Testtheorie und Testpraxis II Teilstandardisierte Verfahren. 2. Anforderungsprofil
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- Günther Lorenz
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1 Human- und Sozialwissenschaften Institut für Psychologie Professur für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik Übung: Testtheorie und Testpraxis II - Teilstandardisierte Verfahren Testtheorie und Testpraxis II Teilstandardisierte Verfahren 2. Anforderungsprofil Gruppe 4 Mittwochs, 13:45 15:15 Uhr Seminarleitung: Dipl.-Psych. Julia Grass Chemnitz,
2 Ablaufplan Datum Inhalte der Seminarsitzung Informationen zu Semesterplan, Zielen, Erwartungen Bildung der Gruppen Hinweise und Übungen zum Anforderungsprofil Anleitung zur Erstellung von Leitfäden Übungen zur Leitfadenerstellung Hinweise zur Durchführung des Interviews Buß- und Bettag Übungen zur Durchführung von Interviews Zeit zur Vorbereitung des Leitfadens 2
3 Konkrete Inhalte und Ablauf Seminarplan Datum Inhalte der Seminarsitzung Leitfaden Gruppe 1 und Leitfaden Gruppe 3 und Abschlusspräsentation Gruppe 1 Hinweise zur Auswertung von Interviews Übungen zur Auswertung von Interviews Abschlusspräsentation Gruppe 2 (+ zusammenfassende Darstellung von Gruppe 1) Abschlusspräsentation Gruppe 3 und Zusammenfassung der Veranstaltung Abgabe der Leitfäden 1 Woche vor Besprechung im Seminar (per Mail) 3
4 Heutige Veranstaltung 1. Kurze Wiederholung 2. Anforderungsanalyse 3. Critical Incident Technique 4. Strukturierungshilfe Verhaltensgleichung 5. Transfer auf eigenes EOG 4
5 Kurze Wiederholung Hausaufgabe zu heute: Interviewpartner suchen 5
6 Konkrete Inhalte und Ablauf Seminarinhalte Planung Anforderungsanalyse Leitfaden Durchführung inklusive Vorbereitung Auswertung Zusammenfassung Integration Feedback Evaluation Inhalt von Theorie und Übungen dieses Seminars u.a. Teil des Master- Seminars Gutachten 6
7 Kurze Wiederholung Standard 1 Auftragsklärung Vor dem Einsatz von Interviews werden Ziele, Rahmenbedingungen und Konsequenzen geklärt und an die beteiligten Personen kommuniziert. Standard 2 Anforderungsanalyse Ein Interviewprozess lässt sich nur nach Analyse der konkreten Anforderungen sinnvoll gestalten. 7
8 Anforderungsanalyse Wozu eigentlich? anforderungsorientierte Gespräche sind anderen an Validität überlegen (Wiesner & Cronshaw, 1988) mehr Information über zu besetzende Stelle erhöht Beurteilerübereinstimmung (Schmitt, 1976) Anforderungsbezug erhöht Objektivität der Beurteilungen (Conway, Jako & Goodman, 1995) Ergebnis: erfolgsrelevante Anforderungen mit Verhaltensbeschreibungen à notwendige Basis für Interviewdesign 8
9 Anforderungsanalyse Definition gemäß DIN (zur Eignungsbeurteilung) Basis der Eignungsbeurteilung (u.a. mittels EOG) Merkmale eines Berufs, Aufgabe oder Ausbildung werden ermittelt, die für beruflichen Erfolg und berufliche Zufriedenheit bedeutsam sind aus den Ergebnissen werden diejenigen Eignungsmerkmale abgeleitet, die zur Erfüllung der Anforderungen nötig sind Ergebnis = Anforderungsprofil = Menge aller Anforderungen à Maßstab für Entscheidung im Anschluss an Gespräch 9
10 Anforderungsanalyse Wie man auf Anforderungen kommt Anforderungen = erfolgskritische Aspekte des Verhaltens à verhaltensorientierte Definition typische und wichtige Situationen, in denen sich leistungsstarke und leistungsschwächere Personen in ihrem Verhalten eindeutig unterscheiden typische Situationen: treten im betrachteten Kontext immer wieder auf wichtige Situationen: entscheidend für gute oder weniger gute Leistung/ hohe oder niedrige Merkmalsausprägung mögliche Wege zu kritischen Situationen und Anforderungen: Analyse von Aufgaben, Ableitung aus Tätigkeitsbeschreibungen Fragebogen zur Arbeitsanalyse (FAA) Critical Incident Technique 10
