2.3 Kritik am Stage-Gate-Prozess und alternative Ansätze
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- Leopold Fried
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1 TUHH: Globalisierung des Innovationsprozesses Das Institut für Technologie- und Innovationsmanagement der TU Hamburg/Harburg 21 TUHH) beschäftigt sich mit der Globalisierung des Innovationsprozesses und hat dazu eine einfache Darstellung gewählt (siehe Abbildung 19). In der Beschreibung wird die Möglichkeit der Überlappung von Phasen genannt. Der Schwerpunkt des Prozesses liegt auf Forschung und Entwicklung. Abbildung 19: Innovationsprozess Prinzipdarstellung von TUHH Quelle: TUHH, ( ) Diese Beispiele zeigen eine zunehmende Flexibilität und betonen Kundenbedürfnisse bzw. Markttrends stärker als bisherige Modelle. Sie bleiben aber dem prinzipiellen linearen Ablauf verhaftet. Es gibt aber auch alternative Ansätze. 2.3 Kritik am Stage-Gate-Prozess und alternative Ansätze Vorausgeschickt sei, dass es sich hier nicht um Kritik an einem geplanten und strukturierten Vorgehen grundsätzlich handelt. Cooper führt in vielen Artikeln Studien an, die einen gelebten Prozess als wichtigsten Erfolgsfaktor ausweisen (siehe weiter unten). Illustriert sei dies auch durch eine Studie an ca. 500 japanischen Technik-Unternehmen (brauchbare Antworten auf 2000 Fragebögen), in welcher nachgewiesen wurde, dass 21 s. ( ) 27
2 intensive Planung einen positiven Einfluss auf die Beseitigung von Unsicherheiten in Markt und Technik hat, und dies wiederum positiv auf Effektivität und Effizienz der Produktentwicklung wirkt (siehe Verworn et al. 2006). Die Kritik kann sich also nur darauf konzentrieren, wie ein Prozess gestaltet ist und wie er tatsächlich eingesetzt und eingehalten wird. Kritik am Stage-Gate-Prozess nach Cooper kommt zunächst von Cooper selbst. Er kritisiert dabei, wie der Prozess in Unternehmen angewendet, auch missbraucht wird. Daraus leitet Cooper Empfehlungen ab und integriert modernere Entwicklungen des Engineerings wie lean production oder agile (software) development in sein Prozessmodell, um es flexibler und effektiver zu gestalten. Dem ist der erste Abschnitt dieses Kapitels gewidmet. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit Ansätzen, die teilweise vom Stage-Gate- Prozess angeregt über diesen hinausgehen oder völlig unabhängig davon sind Coopers Kritik, Empfehlungen und Weiterentwicklung Cooper ( ) berichtet über eine Studie ein paar Jahre zuvor, die einen alarmierenden Rückgang der Produktivität in der Produktentwicklung, d.h. deutlich weniger neue Produkte bei gleichem F&E-Aufwand festgestellt hatte, sowie über die Ursache dieses Sachverhaltes und über Vorschläge zur Behebung dieses Missstandes. Als Hauptunterschied zu früher (Cooper vergleicht mit den 1990-er Jahren) wurde ein Mangel an bahnbrechenden Projekten festgestellt ( blockbuster projects ), also an Projekten, die wirklich Neues hervorbringen sollten (ebd. S.1). Cooper führt dies auf drei Hauptursachen zurück, erstens auf die von der Finanzwelt verursachte kurzfristige Ergebniserwartung ( short-term focus business model ), zweitens auf personell zu gering ausgestattete Projekte und drittens auf fehlende Strategie. Die Vorschläge zur Behebung der Malaise lauten demgemäß Konzentration der (angemessen dotierten) Kräfte durch eine Strategie, 22 Der Artikel Cooper 2007 beruht auf einem Interview, also gesprochenem Wort. 28
