Energiekennzahlen für Betriebsvergleiche



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Transkript:

Energiekennzahlen für Betriebsvergleiche Abschlussbericht 1. Überarbeitete Ausgabe Januar 2011 Auftraggeber: Sächsische Energieagentur SAENA GmbH Herr Marc Postpieszala Pirnaische Str. 9 01069 Dresden Auftragnehmer: Technische Universität Chemnitz Institut für Betriebswissenschaften und Fabriksysteme Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb 09107 Chemnitz Bearbeiter: Dr. Ing. Thomas Löffler

Inhaltsverzeichnis 1 Aufgabenstellung und Vorgehensweise... 1 2 Stand des Wissens und der Praxis zu Energiekennzahlen... 2 2.1 Einführung... 2 2.2 Allgemeine Grundlagen zu Kennzahlen... 2 2.2.1 Arten von Kennzahlen... 2 2.2.2 Anwendung von Kennzahlen... 3 2.3 Energiekennzahlen... 6 2.3.1 Vorbemerkung... 6 2.3.2 Wissenschaftliche Publikationen... 6 2.3.3 Relevante Normen und Standards... 8 2.3.4 Energiegrößen für Energiekennzahlen... 9 2.3.5 Bezugsgrößen für Energiekennzahlen... 13 2.4 Grenzen der Nutzung von Energiekennzahlen... 20 2.5 Aktivitäten ausgewählter Energieagenturen und Initiativen in Deutschland... 23 3 Ergebnisse der durchgeführten branchenspezifischen Analysen... 26 3.1 Überblick... 26 3.2 Hotel und Gaststättengewerbe... 26 3.3 Bäckereien... 29 3.4 Oberflächenveredlung... 31 3.4.1 Galvanisieren... 31 3.4.2 Lackieren (nachrichtlich)... 32 3.5 Maschinenbau... 34 3.6 Textilindustrie... 38 3.7 Tischlereien... 40 3.8 Einzelhandel... 41 3.9 Zusammenfassung... 42 4 Aufstellung des Energiekennzahlenkatalogs... 44 4.1 Strukturierung... 44 4.2 Implementierung in Microsoft Excel... 46 4.3 Beispielhafte Energiekennzahlen... 48 5 Integration des Energiekennzahlenkatalogs in die Sächsische Gewerbeenergieberatung... 49 6 Quellen... 50 I

Anlage A: Kurzanleitung zur Bewertung der Energieleistung mittels Energiekennzahlen... 52 Einordnung... 52 Schritt 1: Energiekennzahlen auswählen... 53 Schritt 1a: Anwendungszweck der Energiekennzahl bestimmen... 53 Schritt 1b: Energiegrößen und Bezugsgrößen bestimmen... 53 Schritt 2: Energiekennzahlen ermitteln... 59 Schritt 2a: Daten erheben... 59 Schritt 2b: Daten analysieren und aufbereiten... 59 Schritt 2c: Informationsbeurteilung... 59 Schritt 2d: Berichterstattung und Kommunikation... 59 Schritt 3: Energiekennzahlen prüfen... 60 Schritt 4: Überprüfung und Verbesserung des Energiekennzahlensystems... 60 Anlage B: Primärenergiefaktoren und Kohlendioxid Äquivalente... 61 II

1 Aufgabenstellung und Vorgehensweise Vor dem Hintergrund gestiegener Energiepreise, schwindender Ressourcen und der ehrgeizigen Klimaschutzziele unterstützt die Sächsische Energieagentur SAENA GmbH seit ihrem Bestehen insbesondere auch die Kleinen und Mittleren Unternehmen Sachsens bei der Verbesserung der Energieeffizienz. Dazu wurden Instrumente und Maßnahmen wie die Qualifizierung von Gewerbeenergieberatern und die Vergabe des Sächsischen Gewerbeenergiepass entwickelt, etabliert und einer ständigen Verbesserung unterzogen. Als ein mögliches ergänzendes Instrument wird in diesem Zusammenhang die Nutzung von Energiekennzahlen erwogen. Mit vorliegender Arbeit wurde, entsprechend der Ausschreibung vom 18.01.2010 und des Vertrags vom 11.5./28.5.2010, der Einsatz von Energiekennzahlen für Betriebsvergleiche zur Energieeffizienz untersucht und ein möglicher Energiekennzahlenkatalog entworfen. Der Auftragnehmer die Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb der TU Chemnitz