Übungen zur Physik der Materie 1 Lösungsvorschlag Blatt 9 - Atomphysik Sommersemester 2018 Vorlesung: Boris Bergues ausgegeben am 07.06.2018 Übung: Nils Haag (Nils.Haag@lmu.de) besprochen am 12.06.2018 Aufgabe 22: Atomphysik Bearbeiten Sie den ersten Teil der Fragen in der Zusammenfassung zur Atomphysik (siehe Vorlesungshomepage). Lösung der Kurzfragen der Zusammenfassung 1) Wasserstoffatom ohne Berücksichtigung der Spin-Bahnkopplung und ohne Magnetfeld: a) Welche der folgenden Orbitale existiert: 1s, 2f, 3d, 2d, 1d, 5g? 1s, 3d, 5g b) Welche Werte kann die magnetische Quantenzahl m l für die erlaubten Niveaus annehmen? 1s: m l = 0 3d: m l = 2; 1; 0; 1; 2 5g: m l = 4...4 c) Welche der folgenden Orbitale haben dieselbe Energie: 1s, 2p, 3d, 2s, 3p, 4f, 4s? Die Energie wird einzig durch n festgelegt. Alle Orbitale mit gleichem n sind jeweils isoenergetisch. d) Ergänzen Sie das untenstehende Termschema um die Orbitale bei n = 4 und zeichnen Sie alle Übergänge ein, die zwischen der 2. und der 4. Schale erlaubt sind. e) Beschriften Sie in der Abbildung alle Niveaus mit der Anzahl der Elektronen, die dieses Niveau besetzen können (achten Sie hierbei auf die zwei Möglichkeiten für den Spin). Siehe Abbildung
f) Wieviele Elektronen besetzen insgesamt die 1., die 2. die 3. und die 4. Schale? 60 g) Zeichnen Sie schematisch die Form eines 1s-Orbitals und die eines 2p-Orbitals. Streng genommen gibt es nicht nur ein p-orbital, sondern drei verschiedene - für jedes mögliche m eines. Diese bezeichnet man auch als p x, p y und p z Orbital (nicht zu verwechseln mit den Impulsen in diese Koordinatenrichtungen). h) Wie kommen die Auswahlregeln zustande? Weswegen darf sich l nur um ±1 ändern, m l aber um -1, 0, und 1? Photonen haben Spin 1, weswegen sich der Drehimpuls bei Absorption oder Emission immer um 1 ändern muss. Dies sagt aber nichts über die Orientierung der Vektoren bei der Addition, weswegen die z-komponente beliebig wählbar ist. i) Welchen Wert hat nimmt der Drehimpuls für die folgenden Orbitale:1s, 2f, 3d, 2p, 1d, 4s, 5g? Welche Werte kann die z-komponente des Drehimpulses haben? Der Wert des Drehimpulses ist L = l(l + 1). Somit ist L (1s) = L (4s) = 0 und damit L z = 0 L (2f bzw.1d): Achtung, Orbitale existieren nicht L (3d) = 6 und 2 L z +2 L (2p) = 2 und L z + L (5g) = 20 und 4 L z +4 Die Ungleichungen geben an, dass jedes ganzzahlige Vielfach von zwischen den angegebenen Werten angenommen werden darf. j) Beschreiben Sie den Unterschied zwischen ˆL, L, l und dem (Eigen-)Wert des Bahndrehimpulses. ˆL : Bahndrehimpulsoperator, der den Wert des Bahndrehimpulses aus der Eigenfunktion zieht L : Vektorieller Bahndrehimpuls analog zur Mechanik l : Bahndrehimpulsquantenzahl Der Wert des Bahndrehimpulses ist der Betrag bzw. die Länge der Vektors und gibt somit den Zahlenwert des Bahndrehimpulses an. Aufgabe 23: Kommutatoren
