Makroökonomik. Geld
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- Moritz Hofer
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1 Makroökonomik Geld
2 Was heute geschieht Rolle des Geldes Hauptakteure Geldangebot (Geldmengen) 2
3 Zwei geldtheoretische Positionen Geld ist Ware (Vormoderne, Keynes) Geld(mengenänderungen) haben reale Effekte, d.h. wirken auf Mengen Geld ist Schleier (Klassik, Neoklassik, Monetarismus): Geld(mengenänderungen) haben nominale Effekte, d.h. wirken nur auf Preise 3
4 Was ist Geld? Geld: Definition, Geldfunktionen Funktionalistische Gelddefinition: «Alles, was Geldfunktionen ausübt, ist Geld». Funktionen: Tauschmittel, Recheneinheit, Wertaufbewahrung Beispiele: Vieh (Ochsen), Salz, Felle, Stockfisch, Tabak, Zucker, Muscheln, Perlen, Zigaretten, Metalle, Münzen, Papier mit besonderem Aufdruck, Eintragungen in Büchern, elektronisch gespeicherte Daten usw. Geld ist immer eine Bestandsgrösse. 4
5 Königreich Lydien, Krösus ( v. Chr.), schwerer Goldstater Quelle: vorne hinten EC Karte, Zentraleuropa (ca n. Chr.) vorne hinten 5
6 Geldfunktionen: Was ist Geld? (2) 1. Tauschmittel (Zahlungsmittel) Verringerung der Transaktionskosten: Geld als Tauschmittel beim indirekten Tausch (temporäres Wertaufbewahrungsmittel: Trennung von Kauf und Verkauf), 2. Recheneinheit, Wertmaßstab Verringerung der Informationskosten: nicht n(n-1)/2 Austauschverhältnisse, sondern nur n Preise, 6
7 Was ist Geld? (3) 3. Wertaufbewahrungsmittel Ermöglicht Aufbewahrung von Kaufkraft: Das Einkommen muss nicht sofort verausgabt werden (intertemporaler Transfer). Das gesparte Einkommen kann auf andere Wirtschaftseinheiten übertragen werden (Intermediation zwischen Sparern und Investoren). Erforderliche Eigenschaften von Geld: Absatzfähigkeit Haltbarkeit Seltenheit Homogenität Teilbarkeit 7
8 Was ist Geld? (4) Allgemeine Gelddefinition: «Geld ist Vertrauen.» 8
9 Geldverfassung und Währungsordnung Geldverfassung: gesetzlicher und institutioneller Rahmen für die Währung und den Finanzsektor Geldemission, Kompetenzen, (Un)Abhängigkeiten Währung: konkrete Ausgestaltung der Geldeinheit eines Währungsgebietes (rechtliche Knappheitsvorschriften) Währungsordnung: Beziehung zwischen den Währungen verschiedener Währungsgebiete (internationale Währungsordnung) 9
10 Kurze Geldgeschichte Warengeld zur Vereinfachung des Tausches schon früh: seltene Metalle ab ca. 7. Jhdt. v.u.z. erste Münzen schnelle technische Perfektionierung bis ins 20. Jahrhundert: Geld war Ware oder (zumindest theoretisch) durch Waren gedeckt Kommerzielle Revolution des Mittelalters: erstes Kreditgeld (unter Kaufleuten) frei zirkulierende Banknoten (von einigen Fiaskos abgesehen) erst seit 19. Jahrhundert indirekte Golddeckung von Banknoten bis
11 Entwicklung kürzer Warengeld: intrinsischer Werts Tauschgesellschaft Wechsel: Zahlungsversprechen Schuldscheine Verpflichtungsökonomie Papiergeld: keine intrinsischer Wert Vertrauen in den Wert des Geldes Zentralbank=Stabilitätsverpflichtung 11
