Musterlösung. 8 (unterschiedlich gewichtet, total 69 Punkte)
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- Katarina Elke Böhler
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1 BSc - Sessionsprüfung Regelungstechnik I (5-59-) Prof. L. Guzzella Musterlösung Dauer der Prüfung: Anzahl der Aufgaben: Bewertung: 2 Minuten 8 (unterschiedlich gewichtet, total 69 Punkte) Um die Note 6 zu erlangen, müssen nicht alle Aufgaben gelöst werden. Bei jeder Aufgabe ist die Punktezahl angegeben. Erlaubte Hilfsmittel: 2 A4-Blätter (4 Seiten) Taschenrechner (zur Verfügung gestellt) Die Assistenten dürfen keine Hilfe geben. Zur Beachtung: Alle Lösungen, ausser die Antworten bei Multiple-Choice Aufgaben, sind zu begründen. Lösen Sie die Aufgaben ausschliesslich auf den vorbereiteten Blättern.
2 Seite 2 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Aufgabe (Modellierung und Linearisierung) 8 Punkte Voser (Elbert) In der untenstehenden Abbildung ist ein Kondensator mit variablem Plattenabstand dargestellt. Die untere Platte ist fest. Die obere Platte mit der Masse m ist beweglich und mittels zwei Federn und einem Dämpfer befestigt. Die Federkonstanten beider Federn sind gleich und betragen k. Bei der Position y = y sind die Federn entspannt. Die Dämpferkraft ist geschwindigkeitsproportional mit einer Konstante b. Die untere Kondensator-Platte ist fixiert. Durch Veränderung der Spannung U zwischen den Platten kann der Plattenabstand variiert werden. Die obere Platte wird mit der Kraft F EF = c U2 4 y 2 von der unteren Platte angezogen. Die Position y kann mittels eines Sensors gemessen werden. g U E-field m y a) (3 Punkte) Wie lauten die Differentialgleichungen, welche die vertikale Bewegung der oberen Platte beschreiben? Bestimmen Sie die Eingangs-, Ausgangs- und Zustandsgrössen. Schreiben Sie die Systemgleichungen in Standardform auf, d.h. als ein System von nichtlinearen Differentialgleichungen erster Ordnung der Form ż(t) = f(z(t),v(t)), w(t) = h(z(t),v(t)), z(t) R 2, v(t),w(t) R. b) (2 Punkte) Bestimmen Sie die Spannung U e, welche nötig ist, um die obere Platte an der Position y e = y /2 im Gleichgewicht zu halten. Bemerkung: y > m g/k. c) (3 Punkte) Linearisieren Sie die Systemgleichungen um die Position y e = y /2 (auf eine Normierung wird verzichtet). Stellen Sie die Systemgleichungen in der Standardform dar (Zustandsraumdarstellung mit den Matrizen {A, b, c, d}). Lösung a) Mittels des Impulserhaltungssatzes findet man die folgende Differentialgleichung zweiter Ordnung m ÿ(t) = m g + 2 k (y y(t)) b ẏ(t) c U(t)2 4 y(t) 2.
3 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Seite 3 Die Zustandsgrössen sind die Position sowie die Geschwindigkeit der oberen Platte. Die Eingangsgrösse ist die Spannung U(t) zwischen den Platten. Die Ausgangsgrösse ist die messbare Position der oberen Platte. z (t) = y(t), z 2 (t) = ẏ(t), v(t) = U(t), w(t) = y(t) Mit dieser Wahl von Zustandsgrössen kann die nichtlineare Differentialgleichung auf die Standardform umgeformt werden [ ] ż (t) z 2 (t) ż(t) = =, w(t) = z (t). ż 2 (t) g + 2 k m (y z (t)) b m z 2(t) c v(t)2 4 m z (t) 2 b) Für den Gleichgewichtspunkt gilt ż = ż 2 =. Folglich haben die Zustandsgrössen die folgenden Werte z,e = y 2, z 2,e =. Zudem gilt: = g + 2 k m y 2 + c v2 e 4 m 4. y 2 Die Eingangsgrösse v e beträgt somit k U e = v e = y c y g m c Für die in der Aufgabenstellung gegebene Bedingung y > m g/k ist der Wurzelterm immer positiv. c) Die Systemmatrizen des linearisierten Systems lauten A = f z f z 2 f 2 z f 2 z 2 z=ze,v=ve = 2 k m + c v2 e 4 m 2 z 3,e b m = 2 k m 4 g y b m b = f v f 2 v z=ze,v=ve = 2 c ve 4 m z 2,e = 2 m y c (k y g m) c = [ g z ] g z 2 = [ ] z=z e,v=v e d = [ g v ] z=z e,v=v e = [ ]