ist seit mehreren Jahren im Forschungsschwerpunkt Energieeffiziente Produktion erfolgreich tätig. Auf Basis dieser Vorarbeiten (u. a. Müller 2009), durchgeführter Recherchen zu verfügbaren Energiekennzahlen und einer Reihe von Experteninterviews erarbeitet der Auftragnehmer eine Analyse zum Stand der Technik und des Wissens, Empfehlungen zur Nutzung von Energiekennzahlen und die Struktur und eine beispielhafte Untersetzung eines Energiekennzahlenkatalogs. Mit dem vorliegenden Abschlussbericht werden die Ergebnisse der durchgeführten Arbeiten dokumentiert. Die Inhalte der Zwischenberichte wurden in aktualisierter Form eingearbeitet. Der Energiekennzahlenkatalog wird dem Auftraggeber als MS Excel Datei übergeben. Einen maßgeblichen Beitrag zum Gelingen des Projektes leisteten die Interviewpartner, die Einblicke in die Praxis der Energieberatung und den Stand der Energieeffizienz in den sächsischen Betrieben ausgewählter Branchen gewährten. Ein großer Dank gebührt daher Herrn Börjesson (Handwerkskammer zu Leipzig, Umwelt und Technologiezentrum Trebsen), Herrn Dr. Elfruth (SEF Energietechnik Zwickau), Herrn Esser (Convia GmbH Berlin), Frau Grahn (GICON Großmann Ingenieur Consult GmbH, Dresden), Frau Gura und Frau Müller (Handelsverband Sachsen e. V. Dresden), Herrn Schäfer (Verband der Nord Ostdeutschen Textil und Bekleidungsindustrie e.v., Chemnitz), Herrn Schilder (Exergie Ingenieurbüro für Energieanwendungen, Dresden), Herrn Sinner (Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbau e.v., Landesverband Ost, Leipzig) und Herrn Vieweg (Chemnitz, beauftragter Berater des DEHOGA Hotel und Gaststättenverband Sachsen e.v.). Zum Status der Nutzung von Energiekennzahlen in anderen Bundesländern gaben Herr Wendrich (Klimaschutzagentur Hannover) und Herr Marx (Energieagentur Nordrhein Westfalen) Auskunft. Weiterhin dankt der Autor Frau Mandy Podszus für wertvolle Beiträge zum Stand des Wissens, die im Rahmen einer Bachelorarbeit entstanden, und Herrn Christoph Böttcher für die Recherchen zu verfügbaren Energiekennzahlen. TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 1

2 Stand des Wissens und der Praxis zu Energiekennzahlen 2.1 Einführung Kennzahlen sind Zahlen, die Zustände oder Vorgänge in verdichteter, quantifizierter Form und mit Bezug auf einen bestimmten Erkenntniszweck beschreiben. In Unternehmen sind Kennzahlen generell ein weit verbreitetes Mittel, um komplexe, betriebswirtschaftliche und/oder technischorganisatorische Zusammenhänge zu analysieren, zu planen, zu überwachen bzw. zu steuern. Energiekennzahlen haben dagegen zumindest außerhalb besonders energieintensiver Branchen und Anwendungen erst in den letzten Jahren mit den steigenden Energiepreisen und der Klimaschutzdebatte an Bedeutung gewonnen. Mit der Einführung von Energiemanagementsystemen nach der seit August 2009 geltenden DIN EN 16.001 und der damit verbundenen Notwendigkeit, die Energieleistung des Unternehmens zu messen, dürfte sich dieser Trend zumindest in größeren Unternehmen fortsetzen. In vielen und gerade in den Kleinen und Mittleren Betrieben sind Energiekennzahlen jedoch noch nicht gebräuchlich. Besondere Herausforderungen stellt die vom Auftraggeber vorgesehene Verwendung von Energiekennzahlen für Betriebsvergleiche. Betriebliche Vergleiche inklusive der Ermittlung des besten Kennzahlenwertes (Benchmark) und ggf. weiterer Referenzwerte (Mittelwert, schlechtester Wert) sind in betriebswirtschaftlichen, organisatorisch logistischen und produktionstechnischen Zusammenhängen durchaus üblich, verlangen aber eine gewisse Grundgesamtheit ähnlicher Betriebe bzw. zu bewertender Sachverhalte. Zwischenbetriebliche Vergleiche (Benchmarking Projekte) finden daher häufig nur innerhalb von Branchenverbänden und exklusiven Zusammenschlüssen von Unternehmen mit gleichen Geschäftsbereichen statt. 