Stomakomplikationen Korrekturverfahren*
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- Holger Gärtner
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1 coloproctology Originalarbeit Stomakomplikationen Korrekturverfahren* Frank Fischer, Hans-Peter Bruch, Uwe Roblick, Sibylle Ebert, Claudia Benecke, Thomas H. K. Schiedeck 1 Zusammenfassung Hintergrund: Trotz Fortschritten in der operativen Technik sind kumulative Komplikationsraten nach Stomaanlage von bis zu 70% beschrieben worden. Operative Korrekturverfahren sind deshalb zusehends in das chirurgische Interesse gerückt. Durch ein gut funktionierendes Stoma sollen dem Patienten Selbstständigkeit und umfassende Sozialisation erhalten bleiben. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte der Patient präoperativ, idealerweise unter Einbeziehung eines Stomatherapeuten, ausführlich informiert werden. Bei der Stomapositionierung ist auf ausreichenden Abstand zum Nabel, Rippenbogen, Darmbeinkamm oder zu den Operationswunden zu achten. Die Ausleitung des Stomas erfolgt spannungsfrei durch den Musculus rectus abdominis, wobei der Durchmesser zwei Querfinger betragen sollte. Stomakomplikationen können einerseits auf anlagebedingte Fehler und andererseits auf die Konstruktion des Stomas als Locus minoris resistentiae zurückgeführt werden. Neben dem Stomaprolaps, der Stomastenose und der Retraktion ist die parastomale Hernie die häufigste Komplikation nach Stomaanlage. Zur operativen Korrektur stehen prinzipiell lokale Verfahren, die das Stoma am gleichen Ort belassen, die Stomarelokation und die Bauchwandaugmentation mit alloplastischen Netzen zur Verfügung. Eigene Daten: Von 1997 bis 2002 wurden insgesamt 631 Stomata in unserer Klinik angelegt. Im gleichen Zeitraum mussten 23 Stomata operativ korrigiert werden. Die Ergebnisse sind zufriedenstellend bei geringer Komplikationsrate. Schlussfolgerung: Zur Korrektur von Stomakomplikationen stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung, wobei das Komplikationsrisiko mit jedem neuen Eingriff steigt. Deshalb ist bei der Stomaanlage auf größtmögliche Sorgfalt zu achten, damit bestmögliche Funktionalität bei minimaler Komplikationsrate erreicht werden kann. Schlüsselwörter: Stomakomplikation Stomakorrektur Kolostomie Ileostomie Korrekturverfahren 1 Klinik für Chirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck. * Herrn Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Th. Hager zum 60. Geburtstag gewidmet. Eingang: 5. März 2003; Annahme: 20. März 2003 coloproctology 2003;25:79 86 DOI /s coloproctology Nr. 2 Urban & Vogel 79
2 Stoma Complications Surgical Repair Abstract Background: Despite the progress of surgical technique, cumulative rates of complications after stoma construction up to 70% have been reported. It is therefore apparent that correcting procedures are a focus of surgeons interest. A well functioning stoma will preserve independence and complete socialisation of the patient. Preoperatively, the patient should be informed in details by an especially trained stomatherapist. The stoma should be positioned in distance to the umbilicus, iliac spine, costal arch, or operation wounds. The stoma site brings out the bowel through the rectus muscle without any tension, while the diameter amounts to two fingers. Constitutional faults or stoma construction at itself as a locus minoris resistentiae may further stoma complications. Besides stomal prolapse, stenosis and retraction, the peristomal herniation is the most common complication after stoma construction. Surgical repair contains local procedures, which leave the stoma where it is, stoma relocation and augmentation of the abdominal wall by alloplastic meshes. Own Data: From 1997 to stomata were created, while 23 stomata had to be corrected. There are satisfactory results with low complication rate. Conclusion: There are different