4 Seite 4 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Aufgabe 2 (Frequenzbereich, Zeitbereich) 8 Punkte Elbert (Voser) Gegeben sind 4 Übertragungsfunktionen offener Regelkreise (L (s),l 2 (s),l 3 (s),l 4 (s)), die Nyquistdiagramme dieser offenen Regelkreise (Diagramme A, B, C und D), sowie die Sprungantworten der daraus resultierenden geschlossenen Regelkreise (Sprungantworten bis 4). Ordnen Sie jeder Übertragungsfunktion das entsprechende Nyquistdiagramm des offenen Regelkreises, sowie die Sprungantwort des geschlossenen Regelkreises zu. Verwenden Sie für die Lösung die vorbereitete Tabelle. Eine Begründung der Antworten ist nicht notwendig. Punktevergabe: Pro richtige Zuordnung: + Punkt Pro falsche Zuordnung: Punkt Minimalpunktzahl der Aufgabe: Punkte Übertragungsfunktion Tabelle für Lösung L (s) = L 2 (s) = L 3 (s) = L 4 (s) = s 2 +s+ (3s) (s 2 +s+).5s+ s 2 +s+ 2s+ s 2 +s+ Nyquistdiagramm (offener Regelkreis) Sprungantwort (geschlossener Regelkreis) Nyquistdiagramm A Nyquistdiagramm B Im Im Re Re
5 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Seite 5 Nyquistdiagramm C Nyquistdiagramm D.5.5 Im Im Re Re Sprungantwort Sprungantwort amplitude [-].6.4 amplitude [-] time [s] 5 5 time [s] Sprungantwort 3 Sprungantwort amplitude [-].6.4 amplitude [-] time [s] 5 5 time [s]
6 Seite 6 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Lösung 2 Übertragungfunktion Paare L (s) = L 2 (s) = L 3 (s) = L 4 (s) = s 2 +s+ (3s) (s 2 +s+).5s+ s 2 +s+ 2s+ s 2 +s+ Nyquistdiagramm C D A B (offener Regelkreis) Sprungantwort (geschlossener Regelkreis) Erklärungen: System Es handelt sich um ein System 2ter Ordnung mit zwei stabilen Polen. Daher gilt lim ω (arg(l (jω))) = 2 ( π 2 ) = π Dazu passt nur Diagramm C. Da das System keine Nullstellen hat, kommen für den geschlossenen Regelkreis nur die Sprungantworten und 2 in Frage. (Sprungantworten 3 und 4 haben im ersten Moment eine Steigung ungleich Null.) Wendet man den Endwertsatz auf den geschlossenen Regelkreis T (s) = L (s) + L (s) = s 2 + s + 2 an, so ergibt sich lim t y(t) = 2. Daher passt nur Sprungantwort 2. System 2 Das System hat einen offenen Integrator, damit gilt lim ω ( L 2(jω) ) = Dies trifft nur auf Diagramm D zu. Der offene Integrator verhindert im geschlossenen Regelkreis einen statischen Nachlauffehler, womit nur Sprungantwort passt. System 3 Das System hat zwei stabile Pole und eine nicht-minimalphasige Nullstelle. Somit ist lim (arg(l 3(jω))) = 2 ( π ω 2 ) + ( π 2 ) = 3 2 π dies trifft nur auf Diagramm A zu. Die nicht-minimalphasige Nullstelle führt bei der Sprungantwort des geschlossenen Regelkreises dazu, dass das System im ersten Moment in die falsche Richtung reagiert. Somit passt nur Sprungantwort 4. System 4 Das System hat zwei stabile Pole und eine minimalphasige Nullstelle. Somit gilt lim ω (arg(l 4(jω))) = 2 ( π 2 ) + π 2 = π 2 Dies trifft nur auf Diagramm B zu. Im geschlossenen Regelkreises führt die minimalphasige Nullstelle dazu, dass die Sprungantwort im ersten Moment eine Steigung grösser Null aufweist. Somit passt nur Sprungantwort 3.
