Das Solow-Wachstumsmodell der kleinen offenen Volkswirtschaft von Michael Bräuninger
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- Rudolph Koenig
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1 1 Das Solow-Wachstumsmodell der kleinen oenen Volkswirtschat von Michael Bräuninger Zunehmend ist die Welt durch große internationale Kapitalmobilität gekennzeichnet. Während dies in der kurzristigen makroökonomischen Theorie weitestgehend berücksichtigt wird, indet die Untersuchung von Wachstumsprozessen überwiegend im Rahmen von Modellen ohne Kapitalmobilität statt. Insbesondere in der Lehrbuchliteratur wird weitgehend von geschlossenen Volkswirtschaten ausgegangen. In diesem Beitrag wird der Wachstumsprozess einer kleinen oenen Volkswirtschat mit perekter Kapitalmobilität modelliert. Dabei wird im Rahmen eines einachen Solow- Modells gezeigt, dass der Wachstumsprozess einer kleinen oenen Volkswirtschat vollständig andere Eigenschaten hat als der einer geschlossenen Volkswirtschat. 1. Modell In der kleinen oenen Volkswirtschat produzieren Unternehmen unter Verwendung von Kapital K und Arbeit N ein homogenes Gut Y. Die Produktionsunktion ist vom Cobb-Douglas-Typ: Y = K α N β mit α + β = 1 und α, β > 0. Es herrscht stets Vollbeschätigung. Die inländische Produktion kann ür Konsum, Investitionen und Nettoexport verwandt werden: Y = C + I + X. Die Bevölkerung und damit das Arbeitsangebot wächst mit einer konstanten Rate &N = nn, wobei der Punkt die Ableitung nach der Zeit t symbolisiert &N =dn/dt. Für die kleine oene Wirtschat ist der Weltmarktzins exogen als r * = const gegeben. Es wird angenommen, daß Kapital perekt mobil ist. Deshalb entspricht der inländische Zins dem Auslandszins r = r *. Unternehmen maximieren ihren Gewinn Π = Y rk wn unter vollständiger Konkurrenz. Deshalb entspricht das Grenzprodukt
2 2 des Kapitals dem Zins αy/k = r und der Lohn dem Grenzprodukt der Arbeit w = βy/n. Da der Zins konstant ist, olgt aus αy/k = r, dass Kapital und Produktion stets mit der gleichen Rate wachsen Y $ = K $. Dabei symbolisiert das Dach die Wachstumsrate. Durch Bildung von Wachstumsraten in der Produktionsunktion ergibt sich Y $ = αk $ + β N $. Mit N $ = n und Y$ = K$ olgt Y$ = K$ = n. Produktion und Kapital wachsen somit mit der natürlichen Rate und zwar nicht nur im Steady State sondern zu jedem Zeitpunkt. Da die Investitionen I den Kapitalstock vergrößern ( K & = I), olgt aus K $ = K & / K = n, dass die Investitionen zu jedem Zeitpunkt durch I = nk bestimmt sind. Die Inländer erhalten den Zins r au ihr Auslandsvermögen F. Das Einkommen der Inländer setzt sich aus dem Faktoreinkommen und den Zinsen au das Auslandsvermögen zusammen: Y + rf. Das Einkommen der Inländer wird ür Konsum und Ersparnis verwendet. Die Haushalte sparen einen konstanten Anteil ihres Einkommens S = s(y + rf). Folglich ist der Konsum durch C = (1 s)(y + rf) gegeben. Der Leistungsbilanzüberschuss ist deiniert als Summe aus Handelsbilanzüberschuss und ZinszulussE=X+rF.Der Leistungsbilanzüberschuss erhöht das Auslandsvermögen F & =E. Sinnvollerweise indet die weitere Untersuchung in Pro-Kop-Größen statt. Die Produktion pro Kop ist y = k α, wobei k = K/N das Kapital pro Kop darstellt. Da Produktion und Kapital mit der natürlichen Rate wachsen, sind das Pro-Kop-Kapital und die Pro-Kop-Produktion konstant. Der Zins entspricht dem Grenzprodukt des Kapitals: r = αy/k. Mit y = k α olgt durch aulösen: k=(α/r) 1/β (1) Durch Einsetzen in die Produktionsunktion erhalten wir die Pro-Kop-Produktion:
3 3 y=(α/r) α/β (2) Die Verwendungsgleichung kann in Pro-Kop-Größen als y = c + i + x geschrieben werden. Dabei ist c = C/N der Konsum pro Kop, i = I/N die Investitionen pro Kop und x = X/N der Nettoexport pro Kop. Aus der Konsumunktion olgt c = (1 s)(y + r), mit = F/N als Auslandsvermögen pro Kop. Da die Investitionen stets mit I = nk gegeben sind olgt ür die Pro-Kop-Investitionen i = nk. Folglich kann y = c + i + x als: y = (1 s)(y + r) + nk +x (3) geschrieben werden. Um die Bewegungsgleichung ür das Auslandsvermögen pro Kop zu erhalten, wird = F/N nach der Zeit t abgeleitet: & = FN & NF & F& N& F = 2 N N N N Mit & F ergibt sich: = E, N & / N = n, = F/ N und e = E/N als Leistungsbilanzüberschuss pro Kop & = e n (4) Dabei ist der Leistungsbilanzüberschuss pro Kop die Summe aus Nettoexport pro Kop und Zinszuluss pro Kop: e = x + r (5) Die Gleichungen (1) bis (5) deinieren das Modell in Pro-Kop-Größen. Die endogenen Variablen sind e, &,k,xundy.