procedures to correct stoma complications, while the risk of complications increases with each new intervention. Great care should be taken when a stoma is created in order to guarantee a high functionality combined with a minimized rate of complication. Key Words: Stoma complication Colostoma Ileostoma Correcting procedure Einleitung Die Stomaanlage ist trotz Fortschritten in der operativen Technik und in der Stomaversorgung mit einer beträchtlichen Morbidität vergesellschaftet [6, 23]. Bei großer Variationsbreite sind kumulative Komplikationsraten von bis zu 70% beschrieben worden [10, 11, 17]. Operative Korrekturverfahren bei Stomakomplikationen sind deshalb zusehends in das chirurgische Interesse gerückt. Präoperative Vorbereitung Das Ziel der Stomaanlage ist es, immer eine gute Versorgungsfähigkeit zu gewährleisten. Einerseits muss die Basisplatte sicher und fest geklebt werden können. An- dererseits muss der Patient das Stoma im Sitzen bzw. Stehen auch einsehen können, um selbstständig die Entleerung bzw. den Wechsel des Beutels durchführen zu können. Durch ein gut funktionierendes Stoma soll dem Patienten Selbstständigkeit und umfassende Sozialisation erhalten bleiben und ihm die Abhängigkeit von Pflegekräften oder Familienangehörigen erspart werden [8]. In diesem Zusammenhang ist es auch von extremer Wichtigkeit, dass die Patienten vor der Entlassung in Umgang und Handhabung eingewiesen werden und in der Lage sind, die tägliche Versorgung sicher zu erledigen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte vor einer möglichen Stomaanlage neben der obligaten Operationsaufklärung durch den Arzt eine ausführliche Erklärung zur Stomaversorgung erfolgen. Idealerweise wird der Sto- 80 coloproctology Nr. 2 Urban & Vogel
3 matherapeut schon in dieser Phase mit einbezogen [16]. Zusätzliches Anschauungsmaterial in Form von Bildern, Videos, anatomischen Modellen oder Broschüren kann hilfreich sein. Stomalokalisation Die Stomaposition wird am Tag vor der Operation festgelegt und am sitzenden, stehenden und liegenden Patienten auf der Haut angezeichnet. Zur sicheren Fixierung des Beutels ist eine glatte Stomaumgebung von ca cm nötig, deshalb ist auf einen angemessenen Abstand zu Bauchfalten, Nabel, Darmbeinkamm oder Leistenbeugen zu achten. Genauso wichtig ist es, den Sitz des Hosenbundes zu berücksichtigen. Schließlich dürfen Narben, Operationswunden oder eine Bestrahlungsregion nicht in der Nähe des Stomas liegen. Der rechte oder linke untere Quadrant des Abdomens stellt die günstigste Stomalokalisation dar. Durch transmuskuläre Ausleitung (Musculus rectus abdominis) wird der frühzeitigen Entwicklung einer parastomalen Hernie begegnet. Bei extremer Adipositas und bei paraplegischen Patienten bietet die Stomaanlage im oberen rechten bzw. linken Quadranten Vorteile, da das Stoma in sitzender Position versorgt werden kann. Stehen die äußeren Quadranten durch Operationswunden nicht zur Verfügung, kann extrem selten eine Platzierung in der Mittellinie sinnvoll sein. Indikationen In der eigenen Abteilung werden zwei Stomatypen favorisiert: einerseits die endständige oder doppelläufige Ileostomie im rechten Unter- bzw. Mittelbauch, andererseits die Descendostomie (endständig oder doppelläufig) im linken Unter- bzw. Mittelbauch. Die Ileostomie wird Patienten besonders als Anastomosenprotektion im Rahmen der Rektumchirurgie und bei Morbus Crohn eingesetzt [3]. Die Deszendostomie hat ihren Platz hauptsächlich als Bestandteil der seltener gewordenen Hartmann- Operation, zur Therapie der Stuhlinkontinenz oder als Palliation bei Tumoren des kleinen Beckens [21]. Das Stoma im Bereich des Colon transversum ist zwar relativ leicht anzulegen, hat jedoch über lange Sicht häufig die Tendenz zu prolabieren [7]. Es ist oft dem Rippenbogen benachbart und bietet Probleme beim Kleben der Platte oder bei deren Wechsel.Wir verwenden