7 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Seite 7 Aufgabe 3 (Reglerauslegung) Punkte Gegeben sei das folgende System P(s) = s (s + ) (s + 2) Fux (Shafai) Ihre Vorgesetze verlangt von Ihnen und Ihrem Kollegen, dass Sie für dieses System einen Regler entwickeln. Sie schlagen vor, dass man einen PID-Regler verwendet, und die Reglerparameter mittels der Methode von Ziegler/Nichols auslegt. a) (4 Punkte) Bestimmen Sie die kritische Verstärkung k p, sowie die kritische Frequenz ω. b) ( Punkt) Bestimmen Sie nun daraus mittels der Methode von Ziegler/Nichols die Parameter k p, T i und T d des folgenden PID-Reglers [ C PID (s) = k p + ] + s T d s T i Anschliessend berechnet Ihr Kollege mit MATLAB, dass das Regelsystem mit dem von Ihnen vorgeschlagenen Regler eine Phasenreserve von 24.8 hat. Da ihr Kollege mit dieser Phasenreserve nicht zufrieden ist und mehr Phasenreserve möchte, schlägt er vor, statt C PID (s) den folgenden Regler zu verwenden C 2 (s) = 2 s (2 s) c) (5 Punkte) Da Ihre Vorgesetzte sicher gehen will, dass die Phasenreserve nun grösser ist, werden Sie aufgefordert, die Phasenreserve des Regelsystems C 2 (s) P(s) zu berechnen. Lösung 3 a) Zur Bestimmung der kritischen Verstärkung k p und der kritischen Frequenz ω kann die folgende Beziehung verwendet werden: k p P(jω ) = Es folgt somit: k p j (ω ) 3 3(ω ) 2 + 2jω k p k p = ( = 3(ω ) 2 j ((ω ) 3 2ω )) = 3(ω ) 2 + j ((ω ) 3 2ω ) Aus dem Vergleich des Imaginärteils findet man ( ) (ω ) 3 2ω = ω (ω ) 2 2 = Da wir nur an positiven realen Frequenzen interessiert sind, folgt ω = 2. Aus dem Vergleich des Realteils folgt: k p = 3(ω ) 2 = 6
8 Seite 8 Sessionsprüfung Regelungstechnik I b) Aus der Tabelle erhalten wir die Werte für einen PID-Regler: k p =.6 k p = 3.6 T i =.5 T =.5 2π ω =.5 2 π T d =.25 T =.25 2π ω =.25 2 π.5554 c) Um die Phasenreserve berechnen zu können, muss man die Phase des offenen Regelkreises bei der Durchtrittsfrequenz berechnen. Die Durchtrittsfrequenz ω c findet man durch Lösen der Gleichung C 2 (jω c ) P(jω c ) = 2 jω c (2 jω c ) jω c (jω c + ) (jω c + 2) 2 jω c 2 jω c jω c jω c + jω c + 2 = = ω 2 c ω 2 c + ω 2 c + 4 = 2 ω 2 c + = 4 = ω 2 c + 3 = ω 2 c Da wir nur an positiven realen Frequenzen interessiert sind, folgt ω c = 3. Für die Phase bei der Durchtrittsfrequenz ω c ergibt sich: (L(jω c ) = (2 jω c ) + (2 jω c ) (jω c ) (jω c + ) (jω c + 2) = π ( ) 2 + arctan ωc π ( 2 2 arctan ωc ) ( ωc ) arctan 2 ( ) ( ) ( ) = arctan arctan arctan 2 2 Dies ergibt folgenden Wert für die Phase bei der Durchtrittsfrequenz: (L(jω c ) 4.9 C 6 C 4.9 C = 4.8 C Daraus folgt, dass das Regelsystem mit dem Regler C 2 (s) eine Phasenreserve von 38.2 C hat.
9 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Seite 9 Aufgabe 4 (Laplace-Transformation) 9 Punkte Voser (Elbert) Die folgenden beiden Teilaufgaben können unabhängig voneinander gelöst werden. a) (4 Punkte) Gegeben ist die Übertragungsfunktion P(s) P(s) = s + 2 (s s + ) (s + 3) Das System wird mit einem Sprung angeregt u(t) = h(t). Berechnen Sie das resultierende Ausgangssignal y(t) im Zeitbereich. b) Ein lineares zeitinvariantes SISO-System wird mit dem Signal u(t) = h(t) angeregt. Die Systemantwort im Zeitbereich ist gegeben durch y(t) = ( e t (cos(2 t) + 2 ) sin(2 t)) h(t) i) (3 Punkte) Berechnen Sie die Übertragungsfunktion Σ(s) des Systems. ii) iii) ( Punkt) Wie lauten die Pole des Systems? ( Punkt) Approximieren Sie die Anstiegszeit t 9 sowie den Überschwinger ˆǫ des Systems. Berücksichtigen Sie dafür nur die relevante Dynamik des Systems. Lösung 4 a) Die Laplace-Transformation des Eingangssignals lautet U(s) = L{u(t)} = L{h(t)} = s Y (s) berechnet sich als Y (s) = P(s) U(s) = s + 2 (s s + ) (s + 3) s Um die eine Partialbruchzerlegung durchführen zu können, muss der Nenner zuerst faktorisiert werden: Y (s) = s + 2 (s + ) 2 (s + 3) s Mit Hilfe der Partialbruchzerlegung kann dieser Ausdruck in einfach transformierbare Terme zerlegt werden. Für p Pole π i der Vielfachheit φ i ist sie definiert als Y (s) = p φ i i= k= ρ i,k (s π i ) k
