Vorlesung (Einführung in die Erziehungswissenschaften iv) Sozialisation und Entwicklung im Jugendalter
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- Norbert Ziegler
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1 5. Mai 2014 Vorlesung (Einführung in die Erziehungswissenschaften iv) Sozialisation und Entwicklung im Jugendalter Entwicklung II: Körper und Kognition Jakob Kost Departement Erziehungswissenschaften, Universität Fribourg Von der Lehre an die Hochschule: Durchlässigkeit und soziale Disparitäten im Schweizer Berufsbildungssystem 12 März 2014
2 Übersicht Puberale Prozesse: Die körperliche Entwicklung im Jugendalter Kognitive Entwicklung: Piagets Stufenmodell
3 Repetition: Begriffliche Klärungen: Pubertät / puberale Prozesse Biologische Veränderungen im Menschen: Wachstum (Grösse, Gewicht, Körperproportionen) Entwicklung sekundärer Geschlechtsmerkmale (Brustwachstum, Scham- und Körperbehaarung, Stimmveränderung, Bartwachstum) Entwicklung primärer Geschlechtsmerkmale Entwicklung von Gebärmutter, Penis und Hoden, Menarche resp. Spermarche Dauer, ca. 4. Jahre, frühe Mädchen starten mit 10Jahren, späte Knaben beenden die P. vor dem 20 Geburtstag. (vgl. Fend, 2005, S. 101f) Fend, H. (2005). Entwicklungspsychologie des Jugendalters. Wiesbaden: VS.
4 Repetition: Begriffliche Klärungen: Jugend(-alter) Grundlegend für moderne Jugend ist eine in sich komplexe und widersprüchliche Konstellation von ökonomischer und sozialer Abhängigkeit, eingeschränkten Rechten, pädagogischer Einwirkung und Qualifizierungszwängen einerseits, gesellschaftliche ermöglichten Freiräumen für die Persönlichkeitsentwicklung und das Leben der Gleichaltrigen andererseits. (Scherr, 2009, S. 25) Und in dieser widersprüchlichen Konstellation verändert sich sein eigener Körper in ganz eigentümlicher Art und Weise. Scherr, A. (2009). Jugendsoziologie. Einführung in Grundlagen und Theorien. Wiesbaden: VS.
5 Pubertät konkret Körperliches Wachstum I Der Wachstumsschub setzt bei Mädchen ca. mit 10 bei Jungen ca. mit 12.5 Jahren ein. Typischerweise sind Mädchen in der frühen Adoleszenz deutlich grösser und schwerer als Knaben. Mit ca. 14 Jahren werden sie dann ein- resp. überholt. Wachstum der Mädchen mit Jahren abgeschlossen. Bei Knaben endet das Wachstum frühestens mit 17.5 bis 21 Jahren. Durchschnittlich beträgt das Wachstum cm und kg in der Pubertät. Berk, L. (2011) Körperliche Entwicklung (im Jugendalter) In Dies. Entwicklungspsychologie (S ). München u.a.: Pearson.
6 Geschlechterspezifische Folgen des Wachstumsschubes Mädchen Gewichtszunahme: Fettgewebe Verkleinerung des Unterschiedes zwischen Schultern und Hüften Erstes sichtbares Zeichen der Pubertät: Brustwachstum Jungen Gewichtszunahme: Muskelmasse Vergrösserung des Unterschiedes zwischen Schultern und Hüften Erstes sichtbares Zeichen der Pubertät: Bartwachstum Psychische Anpassungsleistung Boeger, A. (2010). Körper und Geschlecht im Jugendalter: Schlaglichter auf eine Entwicklungsaufgabe für beide Geschlechter. In G. Steins (Hrsg.) Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung (S ). Wiesbaden: VS.
7 7 Berk, L. (2011) Körperliche Entwicklung (im Jugendalter) In Dies. Entwicklungspsychologie (S ). München u.a.: Pearson.
8 Berk, L. (2011) Körperliche Entwicklung (im Jugendalter) In Dies. Entwicklungspsychologie (S ). München u.a.: Pearson.
9 Pubertät konkret Individuelle Unterschiede im pubertären Wachstum Pubertäre Veränderungen sind weitgehend von Erbanlagen bestimmt (Zwillingsstudien). Sportliche Betätigung und Ernährung spielen eine zusätzliche Rolle: Bei Mädchen kann die starke Zunahme von Körpergewicht und Fettanteil die geschlechtliche Reifung auslösen. Bei Mädchen die früh viel Sport treiben und eher wenig essen kann der Körperfettanteil zurückgehen, wodurch die Pubertät tendenziell später einsetzt. Unterschiede können auch regional (Welt) und mit dem SES der Familie erklärt werden. Berk, L. (2011) Körperliche Entwicklung (im Jugendalter) In Dies. Entwicklungspsychologie (S ). München u.a.: Pearson.
