AG Kommunikation im Qualitätsmanagement und Risikomanagement. Arbeitshilfe Bessere Kommunikation 5. Kommunikation im OP
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1 AG Kommunikation im Qualitätsmanagement und Risikomanagement Arbeitshilfe Bessere Kommunikation 5 Kommunikation im OP Poimann H, Heun S, Holtel M, Pilz S, Pivernetz K, Rode S, Stapenhorst K, Tatzel C, Weber H
2 Inhalt 1. Hintergrund/Evidenz Voraussetzungen Ziele Maßnahmen Haltung und Verhaltensstrategie Erklären der Methode... 6 Sign-in... 6 Team-Time-Out... 7 Sign-out... 7 Anpassungen der Checkliste... 7 Beispiel der Checkliste in deutscher Sprache Anwendungsszenarien Vorbereitung von Kommunikation Durchführung Rechtlicher Hintergrund und Verantwortung Quellen Pocketversion Pocketversion Anschrift für die Verfasser Seite 2 von 12
3 1. Hintergrund/Evidenz Kommunikation im Operationssaal findet in einer komplexen Umgebung mit zunehmender Leistungsverdichtung statt. Verschiedene spezialisierte Berufsgruppen versorgen gemeinsam, mit zum Teil sehr ausgefeilter Technologie, Patienten, die zum Teil schwer krank und nicht selten multimorbid sind (ENWHP 2007 (EL)). Gawande et al. (1999) zeigten, dass eine Inzidenz von unerwünschten Ereignissen zwischen 3 % im normalen operativen Patientenkollektiv und bis zu 12 % bei hochtechnischen Eingriffen wie Herzchirurgie oder Neurochirurgie vorliegt. 54 % dieser unerwünschten Ereignisse werden als vermeidbar betrachtet. Kommunikation ist ein entscheidender Faktor bei der Zusammenarbeit aller Berufsgruppen im Operationssaal. Sie ist Hauptursache für near missings, aber auch für Schadensfälle, die haftungsrechtliche Konsequenzen haben, mit der Folge von Gerichtsprozessen und Verurteilungen. Vor allem eine schlechte Kommunikation führt oft zu Fehlern und unerwünschten Ereignissen (Catchpole et al. 2008, Catchpole et al. 2006, Mishra et al (Level IV)). Es lässt sich zeigen (Undre et al (Level IV)), dass sich Lücken in der Patientensicherheit häufig durch schlechte Kommunikation auftun. Kommunikation, Kooperation, Koordination, Kognition, Konfliktmanagement und Coaching sind entscheidende Faktoren für eine gute Teamarbeit (Dickinson & McIntyre 1997 (EL)). Morris et al. fanden beispielsweise bei 87 % vor Gericht verhandelter Schadensereignisse Kommunikationsfehler als eine wesentliche Ursache für Schäden (Morris et al (Level IV)). Dass kommunikative Probleme als Hauptursache für Fehler und unerwünschte Ereignisse eine Rolle spielen, wurde in einer Reihe von Arbeiten belegt (Carthey et al (Level III), Morris et al (Level IV), Wiegmann et al (Level IV), ElBardissi et al (Level IV), de Leval et al (Level IV), Davenport et al (Level III), Joy et al (Level III), Greenberg et al (Level IV), Nagpal, Arora & Vincent 2012 (Level IV), Williams et al (Level IV)). Unerwünschte, aber vermeidbare Ereignisse stehen in engem Zusammenhang mit Fehlern in der Kommunikation. Die Kommunikationsprobleme treten dabei zwischen verschiedenen Behandlern und nicht zwischen Patient und Behandler auf. Nicht die technischen, sondern die kommunikativen Fertigkeiten sind kritische Komponenten von Teamarbeit. Oft fehlen Fertigkeiten zur wirksamen und sicheren interdisziplinären Kommunikation im Operationssaal. Dies führt zu Störungen der Teamarbeit. Die Folge sind Fehler und Unterbrechungen im OP-Ablauf. Störungen addieren sich zu operationstechnischen Fehlern und anderen unerwünschten Ereignissen beim