Physik II TU Dortmund SS2018 Götz Uhrig Shaukat Khan Kapitel 1. Influenz

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Transkript:

Influenz Als Influenz wird der Einfluss eines elektrischen Felds auf Ladungen in Materie bezeichnet, insbesondere die Verschiebung der beweglichen Ladungen in Leitern, aber auch die Polarisation (z.b. durch Ausrichtung von Atomen und Molekülen) in Nichtleitern. Beispiel: Eine neutrale metallische Kugel nähert sich einer positiven Ladung, von der die beweglichen Elektronen angezogen werden, d.h. die der Ladung zugewandte Seite der Kugel wird negativ, die abgewandte Seite positiv geladen. Beispiel: Ein Elektrophor ist eine historische Maschine (18. Jh.) zur Erzeugung hoher Spannungen durch Influenz. Der untere Teil, ein Nichtleiter (sog. Kuchen), wird durch Reiben aufgeladen. Der obere Teil, eine Metallplatte mit Handgriff, wird auf den Kuchen gesetzt und geerdet. Durch Influenz fließen Elektronen auf oder von der Metallplatte, je nach Vorzeichen der Ladung des Kuchens. Wird die Verbindung zur Erde wieder gelöst, so besitzt die Metallplatte ein Potenzial, das mit der Entfernung vom Kuchen zunimmt. Beispiel: Der Kelvin-Generator ist eine weitere Anordnung zur Erzeugung einer elektrischen Spannung durch Influenz. Wassertropfen (blau) treten aus zwei Hähnen durch je einen Metallring und fallen in Metallgefäße, zwischen denen sich eine Spannung aufbaut. Jeder Ring ist mit dem jeweils anderen Gefäß verbunden (rot, grün). Die entgegengesetzt geladenen Metallringe (angefangen mit einer zufälligen kleinen Ungleichheit) bewirken durch Influenz eine Ladungsverschiebung im Wasser zwischen den Hähnen und die geladenen Wassertropfen verstärken den Ladungsunterschied, der mit einem Elektrometer angezeigt wird. 1

Beispiel: Die Influenzmaschine nach J. Wimshurst (1878) besteht aus zwei nichtleiten Scheiben (zb. Acrylglas), die gegeneinander rotieren. Kleine aufgesetzte Metallfelder übernehmen die Rolle der Platten des Elektrophor, Querstreben mit Bürsten lassen zu bestimmten Zeitpunkten Ladungen von den Metallfeldern abfließen. Die Rotation der mit vielen Feldern besetzten Scheiben bewirkt, dass der beim Elektrophor stattfinde Vorgang sich in schneller Folge wiederholt (für weitere Details s. Literatur oder Videos im Internet). Weitere Experimente: Coulomb-Gesetz: Eine geladene Kugel ist an einer Drehwaage befestigt (Torsionsfaden mit Spiegel, der einen Laserstrahl umlenkt, sowie Dämpfung durch eine Fahne in einer Flüssigkeit). Eine zweite geladene Kugel lenkt die Drehwaage aus. Die Auslenkung ist ungefähr umgekehrt proportional zum quadratischen Abstand zwischen den Kugeln. Spiegelladungen: Die obige Drehwaage wird verwet, um zwei Situationen miteinander zu vergleichen. (i) Eine metallische Platte vor der geladenen Kugel in einem bestimmten Abstand und (ii) eine zweite entgegengesetzt geladene Kugel im doppelten Abstand. In beiden Fällen sollte die Auslenkung der Drehwaage gleich sein (was in der Vorlesung aus unklaren Gründen nicht der Fall war). 2