12 Die Geldverfassung der Schweiz: Zwei Hauptakteure des Geldangebots Zentralbank (Stufe 1) Schweizerische Nationalbank (SNB) ist weitgehend unabhängig von Regierung und Parlament. Aufgaben: 1. Sicherung der primären Geldversorgung, 2. Sicherung des inneren Werts der Währung (= Preisstabilität), 3. Sicherung des Aussenwerts der Währung (= Wechselkurs des Franken) Problem: möglicher Zielkonflikt mit Preisstabilität 4. Bank der Banken (Lender of Last Resort), Schutz der Kreditinstitute vor allgemeiner Vertrauenskrise (bank run): Möglichkeit in Zahlungsschwierigkeiten geratene Geschäftsbanken unbegrenzt mit Zentralbankgeld versorgen (lend freely!) Problem: Moral Hazard 12
13 Auftrag der SNB Nationalbankgesetz: Art. 5 Abs. 1 Die Nationalbank führt die Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes. Sie gewährleistet die Preisstabilität. Dabei trägt sie der konjunkturellen Entwicklung Rechnung. 13
14 Geldpolitische Strategie SNB Drei Elemente Definition von Preisstabilität Mittelfristige Inflationsprognose Operationelles Zielband Dreimonats-Libor (Zinssatz) 14
15 Zwei Hauptakteure des Geldangebots Geschäftsbanken (Stufe 2) Vermitteln zwischen Geldgebern und Kreditnehmern (= Finanzintermediation). Multiplizieren so das Zentralbankgeld und schaffen Geld. Überschusseinheiten Private Haushalte Einlagen Banken Kredite Defiziteinheiten Unternehmen 15
16 Funktionen der Finanzintermediation Transfer von Kaufkraft zwischen Überschuss- und Defiziteinheiten (und damit das volkswirtschaftliche Investitionsvolumen) durch: Verringerung von Informationskosten (Vermittlung zwischen Gläubigern und Schuldnern) Kreditgrössentransformation (Kreditvolumen der Titel) Risikotransformation (Sicherheit der Titel) Fristentransformation (Laufzeit der Titel) 16
17 Funktionen der Finanzintermediation Führt zu einer effizienteren Kapitalzuordnung durch: Auswahl der ertragreichsten Investitionen laufende Beratung und Kontrolle der Schuldner (Investoren). Erhöht die gesamtwirtschaftliche Liquidität durch die Schaffung von Geld durch: Schuldtitel, die der Wertaufbewahrung dienen Schuldtitel, die Zahlungsmittel darstellen (Geschäftsbankengeld). 17
18 Das Geldangebot in der Schweiz Definition der Geldmengenaggregate Bargeld (Noten und Münzen) + Guthaben auf Bankkonten. Die SNB veröffentlicht Statistiken zu verschiedenen Geldaggregaten. 18
19 Zwei wichtige Geldaggregate Geldmenge M1 = Bargeld des Publikums + sofort verfügbare Guthaben des Publikums bei Geschäftsbanken M1 entspricht den unmittelbar verfügbaren Tauschmitteln des Publikums. Notenbankgeldmenge NGM = Bargeld bei Publikum und Geschäftsbanken + Guthaben der Geschäftsbanken bei der SNB Die Notenbankgeldmenge ist unter der direkten Kontrolle der Nationalbank. 19
20 Verschiedene Geldaggregate NGM M1 M2 M3 Notenbankgeldmenge NGM = Notenumlauf + Guthaben der Banken bei der Nationalbank (Giroguthaben) = Bargeldumlauf (Noten und Münzen) + Sichteinlagen + Einlagen auf Transaktionskonti = M1 + Spareinlagen = M2 + Termineinlagen die Aggregate sind nach ihrer Liquidität geordnet 20