Der Kommutator zweier beliebiger Operatoren  und ˆB ist wie folgt definiert: =  ˆB ˆB Erfüllt dieser die Bedingung = 0, sagt man, die Operatoren kommutieren. a) Zeigen Sie, dass [x, ˆp x ] 0. b) Berechnen Sie [y, ˆp x ]. c) Zeigen Sie, dass Ψ = 0 gegeben ist, wenn Ψ eine Eigenfunktion sowohl von  als auch von ˆB ist. d) Wiederholen Sie den Beweis der vorigen Teilaufgabe für den Spezialfall der Operatoren ˆL 2 und ˆL z, wenn Ψ die Wellenfunktion eines Elektrons im Wasserstoffatom ist. e) Was sagen alle diese im Vorfeld berechneten sogenannten Vertauschungsrelationen über die gleichzeitige Bestimmtheit von physikalischen Größen aus? Lösungsvorschlag A23 a) b) [x, ˆp x ] = xp x p x x = i x x + i x x = i x x + i + i x x = i 0 Anmerkung zu den Schritten: Stellen Sie sich vor, Sie würden diese Operatoren auf eine Funktion f anwenden. Dann wird Ihnen klar, dass hier von Zeile 2 nach Zeile 3 die Kettenregel angewendet wurde. [y, ˆp x ] = yp x p x y = i y x + i x y = i y x + i y x = 0 Da Die Ableitung nach x nicht auf y wirkt, gibt es hier keine Kettenregel und man darf das y im zweiten Schritt einfach vorziehen. c) a und b seien die Eigenwerte der Operatoren  und ˆB bei Anwendung auf die Funktion Ψ: Ψ =  ˆBΨ ˆBÂΨ = = ÂbΨ ˆBaΨ bâψ a ˆBΨ = baψ abbψ = 0
d) [ˆL2, ˆL z ] Ψ n,l,m = ˆL 2 ˆLz Ψ n,l,m ˆL z ˆL2 Ψ n,l,m = ˆL 2 m Ψ n,l,m ˆL z 2 l(l + 1)Ψ n,l,m = m ˆL 2 Ψ n,l,m 2 l(l + 1)ˆL z Ψ n,l,m = m 3 l(l + 1)Ψ n,l,m m 3 l(l + 1)Ψ n,l,m = 0 e) Vertauschen zwei Operatoren, so sind die diesen Operatoren zugeordneten physikalischen Größen gleichzeitig in einem Zustand bestimmt und prinzipiell bestimmbar. Zum Beispiel ist der Betrag des Drehimpulses und die z-komponente des Drehimpulses gleichzeitig bestimmbar. Die Wellenfunktionen des Wasserstoffatoms sind zudem Eigenfunktionen beider Operatoren, weswegen in diesen Zuständen diese Größen definiert sind. Hingegen ist es im Allgemeinen nicht möglich, den Impuls p x und den Ort x gleichzeitig zu bestimmen. Dies ist aber kein Problem einer Messung, sondern eine prinzipielle Eigenschaft der Quantenmechanik. Man kann auch zeigen, dass z.b: L x und L y nicht vertauschen. Aufgabe 24: Quantenzahlen a) Ein Elektron in einem Atom habe die Bahndrehimpulsquantenzahl l = 1. Geben Sie den Betrag L des Bahndrehimpulses und die möglichen Werte der magnetischen Quantenzahl m l an. b) Zeichnen Sie ein Vektordiagramm zu a), aus dem die möglichen Orientierungen von L relativ zur z-richtung hervorgehen! c) Ermitteln Sie für einen Zustand eines Elektrons in einem Atom mit l = 2 das Betragsquadrat L 2 des Bahndrehimpulses, den Maximalwert von L 2 z und den kleinstmöglichen Wert von L 2 x + L 2 y! d) Zeigen Sie, dass für die Hauptquantenzahl n im Wasserstoffatom die Anzahl der möglichen Zustände gleich 2n 2 ist! [Hinweis: 1 + 2 + 3 +... + n = n(n+1) 2 ] e) Teilen Sie die nachfolgend genannten Elemente in zwei Gruppen mit jeweils ähnlichen Atomspektren ein und begründen Sie Ihre Einteilung: Lithium, Beryllium, Natrium, Magnesium, Kalium, Calcium, Cäsium und Barium f) Begründen Sie qualitativ, welches der in e) genannten Elemente die kleinste Ionisierungsenergie und welches den größten Atomradius hat! Lösungsvorschlag A24 a) Der Betrag des Drehimpuses ist m l kann die Werte 1, 0, +1 annehmen. L = l(l + 1) = 1(1 + 1) = 2