10 Seite Sessionsprüfung Regelungstechnik I Die Residuen ρ i,k werden folgendermassen berechnet: [ ρ i,k = lim s πi (φ i k)! d (φ i k) ds (φ i k) Die Pole und deren Vielfachheiten sind π =, φ = π 2 = 3, φ 2 = π 3 =, φ 3 = 2 { } ] Y (s) (s π i ) φ i Damit lassen sich die Residuen berechnen [ d ( ) ρ, = lim s ( )! ds ( ) ρ 2, = lim s 3 { s + 2 = lim s (s + ) 2 (s + 3) = 2 3 [ d ( ) ( )! ds ( ) = lim s 3 ρ 3, = lim s s + 2 (s + ) 2 s = 2 [ d (2 ) (2 )! ds (2 ) (s s + 6) = lim s [ ρ 3,2 = lim s s 2 (s + 3) 2 = 3 4 (2 2)! d (2 2) ds (2 2) s + 2 = lim s s (s + 3) = 2 } ] s + 2 (s + ) 2 (s + 3) { s + 2 (s + ) 2 s } ] { s + 2 } ] s (s + 3) { s + 2 s (s + 3) Die einzelnen Terme können nun einfach in den Zeitbereich transformiert werden { 2 y(t) = L 3 s + 2 s s + } 2 (s + ) [ 2 2 = h(t) e 3 t 3 4 e t ] 2 t e t b) i) Es gilt Y (s) = Σ(s) U(s) Die Anregung U(s) im Frequenzbereich kann mit der Tabelle bestimmt werden: } ] U(s) = L{u(t)} = s Die Systemantwort Y (s) im Frequenzbereich wird wie folgt berechnet: Y (s) = L{y(t)} { = L ( e t cos(2 t) } 2 e t sin(2 t)) h(t) = s s + (s + ) (s + ) 2 + 4
11 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Seite Der Ausdruck kann auf die folgende Form gebracht werden Y (s) = 5 ((s + ) 2 + 4) s Die gesuchte Übertragungsfunktion Σ(s) ist somit: Σ(s) = Y (s) U(s) = 5 (s + ) = 5 s s + 5 ii) Die Pole des Systems sind gleich den Nullstellen des charakteristischen Polynoms (π + ) = π π + 5 = Die resultierenden Pole sind π,2 = ± 2 j iii) Die Eigenfrequenz ω und das Dämpfungverhältnis δ betragen für das System 2. Ordnung betragen (folgt aus Koeffizientenvergleich): ω 2 = 5 ω = 5 = rad/s 2 δ ω = 2 δ = = Für ein Sytem 2. Ordnung, welches unterkritisch gedämpft ist, wird der Überschwinger wie folgt berechnet ˆǫ = e δ π δ 2 = e π 2 =.28 Für den Fall das δ [.4,.8] kann die Anstiegszeit t 9 folgendermassen approximiert werden 2 : t 9 = ( δ) 2 π ω =.896 s siehe Analysis and Synthesis of Single-Input Single-Output Control Systems, L. Guzzella, 2nd Edition, Gleichung 7.25, Seite 98 2 siehe Analysis and Synthesis of Single-Input Single-Output Control Systems, L. Guzzella, 2nd Edition, Gleichung 7.26, Seite 99
12 Seite 2 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Aufgabe 5 (Nebenbedingungen) Punkte Guzzella (Shafai) Bild zeigt das in dieser Aufgabe zu analysierende System. Eine Metallkugel ist im Magnetfeld eines Elektromagnets positioniert. Dessen Feldstärke kann durch einen sehr schnellen Leistungsverstärker vorgegeben werden. Entsprechend ist die auf die Kugel wirkende Kraft proporzional zur Eingangsgrösse u(t). u(t) y(t) Abbildung : Schwebende Kugel in einem Magnetfeld. Ein Regler C(s), dessen Entwurf nicht Teil dieser Aufgabe ist, soll die Metallkugel in der Schwebe halten. Die Position y(t) der Metallkugel wird von einer Photozelle gemessen. Die Messung y(t) wird von der vom Leistungsverstärker ausgehenden elektromagnetischen Strahlung gestört. Die tiefste vorkommende Frequenz im Rauschsignal n(t) ist 5 Hz 3 rad/s ( Netzbrumm ). Das Bild 2 zeigt den Aufbau des Regelkreises. r(t) C(s) u(t) P(s) y(t) n Abbildung 2: Regelkreis mit Ein- und Ausgangssignalen. Das Verhalten der Strecke lässt sich durch das folgende Modell exakt beschreiben [ d dt x(t) = 9 ] x(t) + [ 9 ] u(t) () wobei x (t) = y(t) die Position und x 2 (t) die Geschwindigkeit der Metallkugel ist. a) ( Punkt) Berechnen Sie die Übertragungsfunktion P(s) der Strecke mit Eingang u(t) und Ausgang y(t). b) (4 Punkte) Skizzieren Sie im beiliegenden Bode Diagramm den Verlauf von P(j ω) und P(j ω). Tip: Berechnen Sie die Asymptoten bei sehr tiefen und sehr hohen Frequenzen. c) ( Punkt) Tragen Sie in diesem Bode Diagramm denjenigen Frequenzbereich ein, in dem das Rauschen n(t) spürbar sein wird. d) (4 Punkte) Bevor Sie mit der Auslegung des Reglers C(s) beginnen, fragen Sie sich, ob ein Regler der die Aufgabe erfüllt überhaupt existieren kann. Welche Gedanken machen Sie sich? Wie lautet Ihre Antwort? Geben Sie eine mathematisch klare Begründung dafür.
