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Transkript:

4.13 Euklid (um 300 v.chr.) und seine Werke wurde (vermutlich nach Studium in Athen) von einem frühen Vertreter der Dynastie der Ptolemäer nach Alexandria berufen, wo er die dortige mathematische Schule begründete. Sein Ruhm beruht auf seinem Buch Elemente, dem wohl einflussreichsten mathematischen Lehrbuch aller Zeiten. Es wurde bis in die Neuzeit immer wieder studiert, kommentiert und übersetzt. Darin hat Euklid das bekannte grundlegende mathematische Wissen seiner Zeit zusammengefasst. Er hat dabei einen sehr geschickten Aufbau gewählt und viele Resultate und Beweise besonders klar formuliert. Die meisten Ausgaben der Elemente des Euklid gehen auf eine Ausgabe von Theon von Alexandria (zweite Hälfte des 4. Jhd.n.Chr., Vater von Hypathia) zurück. Es gibt aber auch Abschriften, die auf ältere Versionen zurückgehen.

Weil die Elemente einen derartig dominanten Platz einnehmen, wird Euklid manchmal nur als geschickter Kompilator und hervorragender Lehrer gesehen. Tatsächlich hat er wesentlich mehr Werke verfasst, von denen allerdings die meisten nicht erhalten sind. Außer den Elementen sind die folgenden Werke mit mathematischem Inhalt erhalten: Data überliefert durch Pappus, beschäftigen sich mit elementarer ebener Geometrie, wie sie auch in den ersten Büchern der Elemente behandelt wird (und ist eine interessante Ergänzung). Behandelt wird darin, welche Angaben über eine Figur zur Kenntnis welcher anderer Informationen führen. Über die Teilung von Figuren (teilweise) erhalten als arabische Übersetzung. Behandelt wird darin die Teilung von Figuren z.b. in Figuren derselben Art.

Nur die Titel sind von den folgenden mathematischen Werken Euklids bekannt: Pseudaria (erwähnt von Proklus) beschäftigte sich mit Trugschlüssen, vermutlich im Rahmen elementarer Geometrie. Porismen bestand laut Pappus aus drei Büchern. Da nur kurze Bruchstücke erhalten sind, kann über den Inhalt nur spekuliert werden. Oberflächenörter bestand laut Pappus aus zwei Büchern und beschäftigte sich möglicherweise mit Flächen zweiter Ordnung und ihren Schnitten. Kegelschnitte bestand laut Pappus aus vier Büchern und bildete die Grundlage für die ersten vier Bücher der Theorie der Kegelschnitte von Apollonios (die Euklids Werk völlig verdrängt haben dürfte). Archimedes dürfte in seinen Schriften mehrmals darauf und ein anderes Werk über Kegelschnitte verweisen, was bis zu einem gewissen Grad Rückschlüsse über das damalige Wissen erlaubt.

Eines von Euklids musiktheoretischen Werken (Sectio Canonis) behandelt die Theorie der Intervalle. Es beruht auf pythagoreischer Musiktheorie und hat einen mathematischen Charakter. (Es wurde bei den Resultaten des Archytas erwähnt.) Dazu kommen Werke über Astronomie und Optik, die ebenfalls mathematischen Charakter haben, sowie (möglicherweise) weitere Schriften über mathematische Physik. Bei einigen anderen Werken, die der Überlieferung nach von Euklid stammen, ist umstritten, ob sie tatsächlich auf ihn zurückgehen.

4.14 Die Elemente Überblick Die Elemente des Euklid bestehen aus 13 Büchern (d.h. Kapiteln). Die ersten vier Bücher behandeln ebene Geometrie und gehen vermutlich auf die Mathematiker der ionischen Periode (und insbesondere auf die Pythagoreer) zurück. Buch I beginnt mit Definitionen, Postulaten und Axiomen, gefolgt von grundlegenden Konstruktionen und Tatsachen (insbesondere Dreiecke, Parallelen und Parallelogramme betreffend) sowie den Flächeninhalten von Dreiecken, Quadraten und Parallelogrammen. Es endet mit dem Satz des Pythagoras. Buch II behandelt Tatsachen über Flächeninhalte, die wir lieber algebraisch ausdrücken (d.h. die sogenannte geometrische Algebra) und einige Anwendungen. Buch III behandelt Kreise und die Beziehung zwischen ihnen und ihren Abschnitten, Tangenten und Winkeln.