dieses Stoma daher weder im Notfall noch elektiv. Stomaanlage An vorbezeichneter Stelle wird die Haut kreisrund und wegen der Hautretraktion kleiner als vorgesehen exzidiert. Das subkutane Fettgewebe wird unter sorgfältiger Blutstillung durchtrennt oder kann bei Bedarf mit der Haut exzidiert werden. Anschließend wird das vordere Blatt der Rektusscheide kreuzförmig eingeschnitten. Nach stumpfem Auseinanderdrängen der Muskulatur des Musculus rectus abdominis wird schließlich das Peritoneum kreuzförmig eröffnet. Der Durchmesser des Stomas sollte höchstens 3 cm bzw. zwei Querfinger betragen. Der auszuleitende Darmabschnitt wird anschließend straff, aber ohne Spannung durch die Bauchdecke geführt. Die Ausbildung eines intraabdominellen Siphons ist zu vermeiden. Ileostomata sollten ohne Spannung 5 6 cm über Hautniveau mobilisiert sein, während bei Kolostomata 1 2 cm ausreichend sind. Zur Vermeidung von lokalen Durchblutungsproblemen ist beim Kolostoma auf die Skelettierung des Darmendes zu verzichten. Nach einer Abdominallavage wird die Bauchhöhle verschlossen. Anschließend wird das Stoma eröffnet und mit Einzelknopfnähten muskulär extramukös an der Haut fixiert. Die Ileostomie wird prominent angelegt, wobei das Ileostoma das Hautniveau überragen sollte, damit der Dünndarminhalt ohne Hautkontakt direkt in das Beutelsystem entleert werden kann. Wir empfehlen auch, das Kolostoma etwas prominent einzunähen, um die Beutelversorgung zu erleichtern und einer möglichen Retraktion vorzubeugen. Komplikationen Stomakomplikationen können dem Wesen nach auf zwei Hauptursachen zurückgeführt werden. Zum einen müssen technische Fehler oder Hindernisse bei der Primäranlage genannt werden, die nach Winkler [24] 40% aller Stomaprobleme ausmachen und häufig auf eine falsche oder ungünstige Positionierung zurückgehen. Ein zu geringer Abstand zu Nabel, Rippenbogen oder Darmbeinkamm, die Lage des Stomas in Hautfalten oder in Operationswunden sind zu vermeiden, denn dadurch kann die Beutelversorgung unnötig kompliziert oder unmöglich werden. Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Bauchdeckeninzision nicht zu eng oder zu weit und der coloproctology Nr. 2 Urban & Vogel 81
4 prästomale Darmschenkel nicht zu lang ist, um eine Siphonbildung zu vermeiden [5, 12]. Keinesfalls sollte das Stoma in der Laparotomiewunde ausgeleitet werden. Zum anderen unterliegt jedes Stoma schicksalhaft einem Komplikationsrisiko, das über lange Jahre hinweg bedingt, dass jedes Stoma irgendwann einmal korrekturbedürftige Komplikationen entwickelt. In erster Linie ist hierbei an parastomale Hernien oder den Stomaprolaps zu denken [4, 15]. Die parastomale Hernie oder seltener die Relaxatio der Bauchdecken tritt in bis zu 60% auf, wobei Kolostomien häufiger betroffen sind als Ileostomien [2, 9, 10, 22, 24]. Die Konstruktion des Stomas an sich als Locus minoris resistentiae prädisponiert die Entwicklung einer Hernie. Anders als physiologischerweise beim Leistenkanal besteht bei der senkrechten Ausleitung des Stomas durch die Bauchwand weder ein kulissenartiger noch ein muskulärer Verschlussmechanismus. Außerdem prädisponieren anlagebedingte Fehler wie eine zu weite Bauchdeckeninzision oder die Ausleitung lateral des Musculus rectus abdominis zur Entwicklung einer Stomahernie. Im Laufe der Zeit führt der tangentiale Zug der Bauchdeckenmuskulatur zu einer Erweiterung der Stomaöffnung. Dieser Effekt wird durch erhöhten intraabdominellen Druck oder vergrößerten intraabdominellen Durchmesser gesteigert. Demzufolge ist die Ausbildung einer parastomalen Hernie umso wahrscheinlicher, je adipöser der Patient und je größer die Stomadurchtrittsstelle ist. Intraabdominelle Druckerhöhungen wie Husten, COPD, die postoperative Atonie oder chronische Darmentleerungsstörungen stellen weitere Risikofaktoren dar. Ein Stomaprolaps tritt meist bei doppelläufigen