Anatomie einer Krise SarahC./PIXELIO
Absturz der Weltwirtschaft OECD-Wachstumsprognosen für 2009 0 Jährliche Veränderung des BIP in % -1-2 -3-4 -5-6 Welt -2,7 OECD gesamt -4,3 Euro-Zone -4,1 Deutschland -5,3 Frankreich -3,3 Großbritannien -3,7 Italien -4,3 Japan Kanada -3 USA -4-7 -6,6 Quelle: OECD
Die Besonderheit der aktuellen Krise Weltwirtschaftskrise. Deutschland ist aufgrund seiner starken Exportabhängigkeit besonders betroffen (Exportquote 48% des BIP). Der Abschwung wird verschärft durch die Finanzmarktkrise. Laut OECD stürzt die Wirtschaft nach einer Bankenkrise vier Mal so stark ab, wie in einem gewöhnlichen Abschwung Strukturkrise Automobilindustrie Keine zyklische, sondern ein systemische Krise
Eine historische Krise Rezessionsphase 1966-67 1974-75 1981-83 1992-94 2002-05 2008-? Arbeitslosigkeit +256.000 +660.000 +1,2 Mio. +1,2 Mio. +1,4 Mio.? Quelle: Statistisches Bundesamt
Deflationsgefahren % Entwicklung der harmonisierten Verbraucherpreise % Energie- und Rohstoffpreise Euro Index, 2000=100 90 4,5 4,0 Deutschland EWU 4,5 4,0 80 Brent, Euro je Barrel HWWA-Index ex Energie 160 3,5 3,5 70 140 3,0 3,0 60 2,5 2,5 2,0 2,0 50 120 1,5 1,5 40 1,0 1,0 100 0,5 0,5 30 23.03.2009 0,0 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 0,0 20 04 05 06 07 08 09 80 Quelle: Bundesbank
Ursachen der Finanzmarktkrise 35 Jahre Deregulierung (Abschaffung fester Wechselkurse, Eurodollarmarkt, Abwicklung der Deutschland AG, etc.) Verteilung (Produktionsverhältnisse + Politik) (Vermögenskonzentration durch Steuerpolitik, Privatisierungen und explodierende Firmengewinne) Spekulationsblasen Immobilien, Verbriefungen, Rohstoffe, Devisen Globale Ungleichgewichte (Devisenreserven Chinas und Indiens, Renditen der OPEC-Staaten finanzieren das US-Defizit)
Die weltweite Kapitalschwemme Entwicklung von Weltsozialprodukt und Finanzvermögen in Billionen US-Dollar 250 200 150 100 50 0 Weltsozialprodukt Finanzvermögen 214 197 140 93 64 54,3 63,3 31,7 44,5 29,4 10,112 1980 1995 2000 2005 2007 2010* Quelle: McKinsey Quarterly Journal, January 2007, Weltbank
Umverteilung zwischen Arbeit und Kapital 80 75 70 65 60 55 50 United States Japan United Kingdom Germany Sweden OECD-15 1976 1981 1986 1991 1996 2001 2006 Quelle: OECD 2007
Das deutsche Geldvermögen Nettogeldvermögen 1991 bis 2007 3500 3017 in Mrd. 3000 2500 2000 1500 1098 Verdreifachung in 17 Jahren 1798 1667 1513 1409 1304 1312 1164 1971 2067 1996 2018 2234 2402 2640 2846 1000 500 0 Das gesamte Nettovermögen (inkl. Immobilien) umfasst 8000 Milliarden 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Quelle: Statistisches Bundesamt
Globale Ungleichgewichte Leistungsbilanzen ausgewählter Länder in Mrd. US$ USA Großbritannien Frankreich Deutschland Japan China Mittel- und Osteuropa Mittlerer Osten/Afrika Zentral- und Südamerika 1996-124,8-10,5 +20,8-13,8 +65,1 +7,8-0,3 +1,3-36,1 2006-877,6-55,6-37,1 +116,8 +164,9 +211,3 +69,6 +280 +45,3 Quelle: OECD Outlook, Nr. 80
