielle Vermögensminderung und jede immaterielle Beeinträchtigung des Verletzten ) Subsumtion = Zuordnung des Sachverhalts zu den Tatbestandsmerkmalen ( Vorliegend ist dem A aufgrund der Sachbeschädigung des B ein Sachschaden in Höhe von... DM entstanden) haben ) Schlussfolgerung = Ergebnis (Beantwortung von Fallfrage und Obersatz) ( Also steht A gegen B gem. 823 Abs. I BGB ein Anspruch auf Schadensersatz zu. ) Prof. Dr. Th. DREIER 08 Übung im Privatrecht
9 Prüfungsschema - Beispiel Tiefengestaffelte Prüfung für jeden einzelnen Anspruch: Anspruch A./. B auf Zahlung KP gem. 433 II? 1. Voraussetzung: Wirksamer Vertragsschluss a) Voraussetzung: 2 wirksame WE aa) WE des A aaa) Genehmigungspflicht wegen Minderjährigkeit? bbb) Bei Fehlender Genehmigung: Taschengeldparagraph bb) WE des B b) Übereinstimmung der beiden WE (+) 2. Kauf? (+) Also besteht der Anspruch A./. B auf Zahlung KP gem. 433 II Prof. Dr. Th. DREIER 09 Übung im Privatrecht
10 Anspruch entstanden - Anspruchsvoraussetzungen erfüllt (bei Vertrag inkl. Wirksamkeit) - rechtshindernde Einwendungen - ggf. Veränderungen Anspruch untergegangen (Einwendungen, rechtsvernichtende Wirkung) - Erlöschen des Schuldverhältnisses - Unmöglichkeit der Leistung Anspruchsprüfung - Rücktritt, Kündigung, Widerruf - Ausübungsschranken (Schikanevebot; Verwirkung) - unterlassene Mängelrüge bei beiderseitigem Handelsgeschäft - Wegfall der Bereicherung Anspruch einredebehaftet (rechtshemmende Wirkung) - Verjährung (dauernd) - Einrede der ungerechtfertigen Bereicherung - Stundung (vorübergehend) - Zurückbehaltungsrecht Prof. Dr. Th. DREIER 10 Übung im Privatrecht
11 Übungsfall 1 (1) A entdeckt im Laden Trödel & Co. des H eine an der Decke aufgehängte Leuchte, die er kaufen will. Schnell wird er sich mit H über den Kauf und den Preis einig. Da H den A nicht kennt und befürchtet, der A könne den Laden auf nimmer Wiedersehen verlassen, ehe er die Lampe von der Decke geholt hat, verlangt er von A zuerst das Geld. Zu Recht? (2) Fall wie eben, aber A trifft im Laden des H auf dessen Verkäufer V. Prof. Dr. Th. DREIER 11 Übung im Privatrecht
12 Übungsfall 1 Lösung (Ausgangsfall) B könnte gegen A einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für die Lampe gem. 433 II haben. 1. Voraussetzung dafür wäre, dass zwischen A und B ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist. a) Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen eines Vertrages ist das Vorliegen zweier sich inhaltlich entsprechender wirksamer Willenserklärungen. aa) A hat wirksam erklärt, dass er die Lampe zu dem von B genannten Preis kaufen wolle. Gründe, welche die Willenserklärung des A Unwirksam machen, sind nicht ersichtlich. bb) B hat wirksam erklärt, dass er dem A die Lampe zu dem von A genannten Preis verkaufen wolle. Gründe, welche die Willenserklärung des B Unwirksam machen, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Also liegen zwei sich inhaltlich entsprechende wirksame Willenserklärungen vor. b) Bei dem Vertrag handelt es sich um einen Kaufvertrag. Also ist zwischen A und B ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. Folglich besteht grundsätzlich ein Anspruch des B gegen A auf Zahlung des Kaufpreises für die Lampe. 