Patienten. Je mehr Handlungsschritte ein Eingriff erfordert, je länger ein Eingriff dauert, je mehr Gerätetechnik eingesetzt wird, je mehr Teamarbeit gefordert ist, desto höher ist die Fehleranfälligkeit. Durchschnittlich werden 11 Vorfälle pro Stunde eines operativen Eingriffs gezählt, bei hochtechnischen Eingriffen wie in der Herzchirurgie sogar 17,4 pro Stunde (ElBardissi et al (Level IV), de Leval et al (Level IV), Catchpole et al (Level IV)). Eine Studie zeigte, dass mit der Zahl an intraoperativen kleinen Problemen die Operationszeit zunahm und sich die Leistung des Operateurs und des OP-Teams verschlechterte. In der Herzchirurgie zeigte sich, dass in Teams, die sich gut kennen, pro Operation durchschnittlich 5,4 schwerwiegende Fehler pro Fall auftreten. In Teams, die sich weniger gut kennen, sind es dreimal so viele, nämlich 15,4 pro Fall. 89 % dieser Fehler werden durch unzureichende Kommunikation verursacht (ElBardissi et al (Level IV)). Generell erhöht Störpotenzial vorhersagbar die Wahrscheinlichkeit von Fehlern im OP (Wiegmann et al (Level IV)). Auch kleine Störungen, die für sich allein als unwichtig erachtet werden, führen dazu, dass Teams Seite 3 von 12
4 bei schwierigeren Situationen nicht mehr in der Lage sind, adäquat zu reagieren. Sie erhöhen die Komplikationsrate und die Mortalität (de Leval et al (Level IV)). Informationsweitergabe ist ein kritischer Erfolgsfaktor für effektive Teamleistung, wie eine Metaanalyse zeigte (Mesmer-Magnus & Dechurch 2009 (Level II-III)). Effiziente Kommunikation ist ferner die Voraussetzung für erfolgreiche Teams und wesentlich für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung (Holleman et al (Level IV), Nijhuis et al (Level IV)). Darüber hinaus ist sie Voraussetzung für weitere grundlegende Teamprozesse wie Koordination, Kooperation, Kognition, Coaching und Konfliktlösung (Dickinson & McIntyre 1997 (EL)). Die Verbindung zwischen effektiver Kommunikation und verbesserter Teamleistung und entsprechend verbessertem Outcome ist sowohl für Cockpitcrews (Oser et al (EL)) als auch für Teams bei der Navy (Orasanu 1990 (EL)) und im Operationssaal (Edmondson 2003 (Level IV)) gezeigt worden. So konnte eine große Studie mit 72 beteiligten Kliniken zeigen, dass ein Teamtraining mit einem hohen kommunikativen Anteil bei über Eingriffen zu einem Rückgang der Mortalitätsrate um 17 % führte. In einer anderen Auswertung konnte bei ca Operationen eine 18 %ige Abnahme der jährlichen Mortalität festgestellt werden (McCarthy & Chase 2011 (Level III)). Effektive Kommunikation ist vollständig, klar, direkt, freundlich und gleichberechtigt. Sie wird durch Vertrautheit (ElBardissi et al (Level IV)) und ein unterstützendes und sicheres Arbeitsklima (Salas et al (EL)) gefördert. Mögliche Missverständnisse werden sofort geklärt (Edmondson 2003 (Level IV)). Wirksame und sichere Kommunikation sorgt für höhere Effizienz (Salas et al (EL)). Die Arbeitsgruppe von Lingard in Kanada zeigt kommunikative Fehler im OP, analysiert sie und zeichnet Wege auf, wie sich die verbessern lässt (Lingard et al (Level IV), Lingard et al (Level IV), Lingard et al (Level III)). In einer systematischen Übersicht zeigen Gillespie et al. (2010 (Level II-III)), dass Teamtraining die verbessert. Ein Training in Crew Ressource Management (CRM) für das OP-Personal einer großen Einrichtung mit 27 OP-Sälen und ca Eingriffen pro Jahr konnte die Rate von 6,7 % unerwünschter