2.2 Allgemeine Grundlagen zu Kennzahlen 2.2.1 Arten von Kennzahlen Aus statistisch methodischer Sicht stehen grundsätzlich zwei Arten von Kennzahlen in jeweils unterschiedlichen Ausprägungen zur Verfügung (s. Abbildung 1): Abbildung 1: Gliederung von Kennzahlen (i. A. a. Goldmann u. Schellens 1995) TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 2

Absolute Kennzahlen sind z. B. Einzelwerte, Summen, Differenzen oder Mittelwerte. Ihre Aussagekraft ist meist gering. So gibt etwa der absolute Elektroenergieverbrauch eines Unternehmens nur einen ungefähren Aufschluss darüber, ob es sich bei dem Betrieb um einen großen oder kleinen Verbraucher handelt. Dies hat z. B. Konsequenzen für Energiebezugsverträge, elektrische Schalt und Sicherungsanlagen etc. Bezüglich der Effizienz der Energienutzung lassen absolute Kennzahlen keine Aussage zu. Verhältniszahlen sind Quotienten zweier in einem Zusammenhang stehender Größen. Durch die Abbildung dieses Zusammenhangs besitzen Verhältniszahlen ein größeres analytisches Potenzial. Es sind drei Arten von Verhältniszahlen zu unterscheiden: o Gliederungszahlen sind Quotienten aus jeweils einer Teilmenge und einer dazu gehörigen Grundgesamtheit. Sie werden auch Quoten oder Anteile genannt und dimensionslos (z. B. in Prozent) angegeben. Gliederungszahlen dienen dazu, die Struktur von Zuständen oder Prozessen aufzuklären. Typische Beispiele für Energie Gliederungszahlen: Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten Anteil eines Energieträgers an dem Gesamtenergieverbrauch o Beziehungszahlen sind Quotienten aus verschiedenen Maßzahlen. Sie bilden Zusammenhänge ab und werden oft als Indikatoren für eine bestimmte Leistung, eine Zielerreichung etc. verwendet. Energieverbrauch pro Beschäftigter Energieverbrauch pro Bruttogeschossfläche Energieverbrauch pro produzierte Einheit o Indexzahlen sind Quotienten aus gleichartigen Größen, die sich jedoch in ihrem sachlichen, örtlichen oder zeitlichen Bezug unterscheiden. Mit Indexzahlen können Größen z. B. in ihrem zeitlichen Verlauf oder ihrer geografischen Ausprägung verglichen bzw. veranschaulicht werden. Beispiele aus dem Bereich Energie sind Ölpreisindex (Veränderung des Ölpreises zu einem Bezugsjahr) Energiepreisindex (Veränderung der Energiepreise für gewerbliche Verbraucher gegenüber einem Bezugsjahr) Die genannten Beispiele zeigen bereits, dass für alle Arten von Kennzahlen auch Energiekennzahlen gebildet werden können. Die dafür geeigneten Energiegrößen und Bezugsgrößen werden in den Abschnitten 2.3.4 und 2.3.5 vorgestellt. 2.2.2 Anwendung von Kennzahlen Kennzahlen können generell für Analysen und zur Steuerung von Unternehmen/Organisationen eingesetzt werden (s. Abbildung 2). Bezüglich der Steuerung kann zwischen Planung (Kennzahlvorgaben) und Kontrolle (Vergleich einer Ist Kennzahl mit der Kennzahlvorgabe) unterschieden werden. Analysen basieren auf verschiedenartigen Vergleichen von Kennzahlen, die in der Regel dazu dienen auffällige Abweichungen zu Vergleichskennzahlen festzustellen, auf deren Basis Fehlentwicklungen und/oder Verbesserungspotenziale erkannt werden können: Zeitvergleiche: Vergleich von ein und derselben Kennzahl eines Objekts zu verschiedenen Zeitpunkten (z. B. Energieverbrauch des Unternehmens X an einem Arbeitstag vs. Energieverbrauch des Unternehmens X bei Betriebsruhe) oder Vergleich verschiedener Perioden (z. B. Energiever TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 3