Kolostomien, insbesondere beim Transversostoma auf. Ursächlich kommen das lange und flexible Mesocolon transversum, eine zu lange Sigmaschlinge mit Siphonbildung oder eine zu weite Bauchdeckeninzision infrage. Häufig ist die Ursache, ähnlich der parastomalen Hernie, eine falsche Platzierung außerhalb des Musculus rectus abdominis, oder die Bauchdecken sind an sich zu schwach. Stomastenosen entwickeln sich bei 2 10% der Ileostomien und endständigen Kolostomien, meist im Hautbereich und selten im Faszienniveau [1, 13, 23]. Gelegentlich ist eine Stomastenose der Wegbereiter einer Stomahernie. Als Ursache für eine Stomastenose kommen in erster Linie chronische mechanische Irritationen oder Veränderungen im Rahmen der Grunderkrankung in Frage (Morbus Crohn, post Radiatio). Eine zu enge Bauchdeckeninzision, Infektionen oder eine Stomanekrose können Wegbereiter einer Stomastenose sein. Eine Retraktion entsteht meist, wenn das Stoma unter Spannung eingenäht wurde. Durch schlechte Durchblutung des ausgeleiteten Darmendes können sich Nekrosen ausbilden, die das Zurückweichen unter die Haut oder seltener unter die Faszie weiter begünstigen. In der Folge entsteht Granulationsgewebe, das wiederum die Entwicklung einer Stenose begünstigt. Korrekturverfahren Prinzipiell lassen sich die Korrekturverfahren in drei Gruppen unterteilen: Lokale Korrekturverfahren sind einfach durchzuführen und belassen das Stoma an seinem Ort. Der Zugang erfolgt entweder direkt am Stoma oder medial bzw. lateral davon. Bei der parastomalen Hernie kann die Faszienlücke nach Reposition direkt verschlossen werden. Ist eine zu weite Bauchdeckeninzision für einen Stomaprolaps ursächlich, kann sie auf die gleiche Art und Weise versorgt werden. Liegt dem Stomaprolaps eine zu lange Darmschlinge mit Siphonbildung zugrunde, wird eine Laparotomie nötig. Der betroffene Darmanteil wird nachreseziert, und das Stoma wird neu angelegt, da die einfache Abtragung des prolabierten Darmes die Ursache nicht beseitigt und meist zum Rezidiv führt. Stomastenosen im Hautniveau können lokal exzidiert werden und das Stoma wird nach Mobilisation neu angelegt. Liegt die Stenose im Faszienniveau, kann über einen lokalen Zugang die Faszienlücke erweitert werden. Da die Stomaretraktion meist aufgrund einer unter Spannung eingenähten Darmschlinge entsteht, ist in diesen Fällen die betroffene Darmschlinge weiter zu mobilisieren und das Stoma neu anzulegen. Die Stomarelokation erfordert eine Laparotomie. Nach Adhäsiolyse wird die zum Stoma führende Darmschlinge freipräpariert. Das Stoma wird exzidiert und die ursprüngliche Ausleitungsstelle wird wieder verschlossen. Die Darmschlingen können nun entweder weiter mobilisiert oder gegebenenfalls reseziert werden. Anschließend wird das Stoma an der neuen vorbezeichneten Stelle wieder ausgeleitet. Bauchwandaugmentation mit alloplastischen Netzen. Ziel ist es, das Netz präperitoneal in Sublay-Technik zu 82 coloproctology Nr. 2 Urban & Vogel
5 platzieren. Dies bedingt in der Regel einen abdominellen Eingriff. Wichtig erscheint, dass das gewählte Netz groß genug ist, um eine ausreichende Auflagefläche auch lateralseitig des Stomas zu erreichen. Die Öffnung im Kunststoffnetz muss wiederum groß genug sein, um einer postoperativen Stenose (als Folge einer Netzschrumpfung) vorzubeugen. Dies bedarf natürlich individueller Anpassung, aber als Richtgröße seien hier cm (Gesamtnetz) und 3 4 cm Durchmesser der Durchtrittspforte genannt. Die Industrie stellt verschiedene Netzmaterialien zur Verfügung.Voll resorbierbare Netze scheiden aus. Kombinationskunststoffe wie z.b.vypro II haben den Vorteil, dass Schrumpfungstendenz und mechanische Stabilität in einem sehr guten Verhältnis zueinander stehen. Eigene Daten 23 Patienten (zwölf männlich und elf weiblich) mit einem permanenten Ileo- oder Kolostoma, die sich von 1997 bis 2002 einer Korrekturoperation aufgrund