Ereignisse (z. B. Seitenverwechslung oder intraoperativ vergessene Gegenstände) auf nahezu 0 % senken. Gleichzeitig waren die Kosten für Schadensklagen im gleichen Zeitraum drastisch gesunken (Ricci & Brumsted 2012 (Level IV)). Das gemeinsame Bearbeiten einer Checkliste bewirkt ebenfalls eine bessere Kommunikation im Team. Eine Reihe von Übersichtstudien und Metaanalysen zeigt, dass allein das Einführen von einfachen Checklisten im OP die Zahl von Todesfällen und perioperativen Komplikationen signifikant reduzierte (WHO 2008 (EL), Fudickar et al (Level II)). Man kann davon ausgehen, dass der Einsatz dieser Checklisten je nach Ausgangslage der einzelnen Klinik perioperative Komplikationen wie z. B. Infektionen um 50 % und die Mortalität um bis zu 50 % senkt (vgl. Haynes et al (Level III); Weiser et al (Level III); Klei & Hoff 2012 (Level III)). Gleichwohl sind insbesondere Operateure manchmal schwer zur Änderung ihrer Kommunikation zu bewegen (Stahel 2008 EL)). 2. Voraussetzungen Eine erfolgreiche Implementierung von Teamtraining oder einzelnen Checklisten mit positiven Ergebnissen auf das Outcome sind nur möglich, wenn die oberste Führung diese Maßnahme unterstützt und gleichzeitig die klinische Leitungsebene die Einführung der Neuerungen vorantreibt (Leonard & Frankel 2003 (Level IV)). Der ernsthafte Einsatz muss von der Leitung gestützt, gefördert und gefordert werden ist das nicht der Fall, scheitert das Vorhaben (Klei & Hoff 2012 (Level III)). Seite 4 von 12
5 Ein zuverlässiger Einsatz der Checkliste ist notwendig. Werden die Mitarbeiter nicht für den Einsatz der Sicherheitscheckliste trainiert oder wird diese nur halbherzig benutzt, kann das sogar negative Einflüsse auf die Arbeitsweise von Teams und auf die Patientensicherheit haben (Russ et al (Level III)). In allen medizinischen Bereichen spielt das Entwickeln einer gemeinsamen Sprache und eines gemeinsamen mentalen Modells eine wichtige Rolle für bessere Teamarbeit (AHRQ 2013 (Level II-IV)). Es müssen zwingend Schulungen durchgeführt werden (Fudickar et al (Level II)). Ein zeitlicher Aufwand von z. B. vier Stunden (Einführen von Checklisten) bis zu zwei Tagen (Teamtraining) ist dazu notwendig. Wie beim Erlernen jeder Fertigkeit zeigen sich abhängig von den Schulungsmodalitäten unterschiedliche Lernkurven (McCarthy & Chase 2011(Level III)). Eine Wiederholung dieser Kommunikationsschulungen ist notwendig, um eine nachhaltige Wirkung zu erreichen (Ricci & Brumsted 2012 (Level IV)). Es empfiehlt sich, die Nutzung der Checkliste nach der Einführung zu evaluieren, mögliche Nachlässigkeiten bei den Beteiligten zu thematisieren und Nachschulungen zu erwägen. 3. Ziele Durch Einführung von Checklisten und Kommunikationsmustern sollen die Fehleranfälligkeit von Informationsweitergabe und Informationsfluss im OP deutlich reduziert werden (Levy et al (Level III)). Störungen und Unterbrechungen der operativen Tätigkeit und des Behandlungsflusses sollen durch diese kommunikativen Mittel günstig beeinflusst werden (Lingard et al (Level III)). Sicherheitsbewusstes Verhalten verstärkt sich, Kommunikationsfehler, unerwünschte Ereignisse, perioperative Komplikationen und Mortalität werden reduziert (de Vries et al (Level III), Haynes et al (Level III), Neily et al (Level III)). Dialogfähigkeit und Informationsaustausch des OP-Teams sowie die Qualität und Sicherheit der Behandlung durch multidisziplinäre Teams nehmen zu (Weiser & Berry 2013 (Level IV)). 