brauch des Unternehmens X im Vorjahr vs. Energieverbrauch des Unternehmens X im Vorvorjahr) Quervergleiche: Vergleich von ein und derselben Kennzahl bezogen auf verschiedene, aber ähnliche Objekte; darunter fallen o Betriebsvergleiche (z. B. Energieverbrauch der Bäckerei A im Jahr Z vs. Energieverbrauch der Bäckerei B im Jahr Z), o Gebäudevergleiche (z. B. Heizenergieverbrauch pro m² im Lagergebäude I vs. Heizenergieverbrauch pro m² im Lagergebäude II) und o Anlagen und Prozessvergleiche (z. B. Energieverbrauch pro m³ Druckluft der Druckluftanlage 1 vs. Energieverbrauch pro m³ Druckluft der Druckluftanlage 2) Kennzahl Analyse Steuerung Kontrolle Planung Kennzahlen- Vergleiche Zeitvergleiche Quervergleiche Soll-Ist-Vergleiche Kennzahlvorgabe Betriebsvergleiche Gebäudevergleiche Anlagen-/Prozessvergleiche Querschnittstechnologien Spezifische Technologien Abbildung 2: Anwendungsmöglichkeiten für Kennzahlen (in Anlehnung an VDI 4661) Die Anwendung von Kennzahlen ist in Unternehmen üblicherweise in einen Managementkreislauf aus Planen, Durchführen, Prüfen und Verbessern von Maßnahmen eingeordnet (s. Abbildung 3). Diese Sichtweise deckt sich auch mit dem Konzept der Energiemanagementsysteme nach DIN EN 16.001. Die Kennzahlen helfen in diesem Zusammenhang, Unternehmensziele zu operationalisieren und Erfolg zu messen. Außerdem können sie genutzt werden, um das Leistungsverhalten im Unternehmen durch Anreizsysteme zu steuern (z. B. durch Gratifikationen für das Erreichen bestimmter Kennzahlen). Zeitreihenanalysen bieten in diesem Zusammenhang den Vorteil, dass immer Werte des gleichen Systems (Unternehmen, Bereich, Abteilung, Anlage) verglichen werden. Änderungen am System Produkt, Prozess, Anlagen, Organisationsänderungen sind relativ genau bekannt und können für sinnvolle Interpretation von Kennzahlentwicklungen genutzt werden. Jedoch erfordern solche Vergleiche eine kontinuierliche Datenerfassung und Pflege der Kennzahlen. Quervergleiche können dagegen sowohl kontinuierlich als auch einmalig durchgeführt werden. Die größte Herausforderung bei Quervergleichen ist es, zwei oder mehrere tatsächlich vergleichbare Objekte (Betriebe, Maschinen, Prozesse) zu finden. Diese Problematik wird bei unternehmensübergreifenden Analysen insbesondere wenn Wettbewerber einbezogen sind nochmals verstärkt. TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 4

Abbildung 3: Kennzahlen im Rahmen der Unternehmensführung Dennoch zeugen viele Industriearbeitskreise und Verbände davon, dass auch Wettbewerber kooperieren, um ihre eigene Effizienz durch vergleichende Analysen zu erhöhen. Dies gelingt besonders in Feldern, in denen es um eine Professionalisierung im Zusammenspiel mit oder zur Durchsetzung von Brancheninteressen gegenüber Dritten geht (z. B. Verband der Energieabnehmer, Arbeitsgemeinschaft Industriebau). Dabei spielen auch Quervergleiche eine Rolle, die sich sowohl auf gesamte Betriebe als auch auf einzelne Geschäftsprozesse, Technologie, Anlagen etc. erstrecken. Die Ergebnisse solcher Vergleiche und die so ermittelten Benchmarks bedürfen