Schmerzhafte Anpassung Hypothetischer Anstieg der US-Sparquote 8,0% Konsum- Rückgang 800 Mrd. US$ = 5,8% des US-BIP 0,6% 2007 ab 2009 = 1,4% des Welt-BIP
Was tun? Das Krisenmanagement
Die Krise muss politisch bekämpft werden Eine aktive Geld- und Finanzpolitik muss den Abtriebskräften entgegenwirken Rettungsschirm für Banken und Betriebe Arbeitsmarktpolitik Alexander Hauk/PIXELIO
Arbeitsmarktpolitik Ausdehnung der Kurzarbeit Qualifizieren statt Entlassen Arbeitszeitverkürzung Transfergesellschaften mit Rückkehrrecht
Bankenrettung Der Geldmarkt liegt weiterhin im Koma Refinanzierungskredite und Einlagenfazilität der EZB 900000 800000 700000 Kredite an Banken Einlagen der Banken 600000 500000 400000 300000 200000 100000 0 1/1/2008 16/01/08 31/01/08 15/02/08 1/3/2008 16/03/08 31/03/08 15/04/08 30/04/08 15/05/08 30/05/08 14/06/08 29/06/08 14/07/08 29/07/08 13/08/08 28/08/08 12/9/2008 27/09/08 12/10/200 27/10/08 11/11/200 26/11/08 11/12/200 26/12/08 11/1/2009
Bad Bank versus Verstaatlichung Die deutschen Banken sind faktisch pleite (Eigenkapital 360 Mrd., Giftmüll 1000 Mrd. Euro). Alternative 1: Gründung einer zentralen Giftmülldepo (Bad Bank). Die Steuerzahler tragen alle Risiken. Alternative 2: Verstaatlichung.
Die deutschen Konjunkturpakete 2009 1. Konjunkturpaket 2. Konjunkturpaket Pendlerpauschale Summe Einzelmaßnahmen Abschreibungserleichterungen, Verkehrsinvestitionen KFW-Programme, etc. Investitionen (9 Mrd. ), Steuer- und Abgabensenkung (5,8 Mrd. ) Kinderbonus (1,8 Mrd. ) etc. Betrag 4,2 Mrd. Euro 21,6 Mrd. Euro 5,5 Mrd. Euro 31,3 Mrd. Euro (1,3% BIP) Wachstumseffekt 0,5%
Deutschland tut zu wenig Anteil der Konjunkturprogramme am BIP für 2009 Ausgaben Konjunkturpaket in Prozent zum BIP 8,0 7,0 7,0 6,0 5,0 in % 4,0 3,0 2,0 1,0 1,2 2,0 0,8 1,0 0,9 0,0 Deutschland USA China Frankreich Großbritannien EU Quelle: IMK, Bruegel
Rettungsschirm für Unternehmen Einzelfalllösung mittelfristig nicht tragbar. Klare Kriterien für Staathilfen. - Strategische Position in der Wertschöpfungskette - Tragfähiges Unternehmens- und Finanzierungskonzept - Standort-, Beschäftigungssicherung, Tariftreue - Ausbau Mitbestimmung
Die Wirtschaft muss den Menschen dienen Wo Gefahr ist wächst das Rettende auch.
Zentrale Handlungsfelder Neuer Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte (Prävention, Haftung, Langfristorientierung) Umverteilung (Tarif-, Wirtschafts- und Sozialpolitik) Eigentumsfrage stellen: Verstaatlichung und Vergesellschaftung Mehr Wirtschaftsdemokratie als Antwort auf anonyme Kapitalmärkte.
Zentrale Handlungsfelder Binnenmarktorientiertes Wirtschaftsmodell Austrocknung des Niedriglohnsektors, Ausbau sozialer Dienstleistungen, öffentliche Investitionen Ökologischer Umbau der Industriegesellschaft