4. Maßnahmen Die Einführung von Checklisten erlaubt es, mit wenig Aufwand für die routinemäßige Nutzung rasch deutliche Verbesserungen zu erreichen. Eine zwei- bis vierstündige Einführung mit Wiederholung nach vier und acht Monaten ist empfehlenswert (Ricci & Brumsted 2012 (Level IV), McCarthy & Chase 2011 (Level III)). Seit einer Kampagne der World Health Organization (WHO) im Jahr 2008 ist vor allem deren Surgical Safety Checklist, oft als WHO-Checkliste bezeichnet, bekannt geworden. Sie bietet sich als Grundlage zur Adaptierung für die eigene Organisation an (WHO 2008 (EL)). Beim Einführen der Checkliste sollten alle Mitarbeiter im OP beteiligt werden und sie sollte für alle verpflichtend eingeführt werden. Die Anwendung der Checkliste beim Einschleusen, beim Team-Time-Out und vor dem Ausschleusen dauert maximal 1 bis 1,5 Minuten und verzögert den Ablauf nicht wesentlich. Die Schulung kann mit externer Unterstützung durchgeführt werden. Eine hohe Durchdringung, bei der alle Abteilungen und Mitarbeiter erreicht werden, sollte angestrebt werden. Die Einführung von CRM-Trainings oder Medizinischen Teamtrainings (MTT) ist relativ aufwändig und wird bei McCarthy und Chase (2011 (Level III)) ausführlicher dargestellt. Sie erfordert prinzipiell die Unterstützung durch versierte Ausbilder. Die bekannten Erfolge sprechen dafür, diese Trainings durchzuführen (Salas & Frush 2012 (Level II-III)). Seite 5 von 12
6 5. Haltung und Verhaltensstrategie Der Einsatz von Checklisten hat sich in vielen Branchen bewährt. Manche hochqualifizierte Mitarbeiter erleben sie als eine Bevormundung oder ein Infragestellen ihrer Qualifikation. Sie ersetzen aber nicht die Qualifikation der Akteure, sondern erleichtern deren Arbeit durch folgende einfache Mechanismen: Zum einen reduzieren Checklisten die Komplexität eines Ablaufs. Der ausführende Mitarbeiter ist nicht mehr gezwungen, jeden Einzelschritt aus dem Gedächtnis abzurufen. Vor allem bei der Vollständigkeitskontrolle muss er nicht viele einzelne Punkte überprüfen, sondern kann sich darauf verlassen, dass mit dem sorgfältigen Abarbeiten der Checkliste die Aufgaben vollständig erledigt sind. Zum andern führt das Bearbeiten einer Checkliste und ggf. die damit verbundene schriftliche Dokumentation zu einer Ritualisierung des Sicherheitschecks. Eine strukturierte Abfrage wird mit größerer Selbstverständlichkeit Teil des Routineablaufs als eine unstrukturierte Prüfung. Und schließlich schafft das im Team laut vorgetragene Bearbeiten einer Checkliste durch mehrere Mitarbeiter einen gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit. Ein Informationsaustausch auch über die abgearbeiteten Aspekte hinaus kann wichtige Erkenntnisse für den weiteren Ablauf geben oder alle Beteiligten auf unerwartete Konstellationen und Risiken aufmerksam machen. Die WHO-Checkliste verlangt zu drei verschiedenen Zeitpunkten ein klares, kurzes Innehalten und eine Zuwendung der beteiligten Berufsgruppen und Fachdisziplinen. Operateur, Anästhesist, Anästhesie- und OP- Pflege klären dabei kritische, risikobehaftete Punkte sicher ab. Die Leistung von Operateur und OP-Team verbessert sich dadurch. Dagegen kann ein halbherziger Einsatz oder ein unaufrichtiges Anwenden sogar ungünstig sein (Russ et al (Level III)). Die Checkliste verliert deutlich an Wirkung, wenn man versucht, sie zwischen Tür und Angel zu praktizieren. Der Einsatz der Checkliste