zur Psychosozialen Betreuung von Substituierten
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- Theresa Acker
- vor 7 Jahren
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1 II. Berliner Fachtagung zur Psychosozialen Betreuung von Substituierten Teilhabe von Substituierten am Leben in der Gesellschaft: Aufträge, Leistungen und Netzwerke psychosozialer Betreuung Berlin, den 11. Juni 2010 Irmgard Vogt: Was im Alltag übrig bleibt: Was wird aus PSB-Manualen? abstract Manuale für psychosoziale Beratung und Psychotherapie liegen voll im Trend: Für fast alle Verfahren und fast alle Gruppen von Klientinnen und Klienten gibt es mittlerweile Manuale, in denen mehr oder weniger detailliert beschrieben und bebildert wird, wie sie in der Praxis anzuwenden sind. Zur Vorbereitung auf das Modellprojekt Heroinvergabe haben wir auch ein Manual geschrieben. In Trainingskursen wurden die Sozialarbeiter/innen, die im Heroinprojekt mitgearbeitet haben, mit dem Manual vertraut gemacht. Dann kam die Praxis mit ihren täglichen Wechselfällen und Anforderungen. Wie die Auswertung ganz unterschiedlicher Datensätze zeigt, ist der Überschneidungsbereich zwischen Manual und Praxis nicht sonderlich groß. Details dazu werden in diesem Beitrag dargestellt und mit Beispielen ergänzt. Andere Studien über Psychotherapeuten, die an Manualen in der Behandlung von Süchtigen geschult waren, kommen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Übereinstimmung zwischen praktischem Vorgehen und Vorgaben im Manual begrenzt ist. Das wirft grundsätzliche Fragen auf. Was ist wichtig in Manualen? Was sollte wie geschult werden? Worauf ist bei der Implementierung besonders zu achten? Wie sieht eine erfolgreiche Umsetzung eines Manuals aus? Und was lernen wir alle daraus? Auf diese Fragen werde ich ebenfalls eingehen und ich werde versuchen, einige Antworten zu geben. Prof. Dr. Irmgard Vogt FH Frankfurt a. M. Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit Institut für Suchtforschung Nibelungenallee 1 D Frankfurt am Main Tel..: , vogt@fb4.fh-frankfurt.de
2 Zum Schicksal von Manualen 2. Berliner Fachtag zur Psychosozialen Betreuung von opiatabhängigen Menschen in medizinischer Behandlung (Substitutionsbehandlung) Juni 2010 Irmgard Vogt Was sind Manuale? (Theoriegeleitete) Handlungsanweisungen im Umgang mit ausgewählten Gruppen, z.b. Menschen mit Substanzkonsumproblemen Persönlichkeitsstörungen mit anderen psychischen oder körperlichen Krankheiten. heroinstudie.de 1
3 Was sind Manuale? Viele Manuale gehen von einer festgelegten Zahl von Einzel- oder Gruppentreffen aus, und legen fest, was in welcher Weise pro Treffen/Sitzung bearbeitet werden soll. Manualisiertes Arbeiten wird evaluiert. Warum arbeitet man mit Manualen? Manuale sind praktisch und billig! Manuale sind unverzichtbar in evidenzbasierter Forschung als Instrumente zur Standardisierung von Interventionen. Manuale ersetzen nicht das Erlernen von Interventionsverfahren; sie können dies jedoch erleichtern. Manuale sind heute überall zu finden. Wir leben in einer Phase der Manualisierung! 2