4 4 Pro-Kop-Kapital und Pro-Kop-Produktion sind kurzristig konstant. Entsprechend zu (1) und (2) werden das Pro-Kop-Kapital und die Pro-Kop- Produktion durch den Auslandszins und die Parameter der Produktionsunktion bestimmt. Steigt der Auslandszins, so allen Pro-Kop-Kapital und Pro-Kop- Produktion. Beide Größen sind unabhängig von der Sparquote und der Bevölkerungswachstumsrate. Dies steht im oensichtlichen Gegensatz zum Modell der geschlossenen Wirtschat, in der die Sparquote und die Bevölkerungswachstumsrate das Modell und seine Dynamik determinieren. 2. Langristiges Gleichgewicht Im langristigen Gleichgewicht bleibt das Auslandsvermögen pro Kop konstant. Wird & = 0 in (4) eingesetzt, ergibt sich e = n. Dabei ist e der tatsächliche Leistungsbilanzüberschuss und n der Leistungsbilanzüberschuss, der notwendig ist, das Auslandsvermögen pro Kop, bei einer wachsenden Bevölkerung, konstant zu halten. Entsprechend (5) gilt: e = x + r. Der Nettoexport pro Kop ergibt sich aus (3) als x = sy (1 s)r nk und somit e = s(y + r) nk. Dabei ist s(y + r) die Ersparnis pro Kop - und damit der nicht konsumierte Teil des Einkommens pro Kop. nk sind die Investitionen pro Kop. Übersteigt die Ersparnis pro Kop die Investitionen pro Kop, so ergibt sich ein Leistungsbilanzüberschuss. Ist die Ersparnis hingegen kleiner als die Investitionen pro Kop, ergibt sich ein Leistungsbilanzdeizit. Abbildung 1 zeigt den Leistungsbilanzüberschuss pro Kop und den n-strahl. Dabei ist die Steigung der e-geraden durch de/d = rs und die Steigung des n-strahls durch n gegeben. Es wird angenommen, dass rs < n ist. Empirisch gesehen ist dies eine relativ sichere Annahme: Der Zins entspricht 4% und die Wachstumsrate ist 3%. Bei einer Sparquote von 10% gilt rs = 0,04 < 0,3 = n. Selbst bei sehr viel höheren Sparquoten ist die Ungleichung erüllt. In Abbildung 1 liegt ein Gleichgewicht bei * vor, denn dort gilt e = n und somit bleibt das Auslandsvermögen pro Kop konstant. Bei 1 ist der Leistungsbilanz-
5 5 überschuss e größer als der zum Erhalt des Auslandsvermögens pro Kop notwendige n 1. Deshalb steigt das Auslandsvermögen pro Kop. Bei 2 gilt e < n 2. Deshalb sinkt das Auslandsvermögen pro Kop. Folglich ist das langristige Gleichgewicht stabil. e n s(y+r) -nk 1 * 2 Abb. 1: Gleichgewicht Wird in der Gleichgewichtsbedingung e = n der Leistungsbilanzüberschuss e = s(y + r) nk eingesetzt und nach augelöst, ergibt sich analytisch das Auslandsvermögen pro Kop: = (sy nk)/(n rs). Die Pro-Kop-Produktion und das Pro-Kop-Kapital können mit Hile von (1) und (2) ersetzt werden: αβ / as αn/ raα/ r = (6) n rs Soern s > αn/r olgt > 0 und soern s < αn/r olgt < 0. Mit anderen Worten besitzt das Land mit einer hohen Sparquote ein Auslandsvermögen und das Land mit einer niedrigen Sparquote hält Auslandsschulden. Analog gilt: Soern n > rs/α olgt < 0 und soern n < rs/α olgt > 0. Anderes ausgedrückt: Das schnell wachsende Land hält Auslandsschulden und das langsam wachsende Land hält ein Auslandsvermögen.