meist einer differenzierten Interpretation, da die Vergleichsobjekte und Randbedingungen nur selten wirklich übereinstimmen. In der Folge werden Benchmarking Ergebnisse meist nur gegenüber den Benchmarking Teilnehmern veröffentlicht, um neben berechtigten Geheimhaltungsgründen falsche Verallgemeinerungen und fehlerhafte Einteilungen in Gewinner und Verlierer zu verhindern. Fazit für den Energiekennzahlenkatalog Quervergleiche gesamtbetrieblicher Energiekennzahlen (Betriebsvergleiche) können prinzipiell dabei unterstützen, betriebliche Energieeinsparpotenziale zu identifizieren. In der Regel ist es aber schwierig, zwei oder mehrere Betriebe zu finden, die bezüglich Standort, Produktionsprogramm, Prozess, Fertigungstiefe und sonstiger Unternehmensspezifika vergleichbar sind. Neben Betriebsvergleichen existieren jedoch noch weitere Anwendungsmöglichkeiten für Energiekennzahlen: Sie können zum Beispiel innerhalb und zwischen Unternehmen für Quervergleiche des Energieverbrauchs einzelner Anlagen genutzt werden. Vor allem für das interne Energiemanagement sind zusätzlich Zeitvergleiche und Soll Ist Vergleiche möglich und sinnvoll. Die Struktur eines Energiekennzahlenkatalogs sollte es daher zulassen, dass verschiedene Energiekennzahlen abgebildet und fallspezifisch von Energieberatern oder Verantwortlichen in den Betrieben selbst genutzt werden können. TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 5

2.3 Energiekennzahlen 2.3.1 Vorbemerkung Gemäß dem Ersten Hauptsatz der Thermodynamik (Energieerhaltungssatz) kann Energie nur zwischen Systemen ausgetauscht und von einer Energieform in eine andere umgewandelt werden. Sie wird weder erzeugt noch vernichtet. In der betrieblichen Praxis wird dennoch oft von Energieverlust, Energieverbrauch oder Energieverschwendung gesprochen. Dies hängt damit zusammen, dass nur ein Teil der in einem System vorhandenen Energie Arbeit verrichten kann. Dieser nutzbare, für den Menschen wertvolle Energieanteil die Exergie nimmt bei der Umwandlung von Energie in geschlossenen Systemen beständig ab (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik). Genau diesen Verlust hochwertiger, nutzbarer Energie reflektieren die umgangssprachlichen Formulierungen Energieverlust, Energieverbrauch oder Energieverschwendung. Der vorliegende Bericht schließt sich dieser praxisnahen physikalisch aber nicht korrekten Ausdrucksweise an. 2.3.2 Wissenschaftliche Publikationen Die deutschsprachige Literatur zu Energiekennzahlen ist stark von Fallstudien, Leitfäden und ähnlichen Publikationen geprägt, die häufig auch von der öffentlichen Hand beauftragt, finanziert und herausgegeben wurden und werden. Diese Literatur oft auch als Internet Fundstellen wurde, soweit relevant, in das Kapitel zu den branchenspezifischen Analysen integriert. Die wissenschaftlichen Methoden zur Bildung und Nutzung von Energiekennzahlen sind vor allem in den nachgenannten Standardwerken dargestellt. Darin verknüpfen die Autoren energiewirtschaftliche und produktionstechnisch betriebswirtschaftliche Begriffe und Zusammenhänge und legen damit die Grundlagen für das moderne betriebliche Energiemanagement. Maßgebliche Erkenntnisse finden sich mittlerweile in Normen und Standards insbesondere in der VDI 4661 wieder (s. Abschnitt 0). Schieferdecker fasst in seinem 2006 erschienenen Fachbuch Energiemanagement Tools methodisches Grundlagenwissen zusammen, das teils über Jahrzehnte vor allem in der ostdeutschen