Feldlinien und Metalle Feldlinien en senkrecht auf metallischen Oberflächen, da sich im Metall freie Ladungen befinden, die sich umverteilen, wenn Feldlinien schräg auf der Oberfläche en würden, wenn also eine Kraftkomponente parallel zur Oberfläche wirken würde. Anders ausgedrückt: Metalloberflächen bilden Äquipotenziallinien, da die beweglichen Ladungen jeden Potenzialunterschied fast instantan ausgleichen würden. Aus diesem Grund ist auch ein freies Volumen innerhalb eines Metalls feldfrei ("Faradayscher Käfig") Spiegelladung Die Verteilung von Ladungen auf einer metallischen Oberfläche im Zusammenspiel mit elektrischen Feldern kann kompliziert sein. Für einfache Geometrien lässt sich jedoch der Feldverlauf angeben, z.b. für eine Punktladung vor einer leiten Ebene. Da die Feldlinien senkrecht auf der Ebene en, kann man sich eine gleich große Ladung mit entgegengesetztem Vorzeichen im gleichen Abstand denken. Das elektrische Feld ergibt sich aus der "echten" Ladung und der gedachten "Spiegelladung". 3

Laplace- und Poisson-Gleichung div E 0 E grad div grad x x y y y y 2 2 2 2 2 2 x y y 0 0 mit Ladungsdichte mit Ladungsdichte 0 Siméon-Denis Poison (1781-1840) Poisson-Gleichung Laplace-Gleichung Pierre-Simon Marquis de Laplace (1749-1827) Das elektrische Feld lässt sich leicht mit dem Coulombschen Gesetz berechnen, wenn alle Ladungen und ihre Positionen im Raum bekannt sind. Meistens sind jedoch leite Objekte gegeben, die sich auf einem bestimmten Potenzial befinden, z.b. an eine Spannungsquelle angeschlossen sind (Netzgerät, Batterie o.ä.). Die beweglichen Ladungen verteilen sich so um, dass an der Oberfläche des Leiters das Potenzial konstant ist (so dass durch weitere Bewegung der Ladungen kein energetisch günstigerer Zustand erreicht werden kann) und in jedem Punkt des Raums die Poisson- bzw. Laplace- Gleichung erfüllt ist. Die Positionen der Ladungen sind dabei im allgemeinen nicht bekannt. Um das elektrische Feld außerhalb der Leiter zu ermitteln, wird also zunächst das Potenzial als Lösung der Laplace-Gleichung bestimmt und daraus durch Bildung des Gradienten das Feld berechnet. Anschauliche Bedeutung der Laplace-Gleichung (numerische Näherung, hier in 2 Dimensionen): 1 x 0 0 d d d 0 x 1 0 4 x 1 y 0 0 d d d x y y y 1 d 4 Die Laplace-Gleichung besagt also, dass das elektrische Potenzial an jedem Punkt das arithmetische Mittel der Potenziale der Nachbarpunkte ist. 2 x x y y 0 4

Matlab-Programm zur numerischen Lösung der Laplace-Gleichung in 2d for i=1:60 for j=1:100 if m(i,j) == 0 sum=0.0; count=0.0; if (i-1) > 0 sum=sum+x(i-1,j); if (i+1) < 60 sum=sum+x(i+1,j); if (j-1) > 0 sum=sum+x(i,j-1); if (j+1) < 100 sum=sum+x(i,j+1); xnew(i,j)=sum/count; "Schleife" über das zweidimensionale Gitter Abfrage: Punkte mit konstantem Potenzial sind mit m(i,j)=1 markiert Abfrage: linker Rand Abfrage: rechter Rand Abfrage: unterer Rand Abfrage: oberer Rand neuer Wert = Summe / Zahl der Summanden (= Mittelwert) 5

Beispiele für numerisch berechnete Potenzialverteilungen in 2 Dimensionen Das Potenzial ist jeweils vertikal gegen zwei Ortskoordinaten aufgetragen. Das elektrische Feld erhält man, indem man den Gradienten des Potenzials bildet Spitze gegenüber einer leiten Platte zwei ungleichnamige Ladungen zwei positive und zwei negative Ladungen 6