3 systematische Suche nach neuen Ideen: mit open innovation, dem Ohr am Kunden und bei den eigenen Mitarbeitern und deren Ideen, Messung des Managements nicht nur an Quartalsergebnissen, sondern auch am Ausstoß neuer Produkte. Bzgl. Stage-Gate-Prozess fordert Cooper (ebd. S.4) eine Entrümpelung von bürokratischen Hürden und arbeitsintensiven, aber nicht ergebnisorientierten Tätigkeiten 23. Mit sieben Prinzipien soll wieder eine schlanke ( lean ), schnelle ( rapid ) und profitable Produktentwicklung möglich werden: 1. Ausrichtung auf den Kunden in jeder Phase 2. Schwerpunkt am Anfang mit sauberen Untersuchungen von Markt, Technik, Lieferanten und Geschäftschancen 3. Entwicklung in Spiralen analog der agilen Softwareentwicklung mit zahlreichen Feedbackschleifen von Konzept über Prototyp bis zum (fast) fertigen Produkt 4. Ganzheitliche Sicht mit einem definierten, verantwortlichen, bereichsübergreifenden Team (Mitarbeit von Vertrieb bis Service) 5. Metriken, Rechenschaftspflicht und kontinuierliche Verbesserung 6. Portfoliomanagement und Fokussierung (Anm.: Strategie) 7. Anpassung des Prozesses an die Gegebenheiten im Unternehmen und im Projekt Von da weg ziehen sich die genannten Prinzipien und Vorschläge als Schwerpunkte, gelegentlich abgewandelt, durch mehrere Artikel bis heute (vgl. Cooper und Kleinschmidt 2007, Cooper 2009, 2011, Cooper und Edgett 2008, 2012). Gelebter Prozess Eine Hauptkritik Coopers, die sich durch mehrere Artikel zieht, lautet, dass der Stage- Gate-Prozess oft nur formal und sehr grob eingeführt, aber nicht an das Unternehmen angepasst und konsequent eingehalten, also gelebt wird. Umgekehrt formuliert heißt dies, 23 Wörtlich bezeichnet Cooper so manche Ausprägung des Stage-Gate-Prozesses als bürokratischen Alptraum ( That s not a Stage-Gate process. That is a bureaucratic nightmare!"). 29
4 dass nur ein gelebter Prozess ein Erfolgsfaktor für Unternehmen ist (vgl. auch Cooper und Kleinschmidt 2007, Cooper 2009). 24 Dies findet sich auch in einem aktuellen Artikel. Cooper und Edgett (2012) berichten von einer Studie des American Productivity & Quality Centers (APQC) und des Product Development Institutes (PDI) über die Erfahrungen mit Prozessen zur Entwicklung neuer Produkte auf Basis des Stage-Gate-Prozesses und deren Wirksamkeit. Mit einer Befragung von über 200 größeren, best-performing Unternehmen und einer anschließenden Vor- Ort-Analyse ausgewählter Unternehmen wurde zwei Fragen nachgegangen: Arbeiten Stage-Gate-Prozesse tatsächlich und welche Aspekte machen sie erfolgreich?, sowie Welche Steuerungsstrukturen sind in solchen Prozessen am wirksamsten? (ebd. S.44). Aus den Aussagen der erfolgreichsten Unternehmen der Studie wurden Schlüsseleigenschaften für die Wirksamkeit der Prozesse abgeleitet, die da sind (ebd. S.48f.): Der Prozess ist sichtbar (Anm.: publiziert, allgemein bekannt), an die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst ( well mapped ) und so beschrieben, dass er angewendet werden kann ( documented at an operational level ). Der Prozess wird gelebt ( really used ). Der Prozess unterstützt den Zugriff auf benötigte Ressourcen und behindert nicht durch bürokratische Barrieren. Im Prozess sind Prüfungen seiner korrekten Anwendung integriert, wobei dies der schwächste Punkt sei (ebd. S.49). Der Prozess ist anpassbar und skalierbar. Je nach Projektgröße, risiko und anderen Spezifika kann der Prozess umfangreicher und genauer oder einfacher gestaltet werden, indem Phasen zusammengefasst oder ausgelassen werden und Entscheidungskriterien für die Gates mehr oder weniger detailliert ausgeführt werden. Darüberhinaus gibt es oft einen dezidierten Stage-Gate-Prozessmanager, der als Trainer, Coach und Moderator der Teams fungiert und für kontinuierliche Verbesserungen sorgt, immer mit dem Ziel vor Augen, rasch erfolgreiche neue Produkte auf den Markt zu bringen (ebd. S.49f.). 24 Dies deckt sich mit meiner Erfahrung als ehemaliger Qualitätsmanager eines Softwareentwicklungsunternehmens, dass ein nicht ganz perfekter Prozess, der gelebt wird, wesentlich mehr zum Erfolg und zur Qualität der Produkte beiträgt als der modernste und beste Prozess, der nur auf dem Papier steht. 30