Schule der betrieblichen Energetik entstand (Schieferdecker 2006). Kennziffern (Energiekennzahlen) beziehen sich bei Schieferdecker auf globale Betriebsgrößen (Energieverbrauch pro Mitarbeiter, Gesamtproduktion(swert), Gesamtkosten oder erlöse etc.), produktbezogenen Größen (spezifischer Energieverbrauch pro Menge, Masse, Volumen, Fläche), aggregat und prozessbezogene Größen (z. B. Energieverbrauch pro Kapazität) leistungs und arbeitsbezogene Größen (z. B. Betriebsstunden der höchsten Jahresdauerleistung), temperaturbezogene Größen und Struktureinheiten bezogene Größen (z. B. Energieverbrauch pro Fertigungsbereich). Bezüglich der spezifischen Energieverbräuche weist Schieferdecker auf Abhängigkeiten insbesondere vom Durchsatz hin und schlägt die Bildung vom Durchsatz abhängiger Kennlinien für Betriebe und Anlagen vor. Diese Kennlinien können je nach Anlagentyp einen linearen, progressiven oder degressiven Charakter aufweisen und müssen sowohl fixe als auch variable Energieverbräuche berücksichtigen. Eigen Untersuchungen beim Verfasser bestätigen diese Zusammenhänge. TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 6

Im selben Fachbuch liefert der Mitautor Bonneschky ergänzend einen historischen Abriss zur Entwicklung von Energiekennzahlen und eine Darstellung des 2005 erreichten Wissensstandes. Außerdem entwirft er eine Reihe von Energiekennzahlen, die insbesondere für betriebliche Soll Ist Vergleiche geeignet ist, und erläutert, wie diese in die Produktionsplanung und steuerung integriert werden können. Dabei wird die Nutzung von Energiekennzahlen, die branchenspezifisch aus amtlichen Statistiken gewonnen wurden, für ein Benchmarking (Gegenüberstellung der betrieblichen Kennzahl mit einem Branchenmittelwert) als wenig zielführend angesehen. Weitere Standardwerke der deutschsprachigen Energiemanagementliteratur, die sich auch mit Energiekennzahlen und deren Nutzung zur Steuerung des betrieblichen Energieverbrauchs beschäftigen, sind vor allem Borch et al. 1986, Bauer 1988, Wohinz u. Moor 1989, Winje u. Witt 1991, Wanke u. Trenz 2001. In Sachsen wurden mögliche Energiekennzahlen für Betriebe auch im Rahmen des Projektes Umweltindikatoren für die Umweltallianz im Freistaat Sachsen evaluiert (Günther 2008). Als wichtige Kennzahlen wurden dort genannt: Gesamtenergieeinsatz, Veränderung Gesamtenergieeinsatz (zum Vorjahr), spezifischer Energieeinsatz (pro Produktionsmenge), Energieträgerkosten, Kostenänderung durch die Reduktion des Energieeinsatzes oder Änderung des Energieträgermix, Energieträgeranteile (insbesondere regenerative bzw. "grüne" Energieformen), Emissionsmengen aus Energieträgern (Treibhausgasemissionen) und Veränderung von Treibhausgasemissionen durch Veränderung des Energiemix. Fazit für den Energiekennzahlenkatalog Energiekennzahlen werden in der Fachliteratur als geeignete Instrumente des Energiemanagements beschrieben. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der innerbetrieblichen Anwendung (Soll Ist Vergleiche, Zeitvergleiche, Quervergleiche zwischen Anlagen, Prozessen, Struktureinheiten). Dabei wird betont, dass Energiekennzahlen von verschiedenen Einflussfaktoren (z. B. Auslastung) abhängen. Daher besitzen Kennlinien gegenüber statischen Energiekennzahlen eine höhere Aussagekraft. Die Aussagekraft von Benchmarks auf Basis von Branchenstatistiken wird dagegen von einigen Autoren bezweifelt. Energiekennzahlenkataloge dürften daher, sofern sie für Betriebsvergleichen genutzt werden, eher einen orientierenden Charakter haben. Gleichzeitig sollte der Katalog so strukturiert werden, dass mit den gleichen Kennzahlen auch innerbetriebliche Analysen durchgeführt werden können. Für alle katalogisierten Energiekennzahlen müssen maßgebliche Parameter, unter denn die Kennzahl gilt, gespeichert werden (z. B. Bezugsjahr; vorzugsweise auch Betriebsgröße, Auslastung). TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 7