fördert die bewusste Konzentration auf kritische Aspekte des perioperativen Ablaufs wie z. B. die sichere Identifikation des Patienten und der OP-Seite, die präoperative Antibiose, das notwendige Bildmaterial, das komplette und einsatzfähige Instrumentarium sowie die gemeinsame postoperative Behandlungsstrategie. Der Operateur ist verantwortlich für den konsequenten Einsatz dieser Checkliste, er muss sie immer fordern und ihren Gebrauch sicherstellen. Entscheidend ist nicht nur das Abarbeiten einzelner Kriterien. Die Checkliste, richtig eingesetzt, bewirkt eine klare Präsenz und Zielfokussierung der Beteiligten. Diese Methode fördert nicht nur die Kommunikation, sondern auch die Teambildung. 6. Erklären der Methode Die dreiteilige WHO-Checkliste stützt sich auf frühere, unsystematisch verwendete Checklisten zum Ein- und Ausschleusen im OP. Einen erster standardisierter Einsatz an weltweit acht teilnehmenden Kliniken, mit jeweils Patienten vor und nach Implementierung der Checkliste, erfolgte 2007 bis 2009 (Haynes et al (Level III)). Sign-in Das Sign-in vor Beginn der Anästhesie ist der erste Schritt. Der Patient bestätigt seine persönlichen Daten, die geplante Operation, die Seite des Eingriffs und seine Zustimmung. Es wird überprüft, ob die Seite markiert ist, ob der anästhesiologische Sicherheitscheck durchgeführt wurde und das Pulsoximeter funktioniert. Geprüft werden bekannte Allergien, Beatmungs- oder Aspirationsrisiken und das Risiko eines größeren Blutverlustes. Seite 6 von 12
7 Team-Time-Out Unmittelbar vor der Hautinzision findet das Team-Time-Out statt. Alle Mitglieder stellen sich gegenseitig vor oder kennen sich bereits. Der Operateur, der Anästhesist und die Pflegekräfte bestätigen den Eingriff und die korrekte Seite. Die Antibioseprophylaxe hat begonnen und notwendige Röntgenbilder sind sichtbar präsentiert. Der Operateur benennt eventuelle schwierige oder vom Standard abweichende Operationsschritte, die Operationsdauer oder den zu erwartenden Blutverlust. Das Anästhesieteam nennt mögliche patientenspezifische Besonderheiten. Die instrumentierende Pflegekraft bestätigt, dass alle Instrumente vorhanden, steril und einsatzbereit sind. Sign-out Bevor der Patient den Operationsraum verlässt, findet das Sign-out statt. Die Bezeichnung des operativen Eingriffes wird dokumentiert. Die Zählkontrolle für Tupfer, Instrumente etc. wird schriftlich bestätigt. Eventuelle Präparate für die Pathologie oder Mikrobiologie sind auf richtige Beschriftung geprüft. Aufgetretene Fehlfunktionen von Instrumenten oder technischem Gerät werden besprochen und dokumentiert. Operateur, Anästhesie und Pflege legen noch einmal die wichtigsten Aspekte für die weitere Behandlung fest. Anpassungen der Checkliste Die ursprüngliche Checkliste der WHO wurde vielfach modifiziert. Abbildung 1 zeigt die Version der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Es gibt auch hausspezifische Anpassungen, die das Schema deutlich erweitern. Der erhöhte Zeitaufwand führt in diesen Fällen aber möglicherweise dazu, dass sie nicht mehr zuverlässig verwendet wird (Cullati 2013 (Level III)). Beispiel der Checkliste in deutscher Sprache Vorschlag der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zum Einsatz der WHO-Checkliste ( Abruf ) Seite 7 von 12