11 Critical Incident Technique (CIT; Flanagan, 1954) Methode zur Ableitung von Anforderungen aus typischen und wichtigen Situationen: Critical Incident Technique (CIT) kritische Ereignisse: à häufig genug um typisch zu sein à wichtig genug um erfolgsentscheidend zu sein ursprünglich Verfahren zur Leistungsbeurteilung und Auswahl von Piloten der US Air Force, heute häufiges Verfahren in der Anforderungsanalyse 3 Arbeitsschritte: 1. Sammeln kritischer Ereignisse 2. Bewerten der kritischen Ereignisse 3. Gruppieren der kritischen Ereignisse zu Anforderungen 11
12 CIT 1. Sammeln kritischer Ereignisse Zusammentragen von typischen und wichtigen Situationen Dabei: Befragen aller beteiligten Personengruppen (z.b. bei Eignungsbeurteilung: Stelleninhaber, Kollegen, Vorgesetzte, Kunden) Einbezug gegenwärtiger und zukünftiger Situationen für jedes Ereignis Kontext, Verhalten und Ergebnis beschreiben (Beschreibung sollte so verhaltensnah wie möglich sein) 12
13 CIT 1. Sammeln kritischer Ereignisse Typische Instruktion zur Befragung des Stelleninhabers zu kritischen Ereignissen Denken Sie an etwas, was Sie in letzter Zeit getan haben und worauf Sie stolz waren. Können Sie sich an einen Tag erinnern, an dem Sie besonders effektiv waren? Was taten Sie, das Sie so effektiv machte? Denken Sie daran, als Sie jemanden beruflich etwas tun sahen, und sich selbst dabei dachten: Wenn ich in der Situation wäre, würde ich anders handeln. Was sahen Sie? Denken Sie an Fehler, die Sie bei anderen gesehen haben, die neu in der Stelle gearbeitet haben. 13
14 CIT 1. Sammeln kritischer Ereignisse Beispiel KFZ-Mechaniker Kontext: Wie kam es zu dem Ereignis? Was passierte dabei genau? Das Fahrzeug eines Kunden wird abgeschleppt, weil die Bremsen nicht mehr funktionieren. Das Auto soll innerhalb von drei Tagen wieder betriebsfähig sein Verhalten: Was hat die Person genau getan? Der Mechaniker hat alle möglichen Ursachen überprüft und ein defektes Bremskabel entdeckt. Dafür sofort Ersatz bestellt und eingesetzt Ergebnis: Wie ging das Ereignis zu Ende? Der Kunde konnte seine Auto nach zwei Tagen in Betrieb nehmen 14
15 CIT Übung I Welche Situationen sind kritisch für die Eignung zur Lehrertätigkeit? Erarbeiten Sie in Kleingruppen mithilfe der CIT kritische Ereignisse und stellen Sie diese anschließend im Seminar vor. 15
16 CIT Auswertung Übung I Welche kritischen Ereignisse haben Sie gefunden? 16
17 CIT Auswertung Übung I Kritische Ereignisse für die Eignung zur Lehrertätigkeit: - K: Kind droht Schläge an. V: Gespräch mit Eltern, Bedingungen des kdl. Verhaltens ergründet, Lehrer denkt über kdl. Verhalten nach. Kindbezogene Lösung suchen. Lösung umsetzen. E: normaler Umgang zw. SchülerIn und LehrerIn - K: Kind mit großem Interesse. V: Lehrer hält Kd. Für unehrlich Schleimer, abweisendes Verhalten ggü. Kind/Vorurteile ausleben. E: negative Gefühle, Interesse/Schulleistungen brechen ein - K: Lehrer muss Pausenaufsicht übernehmen. V: übertrieben strenges Auftreten. E: Angst vor Unterricht. - K: aufgebrachte Eltern suchen Gespräch wegen schlechter Noten, provozieren Lehrer. V: kompetentes Auftreten, Gespräch im Griff, nicht auf gleiche Ebene herab lassen, Druck abfangen, Konstruktive Lösung suchen. E: Noten werden besser, Lehrer verändert Verhalten zukünftig - K: Schüler wird gemobbt. V: Lehrer nimmt wahr, spricht mit beteiligten Schülern. E: positives Klassenklima. 17
18 CIT 2. Bewerten der kritischen Ereignisse Erfüllen die berichteten Ereignisse die Kriterien wichtig und typisch? Fragebogen mit allen gesammelten Ereignisse an alle befragten Personen Bewertung/Einschätzung pro Ereignis auf Ratingskalen: Häufigkeit des Ereignisses (typisch) Wichtig für eine gute Leistung im Arbeitsalltag? (wichtig) Mittelwertbildung der Bewertungen typisch und wichtig über alle Personen für jedes Ereignis Trennwert für Mittelwerte als Kriterium für weitere Nutzung der Ereignisse Skalen und Auswertungen können abhängig vom Auftrag unterschiedlich aufgebaut sein 18