5 Ein spezieller Fokus wird auf die Gates und die Gatekeepers gelegt, d.h. auf Personen, die Verantwortung für die Entscheidungen und den Entscheidungsprozess übernehmen (ebd. S.50ff.). Auch für Gatekeepers hat die Studie Schlüsseleigenschaften ermittelt: Gatekeepers werden explizit benannt und haben Entscheidungsvollmacht. Die Benennung eines Gatekeepers hängt vom Projektrisiko ab je höher das Risiko, desto höher sind auch Rang und Entscheidungsbefugnis des Gatekeepers. Ebenso kann der Gatekeeper innerhalb des gleichen Projekts je nach Tragweite der anfallenden Entscheidung wechseln. Gatekeepers veranstalten die entscheidenden Besprechungen und nehmen auch daran teil. Besprechungsdisziplin wird hervorgehoben. Gatekeeper leisten ihren Beitrag zur Entscheidung. Sie sind vorbereitet, kennen das Projekt und stellen die richtigen Fragen. Die Treffen dienen nicht der Information der Gatekeeper, sondern der Entscheidung durch diese. Auch für die Entscheidungsfindung selbst wurden Schlüsselkriterien gefunden. Neben Selbstverständlichkeiten 25 wie Tagesordnungen, die vor der Besprechung verteilt und in ihr eingehalten werden, pünktlichem Beginn und Ende der Besprechung und einem aussagekräftigen Protokoll, das alle Entscheidungen und Beschlüsse enthält, werden noch folgende Kriterien hervorgehoben (ebd. S.52f.): Die Entscheidungskriterien sind vorab definiert. Die erforderlichen Resultate sind festgelegt. Entscheidungen werden objektiv und aufgrund von Fakten getroffen. (Hier bestünden sogar bei den erfolgreichsten Unternehmen Defizite.) Entscheidungen werden in der Entscheidungssitzung getroffen. Die Gatekeeper stehen zu den Entscheidungen und unterstützen sie danach. Wirksame Gates als Voraussetzungen für einen effektiven und effizienten Prozess werden als Gates with teeth auch schon in Cooper 2009 (S.47ff.) und sogar schon in Kleinschmidt et al (S.81) gefordert. 25 Hier sei mir als ehemaligem Qualitätsmanager die Bewertung dieser Eigenschaften als Selbstverständlichkeiten erlaubt! 31
6 Lean Auch die weiter oben genannte Anpassbarkeit wird öfter gefordert. Der Prozess muss dem Projektumfang, dem Grad an Innovation und dem einzugehenden Risiko angemessen sein. So fordert Cooper (2009, S.52f.), den Prozess (bzw. das ganze Innovationssystem incl. Organisation, Strategie, IT-Unterstützung, etc.) schlank ( lean ), anpassbar, flexibel und skalierbar zu machen. Dabei verweist Cooper auf das Konzept der Wertstromanalyse aus der Fertigung ( lean manufacturing ), mit welchem im Innovationsprozess Aktivitäten, die keinen Wert schaffen, entdeckt und somit dieser weiter verbessert werden könnte. Zu lösen sei auch noch das Dilemma folgender gegensätzlicher Forderungen: einerseits müsse die Produktentwicklung effektiver, also die Zahl der Fehlversuche reduziert werden, was ein genaueres und sorgfältigeres Vorgehen nahelegt; andererseits müsse die Effizienz gesteigert, also schneller gearbeitet werden. Für dieses Dilemma sei paralleles Vorgehen eine mögliche Lösung (Cooper 2011, S.89). Traditionell sei in der Entwicklung neuer Produkte ein serielles Vorgehen, ähnlich einem Staffellauf ( relay race ) üblich. Demgegenüber sei ein Vorgehen ähnlich einem Rugbyspiel 26 mit vielen parallel laufenden und energisch interagierenden ( vigorously interacting ) Spielern zu empfehlen. Durch die Gleichzeitigkeit würden intensivere Anstrengungen unternommen, die Gefahr, eine Aufgabe aus Zeitmangel (gegen Ende) unerledigt zu lassen, werde geringer und die Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen werde gefördert, da Marketing, Entwicklung, Service etc. gleichzeitig beteiligt sind. Learn Eines der oben genannten Prinzipien ist die kontinuierliche Verbesserung. Cooper (2009, S.53ff) sieht dafür das Review nach der Übergabe des Produktes in die normale Produktion vor. Durch das Review soll der Erfolg des Produktes überprüft und kontinuierliches Lernen und Verbessern ermöglicht werden. Bei Misserfolgen sollten die Fehlerursachen im Fokus stehen und nicht die Suche und Bestrafung von Schuldigen. 26 Dieser Vergleich mit Rugby legt eine Beschäftigung Coopers mit Scrum nahe, auch wenn Scrum in den gesichteten Dokumenten nicht vorkommt (wohl aber agile Entwicklung). 32
