Schul- und Kultusreferat Fachabteilung 1 Berufliches Schulwesen

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1 Telefon: Telefax: Schul- und Kultusreferat Fachabteilung 1 Berufliches Schulwesen Namensgebung der Städtischen Fachoberschule für Sozialwesen und Gestaltung in "Städtische Rainer-Werner-Fassbinder-Fachoberschule für Sozialwesen und Gestaltung" Sitzungsvorlagen Nr /V07623 Beschluss des Schulausschusses des Stadtrats vom (SB) Öffentliche Sitzung I. Vortrag der Referentin Das Schulreferat beantragt die Namensgebung der Städtischen Fachoberschule für Sozialwesen und Gestaltung in Städtische Rainer-Werner-Fassbinder-Fachoberschule für Sozialwesen und Gestaltung. 1. Rechtlicher Rahmen Der Sachverhalt erfordert eine formelle Unterscheidung der unterschiedlichen Begriffe und der damit einhergehenden Verfahren und Zuständigkeiten. 1.1 Amtliche Bezeichnung von Schulen Die amtliche Bezeichnung von Schulen ist im Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz (Art. 29 Bayerisches Erziehungs- und Unterrichtsgesetz, Bezeichnung von Schulen) geregelt. Aus der amtlichen Bezeichnung muss sich ergeben der Schulträger, die Schulart und der Schulort. 1.2 Namensgebung von Schulen Die Namensgebung von Schulen ist ebenfalls in Art. 29 BayEUG geregelt. Der Schule kann über die amtliche Bezeichnung hinaus vom Schulträger mit Zustimmung des Schulaufwandsträgers, der Lehrerkonferenz, des Elternbeirates und der Schülermitverantwortung, bei Berufsschulen des Berufsschulbeirates, ein Name verliehen werden. Über die Namensgebung entscheidet der Stadtrat. 2. Antrag der Städtischen Fachoberschule für Sozialwesen und Gestaltung auf Namensgebung

2 Seite 2 Die Frage einer Namensgebung für die Schule wurde zuerst im Laufe des Schuljahres 2003/2004 im Schulforum diskutiert. Darauf sah sich die Schulleitung veranlasst, die Angelegenheit frühzeitig im Schuljahr 2004/2005 im Kollegium, in der SMV und im Elternbeirat zu thematisieren. Maßgeblich war für die Beteiligten insbesondere der Wunsch, die Schule durch die Wahl eines geeigneten Namens in ihrem Selbstverständnis nach innen und nach außen noch unverwechselbarer zu machen und die für die Schülerinnen und Schüler an einer Schule mit nur zwei Jahrgangsstufen immer schwierige Identifikation zu erleichtern. Eine Besonderheit bestand darin, dass der Name für beide Ausbildungsrichtungen, Sozialwesen und Gestaltung, Aussagekraft haben sollte. Ein Bezug zu München sollte außerdem in jedem Fall gegeben sein. In mehreren offenen Sitzungen, zu denen alle Mitglieder der Schulgemeinschaft eingeladen waren, wurden verschiedene Vorschläge diskutiert, wobei sich hier rasch ein Mehrheitsvotum für den Namen Rainer Werner Fassbinder ergab. Dieses Votum wurde von der Schulleitung im Frühjahr 2005 den im BayEUG vorgesehenen Beschlussgremien (Lehrerkonferenz, SMV/Schulforum, Elternbeirat) vorgelegt, die ihre Zustimmung teils einstimmig (SMV, Elternbeirat), teils mit eindeutiger Mehrheit (Lehrerkonferenz: 80 %) gaben. Frau Juliane Lorenz, die Rechtsnachfolgerin von Rainer Werner Fassbinder als Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Rainer Werner Fassbinder Foundation, die alle Rechte an Fassbinders künstlerischem Nachlass und seinem Namen vertritt, hat ihre Zustimmung mit Schreiben vom bereits erteilt. 3. Rainer Werner Fassbinder 3.1 Biographischer Überblick Rainer Werner Fassbinder wird am 31. Mai 1945 als Sohn des praktischen Arztes Dr. Helmuth Fassbinder und seiner Ehefrau Liselotte in Bad Wörishofen geboren. Seine ersten Lebensjahre und die Schulzeit verbringt er überwiegend in München, einige Jahre in Augsburg. Nach zwei Jahren selbstständiger Tätigkeit und dem Besuch eines Abendgymnasiums in Köln folgt über mehrere Jahre Schauspielunterricht in München. In diesen Jahren entstehen Gedichte, Kurzgeschichten, Dramenund Drehbuchentwürfe, die zum Teil im Jahr 2005 erstmals veröffentlicht werden. Gleichzeitig dreht Fassbinder erste Kurzfilme und Kurzspielfilme und arbeitet bei Fernsehproduktionen mit beendet er die Schauspielschule und arbeitet in der Folge als Schauspieler (zunächst vorwiegend in München beim Action Theater -später antitheater-, dann auch in Bremen, Berlin, Frankfurt a.m.) und in der Hauptsache als Filmautor und Filmregisseur. Bis zu seinem Tod 1982 dreht er in nur 14 Jahren (ab 1969) insgesamt 44 Filme, darunter mehrteilige Fernsehproduktionen. Schon den Zeitgenossen gilt er als einer der bedeutendsten Regisseure des Neuen Deutschen Films, dem er auch international zum Durchbruch verhilft. Nach Fassbinders frühem Tod in München (sein Urne ist auf dem kleinen Bogenhausener Friedhof beigesetzt) macht sich die Mutter, Liselotte Eder, daran, den Nachlass zu ordnen. Sie gründet 1986 die private und gemeinnützige Rainer Werner Fassbinder Foundation, die sie 1992 an Juliane Lorenz, Fassbinders letzte Lebensgefährtin, überträgt. Die Foundation ist Inhaberin aller Rechte an Fassbinders Nachlass.

