VERWALTUNGSGERICHT WEIMAR URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit des Herrn H R, Z, H, gegen die Stadt Heilbad Heiligenstadt, vertreten durch den Bürgermeister, Ägidienstraße 20, 37308 Heiligenstadt, wegen kommunaler Steuern hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Weimar durch Richter am Verwaltungsgericht Hofmann als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 1997 für Recht erkannt: - Kläger - - Beklagte - 1) Die Klage wird abgewiesen. 2) Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 3) Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. TATBESTAND Der Kläger ist Eigentümer einer Garage, die sich auf einem Grundstück der W GmbH H in H befindet. Unter dem 12.01.1993 erließ das Finanzamt Worbis im Wege der Nachveranlagung einen an den Kläger adressierten Grundsteuermeßbescheid und setzte
den Grundsteuermeßbetrag für die Garage des Klägers auf 5,60 DM fest. Der Kläger hat diesen Bescheid nicht angefochten. Mit Bescheid vom 11.05.1993 zog die Beklagte den Kläger zur Zahlung von Grundsteuer für den Zeitraum 1991 bis 1993 in Höhe von 50,40 DM heran. Mit Schriftsatz vom 28.05.1993, bei der Beklagten am 01.06.1993 eingegangen, erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.05.1993. Er sei lediglich Eigentümer der Garage und nicht des Grund und Bodens, somit sei er auch nicht grundsteuerpflichtig. Im übrigen könne er den von der Beklagten zugrundegelegten Hebesatz von 300 % nicht nachvollziehen, vielmehr gehe er davon aus, daß dieser Hebesatz in den Jahren 1991 und 1992 niedriger gelegen habe. Nachdem das Landratsamt Heiligenstadt dem Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 03.08.1993 zunächst stattgegeben hatte, nahm es nachfolgend diesen Widerspruchsbescheid wieder zurück und erließ unter dem 23.09.1993 einen weiteren, diesmal ablehnenden Widerspruchsbescheid. Mit dem bestandskräftigen Grundsteuermeßbescheid sei bindend über die sachliche und persönliche Steuerpflicht des Klägers entschieden worden, etwaige Einwendungen hätte er in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den Grundsteuermeßbescheid geltend machen müssen. In der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung heißt es unter anderem: Gegen diesen Bescheid kann... Klage... erhoben werden.. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 29.09.1993 zugestellt. Unter dem 08.10.1993 beantragte der Kläger beim Finanzamt Worbis die Aufhebung des Grundsteuermeßbescheides vom 12.01.1993. Dieser Antrag wurde am 2.11.1993 vom Finanz amt Worbis abschlägig beschieden. Soweit ersichtlich, hat der Kläger insoweit keine weiteren Rechtsbehelfe eingelegt. Mit Schriftsatz vom 27.10.1993, bei Gericht am 28.10.1993 eingegangen, hat der Kläger Klage gegen den Landrat des Landkreises Heiligenstadt erhoben. Dabei hat er zunächst beantragt, den Grundsteuer- und Abgaben-Veranlagungsbescheid 1993 der Stadt Heiligenstadt vom 11.05.1993 zur Konto-Nr. 01-0002036150 unter gleichzeitiger Aufhebung des Widerspruchbescheides der Beklagten vom 23.09.1993, 15 WB 35/93, aufzuheben. Mit Schriftsatz vom 01.03.1994, bei Gericht am 03.04.1994 eingegangen, hat der Kläger eine Klageänderung des Inhalts erklärt, daß Beklagte nunmehr die Stadt Heiligenstadt sein solle. Der Kläger beantragt nunmehr sinngemäß, 2
den Grundsteuer- und Abgaben-Veranlagungsbescheid 1993 der Stadt Heiligenstadt vom 11.05.1993 zur Konto-Nr. 01-0002036150 unter gleichzeitiger Aufhebung des Widerspruchbescheides vom 23.09.1993, 15 WB 35/93, aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt des Widerspruchbescheides vom 23.09.1993. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (2 Heftungen), die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 21.05.1997 ergänzend Bezug genommen. Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig. Die vom Kläger erklärte Klageänderung ist zulässig, da sie sachdienlich war ( 91 Abs. 1, 2. Alt. VwGO), so daß es auf die Einwilligung des vormals Beklagten nicht ankommt. Die Sachdienlichkeit resultiert aus der Überlegung, daß die Klage zunächst gegen den nicht passivlegitimierten Landkreis gerichtet war. Eine Abweisung dieser Klage hätte voraussichtlich ein weiteres Verfahren gegen den richtigen Beklagten nach sich gezogen. Die so geänderte Klage ist zulässig, insbesondere nicht wegen Versäumung der Klagefrist des 74 Abs. 1 S. 1 VwGO abzuweisen. Die Zustellung des Widerspruchbescheides am 23.09.1993 hätte gemäß 58 VwGO nur dann die einmonatige Klagefrist in Lauf gesetzt, wenn der Kläger ordnungsgemäß über den einzulegenden Rechtsbehelf belehrt worden wäre. Dies ist indessen nicht der Fall, da es in der dem Widerspruchsbescheid vom 23.09.1993 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung wörtlich heißt: "Gegen diesen Bescheid kann innerhalb... Klage... erhoben werden." Damit wurde der Kläger über die Klagemöglichkeit nach 79 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwGO belehrt, nicht aber über die Klagemöglichkeit gegen den Ausgangsbescheid vom 25.09.1992 nach 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (vgl. VGH München, Urt. v. 3