2.3.3 Relevante Normen und Standards DIN ISO 14.031 Umweltleistungsbewertung: Die ISO 14.031 ist Bestandteil der Normenreihe ISO 14.001 ff zu Umweltmanagementsystemen und definiert Anforderungen an die Umweltleistungsbewertung. Dabei werden auch Anforderungen an Umweltleistungskennzahlen gestellt: Die Umweltleistung bzw. belastung soll demnach als Beziehungszahl (s. Abschnitt 2.2.1) ausgedrückt werden und bevorzugt auf eine funktionale Einheit (eine Produkt oder eine Dienstleistungseinheit) bezogen werden. Dieser Bezug auf eine funktionale Einheit ist insbesondere aus einer volkswirtschaftlichen und ökologischen Perspektive auch für Energiekennzahlen zu empfehlen. DIN EN 16.001 Energiemanagementsysteme: Der Standard EN 16.001 verlangt die Formulierung einer betrieblichen Energiepolitik und Überwachung der Energieleistung des Unternehmens. Energiekennzahlen können dabei als Vorgabewert bei der Operationalisierung der Energiepolitik, bei der Analyse von Verbesserungspotenzialen und bei der Überwachung eine wichtige Rolle spielen (analog Abbildung 3). Die Norm gibt jedoch weder Energiekennzahlen vor noch verlangt sie deren Einsatz explizit. VDI 3807 Energiekennwerte für Gebäude: Die Richtlinie liefert Energiekennwerte für bestimmte Gebäude und Liegenschaften. Blatt 1 beschreibt insbesondere eine Methodik, mit der der Heizenergieverbrauch bzw. bedarf für Gebäude, die sich an klimatisch unterschiedlichen Standorten befinden, vergleichbar gemacht werden kann (Berücksichtigung sogenannter Gradzahltage). Zusätzlich liefert das Blatt 1 eine Analysemethode, um außentemperaturabhängige von außentemperaturunabhängigen Energieverbräuchen zu unterscheiden. In den dazugehörigen Beispielrechnungen und Beispielkennwerten orientiert die VDI 3807 dann vor allem auf Wohngebäude, öffentliche Gebäude, Verwaltungsbauten und Gebäude für den Einzelhandel. Die Heizenergie Kennwerte (Blatt 2) sind außerdem bereits veraltet (1998). Die Kennwerte für den Elektroenergieverbrauch (Blatt 4) sind vergleichsweise aktuell. Im Einzelnen sind die Blätter der Richtlinie wie folgt benannt: VDI 3807 (2007) Blatt 1: Energie und Wasserverbrauchskennwerte für Gebäude Grundlagen. VDI 3807 (1998) Blatt 2: Energieverbrauchskennwerte für Gebäude Heizenergie und Stromverbrauchskennwerte für Gebäude. VDI 3807 (2000) Blatt 3: Wasserverbrauchskennwerte für Gebäude und Grundstücke. VDI 3807 (2008) Blatt 4 Energie und Wasserverbrauchskennwerte für Gebäude. Teilkennwerte elektrische Energie. Blatt 5 zu Teilkennwerten für die thermische Energie befindet sich in Vorbereitung. Produktions und Lagergebäude für Industrie und Gewerbe kommen in der Richtlinie explizit nicht vor. Bei diesen Gebäuden dürfte auf Grund des geringeren Anteils der Heizenergie an dem Gesamtenergieverbrauch der Aufwand, den Heizenergiebedarf mittels Gradzahltagen vergleichbar zu machen, kaum lohnen und nur wenig zur Identifikation von signifikanten Energieeinsparpotenzialen beitragen. Der Elektroenergiebedarf in Industrie und Gewerbe wird maßgeblich von den produktionstechnischen Ausrüstungen und nicht von der Gebäudetechnik bestimmt und daher auch nicht Gegenstand der Richtlinie. Blatt 4 bietet jedoch bzgl. der Beleuchtung, Lüftung, Kühlung, schwachstromanlagen und Bürotechnik eine hilfreiche Orientierung insbesondere auch zum Jahresgang der jeweiligen Elektroenergiebedarfe. TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 8