3 Seite Fassbinders Stoffe "Für mich war immer wichtig, Filme zu drehen über Menschen und deren Verhältnis zueinander, deren Abhängigkeit voneinander und von der Gesellschaft." Gleich ob in seinen Filmen Rassismus ("Whity"), die Situation von Gastarbeitern ("Angst essen Seele auf"), Vietnam ("Der amerikanische Soldat"), deutsche Wirklichkeit im 20. Jahrhundert ("Lili Marleen", "Die Sehnsucht der Veronika Voss") oder weiter zurückliegende Gesellschaftsanalyse ("Effi Briest", "Berlin Alexanderplatz") - um nur einige Beispiele zu erwähnen - im Mittelpunkt stehen, immer geht es um das große Thema sozialer Abhängigkeit, von der er sagt: "Abhängigkeit macht Menschen unglücklich, und wenn man das bewusst macht, dann arbeitet man halt sozial.". Seine Filme gehören nach dem Urteil von Publikum und Kritik zu den gültigsten Gesellschaftsdokumenten, die zwischen dem Ende der sechziger und dem Beginn der achtziger Jahre entstanden sind. 3.3 Der Künstler Fassbinder ist natürlich ein weltberühmter Künstler, den wichtige heutige Regisseure als Vorbild nennen. Man würde ihn aber gründlich missverstehen, wollte man ihn zum Klassiker überhöhen, an den man keine kritischen Fragen mehr stellen kann, weil er als unantastbares Vorbild gelten soll. Zu seinem künstlerischen Credo gehört auch die - häufig gefahrvolle - Improvisation, die Freiheit der Persönlichkeit und die unbedingte Hingabe. Sein Ausspruch "Schlafen kann ich, wenn ich tot bin" klingt zynisch, aber so hat er wirklich gelebt. Fassbinder nennt sich selbst einen "romantischen Anarchisten". Der Anarchist, den er in sich erkennt, hat ihn dazu gebracht, die technischen Möglichkeiten des Filmemachens immer zu verändern. Allein sein Umgang mit modernen Kommunikationsmedien, die bei ihm großen Raum einnehmen, machen ihn auch in unserer Gegenwart zu einem unerhört modernen Künstler. Dabei basiert sein Künstlertum auf handwerklicher Präzision, die nicht beiläufig, sondern nur mit höchstem persönlichen Einsatz zu haben ist: "Bei mir ist Leben und Arbeit schon eine ziemliche Einheit". Weder Fassbinders Persönlichkeit noch sein Werk erlauben eine ideologische Zuordnung. Er zeichnet Menschen und ihr Leben ohne Unterscheidung ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Milieus und ohne dass daraus vordergründig-plakativ Botschaften abgeleitet werden könnten. 3.4 Internationale Wirkung Schon in den siebziger und achtziger Jahren gilt Fassbinder als der wichtigste Vertreter des deutschen Gegenwart-Films im Ausland. Für das Goethe-Institut werden seine Filme zu zentralen Schwerpunkten deutscher Kulturarbeit gerade auch in anderen Kontinenten. Die 1997 in den USA veranstaltete Retrospektive wird zur erfolgreichsten Veranstaltungsreihe, die je ein europäischer Filmemacher auf dem amerikanischen Kontinent hatte. "Fassbinder is the most dazzling, talented, provocative, puzzling, prolific and exhilarating filmmaker of his generation", schrieb die New York Times. Zu seinem 60. Geburtstag im Jahr 2005 veranstaltet das Centre Pompidou in Paris eine Werkschau und Ausstellung von eminenter Wirkung.