2. Dieser Anspruch ist nicht untergegangen. 3. Dieser Anspruch dürfte jedoch auch nicht einredebehaftet sein. Vorliegend könnte dem A ein Zurückbehaltungsrecht gem. 320 zustehen. a) Dazu müsste ein gegenseitiger Vertrag vorliegen. Ein Kaufvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, da die Verpflichtung des Verkäufers, Eigentum zu verschaffen und die Sache zu übergeben im Gegenseitigkeitsverhältnis steht zur Verpflichtung des Käufers, den Kaufpreis zu zahlen (die Abnahmepflicht ist dagegen nur Nebenleistungspflicht). b) A ist auch nicht zur Vorleistung des Kaufpreises verpflichtet, da mangels anderslautender Vereinbarung und mangels anderer Anhaltspunkte die Leistung sowohl des Verkäufers wie auch des Käufers nach 271 sofort fällig ist. Also kann A die Zahlung des geschuldeten Kaufpreises bis zur Übereignung und Übergabe der Lampe verweigern. Prof. Dr. Th. DREIER 12 Übung im Privatrecht
13 Übungsfall 1 Lösung (Abwandlung) B könnte gegen A einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für die Lampe gem. 433 II haben. 1. Voraussetzung dafür wäre, dass zwischen A und B ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist. a) Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen eines Vertrages ist das Vorliegen zweier sich inhaltlich entsprechender wirksamer Willenserklärungen. aa) A hat wirksam erklärt, dass er die Lampe zu dem von B genannten Preis kaufen wolle. Gründe, welche die Willenserklärung des A Unwirksam machen, sind nicht ersichtlich. bb) B hat selbst keine Willenserklärung abgegeben. B könnte jedoch von seinem Verkäufer V wirksam vertreten worden sein. aaa) V hat Vertretungsmacht gem. 164 ff. BGB bzw. 56 HGB bbb) V hat seine Verkaufserklärung im Namen des B abgegeben. Dies war auch offenkundig. Also wird die Erklärung des V dem B zugerechnet. Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich. Also liegen zwei sich inhaltlich entsprechende wirksame Willenserklärungen vor. b)... (s.o.) 2. S.o. 3. S.o. Also kann A die Zahlung des geschuldeten Kaufpreises bis zur Übereignung und Übergabe der Lampe verweigern. Prof. Dr. Th. DREIER 13 Übung im Privatrecht
14 Untergang des Anspruchs I - Erlöschen des Schuldverhältnisses (Erfüllung, 362 BGB, oder Erfüllungssurrogate, 364 ff. BGB; Hinterlegung, 372, 378 BGB; Aufrechnung, 387, 389 BGB; Erlass, 397 I, und negatives Schuldanerkenntnis, 397 II BGB; Zeitablauf, 564 I, 604 I, 620 II BGB) - Unmöglichkeit der Leistung Nach 275 I BGB n.f. führt nunmehr jede Art der Unmöglichkeit ohne Rücksicht auf ihren objektiven oder subjektiven Charakter, den Zeitpunkt ihres Eintritts oder die Frage des Vertretenmüssens zur Befreiung des Schuldners von der Primärleistungspflicht. Das Schicksal der Gegenleistungspflicht im synallagmatischen Vertrag ist nunmehr in 326 BGB n.f. geregelt, der im Wesentlichen den Regelungsgehalt der bisherigen 323 ff. BGB a.f. zusammenfasst. - Rücktritt ( 346 ff. BGB) Es gibt keine speziellen kaufrechtlichen Regelungen über die Wandelung ( 462, 467 BGB a.f.) und den Schadensersatz ( 463 BGB a.f.) mehr, sondern diese sind nun in einem nach allgemeinen Regeln zu behandelnden Rücktrittsrecht ( 323, 346 ff BGB) und in den allgemeinen Regelungen über den Schadensersatz wegen Pflichtverletzung ( 280 ff. BGB n.f.) enthalten. Prof. Dr. Th. DREIER 14 Übung im Privatrecht
