9 Fallstudie zu Herstellungskosten von Vermögensgegenständen
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- Hinrich Fleischer
- vor 6 Jahren
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1 9 Fallstudie zu Herstellungskosten von Vermögensgegenständen Universität Mannheim Lehrstuhl für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsprüfung Prof. Dr. Jens Wüstemann bearbeitet von: Ivo Markov 1 1
2 Gliederung I. Problemstellung II. Die maßgeblichen GoB für die Bewertung III. Herstellungskostenbegriff IV. Herstellungskostenzeitraum V. Umfang der in die HK einzubeziehenden Kostenbestandteile VI. Thesenförmige Zusammenfassung 2 2
3 I. Problemstellung Der Bilanzierende steht am Bilanzstichtag vor der Frage, wie er die Vgg. zu bewerten hat Das Gesetz verlangt in 253 Abs. 1 S. 1 HGB, dass jeder Kaufmann die Vgg. in der Bilanz,,höchstens mit den AHK, vermindert um planmäßige oder außerplanmäßige Abschreibungen anzusetzen hat Diese knappe Gesetzesregelung bietet Anlass, zunächst die relevanten Bewertungsvorschriften des 252 HGB zu erläutern und anschließend darzulegen, was,,herstellung bedeutet, wo die Grenze zu Anschaffung und Vertrieb gesetzt ist und welche Kostenbestandteile einzubeziehen sind 3 3
4 II. Die maßgeblichen GoB für die Bewertung Die Bilanz im Rechtssinne setzt sich aus dem VEP und dem GEP zusammen Ziel des GEP: Ermittlung des entziehbaren und verteilungsfähigen Gewinns Ziel des VEP: Ansatz nicht von sämtlichen Ausgaben, sondern von Umsatzträgern Das VoP ( 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ) fordert, Schätzgrößen so festzulegen, dass nicht durch zu optimistische Schätzungen der Periodenerfolg möglicherweise zu hoch ausgewiesen wird Das aus dem VoP resultierende RP besagt, dass Gewinn erst dann ausgewiesen werden darf, sobald der Sprung zum Absatzmarkt geschafft ist. Ist dies nicht der Fall, so sind die Vgg. höchstens mit ihren AHK anzusetzen (d.h. erfolgsneutrale Vermögensumschichtung ENP) Begründung des BFH: ein Aktivum soll zu solchen Werten bilanziert werden, die eine Wertsteigerung des Fertigprodukts darstellen 4 4
5 III. Herstellungskostenbegriff Def. gem. 255 Abs. 2 S. 1 HGB:,,Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Hierbei stehen sich ENP und VoP entgegen: 1.ENP: - Bewertung soll erfolgsneutral gehalten werden, da die Erfolgswirksamkeit einen Umsatz impliziert - Die Istkosten müssen eingerechnet werden, auch wenn sie überhöhte Werte in sich enthalten ( HK als finaler Begriff ) - Nur die pagatorischen (ausgabenwirksamen) Kosten sind einzubeziehen ( Grs. der Pagatorik nach 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB ) 5 5
6 2.VoP: - Eine Aktivierung kommt erst dann in Betracht, wenn der durch die HK verkörperte Wert sich als ein WG darstellt - Zu den HK gehören nur solche Kosten, die auf eine Herstellungsleistung entfallen ( keine Lagerungs- und keine Vertriebskosten ) Erweiterung und wesentliche Verbesserung: Sie setzen voraus, dass die Substanz des Vgg. erhöht wird, z.b., wenn dadurch das Wesen, der Nutzungswert oder die Nutzungsdauer erheblich erhöht werden. Ist dies bei einem Vgg. der Fall, erfolgt eine Aktivierung nach Maßgabe des ENP Kosten, die den Charakter von Substanzerhaltung oder bloßer Modernisierung haben, stellen abzugsfähigen Erhaltungsaufwand der Periode dar ( Ausfluss des VoP ) 6 6
7 IV. Herstellungszeitraum Die Reichweite des Herstellungszeitraums ist wichtig, da bilanzrechtlich HK frühestens mit Beginn der Herstellung anfallen und keine Kostenbestandteile einzubeziehen sind, die auf Vertrieb zurückzuführen sind 1.Beginn der Herstellung: Die Herstellung beginnt mit dem eigentlichen technischen Herstellungsvorgang oder auch bei konkretisierten Vorbereitungsmaßnahmen, die sachlich unmittelbar der Herstellung eines Vgg. dienen, selbst wenn das Endprodukt physisch noch nicht vorhanden ist 2.Ende der Herstellung: Die Herstellung endet mit der Fertigstellung des Vgg. Diese ist anzunehmen, wenn Wertsteigerungen durch Be- oder Verarbeitung nicht mehr zu erwarten sind ( wenn die Erzeugnisse absatzfertig sind ) 7 7