7 Allerdings wird andernorts (Cooper und Kleinschmidt 2007, S.63f.) die Innovationskultur als weniger einflussreich als erwartet bezeichnet. Dort wird über Studien berichtet, in welchen verschiedene Teilaspekte eines innovativen Klimas (ein Ideensuchprogramm, freie Zeit für Ideen und deren Ausarbeitung, dafür verfügbare Ressourcen und die Erlaubnis, dass Teams an inoffiziellen Projekten arbeiten) bei der Frage nach der Wichtigkeit geringere Werte erhalten hätten. 27. Systematische Ideensuche ( Discovery, open innovation, Grundlagenforschung) Viele Vorschläge beschreibt Cooper als Erkenntnisse aus Studien von erfolgreichen Unternehmen, als best practices, die diese erfolgreichen Unternehmen entwickelt haben. So beschreiben die beiden Artikel Cooper et al. 2002a und b Neuerungen und Verbesserungen im Stage-Gate-Prozess, die sich als best practices in Studien der PDMA herauskristallisiert haben. Part I (2002a) behandelt eine neue Entdeckungsphase und die bessere Integration der Grundlagenforschung. Part II (2002b) behandelt Projektauswahl und effektive Entscheidungen, sowie Portfoliomanagement. Wegen der Bedeutung guter Ideen für neue Produkte sei eine Phase Entdeckung zu Beginn des Stage-Gate-Prozesses ergänzt worden, um Ideen systematisch zu generieren statt auf zufällige Ideen zu hoffen (vgl. auch Cooper 2009, S.55). Sie ersetzt die eher spontane Idee, die Erleuchtung die Glühbirne aus Abbildung 6. So gibt es nun ein Ideenmanagement mit einem Speicher für alle jemals gemeldeten Ideen, sowie mit Feedback an alle Ideengeber und regelmäßiger Überprüfung abgelehnter Ideen, ob deren Zeit nun gekommen sei. Enger Kontakt mit Kunden durch Befragungen ( What are your problems?) oder gar intensivere Beobachtungen ( walking their shoes ) gehört ebenfalls dazu, wenn möglich mit innovativen lead Kunden. Zusätzlich werden Ideen Workshops vorgeschlagen ( MRG (major revenue generator) events ), in welchen sowohl entscheidungsfähige als auch kreative Personen des Unternehmens Chancen und Produktideen entwickeln, grob analysieren und für die erste Entscheidung vorbereiten. Dies sollte zwei bis drei Tage lang außerhalb des Unternehmens stattfinden und von Trends, Entwicklungen bei den Kunden und anstehenden Bedrohungen ausgehen. 27 Ein wesentlicher Aspekt fehlt in der Aufzählung, nämlich eine Kultur, in der Fehler erlaubt sind. Dies mag der förderlichste Kulturfaktor für Innovation sein (wie auch die Interviews in Kapitel 3 ergaben) und dieser soll in den USA wesentlich eher gegeben sein als in Europa, speziell in Deutschland und Österreich. 33
8 Für Technologieentwicklung (oder erforschung) wurde ein vereinfachter Stage-Gate TD- Prozess entwickelt (Abbildung 20), der weniger Phasen enthält und in den Gates mehr auf Strategie als auf konkrete Geschäftschancen abzielt (Cooper 2009, S. 55f. bzw. Cooper et al. 2002a, S.27f.). Abbildung 20: Stage-Gate TD-Prozess Quelle: Cooper 2009, S.56 Laut Cooper (2009, S.55f.) ist der Stage-Gate-Prozess auch für die Integration von open innovation geeignet, da die Berücksichtigung von Ideen von außen ohnehin schon has been around for decades und open innovation nur ein breiter angelegtes Konzept sei. So werden in der Entdeckungsphase Impulse von außen gezielt gesucht. In der Entwicklungsphase kann mit externen Fachleuten an Problemlösungen gearbeitet werden bzw. kann Produktentwicklung ausgelagert werden. Auch die Vermarktung eines fertigen Produkts kann ausgelagert werden ( out-license ), wenn dadurch mehr Wert geschaffen wird, oder es wird ein fertig entwickeltes, Erfolg versprechendes Produkt zur weiteren Vermarktung eingekauft (Vgl. auch Cooper und Edgett 2008, S ). 28 Die Angaben der Seitennummern zu Cooper und Edgett 2008 beziehen sich auf eine Version des Artiklels, die Cooper auf der Internetseite publiziert hat (s. Literaturverzeichnis). 34