einer Stomakomplikation unterzogen haben, wurden anhand der Patientenakten retrospektiv untersucht. Das Durchschnittsalter beträgt 62 Jahre (Spannweite Jahre), der Nachbeobachtungszeitraum liegt bei 22 Monaten (Spannweite 3 59 Monate), die durchschnittliche Operationsdauer beträgt 116 Minuten (Spannweite Minuten) und der mittlere postoperative Krankenhausaufenthalt liegt bei 13 Tagen (Spannweite 6 40 Tage). Volle orale Kost ohne parenterale Ernährung erhielten die Patienten Tabelle 1. Postoperativer Krankenhausaufenthalt (Tage), Operatiosdauer (Minuten), Nachbeobachtung (Monate), Kostenaufbau, Geschlecht, Alter. Kolostoma Ileostoma Gesamt Postoperativer Krankenhausaufenthalt Operationsdauer Nachbeobachtung Kostaufbau Geschlecht Männlich Weiblich Alter Anzahl ab dem 5. postoperativen Tag (Spannweite Tag) (Tabelle 1). Ergebnisse In unserer Klinik wurden im Zeitraum von 1997 bis Stomata (251 Kolostomien und 380 Ileostomien) angelegt.während des gleichen Zeitraums wurden 17 Kolostomien (eine doppelläufig und 16 endständig) und sechs Ileostomien (zwei doppelläufig und vier endständig) operativ korrigiert. Die primäre Anlage dieser Stomata wurde in acht Fällen von Ärzten in der Weiterbildung und in 15 Fällen von Fachärzten durchgeführt. In jeweils sieben Fällen wurde die Operation aufgrund einer Stomastenose oder einer parastomalen Hernie indiziert. Sechs Patienten wurden aufgrund eines Stomaprolapses, drei wegen einer Stomaretraktion und zwei Fälle wegen einer Stomafistel operativ versorgt. Bei drei Patienten bestand eine Ulzeration im Bereich der parastomalen Haut.In elf Fällen wurde eine Stomaneuimplantation durchgeführt.weitere vier Fälle erhielten zusätzlich eine Faszienlückenverschluss. Eine Stomarelokation wurde bei drei Patienten durchgeführt. Drei Patienten erhielten eine Bauchwandaugmentation mit einem VYPRO -II-Netz. Bei jeweils einem Patienten war eine isolierte Faszienlückeneinengung bzw.eine lokale Stomakorrektur ausreichend (Tabelle 4).Komplikationen sind hauptsächlich bei Kolostomata aufgetreten (Tabelle 5).Bei einem Patienten bildete sich im Verlauf eine Stomaretraktion, die erneut operativ korrigiert werden musste, und bei einem weiteren Patienten ist eine Aspirationspneumonie aufgetreten, die konservativ erfolgreich behandelt werden konnte.drei Patienten haben eine kleine parastomale Hernie entwickelt, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht korrigiert werden muss. Bei einem Patienten entwickelte sich im Verlauf ein kleiner parastomaler Hautdefekt, der konservativ erfolgreich therapiert wurde. Bei allen Patienten funktionieren die Stomata und können zum jetzigen Zeitpunkt problemlos versorgt werden. Tabelle 2. Zeitraum von der Stomaanlage bis zur Korrektur. Zeitraum Kolostoma Ileostoma Gesamt < 1 Jahr Jahre Jahre Jahre > 10 Jahre coloproctology Nr. 2 Urban & Vogel 83
6 Diskussion Trotz der Fortschritte in der modernen Chirurgie besteht eine relativ hohe Komplikationsrate nach Stomaanlage [13]. In unserem Patientengut mussten 18 Stomakorrekturen innerhalb der ersten 5 Jahre nach der Stomaanlage durchgeführt werden (Tabelle 2). Bemerkenswert erscheint, dass acht von 17 Kolostomien während der ersten 12 Monate korrigiert werden mussten. Nach Londono-Schimmer et al. [11] besteht das größte Risiko für eine Stomakomplikation in den ersten 5 Jahren nach der Stomaanlage, während in den Folgejahren das Risiko geringer ist. Park et al. [16] berichten, dass 93% der Spätkomplikationen (Hernie, Prolaps etc.) während der ersten 6 Monate nach Stomaanlage auftreten. Sie identifizieren das endständige Kolostoma als Typ mit der höchsten Frühkomplikationsrate und die Loop-Ileostomie als Stoma mit der höchsten Spät- und Gesamtkomplikationsrate [16]. Trotz unserer relativ geringen Fallzahl zeigt sich, dass deutlich mehr Kolostomien als Ileostomien operativ korrigiert werden mussten (vgl. Tabelle 2). Im