Abstreckziehen Grenzen und Möglichkeiten in der aktuellen Modelltechnik

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Transkript:

Abstreckziehen Grenzen und Möglichkeiten in der aktuellen Modelltechnik J. Raquet DYNAmore GmbH

Gliederung 1. Einführung Stand der Simulationstechnik 1.1 Wo sind die aktuellen Grenzen in der Modelltechnik 1.2 Einfluss der Streckbiegebeanspruchung bei Schalen- und Volumenelementen 1.3 Darstellung der unterschiedlichen Elementansätze 2. Beispiel zum Abstreckziehprozess mit verschiedenen Elementformulierungen 2.1 Darstellungen der unterschiedlichen Elementformulierungen anhand des Modells 2.2 Welche Einstellungen müssen im Modellaufbau bezüglich des Elementtyps beachtet werden 2.3 Wie wirken sich die unterschiedlichen Elementtypen hinsichtlich Ergebnisgrößen / Rechendauer etc. aus 3. Wo führt die Zukunft hin - Ausblick 2

1. Einführung In der Regel werden in der Umformsimulation Elementformulierungen eingesetzt, die das Deformations- und Versagensverhalten von Blechwerkstoffen mittels der klassischen Schalentheorie beschreiben. Die zugrundeliegende Annahme, wie beispielsweise keine Berücksichtigung von Normalspannungen in Schalenquerrichtung, führen zu einer Einschränkung in der Versagensprognose der Bauteile. Dies tritt vor allem bei hohen Streckbiegebeanspruchungen zutage. Dieser Beitrag soll einen kurzen Einblick in den theoretischen Hintergrund der bisher üblichen Schalenmodelle geben, verschiedene neue Ansätze darstellen und eine mögliche Lösung aufzeigen, um die Versagensvorhersage bei stark streckbiegebeanspruchten Bauteilen in der Simulation zu verbessern. 3

1.1 Aktuelle Grenzen In der Regel wird die Umformbarkeit eines Werkstoffes auf Grundlage des Grenzformänderungsdiagramms charakterisiert, welches auf der Annahme eines ebenen Spannungszustandes basiert. Bei den immer häufiger verwendeten hoch- und höchstfesten Stählen zeigt sich, dass die der Zugbeanspruchung überlagerten Biegeanteile einen erheblichen Effekt auf die Grenze der Umformbarkeit haben. Aus dieser Querbelastung des Blechwerkstoffes ergeben sich hohe dreiachsige Spannungszustände, welche die lokale Umformbarkeit des Werkstoffes beeinflussen. Diese werden bisher in der Simulation mit Schalenelementen nicht berücksichtigt. 4

1.2 Einfluß der Streckbiegebeanspruchung Der Einfluss der Streckbiegebeanspruchung wurde systematisch an Versuchsaufbauten untersucht, wobei beidseitig eingespannte, rechtwinklige Blechstreifen über Ziehstäbe parallel zur Blechnormalen bis zum Versagen belastet wurden. Zur Untersuchung wurden folgende Elementtypen verwendet: klassische Schalenelemente, unter der Annahme vernachlässigbarer Spannungen in Dickenrichtung (5-Parameter Schale) klassische Schalen mit einem Freiheitsgrad für die Belastung in Querrichtung (6-Parameter Schale) und Volumenelemente, die den dreidimensionalen Spannungszustand infolge des Kontaktdruckes berücksichtigen 5

1.3 Verschiedene Elementansätze (a) (b) (c) Platinendiskretisierung: (a) 5-Parameter u. (b) 6-Parameter Schalenelemente (c) Solidelemente hier exemplarisch dargestellt mit jeweils 7 Integrationspunkten in Dickenrichtung Zu sehen ist hier der Effekt der Querbelastung auf mögliche Zonen der Plastifizierung. Die 5P-Schalen sind nicht in der Lage den Querdruck abzubilden und unterschätzen somit in der Regel Größe und Betrag der Plastifizierung. 6

1.3 Verschiedene Elementansätze (a) (c) (b) S 3 (d) Definition der Freiheitsgrade einer 5-Parameter Reissner-Mindlin- Schalenformulierung a) undeformiert und b) deformiert: Es sind 3 translatorische u i und 2 rotatorische Freiheitsgrade ω i definiert Definition der Freiheitsgrade einer 6-Parameter Schalenformulierung c) undeformiert und d) deformiert: Neben den in Bild links definierten Freiheitsgraden wird noch ein Freiheitsgrad für die Dickenänderung S 3 definiert 7

2. Abstreckziehprozess - Modell Blechdicke 1,0 mm Ziehspalt 0,7 mm ¼ Modell mit Symmetrierandbedingungen 8

2.1 Differenzierung der Elementformulierungen in LS-DYNA Elementtyp 16 (vollintegriert) IDOF 1 NIP 5 Elementtyp 26 (vollintegriert) IDOF 1 NIP 5 Elementtyp 1 (5 Elemente über die Dicke) Elementtyp 16 IDOF 3 NIP 5 Schale 16 Dicke Schale 16/26 Solid 1 9

2.2 Einstellungen Kontaktsteifigkeit muss angepasst werden: SLSFAC = 0.15 Ausreichende Netzfeinheit für die Abbildung des Umformgrades Ausreichende Anzahl von Integrationspunkten über die Schalendicke NIP = 5 IDOF = 1, d.h. vernachlässigbare Spannungen in Dickenrichtung Ebenbleiben des Querschnitts IDOF = 3 d.h. Freiheitsgrad für die Dickenänderung IDOF = 1 Kontaktsteifigkeit muss angepasst werden: SLSFAC = 0.3 Ausreichende Anzahl von Elementen über die Blechdicke (5) Querschnittsverwölbung abbildbar reduzierter Spannungsraum unter der Annahme vernachlässigbarer Spannungen in Dickenrichtung Vollständiger dreidimensionaler Spannungszustand am Ort der größten Biege- und Streckbeanspruchung infolge des Kontaktquerdrucks Schale 16-1 Schale 16-3 Schale 26-1 Solid 1 10

2.3 Blechdicke im Ziehspalt Schale 16-1 Schale 16-3 Schale 26-1 Solid 1 11

2.3 Ziehtiefe im Ziehspalt Ziehtiefe am geringsten! Ziehtiefe annähernd gleich Schale 16-1 Schale 16-3 Schale 26-1 Solid 1 12

2.3 Rechendauer etc. 2 CPU R6.1.2 Keine adaptive Netzverfeinerung Selektive Massenskalierung 2 CPU R6.1.2 Keine adaptive Netzverfeinerung Selektive Massenskalierung 2 CPU R6.1.2 Keine adaptive Netzverfeinerung Selektive Massenskalierung Zeitschritt -2.38E-07 Zeitschritt -2.38E-07 Zeitschritt -2.38E-07 0h 3min 57sec 0h 4min 35sec 0h 5min 25sec 0h 3min 18sec Schale 16-1 Solid 1 Schale 16-3 Schale 26-1 13

3. Ausblick Der durchgeführte Abstreckziehprozess zeigt deutlich, dass die bisher angewendeten Schalenmodelle bei hoher Streckbiegebeanspruchung nicht ausreichend sind. Der Spannungsanteil aus der Querbeanspruchung kann nicht hinreichend abgebildet werden. Die vorliegenden Untersuchungen lassen vermuten, dass durch die Anwendung von Schalenformulierungen höherer Ordnung, bzw. durch die Modifikation bestehender Modelle, welche die Belastung quer zur Schalenmittelfläche berücksichtigen, deutlich sicherere Aussagen möglich sind. 14