16.10.1986, NVwZ 1987, S. 901 [902]); VGH Kassel, Urt. v. 30.03.1982, NVwZ 1983, 162; VG Weimar, 3 K 120/93.We, Gerichtsbescheid v. 19.04.1994, nicht veröffentl.). Da der Kläger somit über die Klagemöglichkeit gegen den Bescheid vom 25.09.1992 nicht ordnungsgemäß belehrt war, konnte er die Klage am 09.03.1993 noch innerhalb der Jahresfrist nach 58 Abs. 2 VwGO fristgerecht erheben. Der Klage ist jedoch in der Sache kein Erfolg beschieden. Der angefochtene Grundsteuerbescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer ist der Grundsteuermeßbetrag. Im Rahmen des Steuermeßbetragsverfahrens wird durch Anwendung der Steuermeßzahl auf den Einheitswert der Steuermeßbetrag ermittelt ( 13 ff. GrStG). Der Steuermeßbetrag wird vom Finanzamt durch besonderen Bescheid festgesetzt. Mit dieser Festsetzung wird zugleich über die persönliche und sachliche Steuerpflicht entschieden. Grundsteuermeßbescheide sind für Gemeinden, denen die Zuständigkeit (nur) zur Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer übertragen ist (Art. 108 Abs. 4 S. 2 GG; 1 Abs. 4 Thüringer Kommunalabgabengesetz - ThürKAG - ), bindend. Die Gemeinden haben die in den Grundsteuermeßbescheiden enthaltenen Entscheidungen der Finanzämter ihren Grundsteuerbescheiden zugrundezulegen, ohne daß ihnen in bezug auf die Rechtmäßigkeit der Grundsteuermeßbescheide eine eigene Prüfungskompetenz zustünde (vgl. 184 Abs. 1, 182 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -). Entscheidungen, die in einem Grundsteuermeßbescheid wie dem des Finanzamtes Worbis vom 12.01.1993 getroffen worden sind, können nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch durch Anfechtung des Grundsteuerbescheides angegriffen werden ( 351 Abs. 2 AO). Eine rechtliche Notwendigkeit für die Anfechtung des Folgebescheides besteht auch nicht deswegen, weil der Steuerpflichtige etwa den Eintritt der Bestandskraft des Grundsteuerbescheides verhindern müßte. Denn der Erfolg eine Rechtsbehelfs gegen den Grundsteuermeßbescheides oder der Erfolg eines Antrags auf Neuveranlagung ( 17 GrStG) läßt einen Anspruch des Steuerschuldners gegen die Gemeinde auf Aufhebung oder Änderung auch des bestandskräftigen Grundsteuerbescheides entstehen ( 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO; vgl. zum Ganzen: VGH Mannheim, Urt. v. 10.12.1984, BWVPr 1985, S. 183). Die Frage der Rechtmäßigkeit der Grundsteuermeßbescheides des Finanzamtes Worbis ist daher im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. 4
Auch die Bestimmung der von der Beklagten im fraglichen Zeitraum festgesetzten Hebesätze von 300 % begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Hebesatz ( 25 GrStG) ist ein Vomhundertsatz vom Meßbetrag, der für die Grundsteuer A und Grundsteuer B jeweils durch Beschluß der Gemeinde festgesetzt wird. Die Multiplikation des Steuermeßbetrages mit dem Hebesatz ergibt die zu zahlende Grundsteuer. Sofern der Kläger mit seinem Vortrag, die Hebesätze seien nicht nachvollziehbar, die Rechtmäßigkeit der festgesetzten Höhe der Hebesätze in Zweifel zieht, ist zunächst darauf zu verweisen, daß die Festsetzung vorbehaltlich einer in Thüringen nicht vorhandenen Höchstsatzbegrenzung ( 26 GrStG) grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der erhebenden Körperschaften steht, 25 Abs. 1 GrStG. Anhaltspunkte für eine Ermessensüberschreitung sind vorliegend nicht ersichtlich. So lag etwa der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B (allerdings in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern) im Jahr 1990 bei 351 % (vgl. Institut Finanzen und Steuern e.v., KStZ 1981, S. 91). Anhaltspunkte, die eine Festsetzung der Hebesätze unter 300 % im vorliegenden Fall rechtlich erforderten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nach alledem war die Klage mit der sich aus 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Weimar, Rießnerstr. 12 b, 99427 Weimar, zu stellen. Hinweis: Für das Berufungsverfahren besteht Vertretungszwang nach Maßgabe des 67 Abs. 1 VwGO; dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Beschluß Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50,40 DM festgesetzt ( 13 Abs. 2 GKG). 5
Rechtsmittelbelehrung Gegen den Streitwertbeschluß steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zu. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Weimar, Rießnerstr. 12 b, 99427 Weimar, einzulegen. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Hinweis: Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang nach Maßgabe des 67 Abs. 1 VwGO. 6