21 Mrd. Fr. 300 M1 und NGM in der Schweiz M NGM Quelle: SNB 21
22 Mrd. Fr. 600 Geldaggregate Schweiz M3 M M1 NGM Quelle: SNB 22
23 Zentralbank kontrolliert Geschäftsbanken entscheiden über Höhe der Liquiditätsreserven Publikum entscheidet über Höhe der Kassenhaltung Notenbankgeldmenge Multiplikation der Bankeinlagen Geldmenge M1 23
24 Geldmultiplikator Beziehung zwischen Geldmenge M1 und Notenbankgeldmenge NGM: M1 = m NGM Was bestimmt die Grösse von m? m > 1 24
25 Geldmultiplikator Banken halten einen Teil der einbezahlten Gelder (Einlagen) als Reserven. Der andere Teil wird etwa in Form von Krediten ans Publikum vergeben. Reservesatz r = Reserven Einlagen Das Publikum deponiert einen Teil der erhaltenen Kredite bei den Banken und behält den Rest als Bargeld. Kassenhaltungskoeffizient cu = Bargeld bei Publikum M1 25
26 Zentralbank bestimmt Notenbankgeldmenge r cu Geschäftsbanken multiplizieren Einlagen Reserven Geschäftsbanken Kassenhaltung Haushalte & Unternehmen 26
27 Beispiel Geldmultiplikator: 1. Die Zentralbank kauft für Fr Dollar bei einem Devisenhändler. 2. Der Devisenhändler deponiert die Fr bei der Bank Da kaum alle Bankkunden ihre Guthaben auf einmal auflösen werden, kann die Bank 1 Fr. (1 - r) ans Publikum ausleihen. 4. Das Publikum behält Bargeld und zahlt Fr. (1 - cu)(1 - r) bei der Bank 2 ein. 5. Die Bank 2 vergibt nach Abzug der Reserven Fr. (1 - cu)(1 - r) als Kredit usw. 27
28 Wie die Geschäftsbanken Geld schaffen Bank 1 hat Einlagen von Fr. r = 1 Bank 1 (100% Reserven) Einlagen Reserven hier wird kein neues Geld geschaffen 28
29 Reservesatz r Bank 1 (10% Reserven) Einlagen Reserven 100 Kredite 900 r = 0.1 cu = 0 Bank 2 (10% Reserven) Einlagen 900 Reserven 90 Kredite 810 Bank 3 (10% Reserven) Einlagen 810 Reserven 81 Kredite
30 Formale Herleitung des Geldmultiplikators M1 = Bar Publikum + Einlagen cu = Kassenhaltungskoeffizient r = Reservesatz NGM = Bar Publikum + Bar Banken + Guthaben Banken bei SNB NGM = cu M1 + NGM = M1 [cu + r ( 1 - cu) ] 1 M1 = NGM cu + r ( 1 - cu) Reserven = r Einlagen = r (M1 -Bar Publikum ) = r (M1 - cu M1) = M1 r ( 1 - cu) 30
31 Multiplikator M1 = m NGM = 1 cu + r (1-cu) Notenbankgeldmenge NGM Kassenhaltungskoeffizient Reservesatz 31
32 Aufgabe cu = 1/4 r = 1/5 m =? NGM steigt um 200 Fr. Veränderung M1? Veränderung Kredite? 32
33 Veränderung Kredite? NGM = Bar Publikum + Bar Banken + Guthaben Banken bei SNB NGM = Bar Publikum + Reserven Bar Publikum = NGM - Reserven M1 = Bar Publikum + Einlagen M1 = Bar Publikum + Kredite + Reserven M1 = NGM - Reserven + Kredite + Reserven M1 = NGM + Kredite 33
34 Der Geldmultiplikator Schweiz M1 m = 8NGM 7 lockere Geldpolitik Strukturbruch Ende Quelle: SNB, eigene Berechnung 34
35 Freiwilliger Reservesatz der Geschäftsbanken ( ) Reserven r = 0.16 Einlagen Strukturbruch des Multiplikators durch Halbierung des Reservesatzes. Einführung des Swiss Interbank Clearing (SIC) Neue Liquiditätsvorschriften Die sinkende Reservehaltung erhöht den Geldmultiplikator Quelle: SNB, eigene Berechnung 35