Langzeitverlauf müssen sich 15 20% der Patienten mit Ileostomien oder Kolostomien einer Korrekturoperation unterziehen [11]. Komplikationen wie die parastomale Hernie, der Stomaprolaps und die Stomastenose erfordern im Verlauf oft mehr als eine Korrekturoperation. Die Erfolgsrate sinkt allerdings nach der ersten oder zweiten Korrektur [23]. Durch eine Stomafehlposition kann die Beutelversorgung unnötig kompliziert werden. Sollte dies der Fall sein, würden wir in jedem Fall empfehlen, den Anus praeter an anderer Stelle neu anzulegen [18]. Dies kann unter Umständen bedeuten, dass bei ungünstigen anatomischen Verhältnissen die Seite gewechselt werden muss (z.b.anlage einer terminalen Ileostomie im linken Unterbauch). Wir würden jedoch die Vorteile einer sicheren und guten Versorgung und den damit verbundenen Gewinn an Lebensqualität höher bewerten als den eventuellen Aufwand eines zweiten Eingriffs. Andererseits muss davon Tabelle 3. Indikationen, Stomaformen. Indikation Kolostoma Ileostoma Gesamt Stenose Parastomale Hernie Prolaps Ulzeration Retraktion Fistel ausgegangen werden, dass je nach Lebensalter und Grunderkrankung des Patienten von weiteren Komplikationsrisiken ausgegangen werden muss, optimalen Platzierungen endliche anatomische Grenzen gesetzt sind und aus diesem Grund eine gute Position nicht leichtfertig aufgegeben werden sollte [20]. Die Stomarelokation führt im Bereich der ehemaligen Ausleitungsstelle zu einer weiteren Schädigung der Bauchdecke und hinterlässt eine neue Schwachstelle, die in 33% Anlass zur Narbenhernienbildung gibt [19]. Auch im Relaparotomiebereich treten diese in 10 20% der Fälle auf. Da das ehemalige Stoma sich in einer optimalen Position befand, dürfte sich das neue Stoma eher in einem ungünstigen Bereich befinden, was die Versorgung natürlich weiter erschwert. Die häufigsten Komplikationen nach Stomaanlage sind die parastomale Hernie und der Prolaps [2, 10, 22]. In unserem Patientengut stellen diese beiden Komplikationen fast die Hälfte aller Indikationen zur Korrekturoperation dar (vgl. Tabelle 3). Die parastomale Hernie sollte korrigiert werden, wenn die Stomaversorgung behindert wird, oder wenn Komplikationen drohen. Die Rezidivrate nach korrekter Revision ist allerdings nicht unerheblich [23]. In unserem Patientengut sind im Verlauf drei parastomale Rezidivhernien aufgetreten, die erneut operativ korrigiert werden mussten. Die parastomale Hernie ist durch lokale Korrektur (einengende Nähte der Bruchlücke) nicht Erfolg versprechend zu therapieren [9]. Hohe Rezidivquoten von 70 80% sind beschrieben worden [19]. Nachteilig erscheint weiterhin, dass die Übersicht begrenzt ist und die Reposition der Darmschlingen blind erfolgt. Eine Neuanlage kranial oder kaudal ist häufig aus anatomischen Gründen nicht möglich. Entweder man entschließt sich daher zu einem Wechsel der Seite oder man favorisiert die plastische Rekonstruktion der Durchtrittspforte mit autologem Material. Die berichteten Rezidivraten bei der Netzreparation liegen unter 10% [9]. Trotz der erhöhten Infektionsrate von ungefähr 10% im Vergleich zu konventionellen Verfahren treten diesbezüglich kaum Probleme auf [9]. Besonders bei jüngeren Patienten geben wir deshalb der Bauchwandaugmentation mit alloplastischen Netzen den Vorzug. Der Stomaprolaps, zweithäufigste Komplikation nach Stomaanlage, stellt bei Versorgungsproblemen eine Indikation zur operativen Revision dar. Plikierende Verfahren sind in der Regel nicht von Erfolg gekrönt, da die Ursache des Stomaprolaps, die in einer zu weiten Bauch- 84 coloproctology Nr. 2 Urban & Vogel