8 V. Umfang der in die HK einzubeziehenden Kostenbestandteile 1. Übersicht Umfang der Pflicht- und Wahlbestandteile ergeben sich aus 255 Abs. 2 S. 2-5 und Abs. 3 HGB Untergrenze: Umfasst die Einzelkosten (Material-, Fertigungskosten und die Sondereinzelkosten der Fertigung, also Kosten, die dem Vgg. infolge eines eindeutigen und nachweisbaren quantitativen Zusammenhangs einzeln zugerechnet werden können. Aus Vereinfachungsgründen werden die unechten Gemeinkosten nicht als Pflichtbestandteile einbezogen. Für die Einzelkosten besteht eine Einrechnungspflicht ( 255 Abs. 2 S. 2 HGB ). Obergrenze: Ergibt sich, wenn zu den Einzelkosten die Gemeinkosten (Material- und Fertigungsgemeinkosten, Wertverzehr des Anlagevermögens, Kosten der allg.verwaltung, Kosten der sozialen Einrichtungen, Kosten für freiwillige soziale Leistungen und Kosten für betrieblichen Altersversorgung) zugerechnet werden. Für die Gemeinkosten besteht ein Einrechnungswahlrecht ( 255 Abs. 2 S. 3-5 HGB ) 8 8
9 Um Überbewertungen zu vermeiden, bedient sich das Gesetz den Begriffen,,notwendig und,,angemessen, die die Gemeinkosten erfüllen müssen,,angemessenheit : Aufwendungen, die das normale Maß (der Höhe nach) wesentlich übersteigen, zählen nicht zu den HK,,Notwendigkeit : Aufwendungen, die ihrer Art nach unentbehrlich sind, dürfen in die HK eingerechnet werden H.M. ist, dass die beiden Begriffe synonym zu verstehen sind 9 9
10 2. Material- und Fertigungsgemeinkosten: Materialgemeinkosten: werden erst verrechnet, wenn die Materialien in den Produktionsprozess eingehen. Sie werden durch einen prozentualen Zuschlag auf das Fertigungsmaterial verrechnet Fertigungsgemeinkosten: sind alle für die Leistung im Fertigungsbereich anfallenden Gemeinkosten, die nicht direkt als Kosten für Material und Fertigungslöhne oder als Sonderkosten der Fertigung verrechnet werden und nicht unter Verwaltungs- oder Vertriebskosten fallen. Sie werden auch durch Zuschlagssätze ermittelt Im Fall werden die Zuschlagssätze für Material- und Fertigungsgemeinkosten in Kostenstellen bestimmt. Für deren Einbeziehung in die HK besteht ein Wahlrecht 3. Wertverzehr des Anlagevermögens: Die bilanziellen Abschreibungen werden auf Basis der tatsächlichen AHK berechnet Die kalkulatorischen Abschreibungen auf Grund von WBK sind nicht zulässig ( Grs. der Pagatorik ) Im Fall wird von einer Normalbeschäftigung ausgegangen, um die planmäßigen Abschreibungen zu ermitteln 10 10
11 4. Verwaltungsgemeinkosten: Trennung von Fertigungs-, Materialgemeinkosten und von Vertriebskosten ist schwierig Die Abgrenzung ist von Bedeutung, da in der Handelsbilanz für die Fertigungs- und für die Materialgemeinkosten ein Einbeziehungswahlrecht besteht und für die Vertriebskosten ein Einrechnungsverbot ( in der Steuerbilanz dagegen stellen die Fertigungs- und Materialgemeinkosten Pflichtbestandteile dar ) Durch die Nichtausübung des Wahlrechts besteht die Möglichkeit der Beeinflussung des in der Periode erzielten Gewinns 5. Weitere Aufwendungen im Sinne des 255 Abs. 2 S. 4 HGB: Aufwendungen für betr. Altersversorgung, für soziale Einrichtungen des Betriebs und für freiwillige soziale Leistungen brauchen nicht eingerechnet zu werden Besonderheit bzgl. der freiwilligen soz. Leistungen: wenn diese auf Grund von Tarif- oder Anstellungsvertrag geleistet werden, dann gehören sie zu den Fertigungsgemeinkosten und müssen steuerrechtlich angesetzt werden Im Fall: die Aufwendungen für Betriebskindergarten ( soziale Einrichtungen des Betriebs ) und für Betriebsausflüge ( freiwillige soziale Leistungen ) stellen Gemeinkosten dar und somit besteht für diese ein Einrechnungswahlrecht 11 11