36 Kassenhaltungskoeffizient ( ) 0.30 Bargeld Publikum cu = M Die sinkende Kassenhaltung erhöht den Geldmultiplikator Quelle: SNB, eigene Berechnung 36
37 Instrumente der Geldpolitik Die Zentralbank steuert die Geldmenge; Direkt über die Notenbankgeldmenge Repo-Geschäfte: Bei Kauf von Wertpapieren wird Vertrag für Rückverkauf abgeschlossen (wichtigstes Instrument der SNB) Devisengeschäfte: An- und Verkauf von Devisen Der Gesetzgeber steuert die Geldmenge indirekt durch den Mindestreservesatz r min in der Schweiz heute 2,5% 37
38 Ablauf 38
39 Repo-Geschäfte steuern die Kurzfristzinsen % Kurzfristzins SNB (3 Monate) Quelle: SNB 39
40 Kurzfristzins und Geldmenge M3 % Kurzfristzins SNB (3 Monate) Vorjahresveränderung Geldmenge M Quelle: SNB 40
41 Entwicklung der Notenbankgeldmenge Mio. Fr. 35'000 30'000 25'000 20'000 Notenumlauf 15'000 10'000 5'000 0 Giroguthaben Quelle: SNB 41
42 Repo-Geschäfte und Devisen-Swaps der SNB Mio. Fr. 25'000 20'000 15'000 Devisen-Swaps Forderungen aus Repo-Geschäften 10'000 5' Quelle: SNB 42
43 Wie wirkt Geldpolitik? 1. Instrument (Repo, Liquidität) 2. Finanzmärkte (Marktzinssatz, Wechselkurse) 3. Gesamtwirtschaftliche Nachfrage (4-6 Quartale) 4. Preise und Inflation (6-12 Quartale) 43
44 Aktuelle Lage Finanzmarktturbulenzen und Wirtschaftsentwicklung 44
45 Bank-Runs Nur ein Teil der Einlagen der Bank sind liquide Zweifel an der Substanz der Bank Selbsterfüllende Erwartungen Weitere Verschärfung der Liquidität der Bank bis hin zur Zahlungsunfähigkeit Stabilisierung mit: Einlagensicherungsmassnahmen Liquditätsvorschriften Aufschieben von Zahlungen Lender of Last Resort (Notenbanken) 45
46 Beispiel Northern Rock HANDELSBLATT, Montag, 17. September 2007, 16:23 Uhr Hintergrund Aufstieg und Fall von Northern Rock Der britische Hypothekenfinanzierer Northern Rock ist in den vergangenen Jahren aggressiv gewachsen. Doch der weg nach oben ist mit dem auftreten der Subprime- Krise vorerst jäh gestoppt. Stärken und Schwächen des Instituts und wie seine Perspektiven nun aussehen. Stärke: Der britische Hypothekenfinanzierer Northern Rock ist in den vergangenen Jahren aggressiv gewachsen. Das Institut betreut mit 76 Niederlassungen rund 1,4 Millionen Kunden. Das Hypothekenvolumen der Bank stieg bis auf 145 Mrd. Euro. Schwäche: Wegen einer vergleichsweise geringen Höhe an Kundeneinlagen ist das Institut auf Mittel angewiesen, die sich Banken untereinander am Geldmarkt leihen. Dort sind die Zinsen in den vergangenen Wochen aber auf das höchste Niveau seit neun Jahren gestiegen, da die Banken nur noch zögerlich Geld verleihen. Perspektive: Seit vergangener Woche haben die Kunden von Northern Rock fast drei Mrd. Euro an Einlagen abgezogen. Das Geschäftsmodell seines Hauses sei nicht mehr überlebensfähig, räumte nun Vorstandschef Adam Applegarth ein. Experten rechnen jetzt mit einer Übernahme oder einer Zerschlagung der Bank. 46
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