4 Seite Zusammenfassung Der Vorschlag, die Fachoberschule für Sozialwesen und Gestaltung in München nach Rainer Werner Fassbinder zu benennen, erweist sich als überaus geeignet. Fassbinders Stoffe haben zu tun mit dem Kern des schulischen Anliegens, Schülerinnen und Schüler zur Auseinandersetzung mit ihrer sozialen Wirklichkeit, mit dem Umgang der Gesellschaft mit sozialen Außenseitern und dessen Folgen für das menschliche Dasein zu befähigen. Sein Künstlertum kann jungen Erwachsenen die unbedingte Hingabe an das Werk (mit allen Gefährdungen) vermitteln, es kann zeigen, was es heißt, für die Möglichkeiten der Kreativität Einsatz bringen zu wollen und vielleicht auch zu müssen. Vor allem kann sich niemand von Fassbinder abwenden, als wäre er eine unangreifbare und unangegriffene Autorität nein, sein Werk und seine Person provozieren gerade solche Menschen, die etwas wagen, Niederlagen erleben und überleben und die etwas können. Auch seine enge Beziehung zur Kunst-, Film- und Medienstadt München macht es einsichtig, einer großen städtischen Schule seinen Namen zu geben, nachdem der Stadtrat am schon die Benennung eines Platzes im neuen Arnulfpark nach Rainer Werner Fassbinder beschlossen hat: In München liegen die Wurzeln seines künstlerischen Werdegangs, hier hat er insbesondere die großen seiner Film- und Fernsehproduktionen gedreht, hier ist er gestorben und begraben. Der Bezirksausschuss 17 Obergiesing wurde um Anhörung gebeten. Er hat der Vorlage zugestimmt. Die Korreferentin des Schulreferates, Frau Stadträtin Brunner, und die Verwaltungsbeiräte, Herr Stadtrat Liebich und Frau Stadträtin Meier, haben einen Abdruck der Beschlussvorlage erhalten. II. Antrag der Referentin 1. Der Schulausschuss stimmt der Namensgebung der Städtischen Fachoberschule für Sozialwesen und Gestaltung in "Städtische Rainer-Werner-Fassbinder-Fachoberschule für Sozialwesen und Gestaltung" zu. 2. Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle. III. Beschluss nach Antrag

5 Seite 5 Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Die Vorsitzende Die Referentin Christine Strobl Elisabeth Weiß-Söllner 2. Bürgermeisterin Stadtschulrätin IV. Abdruck von I mit III. über den Stenographischen Sitzungsdienst an das Direktorium - Dokumentationsstelle an das Direktorium - HA II an die Stadtkämmerei an den Bezirkausschuss 17 Obergiesing an das Stadtarchiv V. Wv Schulreferat, Fachabteilung 1