4 Sozialarbeit und Manuale Was halten Sozialarbeiter/innen von Manualen? Welche Rolle spielen Manuale in der Sozialen Arbeit (bzw. welche sollen sie spielen)? Was bedeutet die Manualisierung für die Soziale Arbeit und für Sozialarbeiter/innen? Beipiel für das Arbeiten mit einem Manual: Die Heroinstudie, /6 Randomisierte Kontrollgruppenstudie Medikation: Heroin i.v. versus Methadon oral (radomisierte Zuweisung) Psychosoziale Betreuung: Motivierendes Case Management (MOCA) versus Drogenberatung as usual mit Psychoedukation (randomisierte Zuweisung) Multizentrisch (Hamburg, Hannover, Bonn, Köln, Frankfurt, Karlsruhe, München), N = Spezialauswertung der psychosozialen Betreuung 3
5 Motivierendes Case Management: Manualisierte Handlungsanweisung Motivational Interviewing Philosophie von MI: Unterstützung der Veränderungsmotivation von Klienten durch Techniken der Gesprächsführung. Zentral: Keine Konfrontation, keine Zuschreibung, keine Schuldzuweisung!!! Mit Widerstand ringen, nicht dagegen ankämpfen!! Motivierendes Case Management Manualisierte Handlungsanweisung Case Management ist ein Strukturmodell mit klarem Ablauf! CM ist mit- und nachgehend. CM arbeitet mit Netzwerken. CM evaluiert die eigene Arbeit kontinuierlich! 4
6 Patientencharakteristik zu Studienbeginn Geschlecht: 81% männlich, 19% weiblich Durchschnittsalter: 36,6 Jahre Jahre Schulbildung: 9,9 abgeschlossene Berufsausbildung: 45% HIV positiv: 9%; HCV positiv: 83% Zusätzliche ICD F-Diagnosen: 49% Wenige geschlechtsspezifische Differenzen hinsichtlich zusätzlicher psychischer Störungen Dauer der Heroinabhängigkeit: 13,6 Jahre Training in MOCA und Monitoring Grundlagen und Basisqualifikationen in MI und CM: Training im Umgang mit Methoden Arbeiten mit Dokumentation (Papier oder am PC) Planung; 25 Case Manager mit einem case load von 25 Klienten Methodenbezogenes Coaching vor Ort und Workshops in Hamburg und Frankfurt am Main 5
7 Standardisierungsversuche der psychosozialen Behandlung Gut gelaufen: Manualisierung des Verfahrens mit methodischen Anleitungen (Handbuch mit Anhängen) Schulungen (Erst- und Auffrischungschulungen) Methodenbezogenes Coaching und Workshops Zufriedenheit mit den MOCA-Schulungen v Verständlichkeit Checklisten Übersichtlichkeit Instrumentarien Glossar Umfang des Manuals 1,7 2,2 2,3 2,4 2,4 2,5 Qualität der Beispiele Praxisnähe 2,9 3,0 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 6
8 Weitere Einschätzungen von MOCA Sicherheit in der Anwendung von MOCA: nach den Schulungen: 2,7 nach einem Jahr: 2,7 Wie gut kann man den Klienten mit MOCA helfen? nach den Schulungen: 1,9 nach einem Jahr: 2,5 Standardisierungsversuche der psychosozialen Behandlung Problematisch:? berufliche Voraussetzung der psychosozialen Berater: Gesucht waren Sozialarbeiter/-pädagogen die im Umgang mit der Zielgruppe vertraute sind und offen für neue Verfahren Auswahl und Einstellung auf kommunaler Ebene unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessenlage vor Ort. 7
9 Implementierung von MOCA Problematisch? Betreuungsschlüssel 1:25, tatsächlicher Betreuungsschlüssel???? Berater MOCA waren Teil des gesamten interdisziplinären Behandlungsteams der Prüfzentren (Ärzte, Pflegepersonal, Verwaltung, Sozialarbeiter) und mussten von Anfang an eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen, für die sie nicht vorgesehen waren (Aquise der Klientel; Hilfsdienste bei der Vergabe usw.) darum: interne berufsgruppenübergreifende Kooperation wird nur von einem Drittel als (eher) gut bewertet. Methodenumsetzung MOCA, N=404 40% 35% 30% 34% 32% 25% 20% 15% 10% 15% 19% 5% 0% unspezifisch Motivierend MC + Assessment MC+Assessment+HP 8