8 7. Anwendungsszenarien Die WHO-Checkliste sollte bei allen operativen Eingriffen Anwendung finden, auch im ambulanten Setting. Darüber hinaus eignet sie sich, je nach lokalen Verhältnissen, auch für andere invasive Eingriffe wie Knochenmarkspunktionen, Koronarangiographien, Endoskopien etc. Wo die Checkliste eingeführt ist, sollte sie oder deren adaptierte Variante ohne Ausnahme eingesetzt werden, um keine Risiken entstehen zu lassen. Für verschiedene Bereiche innerhalb einer Organisation lassen sich bei Bedarf verschiedene Checklisten entwickeln. Es steht jeder Klinik und jedem OP-Team offen, eine für sich adäquate Form der WHO-Checkliste zu etablieren. 8. Vorbereitung von Kommunikation Wir haben für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung fünf Leitfragen entwickelt, die eine gute Orientierung für den Prozess und die innere Haltung der Teilnehmer geben unabhängig von den konkreten Inhalten, die übermittelt werden. Bin ich auf das Gespräch vorbereitet? Sind sämtliche Vorbereitungen abgeschlossen? Liegt die Checkliste vor? Sind alle Beteiligten anwesend? Haben sie andere Tätigkeiten eingestellt und konzentrieren sich auf die Checkliste? 9. Durchführung Vor Einleitung der Anästhesie geht das Anästhesieteam die Checkliste durch: Sign-in. Unmittelbar vor Schnitt, d. h. der Patient ist ggf. intubiert, gelagert, abgedeckt, das Team steht in OP-Kleidung am Tisch, wird das Team-Time-Out durchgeführt. Alle konzentrieren sich auf die Person, die die Checkliste in der Hand hat und laut die einzelnen Punkte durchgeht. Das Team-Time-Out dauert maximal 60 Sekunden. Es sollte keine Ausnahme von diesem Ritual geben. Das Sign-out findet vor Verlegen des Patienten aus dem OP in den Aufwachraum statt. Die Ausgestaltung einzelner Elemente der WHO-Checkliste wird bewusst den vor Ort Verantwortlichen überlassen. So ist beispielsweise je nach Größe der OP-Einheit einzuschätzen, ob eine Vorstellung der beteiligten Mitarbeiter sinnvoll erscheint. Die strukturierte Abfrage über die ursprüngliche Liste hinausgehender Aspekte empfiehlt sich möglicherweise, wenn in der Vergangenheit typische Fehler beobachtet wurden, deren Wiederholung auf diese Weise zu verhindern ist. Gerade in kleinen Teams und bei kleinen Eingriffen wie in der Dermatologie oder Augenheilkunde, oft auch ohne Beteiligung eines Anästhesisten, kann bei geringem Fehlerpotential und mit Blick auf die Akzeptanz bei den Mitarbeitern durchaus eine sehr verkürzte Checkliste zum Einsatz kommen. Manche Mitarbeiter, darunter sogar Führungskräfte, akzeptieren die Checkliste nur widerwillig. Das führt bisweilen zu Versuchen, sie nur an einzelne Beteiligte und ohne gemeinsames Fokussieren der Aufmerksamkeit zu übertragen. Gelegentlich ist auch die Bearbeitung zu anderen als den vorgesehenen Zeitpunkten zu beobachten. Nur der ernsthafte Einsatz der Checkliste kann jedoch einen Sicherheitsgewinn für die Patienten bewirken. Freie Variationen des Ablaufs sollten daher unterbunden werden. Seite 8 von 12
9 10. Rechtlicher Hintergrund und Verantwortung Der Gemeinsame Bundesausschuss hat entsprechend dem Patientenrechtegesetz die Voraussetzungen für ein Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen festgeschrieben. Er verlangt in seiner Richtlinie vom das Einhalten von Mindeststandards des Risiko- und Fehlermanagements. Zu den verpflichtend anzuwendenden etablierten und praxisbezogenen Bestandteilen des QM zählt die Richtlinie ausdrücklich die Nutzung von Checklisten bei operativen Eingriffen (Teil A 4 Abs. 1). 