9 Spiralansatz in der Produktentwicklung In Cooper 2007 wird der Spiralansatz ( spiral development ) angeführt (s.o.), der aus der agilen Softwareentwicklung abgeleitet wurde. Auch dieser Ansatz zieht sich konsequent durch mehrere Artikel (Cooper und Edgett 2008, Cooper 2009, 2011). Wie Cooper und Edgett (2008, S.9) feststellen, können sich während einer längeren Entwicklungsphase die Anforderungen von Kunden und Markt ändern, sodass das fertige Produkt nicht mehr deren Bedürfnissen entspricht, selbst wenn es gemäß den ursprünglich dokumentierten Anforderungen entwickelt wurde. Durch zahlreiche Feedbackschleifen, beginnend mit Konzepten oder einem ersten groben Prototyp und sich regelmäßig fortsetzend bis zum Feld- oder Betatest, wird jedoch gewährleistet, dass sich die Entwicklung stets an Kunden- und Marktanforderungen orientiert und zuletzt auch an- bzw. abgenommen wird (siehe Abbildung 21). Speziell unter sich stark verändernden Bedingungen und Informationen ( fluid and unstable ) bringe ein Team damit rasch ein Produktdesign zustande (Cooper 2009, S.52). Bauen Testen Herzeigen Feedback Überarbeiten seien die Schritte, die wiederholt ausgeführt Sicherheit schaffen, bevor zu viel Aufwand anfällt (Cooper 2011, S.89). Auch Unsicherheiten oder Missverständnisse vor allem bei den Kundenanforderungen lassen sich damit rasch ausräumen. Abbildung 21: Spiral Development mit Feedbackschleifen Quelle: Cooper und Edgett 2008, S.10 35
10 Dass die Integration von Software-Entwicklung moderner Prägung, also nach den Grundsätzen von lean, agile, extreme, in größere Entwicklungsprojekte mit Projektmanagement gemäß Stage-Gate funktionieren kann, zeigen Karlström und Runeson (2006) mit einer Fallstudie über zwei XP-Projekte 29 bei Ericsson und ABB, bei welcher die Erfahrungen in Interviews mit beteiligten Personen unterschiedlichen Ranges und mit unterschiedlichen Aufgaben eingeholt wurden. Sie fassen zusammen, dass die Integration grundsätzlich funktionieren kann, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind, wie beispielsweise die frühe Einbeziehung der Softwareentwickler in die gesamte Produktentwicklung, kurze und rasche Feedbackschleifen vor allem für kritische Themen, die Koordination der Projektgesamtplanung mit der agilen Mikroplanung bzw. allgemein eine Haltung und ein Umgang mit dem Management, die dessen Unsicherheiten erkennen und beseitigen hilft (ebd. S.222). Vorteile dieser Vorgangsweise sind lt. Studie die höhere Qualität der entwickelten Software und das Ausbleiben grober Integrationsprobleme ( big-bang integration problems ) Alternative Ansätze für den Innovationsprozess Zu Beginn dieses Abschnittes soll Norbert Thom zu Wort kommen. Seine Einteilung des Innovationsprozesses in drei Hauptphasen (Ideengenerierung, Ideenakzeptierung, Ideenrealisierung, s. Thom 1992, S.9) wird häufig zitiert. Thom schreibt aber auch über Kultur, Bezugsrahmen, Effizienzmessung und kommt damit kaum vor. Er schreibt, Innovationen lassen sich als eine Abfolge verschiedenartiger Teilentscheidungen und Ausführungshandlungen kennzeichnen, die keineswegs nur chronologischlinear verlaufen. Teils erfolgen Einzelaktivitäten parallel, teils sequentiell, wobei immer wieder Rückkoppelungsschleifen auftreten. [...] Nichtlinearität und Arbeitsteiligkeit gelten als die wichtigsten Ursachen der Komplexität von Innovationen. Mit dieser Komplexität ist auch eine hohe Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Konflikten verbunden; sie können sachlich-intellektueller Art sein, sozio-emotionell oder wertmässig-kulturell bedingt sein und werden in der Regel mit zunehmendem Neuigkeits- sowie Risikograd des innovativen Vorhabens verstärkt. (ebd. S.7) 29 XP extreme Programming, eine schlanke ( lean ) Methode der Softwareentwicklung 36
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