13 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Seite 3 P(j ω) db ω rad/s P(j ω) ω rad/s Abbildung 3: Bode Diagramm zum eintragen der Lösung.
14 Seite 4 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Lösung 5 a) Viele Wege führen nach Rom, z.b. P(s) = c (s I A) b [ = [ ] s 9 s ] [ 9 ] = [ ] [ s [ ] 9 s s 2 9 = 9 s ] (von der zweiten zur dritten Zeile wurde die Cramer Regel M =Adj(M)/det(M) benutzt). Beachten Sie, dass diese Strecke auch geschrieben werden kann als P(s) = 9 (s + 3) (s 3) b) Der Frequenzgang der Strecke P(s) lautet P(j ω) = 9 (j ω) 2 9 = 9 ω Der Frequenzgang dieser Strecke ist also rein reell und negativ. Die Phase ist damit konstant bei 8. Bei ω = ist der Betrag P() db = 2 log () db = 2 db und P(j ω) db 2 db für alle ω << 3 rad/s. Für genügend hohe Frequenzen (ω >> 3 rad/s) gilt P(j ω) db 2 log (9) 2 log (ω 2 ) = 2 log (9) 4 log (ω) Leitet man diesen Ausdruck nach log (ω) ab, so erhält man 4 db/dek als Steigung im Bode-Diagramm. Bei ω = rad/s gilt zudem P(j ) db = 2 log (9) 2 log ( 2 + 9) 4 db Trägt man von diesem Punkt aus eine Gerade mit der oben berechneten Steigung ein, so erhält man schon ein recht genaues Bild der Kurve P(j,ω). Dazwischen ist die Kurve P(j ω) monoton abnehmend (siehe Bild 4) da P(s) aus zwei in Serie geschalteter Systeme erster Ordnung besteht.
15 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Seite 5 P(j ω) db π + 2 ω n ω rad/s P(j ω) ω rad/s Abbildung 4: Bode Diagramm der Lösung. c) Die tiefste Frequenz ab der das Rauschen n(t) spürbar wird ist gemäss Aufgabenstellung ω n 3 rad/s. Damit beginnt also das verbotene Frequenzband bei diesem Wert (siehe schwarzer Balken in Bild 4). d) Die Strecke hat offenbar einen instabilen Pol bei π + = 3 rad/s, was eine untere Grenze für die Durchtrittsfrequenz ω c darstellt. Andere Streckeneinschränkungen (nichtminimalphasige Nullstellen, Modellfehler) sind gemäss Aufgabenstellung nicht relevant. Damit ein Regler C(s) gefunden werden kann, der die Strecke stabilisiert, der aber das Rauschen nicht verstärkt muss also die Ungleichung 2 π + < ω c <.5 ω n erfüllt sein. Da in dieser Aufgabe π + = 3 rad/s und ω n 3 rad/s gilt, ist diese Ungleichung problemlos erfüllbar (ω c kann irgendwo im grauen Band liegen) und damit die Regelaufgabe gut lösbar.
