Schuldbefreiungstatbestände. Bürgerliches Vermögensrecht I. Der Rücktritt. Schuldbefreiung durch Rechtsgeschäft. Rücktrittsfolgen.

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1 Schuldbefreiungstatbestände Bürgerliches Vermögensrecht I Professor Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Rechtsphilosophie Erfüllung Erfüllungssurrogate Auflösende Bedingung Unmöglichkeit Wegfall der Geschäftsgrundlage Rechtsgeschäft Schuldbefreiung durch Rechtsgeschäft Der Rücktritt Erlassvertrag Negatives Schuldanerkenntnis Das flexiblere Instrument Aufhebungsvertrag Unmöglichkeit Bedingung Rücktritt Kündigung Anfechtung Leistungserschwerung Leistungsentwertung Voraussetzungen Rücktrittsfolgen Rücktrittserklärung Rückgewährschuldverhältnis Rücktrittsgrund Nutzungsvergütung Vertraglicher Vorbehalt Kraft Gesetzes Wertersatz Schadensersatz 1

2 Rückgewähr und Wertersatz Leistungsgegenstand: Sache Rückgewähr in Natur Herausgabe und Ersatz für gezogene Nutzungen Verlust 346 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BGB Verschlechterung jenseits der normalen Abnutzung ohne die Verschlechterung durch Ingebrauchnahme 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB Ausschlusstatbestände 346 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 BGB Leitungsgegenstand: Dienste oder Gebrauchsüberlassung (Nutzung) 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB Unglücklicher Rücktritt? Sache Der eines beiderseits erfüllten Kaufvertrages macht von seinem vertraglich vorbehaltenen Rücktrittsrecht Gebrauch, ohne zu wissen, dass die Sache beim ohne dessen Verschulden untergegangen ist. Wie ist die Rechtslage? Geld Rechte des s Anspruch auf Herausgabe der Sache scheitert, weil es die Sache nicht mehr gibt Anspruch auf Nutzungsentgelt ist begründet Anspruch auf Schadensersatz 346 Abs. 4, 283 BGB scheitert, weil der Untergang von K nicht zu vertreten ist Anspruch auf Wertersatz 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist begründet Unglücklicher Rücktritt? Sache Der eines vom bis auf eine Anzahlung nicht erfüllten Kaufvertrages macht von seinem Rücktrittsrecht aus 323 Abs. 1 BGB Gebrauch, ohne zu wissen, dass die Sache beim ohne dessen Verschulden untergegangen ist. Wie ist die Rechtslage? Geld Rechte des s Anspruch auf Herausgabe der Sache scheitert, weil es die Sache nicht mehr gibt Anspruch auf Wertersatz 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB Anspruchsbegründende Voraussetzungen sind gegeben. Kein Ausschluss des Anspruchs auf Wertersatz 346 Abs. 3 Nr. 3 BGB ist nicht der dort gemeinte Berechtigte. Gegenrechtsbegründende Voraussetzungen sind nicht gegeben. Rechte des s Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung Die anspruchsbegründenden Voraussetzungen liegen vor. Gegenrechte sind nicht ersichtlich. Es gibt auch keinen Bedarf, da der durch den Wertersatzanspruch geschützt ist. 2