15 Untergang des Anspruchs II - Kündigung ( 621 ff. BGB), Wiederruf ( 312 BGB (ex 1 HTWG), 495 BGB (ex 7 VerbrKrG)) - Ausübungsschranken (Schikaneverbot, 226 BGB; Verwirkung, 242 BGB) - unterlassene Mängelrüge bei beiderseitigem Handelsgeschäft ( 377 II, III HGB) - Wegfall der Bereicherung ( 818 III BGB) Prof. Dr. Th. DREIER 15 Übung im Privatrecht
16 Einreden (rechtshemmend) - Verjährung ( 214 I BGB, dauernd) - Einrede der ungerechtfertigen Bereicherung ( 821 BGB) - Stundung (vorübergehend) - Zurückbehaltungsrecht ( 273 ff., 320, 322, 348 BGB) Prof. Dr. Th. DREIER 16 Übung im Privatrecht
17 Anspruchsgrundlagen: Überblick - aus Vertrag - aus vertragsähnlichen Beziehungen - dingliche/sachenrechtliche Ansprüche - ungerechtfertigte Bereicherung - unerlaubte Handlung (Delikt) und Gefährdungshaftung Prof. Dr. Th. DREIER 17 Übung im Privatrecht
18 Ansprüche aus Vertrag und vertragsähnl. Beziehungen aus Vertrag: aus vertragsähnl. Beziehungen: Erfüllung (z.b. 433 I 1 und II BGB) Herausgabe (z.b. 556 I, 604 I, 667, 281 BGB) Schadensersatz 280 BGB wird zur zentralen Anspruchsgrundlage für jede Art der Pflichtverletzung aus jedwedem Schuldverhältnis und erfasst damit sowohl die Verletzung von Leistungspflichten (Verspätung, Ausbleiben oder Mangelhaftigkeit der Leistung) als auch Nebenpflichtverletzungen (pvv: 241 II BGB) einschließlich der cic ( 311 II, III BGB). Die BGB enthalten ergänzende Sonderregelungen für den Verzugsschaden und den Schadensersatz statt der Leistung (bisher: Schadensersatz wegen Nichterfüllung). Besonders zu beachten ist gegenüber 326 BGB a.f. der Wegfall des Erfordernisses der Ablehnungsandrohung sowie der Fortbestand des Erfüllungsanspruchs nach Ablauf der Nacherfüllungsfrist. Rückabwicklung, bzw. Rücktritt ( 323, 346 ff. BGB) 122, 179 BGB GoA ( 678, 681, 683, 684, 687 II BGB) Prof. Dr. Th. DREIER 18 Übung im Privatrecht
19 Dingliche Ansprüche, Ansprüche aus Delikt und aus ungerechtfertigter Bereicherung Dingliche Ansprüche: Herausgabe einer Sache (z.b. 985, 1007, 1065, 1227 BGB) Ung. Bereicherung: Delikt Herausgabe von Nutzungen (z.b. 987 ff., 990, 991 I, 993 BGB) Schadensersatz (z.b. 989 ff., 991 II, 992 BGB) Ersatz von Verwendungen (z.b. 984, 996 BGB) Besitzansprüche (Besitzstörung, z.b. 859, 862 I BGB oder Besitzentziehung, z.b. 859 II, III, 861 I BGB) Wegen Eigentumsstörung ( 1004 BGB) Grundbuchberichtigungsanspruch ( 894 BGB) 812 ff. BGB Verschuldenshaftung (z.b. 823 I und II, 824, 826 BGB) und Gefährdung: Haftung für widerlegbar vermutetes Verschulden (z.b. 831, 833 S. 2, 834, 836 BGB) Gefährdungshaftung (z.b. 833 S. 1 BGB, 7 StVG, 1 HaftPflG, 1 I 1 ProdHaftG, 1 UmweltHaftG) Billigkeitshaftung ( 829 BGB) Prof. Dr. Th. DREIER 19 Übung im Privatrecht
20 Privatrechtliche Übung Prof. Dr. Th. DREIER 20 Übung im Privatrecht
21 Privatrechtliche Übung Prof. Dr. Th. DREIER 21 Übung im Privatrecht
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