10 Das Timing der körperlichen Reife I
11 Das Timing der körperlichen Reife II Jungen Frühreife Jungen: zufrieden mit dem Körper, hoher sozialer Status Fremdwahrnehmung: unabhängig, selbstständig, selbstbewusst Spät entwickelte Jungen: unzufrieden mit dem Körper Mädchen Frühreife Mädchen: unzufrieden mit dem Körper, wenig Selbstvertrauen Fremdwahrnehmung: Aussenseiter, von den Eltern in Autonomie eingeschränkt Spät entwickelte Mädchen: zufrieden mit dem Körper Boeger, A. (2010). Körper und Geschlecht im Jugendalter: Schlaglichter auf eine Entwicklungsaufgabe für beide Geschlechter. In G. Steins (Hrsg.) Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung (S ). Wiesbaden: VS.
12 Anpassungs- und Verhaltensschwierigkeiten bei frühreifen Mädchen Abweichungshypothese Entwicklungsbeendigungshypothese Boeger 2010, S. 140 Boeger, A. (2010). Körper und Geschlecht im Jugendalter: Schlaglichter auf eine Entwicklungsaufgabe für beide Geschlechter. In G. Steins (Hrsg.) Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung (S ). Wiesbaden: VS.
13 Pubertät konkret Motorische Entwicklung und körperliche Aktivität In den ersten Jahren der Pubertät nimmt die körperliche Aktivität (bei m & w) dramatisch ab, ca. 40 Minuten/Tag und Jahr (Daten USA). Knaben engagieren sich häufiger und stärker sportlich. Mädchen werden seltener zu sportlichen Leistungen angehalten und erhalten weniger Anerkennung für solche Leistungen. Sportlich aktive Jugendliche haben oft ein gutes Selbstwertgefühl und erhalten Anerkennung von Gleichaltrigen. Berk, L. (2011) Körperliche Entwicklung (im Jugendalter) In Dies. Entwicklungspsychologie (S ). München u.a.: Pearson.
14 Pubertät konkret Entwicklung und Veränderungen des Schlafrhythmus Schlaf-Wach-Rhythmus verändert sich. Heranwachsende gehen viel später schlafen als Kinder, sie brauchen aber ebenso viel Schlaf wie Kinder (ca. 9 Stunden). Unausgeschlafene Jugendliche zeigen schlechte Leistungen bei kognitiv anspruchsvollen Leistungen am Morgen. Wochenendrhythmus setzt sich in der Woche fort. Berk, L. (2011) Körperliche Entwicklung (im Jugendalter) In Dies. Entwicklungspsychologie (S ). München u.a.: Pearson.
15 Körperliche Entwicklung in der Adoleszenz Die Selbstwahrnehmung steht in engem Zusammenhang mit dem Selbstwert (Boeger 2010). Boeger, A. (2010). Körper und Geschlecht im Jugendalter: Schlaglichter auf eine Entwicklungsaufgabe für beide Geschlechter. In G. Steins (Hrsg.) Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung (S ). Wiesbaden: VS.
16 Faktoren die das Körperbild beeinflussen a. History of sensory input to body experience c. Cultural and Social Norms d. Individual attitudes to weight and shape BODY IMAGE Loose mental representation of the body e. cognitive and affective variables b. History of weight chance g. Biological Variables f. Individual psychopathology Modell sensu Slade, 1994 zit. nach Boeger, 2010, S. 135 Boeger, A. (2010). Körper und Geschlecht im Jugendalter: Schlaglichter auf eine Entwicklungsaufgabe für beide Geschlechter. In G. Steins (Hrsg.) Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung (S ). Wiesbaden: VS.
17 Identität stiftende Funktion des Körpers Das Körperkonzept ist Teil des Selbstkonzepts und ein wichtiges Element der Identität (Boeger 2010). Boeger, A. (2010). Körper und Geschlecht im Jugendalter: Schlaglichter auf eine Entwicklungsaufgabe für beide Geschlechter. In G. Steins (Hrsg.) Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung (S ). Wiesbaden: VS.
18 Körperbild und Körperzufriedenheit in der Adoleszenz Selbstwahrnehmung von Gewicht und Form Mädchen: 24%- 46% nehmen ihren Körper negativ wahr Jungen: 12%-26% nehmen ihren Körper negativ wahr (Neumark-Sztainer et al. 2002; Presnell et al. 2004; Stice & Whitenton 2002 in: Boeger 2010, S. 136f.) Boeger, A. (2010). Körper und Geschlecht im Jugendalter: Schlaglichter auf eine Entwicklungsaufgabe für beide Geschlechter. In G. Steins (Hrsg.) Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung (S ). Wiesbaden: VS.