Buch IV behandelt die Konstruktion von regelmäßigen Polygonen (Dreieck, Quadrat, Fünfeck, Sechseck, Fünfzehneck), In- und Umkreisen. Die folgenden beiden Bücher sind späteren Datums. Insbesonder stammt das fünfte Buch von Eudoxos. Buch V behandelt eine Theorie der Proportionen und Relationen, die auch auf inkommensurable Größen anwendbar ist. Buch VI verwendet Resultate des fünften Buchs und behandelt Ähnlichkeit (in dem Sinn des Wortes, den wir aus der Bezeichnung ähnliche Dreiecke kennen) und ihre Anwendung auf ebene Figuren.

Bücher VII, VIII und IX haben zahlentheoretischen Inhalt und gehen auf die Pythagoreer zurück. Buch VII behandelt grundlegende Begriffe wie Teilbarkeit, Primzahl, ggt und kgv und ihre Eigenschaften. Buch VIII behandelt endliche Folgen (natürlicher) Zahlen, bei denen zwei aufeinander folgende stets im selben Verhältnis zueinander stehen, dem Einfügen mittlerer Proportionalen, Quadrat- und Kubikzahlen. Buch IX setzt die beiden vorangegangenen Bücher fort und behandelt die Eigenschaften gerader und ungerader Zahlen. Das zehnte Buch ist wieder späteren Datums und stammt von Theaitetos. Buch X enthält eine Theorie der quadratischen Irrationalzahlen (und auch komplizierterer Irrationalzahlen).

Bücher XI bis XIII beschäftigen sich mit räumlicher Geometrie. Buch XI behandelt grundlegende Begriffe wie Geraden und Ebenen (im Raum) und Parallelepipede, sowie ihre Beziehungen zueinander. Es ist nicht klar, aus welcher Zeit der Inhalt dieses Buchs stammt, möglichweise geht er (zumindest teilweise) schon auf Mathematiker der ionischen Periode zurück. Buch XII behandelt Relationen zwischen Rauminhalten von Pyramiden, Prismen, Kegeln und Zylindern. Dabei wird die Exhaustionsmethode benützt. Zumindest Teile stammen von Eudoxos. Buch XIII behandelt die Konstruktion der fünf Platonischen Körper Tetraeder, Oktaeder, Ikosaeder, Würfel und Dodekaeder und setzt die Kantenlängen dieser Körper in Beziehung zum Radius einer ihnen umgeschrieben Kugel. Ein bedeutender Teil des Inhalts dürfte von Theaitetos stammen.

In späterer Zeit haben andere Autoren den Elementen zwei weitere Bücher hinzugefügt: Buch XIV stammt von Hypsikles (2. Jhd.v.Chr.). Er betrachtet darin einen Würfel, einen Dodekaeder und einen Ikosaeder, die alle derselben Kugel eingeschrieben sind. Er beweist, dass sich die Volumina von Dodekaeder und Ikosaeder genauso zueinander verhalten wie ihre Oberflächen bzw. wie die Kantenlänge des Würfels zur Kantenlänge des Ikosaeders. Buch XV beschäftigt sich damit, verschiedene Platonische Körper einander einzuschreiben, die Anzahl ihrer Kanten und Ecken zu berechnen und bestimmt die Neigungswinkel der Flächen eines Platonischen Körpers zueinander. Es ist nicht klar, wer der Autor ist oder die Autoren sind. Zumindest Teile dürften aus der Schule des Isodorus von Milet (6. Jhd.n.Chr.) stammen.