3 Widerruf und Rückgabe Widerrufs- und Rückgabefolgen Anordnung für diverse Verbrauchergeschäfte Ausübung nach 355, 356 BGB Modifiziertes Rücktrittsfolgenrecht nach 357 BGB Rückgewährschuldverhältnis Nutzungsvergütung Wertersatz mit Wertverlust durch Ingebrauchnahme Schadensersatz Rückgewähr und Wertersatz Leistungsgegenstand: Sache Rückgewähr in Natur Ersatz für gezogene Nutzungen Verlust 346 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BGB Verschlechterung jenseits der normalen Abnutzung mit der Verschlechterung durch Ingebrauchnahme 357 Abs. 3 BGB Einschränkung der Ausschlusstatbestände Unanwendbarkeit des 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB 357 Abs. 3 Satz 3 BGB Kündigung Beendigung eines auf Dauer angelegten Rechtsverhältnisses für die Zukunft durch einseitiges Gestaltungsrecht Ordentliche Kündigung Im Regelfall ohne Kündigungsgrund Ausnahmen im Arbeitsrecht und dem Recht der Wohnungsmiete Wirksam zur Kündigungsfrist (fristgemäße Kündigung) Außerordentliche Kündigung Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes Sofortige Wirksamkeit (fristlose Kündigung) Der falsche RUBENS V besitzt seit Jahren voller Stolz einen, wie er meint, echten Rubens. Als er in Geldnöte kommt, entschließt er sich schweren Herzens, den Rubens zu versilbern. Er verkauft ihn an K für Nun ist K stolzer Besitzer (und Eigentümer) eines vermeintlich echten Rubens. Er wird aus seinen Träumen gerissen, als er zweieinhalb Jahre nach der Übernahme des Prachtstücks von einem Kunstsachverständigen erfahren muss, dass das Bild zwar aus der Rubensschule, nicht aber von des Meisters Hand stamme. Der wirkliche Wert des Bildes beträgt K möchte von V sein Geld zurück. V meint, dazu sei es zu spät. Rückgewähr von Vertragsleistungen Gewährleistungsrecht (Rücktritt) 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 434 BGB Zeitgrenze: zwei Jahre Bereicherungsrecht 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB (condictio indebiti) nach Anfechtung des Kaufvertrages ( 142, 143, 119 Abs. 2 BGB) Zeitgrenze: u.u. länger als zwei Jahre 3

4 Gutachtentechnik Herausarbeitung, Entwicklung und Feststellung der Fallfrage Einführung einer Rechtsnorm, die - von der Rechtsfolge her - eine Antwort auf die Fallfrage geben kann Prüfung der Rechtsnorm Geltung Voraussetzungen Antwort auf die Frage nach dem Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen Fortsetzung Fortsetzung Gutachtentechnik Herausarbeitung, Entwicklung und Feststellung von Gegenvorstellungen Einführung einer Rechtsnorm, die - von der Rechtsfolge her - der Gegenvorstellung Raum geben kann Prüfung der Rechtsnorm Geltung Voraussetzungen Antwort auf die Gegenvorstellung Antwort auf die Fallfrage Fallfrage - Tatsächliches Begehren Rechtsgrundlage - Anspruchsnorm 1 K verlangt von V Rückzahlung des Kaufpreises von ,00. Ein Anspruch auf Zahlung könnte sich aus 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 BGB ergeben. Anspruchsvoraussetzungen Sachmangel behebbar Nacherfüllungsanspruch unbehebbar Sofortiges Rücktrittsrecht Rücktrittserklärung Ausübung des Gestaltungsrechts Auslegung einer Laienerklärung Gegenvorstellungen Die Angelegenheit liegt schon zu lange zurück. 4

5 Rechtsgrundlage und Ergebnis Verjährung der Mängelrechte Unverjährbarkeit von Gestaltungsrechten Unwirksamkeit des Rücktritts nach 218 i.v.m. 437 Abs. 4 BGB nach Ablauf von zwei Jahren ( 437 Abs. 1 Nr. 3) seit Übergabe Ausübung der Verjährungseinrede Auslegung der Äußerung eines Nichtjuristen Gegenvorstellungen greifen. Das Rücktrittsrecht ist ausgeschlossen. Der Rückzahlungsanspruch aus 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 434 BGB ist nicht gegeben. Rechtsgrundlage - Anspruchsnorm 2 Ein Anspruch auf Zahlung könnte sich aus 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB (condictio indebiti) nach Anfechtung des Kaufvertrages ( 142, 143, 119 Abs. 2 BGB) ergeben. Geltung und Anwendbarkeit Anwendbarkeit der Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums neben dem kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht Wertungswiderspruch in der Zeitdimension Wertungswiderspruch zum Vorrang der Nacherfüllung Unterschiedliche Behandlung der grob fahrlässigen Unkenntnis des Mangels beim Auflösung der Wertungswidersprüche nach dem Spezialitätsgrundsatz: Lex specialis (Kaufrecht) derogat legi generali (allgemeines Anfechtungsrecht). Gesamtergebnis K kann nicht von V Rückzahlung des Kaufpreises von ,00 verlangen. K kann auch nicht auf den Wert von ,00 mindern ( 438 Abs. 5 BGB) und Zahlung von ,00 verlangen. 5