19 Körperbild und Gewicht in Selbst- und Fremdwahrnehmung Einschätzung des eigenen Körpers, des gewünschten Idealkörpers und des vom Gegengeschlecht als am attraktivsten vermuteten Körpers durch weibliche und männliche Jugendliche (Cohn et. al in: Boeger 2010, S. 143) Boeger, A. (2010). Körper und Geschlecht im Jugendalter: Schlaglichter auf eine Entwicklungsaufgabe für beide Geschlechter. In G. Steins (Hrsg.) Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung (S ). Wiesbaden: VS.
20 Veränderung der Selbstachtung in gegliederten Schulsystemen Berk, L. (2011) Körperliche Entwicklung (im Jugendalter) In Dies. Entwicklungspsychologie (S ). München u.a.: Pearson.
21 Kognitive Entwicklung Sensomotorische Stufe Präoperationale Stufe Konkret-operationale Stufe Formal-operationalen Stufe Jean Piaget ( )
22 Sensomotorische Stufe Stufe Senso- motorisch- Ungefähre s Alter 0 bis 2 Jahre Merkmale Beginnt zu imitieren, zu erinnern, zu denken; erkennt, dass Objekte weiter existieren, auch wenn sie verborgen sind; von Reflexen zu zielgerichtetem Verhalten Woolfolk 2008, S. 41
23 Präoperationale Stufe Stufe Präoperational Ungefähre s Alter Merkmale 2-7 Jahre Spracherwerb und Erwerb symbolischen Denkens; kann sich den Standpunkt anderer schwer vorstellen (Egozentrismus); denkt monokausal oder unidimensional Woolfolk 2008, S. 41
24 Stufe der konkreten Operationen Stufe Konkretoperational Ungefähres Alter Merkmale 7-11 Jahre Denkt logisch in anschaulichen (konkreten) Kontexten; versteht das Prinzip der Konservierung, Klassifizierung und Seriation; versteht das Prinzip der Reversabilität Greta Huber, Manessestrasse 12, 3110 Trimstein, Woolfolk 2008, S. 41 Bern, Schweiz, Europa, Nördliche Halbkugel, Erde, Sonnensystem,
25 Stufe der formalen Operationen Stufe Formaloperational Ungefähre s Alter 11 Erwachsen enalter Merkmale Kann abstrakte Probleme logisch lösen; denkt wissenschaftlicher, bedenkt zunehmend gesellschaftliche Belange; Suche nach Identität. Woolfolk 2008, S. 41
26 Hypothetisch-deduktives Denken: Die Pendelaufgabe
27 Hypothetisch-deduktives Denken: Die Pendelaufgabe XY folgert, nachdem sie mit 100g und einer langen und einer mittleren Schnur, mit 20g und einer langen und kurzen Schnur und schliesslich mit 200g und einer langen und einer kurzen Schnur experimentiert hatte: Es ist die Länge der Schnur, die ein schnelleres oder langsameres Schwingen bewirkt ; das Gewicht spielt keine Rolle. Auf dieselbe Art und Weise schliesst sie die Fallhöhe und den Anstoss aus. Piaget & Inhelder 1977, S. 74
28 A C 7 9
29 Propositionales Denken Wenn, dann. Sätze werden auf ihre formale und logische Richtigkeit überprüft ohne Bezug zum Inhalt oder zur Realität (Mietzel 2002, S. 327ff.; Berk 2005, S. 501ff.).
30 Zentrale Aspekte der Piaget Kritik - Unterschätzung von Kompetenzen - Vernachlässigung sozialer Faktoren - Stadientypische Gesamtstrukturen Z.B. Asynchronien - Keine Entwicklungserklärungen - Vernachlässigung der Entwicklung nach der Adoleszenz
31 Jugendtypische Phänomene im Zusammenhang mit der Fähigkeit, abstrakt und hypothetisch zu denken Streitlust Idealismus Unentschiedenheit Selbstkritik (Berk 2005, S. 507ff.)
32 Jugendlicher Egozentrismus Das imaginäre Publikum (Woolfolk 2008, S. 49 & Berk 2005, S. 507)
33 Zentrale Aspekte der heutigen Vorlesung - Pubertät konkret - Körperliches Wachstum, Timing und Verarbeitung - Schlafrhythmus - Identitätsstifetende Funktion des Körpers - Piagets Modell der kognitiven Entwicklung - Hypothetisch deduktives Denken und - Konsequenzen für Jugendliches Verhalten
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