6 6 Bei s = 0 ergibt sich = (α/r) 1/β = k. Dies ist intuitiv einleuchtend, da bei einer Ersparnis von Null der gesamte Kapitalstock durch Auslandsschulden inanziert werden muss. Soern s steigt, sinkt die Auslandsschuld. Bei s = αn/r ist die Auslandsposition ausgeglichen. Und bei s > αn/r besitzt das Land ein Auslandsvermögen. Wenn die Sparquote gegen n/r konvergiert, explodiert das Pro-Kop-Auslandsvermögen und geht gegen unendlich. Allerdings muss dieses Ergebnis nicht zu wörtlich genommen werden: Ein Land mit einem gegen unendlich gehenden Auslandsvermögen bleibt nicht klein und wird einen Einluss au den Weltzins haben. Aus der Gleichgewichtsbedingung e = n olgt, dass in einem Land mit einem Auslandsvermögen ( > 0) auch die Leistungsbilanz pro Kop einen Überschuss auweist (e > 0). Analog dazu olgt aus Auslandsschulden ( < 0) auch ein Leistungsbilanzdeizit pro Kop (e < 0). Aus e = n und e = x + r olgt ür den Nettoexport: x = (n r). Empirisch ist r > n. Somit olgt, dass ein Auslandvermögen ( > 0) langristig einen negativen Nettoexport, d.h. ein Handelsbilanzdeizit impliziert (x < 0). Analog ergibt sich ür Auslandsschulden ( < 0) ein Handelsbilanzüberschuss (x >0). Wie sind diese Zusammenhänge kausal zu erklären? Zunächst ist ür ein konstantes Pro-Kop-Auslandsvermögen ( > 0) ein Leistungsbilanzüberschuss erorderlich. Da die Bevölkerung wächst, muss das Auslandsvermögen mit der gleichen Rate wachsen, damit das Auslandsvermögen pro Kop konstant bleibt. Die Pro-Kop-Zinseinnahmen au das Auslandsvermögen entsprechen r. Der zum Erhalt des Auslandsvermögens notwendige Leistungsbilanzüberschuss entspricht n. Augrund von r > n übersteigen die Zinseinnahmen den zum Erhalt des Pro-Kop-Auslandsvermögens notwendigen Leistungsbilanzüberschuss. Folglich muss ein Handelsbilanzdeizit vorliegen. Anders ausgedrückt erlauben die Zinseinnahmen au das Auslandsvermögen dem Land mehr zu importieren. Im Fall von Pro-Kop-Auslandsschulden ( < 0) werden diese durch ein Leistungsbilanzdeizit konstant gehalten. Die Zinszahlungen pro Kop r übersteigen jedoch das zum Erhalt der Auslandschulden erlaubte Leistungsbilanzdeizit n. Deshalb ist ür das Land mit Auslandsschulden ein Handelsbilanzüberschuss erorderlich.