12 6. Vertriebskosten: 255 Abs.2 S.6 HGB:,,Vertriebskosten dürfen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden. Dies gilt sowohl für die Vertriebseinzel- und Vertriebsgemeinkosten. ( Ordelheide ist der Auffassung, dass Vertriebskosten nur im Einzelfall beurteilt werden können ) Begründung: Vertrieb ist kein Bestandteil des Herstellungsvorgangs; die Trennung von Fertigungsgemeinkosten lässt sich nicht eindeutig bestimmen Rspr: Innenverpackungen sind zu den HK zuzurechnen; Außenverpackungen sind stets Bestandteil der Vertriebskosten, da diese lediglich dazu dienen, das Produkt versandfähig zu machen 7. Fremdkapitalzinsen: Gehören nicht zu den HK, jedoch Wahlrecht, wenn sie einen sachlichen und zeitlichen Bezug zur Herstellung aufweisen Eine Einrechnung ist nur dann relevant, wenn dieser Zinsaufwand hätte vermieden werden können, wenn die Herstellung unterblieben wäre Eigenkapitalzinsen sind keine pagatorischen Kosten und dürfen nicht einbezogen werden 12 12
13 8. Einrechnung von Unterbeschäftigungskosten: a)problematik: Bei einer niedrigeren Beschäftigung verteilen sich die Gemeinkosten auf eine geringere Menge an Produkten, was zu einem höherem Aktivierungsbetrag führt. Dieser kann u.u. durch die zukünftigen Umsätze nicht gedeckt werden,,notwendig und,,angemessen sind demnach, nur die Nutzkosten in die HK einzurechnen, während die Leerkosten nicht anzusetzen sind Es wird von einer normalen Beschäftigung ausgegangen. Diese wird nicht als Punkt, sondern als Intervall betrachtet Die Untergrenze des Intervalls ist auf 70% der erreichbaren Kapazitätsauslastung festgelegt, wobei die betriebsspezifische Normalbeschäftigung Vorrang hat ( These von Knopp/Küting ) Folge: Berichtigung aller Kosten ( Leerkosten ), die unterhalb der Normalbeschäftigung liegen ( als Aufwand der Periode ) Somit tritt das Prinzip erfolgsneutraler Herstellung zu Gunsten des VoP zurück 13 13
14 b) Falllösung: Wie dargestellt, entstehen bei einer Kapazitätsunterbeanspruchung Leerkosten, die, wenn nicht berichtigt, die HK einzelner Produkte erhöhen würden Problem: Ab welcher Beschäftigung ist eine Unterbeschäftigung anzunehmen? Knop/Küting legen die Untergrenze des Intervalls auf 70% der erreichbaren Auslastung fest. Jedoch ist vorrangig von einer betriebseigenen Normalbeschäftigung auszugehen ( im Fall 90% - 94% ). Dies führt dazu, dass die Differenz zwischen 90% und 60% (tatsächliche Beschäftigung) bereinigt werden muss, damit es nicht zu einem überhöhtem Ansatz in der Bilanz kommt Steuerrechtlich: A 33 Abs. 6 EStR besagt, dass die Leerkosten nicht zu berücksichtigen sind 14 14
15 VI. Thesenförmige Zusammenfassung Die Aktivierung von Herstellungskosten soll sich als bloße Vermögensumschichtung auswirken. Ein Gewinn wird nach dem RP erst durch den Umsatz am Markt realisiert Die Herstellung beginnt dann, wenn zum ersten Mal Aufwendungen im Zusammenhang mit dem herzustellenden Vgg. anfallen. Die Rspr. Schränkt grs. diese Aufwendungen aus Objektivierungsgründen nur auf den technischen Herstellungsvorgang ein. Die Herstellung endet, wenn das Vgg absatzfertig ist Aus Vereinfachungsgründen besteht handelsrechtlich ein Einrechnungsgebot nur für die Einzelkosten. Steuerrechtlich wird wegen des ENP die Einrechnung von final und willkürfrei zurechenbaren Gemeinkosten gefordert Im Fall findet ein Ausschluss sogenannter Unterbeschäftigungskosten statt. Demnach darf dem einzelnen Produkt nur der Anteil an den Gemeinkosten zugerechnet werden, der ihm bei einer Normalbeschäftigung zu belasten wäre. Für die Einrechnung der Aufwendungen für Betriebskindergarten und Betriebsausflüge besteht ein Wahlrecht 15 15
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