11. Quellen AHRQ (2013): TeamSTEPPS 2.0 (No ). Carthey J, de Leval M & Reason J (2001): The human factor in cardiac surgery: errors and near misses in a high technology medical domain. Ann Thorac Surg 72: Catchpole K, Mishra A, Handa A & McCulloch P (2008): Teamwork and error in the operating room: analysis of skills and roles. Ann Surg 247: Catchpole KR, Giddings AEB, de Leval MR, et al. (2006): Identification of systems failures in successful paediatric cardiac surgery. Ergonomics 49: Catchpole KR, Giddings AEB, Wilkinson M, Hirst G, Dale T & de Leval MR (2007): Improving patient safety by identifying latent failures in successful operations. Surgery 142: Cullati S, Le Du S, Raë AC, Micallef M, Khabiri E, Ourahmoune A, Boireaux A, Licker M, Chopard P (2013): Is the Surgical Safety Checklist successfully conducted? An observational study of social interactions in the operating rooms of a tertiary hospital. BMJ Qual Saf. 22: Davenport DL, Henderson WG, Mosca CL, Khuri SF & Mentzer RM Jr (2007): Risk-Adjusted Morbidity in Teaching Hospitals Correlates with Reported Levels of Communication and Collaboration on Surgical Teams but Not with Scale Measures of Teamwork Climate, Safety Climate, or Working Conditions. J Am Coll Surg 205: de Leval MR, Carthey J, Wright DJ, Farewell VT & Reason JT (2000): Human factors and cardiac surgery: A multicenter study. J Thorac Cardiovasc Surg 119: de Vries RE, Bakker-Pieper A & Oostenveld W (2010): Leadership = Communication? The Relations of Leaders Communication Styles with Leadership Styles, Knowledge Sharing and Leadership Outcomes. J Bus Psychol 25: Dickinson T & McIntyre R (1997): A conceptual framework for teamwork measurement. In: Brannick M, Salas E & Prince C (eds.) Team Perform Assess Meas Theory Methods Appl. Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum Associates. Edmondson A (2003): Speaking up in the Operating Room: How Team Leaders Promote Learning in Interdisciplinary Action Teams. J Manag Stud 40: ElBardissi AW, Wiegmann DA, Henrickson S, Wadhera R & Sundt TM (2008): Identifying methods to improve heart surgery: an operative approach and strategy for implementation on an organizational level. Eur J Cardiothorac Surg 34: ENWHP (2007): Luxemburger Deklaration zur betrieblichen Gesundheitsförderung in der europäischen Union. Essen: ENWHP. Fudickar A, Hörle K & Wiltfang J (2012): Surgical Safety Checklist der Weltgesundheitsorganisation: Auswirkungen auf Komplikationsrate und interdisziplinäre Kommunikation. Dtsch Ärztebl 109: Gawande A (2011): The Checklist Manifesto. How to get Things Right. Profile Books. London. Gawande A, Thomas E, Zinner M & Brennan T (1999): The incidence and nature of surgical adverse events in Colorado and Utah in Surgery 126: Seite 9 von 12
10 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, vom 20. Februar In: Bundesgesetzblatt (BGBl.). Bundesanzeiger Verlag, 25. Februar 2013, S. 277 Gillespie BM, Chaboyer W & Murray P (2010): Enhancing Communication in Surgery Through Team Training Interventions: A Systematic Literature Review. AORN J 92: Greenberg C, Regenbogen S, Studdert D, Lipsitz S, Rogers S, Zinner M & Gawande A (2007): Patterns of Communication Breakdowns Resulting in Injury to Surgical Patients. J Am Coll Surg 204: Haynes A, Weiser T, Berry W & Lipsitz S (2009): A Surgical Safety Checklist to Reduce Morbidity and Mortality in a Global Population. N Engl J Med 360: Holleman G, Poot E, Mintjes-de Groot J & van Achterberg T (2009): The