7 deckeninzision oder auch in einer langen Darmschlinge mit Siphonbildung liegen kann, nicht beseitigt wird. Wir empfehlen die Neuanlage, eventuell kombiniert mit einer Kürzung des Darmes. In unserem Patientengut wurde in sieben Fällen die Operationsindikation aufgrund einer Stomastenose gestellt (Tabelle 2). Ist das Stoma nicht mehr für einen Finger durchgängig, sollte eine Neuimplantation erfolgen. Nach unseren Erfahrungen ist die Resektion der Stenose problemlos durchzuführen, da in den meisten Fällen ein Hautproblem und weniger ein Problem auf Faszienniveau besteht. Nach Carlsen & Bergan [1] tritt die Stomastenose gehäuft bei Patienten mit Morbus Crohn auf, sodass in diesen Fällen die Medikation überprüft werden sollte. Außerdem ist bei Stomastrikturen die Möglichkeit eines Malignoms in Betracht zu ziehen. Die Stomaretraktion stellt nach unserer Ansicht in jedem Fall eine Indikation zur frühzeitigen Revision dar, besonders die Ileostomie betreffend. Würde man hier zu lange warten, riskiert man aufgrund schlechter Versorgung eine großflächige Hautmazeration, was wiederum zu erheblichen Problemen bei einer Korrekturoperation führen kann und häufig eine komplette Neuanlage erzwingen würde. Partielle Retraktion im Bereich eines Deszendostomas ist oft Folge einer mangelnden Mobilisation des Mesocolon descendens. Dies lässt sich ohne großen Aufwand korrigieren. In der Regel kann dann auch an der alten Position reinseriert werden. Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass eine Stomaretraktion im Gefolge einer Karzinomoperation immer auch der Hinweis für die Entwicklung eines Lokalrezidivs oder einer Peritonealkarzinose sein kann. Insgesamt sind die Operationsergebnisse zufriedenstellend bei relativ geringer Komplikationsrate. Zum jetzigen Zeitpunkt funktionieren sämtliche Stomata einwandfrei und sind problemlos zu versorgen. Allerdings sind im Verlauf bei fünf Patienten lokale Komplikationen aufgetreten. Bei drei Patienten sind parastomale Rezidivhernien aufgetreten, die allerdings bisher nicht operativ korrigiert werden mussten, ein parastomaler Hautdefekt heilte problemlos konservativ aus. Bei einem Patienten ist nach operativer Korrektur einer parastomalen Hernie eine Stomaretraktion aufgetreten, so dass das Stoma neu angelegt werden musste. Schlussfolgerung Wie oben gesagt ist zu erwarten, dass im weiteren Verlauf erneute Stomakomplikationen auftreten, die gegebenenfalls wiederum operativ korrigiert werden müssen. Deshalb ist bei der Stomaanlage auf größtmögliche Sorgfalt zu achten, damit eine bestmögliche Funktionalität bei minimaler Komplikationsrate erreicht werden kann. Tabelle 4. Operationsverfahren, Stomaformen. Operationsverfahren Kolostoma Ileostoma Gesamt Stomaneuanlage Neuanlage und Faszienlückenverschluss Stomarelokation 3 3 Bauchwandaugmentation mit alloplastischen Netzen Faszienlückenverschluss 1 1 Lokale Stomakorrektur 1 1 Tabelle 5. Komplikationen, Stomaformen. Komplikationen Kolostoma Ileostoma Gesamt Parastomale Hernie Parastomaler Hautdefekt 1 1 Stomaretraktion/Neuanlage 1 1 Aspiration 1 1 Literatur 1. Carlsen E, Bergan A. Technical aspects and complications of end ileostomies. World J Surg 1995;19: Cataldo PA, Mackeigan JM. Intestinal stomas. St. Louis (MI): Quality medical Publishing, Chen F, Stuart M. The morbidity of defuntioning stomata. Aust N Z J Surg 1996;66: De Ruiter P, Bijnen A. Successful local repair of paracolostomy hernia with a newly developed prosthetic devise. Int J Colorectal Dis 1992;7: Dörsing C, Herold A, Schoucair A, Bruch H-P. Stomakomplikationen im Rahmen der kolorektalen Tumornachsorge. Kontinenz 1993;2: Duchesne JC, Wang YZ, Weintraub SL, Boyle M, Hunt JP. Stoma complications: a multivariate analysis. Am Surg 2002;68: Edwards DP, Leppington-Clarke A, Sexton R, Heald RJ, Moran BJ. Stoma-related complications are more frequent after transverse colostomy than loop ileostomy: a prospective randomized clinical trial. Br J Surg 2001;88: Gooszen AW, Geelkerken RH, Hermans J, Lagaay MB, Gooszen HG. Quality of life with a temporary stoma: ileostomy vs. colo- coloproctology Nr. 2 Urban & Vogel 85
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