7 7 Das natürliche Wohlahrtskriterium im Solow-Wachstumsmodell ist der Pro-Kop- Konsum c = (1 s)(y + r). Einsetzen von = (sy nk)/(n rs) ührt unter Beachtung von rk = αyzu: ( 1 s) βny c = n rs (7) Bei s = 0 ergibt sich c = βy. Dies ist eine Folge von = k. Der gesamte Kapitalstock ist im Besitz von Ausländern. Damit ließt auch das gesamte Kapitaleinkommen den Ausländern als Zins au die Auslandsschuld zu. Der Lohn entspricht βy, und dieser wird vollständig konsumiert. Soern s steigt, sinkt die Auslandsschuld und damit der Zinsabluss an das Ausland. Als Resultat lässt sich somit esthalten: Ein Anstieg der Sparquote erhöht den Pro-Kop-Konsum. Übersteigt s die kritische Grenze, entsteht ein Auslandsvermögen und damit ein Zinszuluss, die einen höheren Pro-Kop- Konsum erlauben. Konvergiert s gegen n/r, so explodiert das Auslandsvermögen pro Kop. Als Folge explodieren die Zinseinnahmen pro Kop und der Konsum pro Kop. Soern n sehr klein ist (n = rs), geht das Auslandsvermögen pro Kop und damit auch der Konsum pro Kop gegen unendlich. Bei einem Anstieg der Bevölkerungswachstumsrate geht der Pro-Kop-Konsum zurück. Um den Einluss des Weltmarktzinses au den Konsum zu untersuchen, wird in (7) das Einkommen durch (2) substituiert: α β ( 1 s) βn( α/ r) / c = n rs (8) Die Ableitung von (8) nach r zeigt, dass sich bei r = r = αn/s ein Minimum ür den Pro-Kop-Konsum ergibt. Wird r = αn/s in (8) eingesetzt, ergibt sich der minimale Konsum als c = (1 s)(α/n) α/β. In der geschlossenen Wirtschat gilt stets r = αn/s und c =(1 s)(α/n) α/β. Der Konsum in der kleinen oenen Volkswirtschat mit Kapitalmobilität ist somit sowohl bei r < r als auch bei r > r höher als in der geschlossenen
8 8 Wirtschat. Insoern erhöht Kapitalmobilität den Konsum und die Wohlahrt, und zwar unabhängig davon, ob das Land internationaler Schuldner oder Gläubiger ist. Tabelle 1 zeigt die Gleichgewichtswerte ür ein numerisches Beispiel. Tabelle 1: Numerisches Beispiel ür Gleichgewichte. Variationen der Sparquote k y r y+r c x e s = s = s = s= Angenommene Parameterwerte: r = 0.04, n = 0.03, α =0.2,β =0.8 Variationen der Wachstumsrate k y r y+r c x e n = n = n = Angenommene Parameterwerte: r = 0.04, s = 0.1, α =0.2,β =0.8 Variationen des Zinses k y r y+r c x e r = r = r = Angenommene Parameterwerte: n = 0.03, s = 0.1 α =0.2,β =0.8
9 9 3. Anpassungsprozesse 3.1 Anstieg der Sparquote Die Wirtschat beindet sich im langristigen Gleichgewicht. Die Sparquote ist oberhalb des kritischen Werts s > αn/r. Deshalb hält das Land ein Auslandsvermögen und einen Leistungsbilanzüberschuss. Der Nettoexport ist negativ, d.h. es liegt ein Handelsbilanzdeizit vor. Die Pro-Kop-Größen des Auslandsvermögens, des Leistungsbilanzüberschusses und des Handelsbilanzdeizits sind ebenso konstant wie Pro-Kop-Kapital und Pro-Kop-Produktion. In dieser Situation steigt die Sparquote. Abbildung 2 zeigt die Veränderung des Gleichgewichts. Durch die erhöhte Sparquote verschiebt sich die e-gerade nach oben, und es kommt langristig zu einem höheren Auslandsvermögen pro Kop. e n e * ** Abb. 2: Veränderung der Sparquote Nun zum Anpassungsprozess. Kurzristig sind das Pro-Kop-Kapital und das Pro- Kop-Auslandsvermögen als Bestandsgrößen unveränderlich. Damit bleiben auch die Pro-Kop-Produktion und das Pro-Kop-Einkommen der Inländer konstant. Da das Pro-Kop-Kapital weiterhin unverändert durch den Zins determiniert ist, bleiben die Investitionen pro Kop unverändert bei i = nk. Bei unverändertem Einkommen der Inländer ührt der Anstieg der Sparquote zu einem Rückgang des Pro-Kop-Konsums:
10 10 c = (1 s)(y + r). Dies erlaubt einen Anstieg des Pro-Kop-Nettoexports, d.h. einen Rückgang des Handelsbilanzdeizits: x = y c nk. Das verringerte Handelsbilanzdeizit erhöht den Leistungsbilanzüberschuss pro Kop: e = x + r. Damit übersteigt der realisierte Leistungsbilanzüberschuss pro Kop den zum Erhalt des Auslandsvermögens pro Kop notwendigen e > n. Als Folge beginnt mittelristig das Auslandsvermögen pro Kop zu steigen: & = e n > 0. Damit steigt auch der Zinszuluss r. Dies erhöht den Leistungsbilanzüberschuss pro Kop und das Einkommen der Inländer pro Kop y + r. Mit dem steigenden Einkommen der Inländer steigt deren Konsum und der Nettoexport geht zurück. Langristig bleiben alle Pro-Kop-Größen wieder konstant. Das Auslandsvermögen, der Leistungsbilanzüberschuss und der Konsum pro Kop sind gestiegen. Der Nettoexport ist gesunken. Die Abbildung 3 zeigen die Zeitpade. -x e -x e Abb. 3a: Handelsbilanzdeizit pro Kop t Abb. 3b: Leistungsbilanzüberschuß pro Kop t c c Abb. 3c: Konsum pro Kop t Abb. 3d: Auslandsvermögen pro Kop Abb. 3: Zeitpade - Erhöhung der Sparquote t
11 Rückgang des Bevölkerungswachstums Die Wirtschat beindet sich im langristigen Gleichgewicht. Auslandsvermögen, Leistungsbilanzüberschuss und Handelsbilanzdeizit jeweils pro Kop der Bevölkerung sind ebenso konstant wie Pro-Kop-Kapital und Pro-Kop-Produktion. In dieser Situation ällt die Wachstumsrate. Abbildung 4 zeigt die Veränderung des Gleichgewichts. Die e-gerade verschiebt sich nach oben und der n-strahl dreht nach rechts. Im neuen langristigen Gleichgewicht liegt ein höheres Auslandsvermögen pro Kop vor. e n e * ** Abb. 4: Rückgang des Bevölkerungswachstums Kurzristig sind das Pro-Kop-Kapital und das Pro-Kop-Auslandsvermögen ebenso konstant wie die Pro-Kop-Produktion und das Pro-Kop-Einkommen der Inländer. Da das Pro-Kop-Kapital weiterhin unverändert durch den Zins determiniert ist, aber die Bevölkerungswachstumsrate abgenommen hat, sinken die Investitionen pro Kop: i = nk. Bei unverändertem Einkommen der Inländer und konstantem Konsum c = (1 s)(y + r) erlaubt der Rückgang der Pro-Kop-Investitionen einen Rückgang des Pro-Kop- Handelsbilanzdeizits: x = y c nk. Dieser erhöht den Leistungsbilanzüberschuss pro Kop: e = x + r. Gleichzeitig ist bei einem geringeren Bevölkerungswachstum ein geringerer Leistungsbilanzüberschuss pro Kop notwendig, um das Auslandsvermögen pro Kop konstant zu halten. Als Folge beginnt mittelristig das Auslandsvermögen
12 12 pro Kop zu steigen: & = e n. Dies erhöht den Zinszuluss r und damit den Leistungsbilanzüberschuss pro Kop und das Pro-Kop-Einkommen der Inländer: y + r. Mit dem steigenden Pro-Kop-Einkommen der Inländer steigt deren Konsum und der Pro-Kop-Nettoexport geht zurück. Langristig bleiben alle Pro-Kop-Größen wieder konstant. Das Auslandsvermögen, der Leistungsbilanzüberschuss und der Konsum pro Kop sind gestiegen. Die Zeitpade des Handelsbilanzdeizits und des Leistungsbilanzüberschusses, jeweils pro Kop, sind strukturell identisch zu denen bei einer Erhöhung der Sparquote (siehe Abbildungen 3a und 3b). Abbildung 5 zeigt die Zeitpade des Pro-Kop-Konsums und des Pro-Kop-Auslandsvermögens. c c Abb. 5a: Konsum pro Kop t Abb. 5b: Auslandsvermögen pro Kop t Abb. 5: Zeitpade - Rückgang des Bevölkerungswachstums 4. Modellerweiterungen Das hier dargestellte Solow-Modell unterstellt eine exogen gegebenen Sparquote. Eine wesentliche Erweiterung des Modells stellt die Mikroundierung der Sparentscheidung durch intertemporale Optimierung über einen endlichen Horizont (überlappende Generationen und Modell der ewigen Jugend) oder über einen unendlichen Horizont (Ramsey Modell) dar. Solche Modelle sind ür die kleine oenen Wirtschat in Barro/Sala-i-Martin (1995), Maußner/Klump (1996), Obsteld/Rogo (1996) und Carlberg (1997) dargestellt. Wie im Solow-Modell sind