10 Erfolge mit und ohne Hilfeplan 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 85% 76% 72% 59% 63% 46% Gesundheitliche Verbesserung Reduktion Drogenkonsum Beides mit Hilfeplan ohne Hilfeplan 9
11 Umsetzung Bezug zur Klientel Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Patientenvariablen und der Qualität der Umsetzung von MOCA unabhängig davon, ob Patienten wenige oder viele Probleme (z.b. Doppeldiagnosen, keine Wohnung usw.) hatten, haben Berater den Ansatz umgesetzt oder nicht. Umsetzung - Unterschiede Anwendung des Manuals bei den MOCABehandlern: zwischen 0-80%. Verpflichtung zur Methodentreue haben nur 32% aller Sozialarbeiter/innen ernst genommen. Verpflichtung zur Dokumentation wurde irgendwie von allen SA in der Heroinstudie wahrgenommen, aber 10
12 Umsetzung - Unterschiede Berater mit viel Berufserfahrung ( 7 Jahre) haben eher mit dem Manual gearbeitet als Berufsanfänger (t test, p=0.000). Sozialarbeiterinnen haben eher mit dem Manual gearbeitet als Sozialarbeiter (bei gleichzeitig höherem case load, 17 w vs. 13 m) Die verschiedenen Zentren haben das Arbeiten nach Manual unterschiedlich unterstützt. Schwankungen zwischen 28% und 46% (bezogen auf Erstellung eines Hilfeplans). Realisierung Auswertung von Dokumentationen des Heroinprojektes Akten aus 5 Zentren (Hamburg, Hannover, Köln, Frankfurt, München); Zustimmung der Zentren und Einwilligung der Klienten/innen; Auswahl nach: 365 Tage Teilnahme im Projekt; Gesamtzahl aller Dokumentationen: N=
13 Realisierung Auswertung von Dokumentationen Die Mehrzahl der Dokumentationen ist nicht verwertbar (sporadische Einträge, unklare Notizen usw.). Analysen der guten Dokumentationen zeigen, dass auch in den Fällen, in denen Hilfepläne aufgestellt werden, diese selten konsequent umgesetzt werden. Beispiel: Zahnsanierung! Auch wenn die Zahnsanierung 1. Priorität im HP hat, passiert meist viele Monate lang nichts. Was halten Sozialarbeiter/innen von Manualen? Die Antworten variieren zwischen: nichts bis wenig (ca. 70%) bis sehr viel (ca. 30%). Die Evaluation der Ergebnisse spricht jedoch eine deutliche Sprache: Manualisiertes Arbeiten bringt mehr Erfolg! Möglicherweise auch in kürzerer Zeit, wenn man sich an den eigenen Hilfeplan hält! 12
14 Welche Rollen spielen Manuale in der Sozialen Arbeit? Bei unveränderter Einstellung der Sozialarbeiter/innen zu Manualen ist ihre Bedeutung für die SA eher begrenzt. Was bedeutet die Manualisierung für die Soziale Arbeit? Professionalisierung und Differenzierung der Sozialen Arbeit in Unterabteilungen wie z.b. Klinische Sozialarbeit (mit eigenem Zertifikat)? Angleichung der Sozialen Arbeit an die Psychologie (z.b. Klinische Psychologie)? Verlust des Selbstverständnisses von Sozialer Arbeit (Hilfe sofort, keine/wenig Statusunterschiede wir sitzen alle im gleichen Boot usw.) oder Gewinn von Identität z.b. als klinischer Sozialarbeiter? 13
15 Umgang mit Manualen in der Sozialen Arbeit: Das Beste daraus machen (mit Widerstand ringen) oder dagegen ankämpfen? Not Feeling Motivated? Try Motivational Interviewing 14
16 . Vielen Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Irmgard Vogt Institut für Suchtforschung Frankfurt
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