16 Seite 6 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Aufgabe 6 (Nyquist-Plot, Nyquist-Theorem) 8 Punkte Elbert (Voser) Für eine Strecke P(s) wurde folgendes Bode-Diagramm gemessen. 4 Bode Diagram Magnitude [db] Phase [deg] Frequency [rad/s] Abbildung 5: Bode Diagramm der Strecke a) (2 Punkte) Zeichnen Sie das Nyquist-Diagramm der Strecke P(s) qualitativ im dafür vorbereiteten Plot. Verwenden Sie dabei die Information dass lim P(jω) = 4 j. ω b) (2 Punkte) Bestimmen Sie die Übertragungsfunktion der Strecke P(s) mit Hilfe des Bode- Diagramms. c) ( Punkt) Sie regeln die Strecke P(s) mit einem P-Regler C(s) = k p mit k p =. Wie gross ist die Verstärkungs- und die Phasenreserve des resultierenden Regelsystems? d) ( Punkt) Verwenden sie das Nyquist-Theorem, um festzustellen für welche Werte von k p ein stabiles Regelsystem resultiert. e) (2 Punkte) Um die Sprungantwort zu verbessern, benutzen Sie nun einen PD-Regler mit der Übertragungsfunktion C(s) =.5 +.5s. Welche Verstärkungsreserve ergibt sich für das Regelsystem?
17 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Seite 7 4 Nyquist Plot 3 2 Imaginary Axis Real Axis Abbildung 6: Nyquist Diagramm der Strecke Lösung 6 a) (2 Punkte) Aus dem Bode-Diagram lassen sich folgende Punkte ablesen P(jω) P(jω) ω π 2 ω = π ω 3π 2 Zusammen mit der gegebenen Information lässt sich daraus das Nyquist-Diagramm wie folgt konstruieren. Für niedrige Frequenzen nähert sich das System der Asymptote 4 j. Bei einer Frequenz von rad/s (die Durchtrittsfrequenz) liegt das System genau auf dem kritischen Punkt (, j), und bei hohen Frequenzen bewegt sich das System mit einer Phase von 3π 2 in den Ursprung. Verbindet man die Informationen, so ergibt sich das Nyquist-Diagramm in Abbildung 7. Anmerkung: es ist nicht nötig die Informationen über Phase und Amplitude aus der Übertragungsfunktion zu bestimmen, um das Nyquist-Diagramm zu zeichnen. b) (2 Punkte) Für niedrige Frequenzen fällt die Amplitude mit 2 db/dek, die Phase ist π/2. Daher muss die Strecke einen offenen Integrator enthalten. Ab einer Frequenz von rad/s fällt die Amplitude mit 6 db/dek und die Phase fällt auf 3 2π. Dies spricht für zwei stabile Pole bei einer Frequenz von rad/s. Die Strecke hat also folgende
18 Seite 8 Sessionsprüfung Regelungstechnik I 4 Nyquist Plot 3 2 Imaginary Axis Real Axis Abbildung 7: Nyquist Diagramm der Strecke Übertragungsfunktion P(s) = k s (s + ) 2. Um den Wert von k zu bestimmen, muss die Amplitude der Strecke bei einer bestimmten Frequenz aus dem Bode-Diagramm abgelesen werden. Zum Beispiel: P(jω) ω=rad/s = k j (j + ) 2 = k j + 2 = k! = db = 2 Daraus folgt, dass k = 2. c) ( Punkt) Da L(s) = P(s), kann die Verstärkungs- und Phasenreserve direkt aus dem Bode-Diagramm abgelesen werden. Die Durchtrittsfrequenz liegt bei ω c = rad/s. Die Phase bei dieser Frequenz beträgt π. Daraus ergibt sich, dass γ =, φ =. d) ( Punkte) Die Strecke hat zwei stabile Pole und einen offenen Integrator, das heisst, einen weiteren Pol auf der imaginären Achse. Deshalb gilt n + =, und n =. Laut dem Nyquist-Theorem muss der Nyquistpunkt also 2 mal im Gegenuhrzeigersinn umrundet werden. Gemäss dem Nyquist-Diagramm ist dies nur erfüllt für < k p <. e) (2 Punkte) Die Kreisverstärkung berechnet sich wie folgt L(s) = C(s) P(s) = 2 (s + ) 2 s(s + ) 2 = s(s + ).
19 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Seite 9 Daraus ergibt sich für Real- und Imaginärteil L(jω) = Es gilt also jω(jω + ) = (ω 2 + ) + j ω(ω 2 + ) Re(L(jω)) < und Im(L(jω)) < für alle ω > Im(L(jω)) = für ω. Somit ergibt sich eine Verstärkungsreserve von γ =.