13 13 die Eigenschaten dieser Modelle in der kleinen oenen Wirtschat mit Kapitalmobilität konträr zu denen in Modellen der geschlossenen Wirtschat. So ist zu ragen, ob das überwiegend in der Literatur verwendete Modell der geschlossenen Wirtschat überhaupt gerechtertigt werden kann. Zwei empirische Beobachtungen stehen der weiten Verbreitung des Modells der kleinen oenen Wirtschat entgegen. 1) Das Modell impliziert, dass die Investitionsquote unabhängig von der Sparquote ist. Empirisch indet sich aber eine deutliche Korrelation zwischen Investitions- und Sparquote. Au diesen Widerspruch haben zunächst Feldstein/Horioka (1980) hingewiesen. Jüngere Untersuchungen, z.b. Bayoumi (1999) zeigen, dass diese Korrelation in den 80ziger und 90ziger Jahren zwar abgenommen hat, aber dennoch signiikant ist. 2) Wie Tabelle 1 zeigt, impliziert das Modell, dass geringe Variationen der Sparquote zu sehr großen Veränderungen des Auslandsvermögens ühren. So ergeben sich bei einer Sparquote von 10% Auslandschulden, die etwa dem doppelten des Einkommens entsprechen. Bei einer Sparquote von 15% liegt eine ausgeglichene Auslandsposition vor und bei einer Sparquote von 20% ist das Auslandsvermögen mehr als doppelt so groß wie die inländische Produktion. Empirisch hat das deutsche Auslandsvermögen niemals 20% des Bruttoinlandsprodukts überstiegen und die US Auslandsschulden sind unter 10% des Bruttoinlandsprodukts. Damit lässt die Empirie vermuten, dass die Kapitalmobilität nicht perekt ist. Barro/Mankiw/Sala-i-Martin (1995) betrachten eine kleine oene Wirtschat in einem neoklassischen Wachstumsmodell mit Humankapital und über einen unendlichen Horizont maximierenden Individuen. Dieses Modell wird auch in Barro/Sala-i-Martin (1995) und in Maußner/Klump (1996) dargestellt. In Bräuninger (1999) wird ein um Humankapital erweitertes Solow-Modell der kleinen oenen Wirtschat untersucht. In diesen Modellen ist Sachkapital international mobil, während Humankapital immobil ist. Ein Anstieg der Sparquote (Rückgang der Zeitpräerenz) ührt zu einem Anstieg des Auslandsvermögens und zu einem steigenden Einkommen der Inländer. Dieses erlaubt höhere Ausbildungsinvestitionen, die das Humankapital erhöhen. Damit steigt der Grenzertrag des Sachkapitals. Deshalb steigen die Investitionen, um das Kapital so zu erhöhen, dass sein Grenzertrag wieder dem gegebenen Zins entspricht. Insoern sind Spar- und Investitionsquote korreliert. Carlberg (1997) betrachtet eine Welt mit
14 14 expliziten internationalen Verschuldungsgrenzen. Soern diese Grenzen erreicht sind, ührt ein Anstieg der Sparquote auch zu einem Anstieg der Investitionsquote. Literatur Barro, R. J., X. Sala-i-Martin, Economic Growth, New York, Barro, R.J., N.G. Mankiw, X. Sala-i-Martin, Capital Mobility, in: Neoclassical Models o Growth, in: American Economic Review, Vol. 85 (1995), Bräuninger, M., Human Capital and Growth in Small Open Economies, in: Jahrbuch ür Wirtschatswissenschaten, Vol. 50 (1999), Bayoumi, T., Is There a World Capital Market? in H. Siebert (Hg): Globalization and Labor, Tübingen, 1999 Carlberg, M., International Economic Growth, Heidelberg, Feldstein, M.S., C. Horioka, Domestic Savings and International Capital Flows, in: Economic Journal, Vol. 90 (1980), Maußner, A., R. Klump, Wachstumstheorie, Berlin, Obsteld, M., K. Rogo, Foundations o International Macroeconomics, Cambridge, Massachusetts, London, England, 1996.
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