19 CIT 3. Gruppierung zu Anforderungen Verdichtung der übrigen Ereignisse zu einem Anforderungsprofil Gruppierung der in Ereignissen beschriebenen Verhaltensweisen nach inhaltlicher Ähnlichkeit zu Anforderungen = Anforderungsprofil Nützlich für spätere Anwendung: Beurteilung von Tranier- und Kompensierbarkeit (nein ja, womit?) à nein: Soll-Anforderung (K.O.-Kriterium) à ja: Kann-Anforderung Beurteilung der Wichtigkeit (Ratingskala, erneut Trennwert!) Mindestanforderungen/ Ausschlusskriterien definieren 19
20 Strukturierungshilfe Verhaltensgleichung V = f I (U, O, K, E, M, S) Verhalten ist die Funktion von Gruppen von Bedingungen und deren Interaktion Gruppen von Bedingungen Nutzen nichtpsychologische Anforderungen an Umwelt und Organismus psychologische Anforderungen: kognitiv, emotional, motivational und sozial Gruppieren und Strukturieren von Anforderungen Orientierung, Heuristik An alles gedacht? 20
21 Strukturierungshilfe Verhaltensgleichung Beispielhafte Zuordnung von Anforderungen Anforderungen an äußere Lebensbedingungen (U) finanzielle Situation und Wohnsituation zur Verfügung stehende Zeit Emotionale Anforderungen (E) Umgang mit emotionalen Belastungen emotionale Bindungen Körperliche Anforderungen (O) allgemeine körperliche Belastbarkeit gesundheitliche Beeinträchtigungen Motivationale Anforderungen (M) Motive, Werte und Bedürfnisse Ziele und Überzeugungen Kognitive Anforderungen (K) Leistungsfähigkeit, besondere Kenntnisse allgemeine Intelligenz Konzentration Soziale Anforderungen (S) soziale Kompetenz Einstellungen gegenüber sozialen Objekten Jede Anforderung lässt sich jeweils noch in Teilbereiche = Facetten einteilen 21
22 Übung II CIT und Verhaltensgleichung 1. Bitte verdichten Sie die kritischen Ereignisse aus Übung I zu Anforderungen. Finden Sie dabei auch Anforderungsfacetten (z.b. Verhalten: Person geht auf Kunden zu und ist freundlich à Facette: Kundenorientierung à Anforderung: Umgang mit anderen 2. Ordnen Sie die Anforderungen in Bereiche der Verhaltensgleichung ein. 3. Welche Ideen haben Sie für Anforderungen in Bereichen, für die Sie bisher keine kritischen Situationen gefunden haben? 4. Gruppieren Sie die Anforderungen nach Kann- und Soll-Kriterien? 22
23 Transfer auf eigenes EOG Die Fragestellung Ihres strukturierten Interviews lautet: Wie sind die Anforderungen für ein erfolgreiches Psychologiestudium bei Person X ausgeprägt? Ziel ist eine Statusbeschreibung der entsprechenden Anforderungsdimension (in der Anwendung z.b. für eine Statusdiagnostik im Beratungskontext) Jede Kleingruppe führt dabei ein EOG zu je einem Anforderungsbereich durch, um Ausprägungen des Interviewpartners in dieser Anforderung zu untersuchen. 23
24 Transfer auf eigenes EOG Interviewthemen Anforderung/ Thema Teil-Fragestellung Interviewer Arbeitsstil Wie ist die gewohnheitsmäßige Art von X zu arbeiten? Gruppe 1 Leistungsmotivation Wie ist die Leistungsmotivation von X ausgeprägt? Gruppe 2 Emotionale Belastbarkeit/ Umgang mit emotionalen Belastungen Umgang mit Prüfungssituationen Wie emotional belastbar ist X und wie geht X mit emotionalen Belastungen um? Gruppe 3 Wie geht X mit Prüfungssituationen um? Gruppe 4 Gruppe 1: Luise, Jessika Gruppe 2: Danfei Gruppe 3: Daniel Gruppe 4: Jean, Susen 24
25 Transfer auf eigenes EOG Aufgabe für die restliche Zeit und zuhause Besprechen Sie in Ihrer Kleingruppe, welche Facetten Ihre Anforderung/Ihr Thema enthält und mit welchen kritischen Ereignissen man diese erfassen könnte. = Vorbereitung weiterer Schritte/ Arbeit am Leitfaden 25
26 Vielen Dank für Ihre Mitarbeit und bis nächste Woche! 26
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