20 Seite 2 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Aufgabe 7 (Systemanalyse, Blockschaltbild) 8 Punkte Fux (Shafai) Geben sei ein lineares System als Zustandsraummodell ẋ(t) = A x(t) + b u(t) y(t) = c x(t) + d u(t) mit A = 2, b =, c = [ ], d = a) (2 Punkte) Ist das System im Sinne von Lyapunov stabil, asymptotisch stabil oder instabil? Begründen Sie Ihre Aussage mathematisch. b) ( Punkt) Ist das gegebene System vollständig steuerbar? Begründen Sie Ihre Aussage mathematisch. c) ( Punkt) Ist das gegebene System vollständig beobachtbar? Begründen Sie Ihre Aussage mathematisch. d) (2 Punkte) Gegeben sei das detaillierte Signalflussbild eines anderen linearen dynamischen Systems mit der Eingangsgrösse u(t) und der Ausgangsgrösse y(t) (Fig. 8). Leiten Sie die Systemmatrizen {A,b,c,d} des gegebenen Systems her! -3 y(t) 2 u(t) x (t) x 2 (t) x 3 (t) 5 4 Abbildung 8: Signalflussbild, u(t) = Eingang, y(t) = Ausgang e) (2 Punkte) Gegeben sei die Übetragungsfunktion Σ(s), welche das Input-Output Verhalten eines nochmals anderen linearen dynamischen Systems beschreibt Σ(s) = s2 + 3s + 2 s 3 + 4s 2 + s + 5 Bestimmen Sie die Systemmatrizen {A,b,c,d} eines entsprechenden Zustandsraummodelles.
21 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Seite 2 Lösung 7 a) Die Stabilität kann anhand der Eigenwerte λ i der Systemmatrix A beurteilt werden: λ det (λ i I A) = det λ + = λ(λ + )(λ 2) + (λ + ) λ 2 Die drei Eigenwerte sind somit: λ =, λ 2 =, λ 3 = = (λ + )(λ(λ 2) + ) = (λ + )(λ 2 2λ + ) = (λ + )(λ )(λ ) Das System hat zwei Eigenwerte mit positivem Realteil und ist somit instabil. b) Die Steuerbarkeitsmatrix des gegebenen Systems ist R 3 = [ b A b A 2 b ] = Die Steuerbarkeitsmatrix R 3 hat nicht vollen Rang, und somit ist das System nicht vollständig steuerbar. c) Die Beobachbarkeitsmatrix des gegebenen Systems ist c O 3 = c A = c A 2 2 Die Beobachtbarkeitsmatrix O 3 hat vollen Rang, und somit ist das System vollständig beobachtbar. d) Die Systemgleichungen lauten: Die Systemmatrizen A, b, c, d sind: 4 A = 5, b = ẋ (t) = x (t) + 4x 3 (t) + u(t) ẋ 2 (t) = x (t) 5x 3 (t) ẋ 3 (t) = x (t) + x 2 (t) + x 3 (t) y(t) = 2x (t) x 3 (t) 3u(t), c = [ 2 ], d = 3 e) Die Systemmatrizen eines Systems mit dem Input-Output Verhalten Σ(s) können mit Hilfe der Regelungsnormalform (controller canonical form) bestimmt werden [ ] A b = c d
22 Seite 22 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Aufgabe 8 (Multiple-Choice) 8 Punkte Shafai (Guzzella) Entscheiden Sie bei den folgenden Aussagen, ob sie richtig oder falsch sind. Markieren Sie das entsprechende Kästchen mit einem Kreuz ( ). Die Antworten sind nicht zu begründen. Alle Fragen sind gleich gewichtet ( Punkt). Falsch beantwortete Fragen geben je einen Punkt Abzug 3. Nicht beantwortete Fragen geben Punkte. Das Punkteminimum für die gesamte Aufgabe beträgt Punkte. a) Die Differentialgleichung δẋ = 9 δx + 2 δu beschreibt das linearisierte System des nichtlinearen Systems ẋ = 7 x 2 5 x+3 u 2 um den Gleichgewichtspunkt {x e =,u e = 2}. Richtig Falsch b) Das System mit der Übertragungsfunktion Σ(s) = s 4 erzeugt für ein konstantes s 2 +3s+2 Eingangssignal u(t) = h(t) und für t ein konstantes Ausgangssignal von 2. Richtig Falsch c) Das folgende Zustandsraummodel {A, b, c, d} stellt eine Realisierung für ein System mit der Übertragungsfunktion Σ(s) = s+3 A = [ 7 5 ], b = [ s 2 5s 7 : ], c = [ 3 ], D = [ ] Richtig Falsch d) Eine instabile Regelstrecke mit der Übertragungsfunktion P(s) = 2 s(s 3) wird mit einem PD-Regler C(s) = k p + k d s, mit den Reglerparametern k p = 2 und k d =.5, zu einem asymptotisch stabilen geschlossenen Regelsystem. Richtig Falsch e) Eine Regelstrecke mit der Übertragungsfunktion P(s) = s(s+5) (ein Integrator s mit einem Tiefpasselement erster Ordnung s+5 in Serie) wird mit einem P-Regler (k p > ) geregelt. Die Regelstrecke hat eine Störgrösse w an deren Eingang. w r k p + + P s y Das integrierende Verhalten der Regelstrecke bewirkt, dass eine konstante Störgrösse w(t) = h(t) für r(t) = und t vollständig unterdrückt werden kann, d.h. lim t y(t) =. Richtig Falsch 3 Seien Sie also vorsichtig!