relevance of team characteristics and team directed strategies in the implementation of nursing innovations: A literature review. Int J Nurs Stud 46: Joy B, Elliott E, Hardy C & Sullivan C (2011): Standardized multidisciplinary protocol improves handover of cardiac surgery patients to the intensive care unit. Pediatr Crit Care Med 12: Klei W van & Hoff R (2012): Effects of the Introduction of the WHO Surgical Safety Checklist on In- Hospital Mortality: A Cohort Study. Ann Surg 255: Leonard M & Frankel A (2003): Why is Communication and Teamwork so critical to the Healthcare Industry? A24B24 Hum Factor Commun Teamwork Health Care. Levy SM, Senter CE, Hawkins RB, Zhao JY, Doody K, Kao LS, Lally KP & Tsao K (2012): Implementing a surgical checklist: More than checking a box. Surgery 152: Lingard L, Espin S, Rubin B & Whyte S (2005): Getting teams to talk: development and pilot implementation of a checklist to promote interprofessional communication in the OR. Qual Saf Health Care 14: Lingard L, Espin S, Whyte S, et al. (2004): Communication failures in the operating room: an observational classification of recurrent types and effects. Qual Saf Health Care 13: Lingard L, Regehr G & Orser B (2008): Evaluation of a preoperative checklist and team briefing among surgeons, nurses, and anesthesiologists to reduce failures in communication. Arch Surg 143: McCarthy D & Chase D (2011): Advancing Patient Safety in the U.S. Department of Veterans Affairs. Commonw Fund Pub 1477: Mesmer-Magnus J & Dechurch L (2009): Information sharing and team performance: a meta-analysis. J Appl Psychol 94: Mishra A, Catchpole K, Dale T & McCulloch P (2008): The influence of non-technical performance on technical outcome in laparoscopic cholecystectomy. Surg Endosc 22: Morris J, Carrillo Y, Jenkins J, Smith P, Bledsoe S, Pichert J & White A (2003): Surgical Adverse Events, Risk Management, and Malpractice Outcome: Morbidity and Mortality Review Is Not Enough. Ann Surg 237: Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte und Ärztinnen MBOÄ 1997 in der Fassung des Beschlusses des 118. Deutschen Ärztetages von 2015 in Frankfurt am Main. Nagpal K, Arora S & Vincent C (2012): Failures in communication and information transfer across the surgical care pathway: interview study. BMJ Qual Saf 1 7. Neily J, Mills P, Xu YY- & Carney B (2010): Association Between Implementation of a Medical Team Training Program and Surgical Mortality. J Am Med Assoc 304: Nijhuis BJ, Reinders-Messelink HA, de Blécourt AC, Olijve WG, Groothoff JW, Nakken H & Postema K (2007): A review of salient elements defining team collaboration in paediatric rehabilitation. Clin Rehabil 21: Orasanu J (1990): Shared Mental Models and Crew Decision Making: Presented at the 12th Annual Conference of the Cognitive Sience Society, MIT, Cambridge, MA. Princeton University. Seite 10 von 12
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12 12. Pocketversion Als Erinnerungsstütze für die Kitteltasche gibt es eine Pocketversion dieser Arbeitshilfe. Die Größe entspricht einer Postkarte, zweiseitig bedruckt. Eine veränderbare Datei zur Anpassung an Ihre lokalen Gegebenheiten erhalten Sie über die AG Kommunikation im Qualitäts- und Risikomanagement der GQMG: Pocketversion Anschrift für die Verfasser Dr. med. Dipl.-Psych. Horst Poimann Schweinfurter Straße 1, Würzburg, Seite 12 von 12
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