b) Die Länge des Vektors, also der Betrag des Drehimpulses ist durch L = l(l + 1) gegeben. Die z-komponente des Drehimpulses wird durch m bestimmt. c) Wir erhalten als Betragsquadrat des Drehimpulses L 2 = 2 2(2 + 1) = 6 2 und die maximale z-komponente ist im Quadrat L 2 z = (2 ) 2 = 4 2. Da gilt L 2 = L 2 x + L 2 y + L 2 z erhalten wir als minimalen Wert von L 2 x + L 2 y = L 2 L 2 z = 2 2. Auch wenn man also keine Aussage über den Wert von L x und L y machen kann, sobald man L z festgelegt/gemessen hat, erlaubt das System zumindest die Bestimmung dieser kombinierten Größe. d) Wir beweisen z.b. mit vollständiger Induktion. Sei A(n) die Anzahl der möglichen Zustände in der Schale n: Zeige, dass die Behauptung für n = 1 stimmt: In der ersten Schale gilt n = 1, l = 0, m = 0 Somit gibt es nur ein einziges Niveau, das aufgrund des Spins mit zwei Elektronen belegt werden kann (2 verschiedene Zustände). Somit gilt für n = 1: A(n) = 2n 2 = 2 was korrekt ist. Nun zeigen wir, dass die Behauptung für die Schale n+1 gilt, wenn sie für die Schale n gilt. Es gilt In der Schale n+1 sind alle Orbitale zahlenmäßig vorhanden, die auch in der n-ten Schale vorkommen, plus zusätzlich die Orbitale des größtmöglichen l, das hier l max genannt ist. Zur Verdeutlichung siehe Abbildung. Zu diesem l max gibt es 2l max + 1 verschiedene Werte von m. Da in jedes Orbital 2 Elektronenzustände (wegen des Spins) aufnehmen kann, gilt A(n + 1) = A(n) + 2(2l max + 1) Das größtmögliche l in der (n + 1sten) Schale ist l max = (n + 1) 1 = n, deswegen folgt direkt.
Abbildung 1: Veranschaulichungsbeispiel zu Aufgabe 24d). In der dritten Schale gibt es gleich viele l-orbitale, wie in n =2 plus die Orbitale mit l= 2. A(n + 1) = A(n) + 2(2l max + 1) = A(n) + 2(2n + 1) = 2n 2 + 2(2n + 1) = 2(n 2 + 2n + 1) = 2(n + 1) 2 q.e.d. e) Li, Na, K und Cs haben jeweils nur ein einzelnes Elektron in der äußersten Schale. Be, Mg, Ca und Ba haben hingegen das äußerste s-orbital schon voll besetzt. Innerhalb dieser Klassen sind also die Atomspektren sehr ähnlich. f) Je höher die Schale, in der sich ein Elektron befindet, desto kleiner ist die Bindungsenergie an das Atom. Somit stehen Cs und Barium für die kleinste Ionisierungsenergie zur Auswahl. Dass Cs hierbei die kleinere Ionisierungsenergie hat, kann man sich mit folgendem Argument plausibel machen. Die Elektronen der inneren Schalen schirmen die positive Ladung der Protonen effektiv ab, somit kann ein Cs Atom in erster Näherung als wasserstoffähnliches Atom angesehen werden. Das Elektron sieht also (fast) nur eine positive Ladung im Kern. Bei Ba gibt es nun ein Proton mehr im Kern, aber da das zweite Elektron sich im gleichen Orbital befindet, schirmt dieses die Ladung nicht ab - hier wirkt also eine etwas stärke Coulombanziehung auf das Elektron, die überwunden werden müsste. (Streng genommen ist es natürlich nicht so einfach, da man ja auch die Wechelwirkung der Elektronen untereinander berücksichtigen muss, aber qualitativ ist dies nicht so verkehrt.) Aus dem gleichen Argument ist auch der Atomradius bei Cs am größten.