23 Sessionsprüfung Regelungstechnik I Seite 23 f) Eine asymptotisch stabile Strecke wird mittels eines PI-Reglers C(s) = k P (+ T i s ) geregelt. Die Reglerparameter k p (Verstärkung des P-Teils) und T i (Nachstellzeit = Zeitkonstante des Integrators) sind so eingestellt, dass die Ausgangsgrösse des Regelsystems eine bleibende harmonische Schwingung aufweist (grenzstabiles Regelsystem). Falls die Nachstellzeit erhöht wird, wird das Regelsystem asymptotisch stabil. Richtig Falsch g) Ein asymptotisch stabiles Regelsystem hat mindestens eine garantierte Verstärkungsreserve von k < 2, falls dessen Sensitivität die Bedingung max S(jω) < 2 erfüllt. ω Richtig Falsch h) Die Kreisverstärkung L(s) = C(s) P(s) eines Regelsystems hat zwei instabile Pole. Die Nyquistkurve L(jω) ist unten für ω von bis + dargestellt. Das geschlossene Regelsystem ist deshalb asymptotisch stabil. 3 2 L(jω) Im Re Richtig Falsch Lösung 8 a) Richtig. Die Systemparameter A und b in der linearisierten Differentialgleichung δẋ = A δx + b δu erhalten wir durch partielle Differentiation der Funktion f(x,u) = 7 x 2 5 x + 3 u 2 nach x resp. u und deren Auswertung an der Gleichgewichtslage wie folgt: A = f(x,u) x=xe,u=u x e = 4 x e 5 + = 4 5 = 9 b = f(x,u) x=xe,u=u u e = u e = 6 2 = 2
24 Seite 24 Sessionsprüfung Regelungstechnik I b) Richtig. Das System ist mit den beiden Polen π = und π 2 = 2 asymptotisch stabil. Deshalb kann der Endwertsatz lim y(t) = lim s Y (s) = Σ() angewendet werden. Daraus t s erhalten wir lim y(t) = 2. Wegen der positiven Nullstelle wird das System minimalphasig. Das ändert aber den Limes lim y(t) nicht! t t c) Falsch. Die Vorzeichen der Elemente in der zweiten Zeile der A-Matrix stimmen nicht. Das richtige Zustamdsraummodell lautet: A = [ 7 5 ] [, b = ], c = [ 3 ], D = [ ] d) Falsch. Die charakteristische Gleichung für die Bestimmung der Pole des Regelsystems erhalten wir mit + L(s) = wie folgt: + L(s) = + C(s)P(s) = + 2(k p + k d s) s(s 3) = s 2 + (2k d 3)s + 2k p =. Mit den beiden Regelerparametern k p = 2 und k d =.5 erhalten wir die charakteristische Gleichung s =. Es resultieren somit zwei rein imaginäre Pole ±2j. Deshalb ist das Regelsystem nicht asymtotisch stabil! e) Falsch. Die Übertragungsfunktion des Störverhaltens w(t) y(t) des Regelsystems für r(t) = lautet: Σ yw (s) = P(s) + k P P(s) = s(s+5) + k P s(s+5) = s 2 + 5s + k p Daraus resultiert, dass für k p > der Grenzwert lim t y(t) = Σ yw () = k p > ist. f) Richtig. Eine Erhöhung der Nachstellzeit T i bewirkt eine positive Phasendrehung und eine Verkleinerung der Gesamtverstärkung des PI-Reglers. Dies sieht man am besten aus dem Frequenzgang C(jω) = k P ( T i ωj) eines PI-Reglers. g) Richtig. Falls die Bedingung max S(jω) < 2 erfüllt ist, wird die Kreisverstärkung L(jω) ω eine Kreisscheibe mit dem Mittelpunkt (, j) und dem Radius /2 nicht betreten (siehe Kapitel.4.2 die Gleichugn (.2)!). Deshalb ist mindestens eine Verstärkungsreserve von ( 2 3 <)k < 2 garantiert. h) Richtig. Für die asymptotische Stabilität des Regelsystems muss gemäss Nyquist-Kriterium die Nyquistkurve L(jω) zweimal im Gegenuhruhreigersinn den Punkt umlaufen, da L(s) zwei instabile Pole aufweist. Dies ist für das vorliegende Regelsystem der Fall.
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