VDI 3922 Energieberatung für Industrie und Gewerbe: Die Richtlinie verweist auf die Nützlichkeit von Kennwerten, geht aber auf deren Definition, Ermittlung und Anwendung nicht weiter ein. VDI 4050 Betriebliche Kennzahlen für das Umweltmanagement: Die Richtlinie beschreibt den Prozess der Bildung und Pflege betrieblicher Umweltkennzahlen in ausführlicher Weise. Energie wird als potenzielle Größe für Kennzahlen angesprochen. Untersetzende Beispiele konzentrieren sich jedoch auf die Abfallthematik. VDI 4602 Energiemanagement: Die Richtlinie erläutert maßgebliche energetische Begriffe, die für Energiekennzahlen von Bedeutung sind. Die Begriffserläuterung in der VDI 4661 ist jedoch auf Grund der kompakteren Darstellung vorzuziehen. VDI 4661 Energiekenngrößen: Die Richtlinie definiert in umfassender Weise Energiekenngrößen und gibt methodische Hinweise zu Energiebilanzen und zur Anwendung von Energiekenngrößen inkl. der Datenerfassung und verarbeitung. Die Richtlinie adressiert vor allem die Energiewirtschaft und Energietechnik. Für den Bereich Produktion und Gewerbe sind einige Kennzahlen nicht relevant und praktisch kaum zu ermitteln. Reference Document on Best Available Techniques for Energy Efficiency (BREF ENE) (European Commission 2009): Das Dokument zur Besten Verfügbaren Technik für Energieeffizienz definiert eingangs grundlegende Energiekennzahlen (spezifischer Energieverbrauch pro produzierte Einheit oder eingesetztem Rohmaterial; Energieintensität; Energieeffizienzindex), die prinzipiell mit den Definitionen der ISO 14031 und VDI 4661 übereinstimmen. Im Anschluss besteht das Dokument aus einer Zusammenstellung energetischen Grundlagenwissens, Beschreibungen zum Stand verfügbarer Methoden und Beschreibungen zum der Stand der Anlagentechnik. Konkrete Kennzahlen benennt das BREF ENE nur für Beispiele, die zudem nicht immer aktuell und repräsentativ erscheinen (z. B. Fallstudie einer Druckluftanlage, Großbritannien 1994). Zahlreiche branchen und anwendungsspezifische Standards, Leitfäden und Fachpublikationen bieten deutlich aktuellere, konkretere und zielgruppengenauere Beschreibungen des Standes der Technik und innovativer Lösungen. 2.3.4 Energiegrößen für Energiekennzahlen Für die Verwendung als absolute Energiekennzahlen oder zur Bildung von Energie Verhältniszahlen (s. Abschnitt 2.2.1) sind zunächst geeignete Energiegrößen auszuwählen. Besonders geeignet sind dabei energiewirtschaftliche Energiegrößen, wie sie u. a. in der VDI 4661 definiert werden. Tabelle 1 zeigt ausgewählte Energiekenngrößen und ihre Relevanz für betriebliche Energiekennzahlenvergleiche. Tabelle 1: Energiegrößen nach VDI 4661 Energiegröße Bedeutung nach VDI 4661 Bedeutung für betriebliche Energiekennzahlen Primärenergie Energieinhalt von Energieträgern, Die Größe Primärenergie wird in Produktion die in der Natur vorkommen und und Gewerbe üblicherweise weder im kaufmännischen technisch noch nicht umgewandelt noch im technischen Bereich wurden. verwendet. Sie ist aber dann notwendig, wenn im Unternehmen verschiedene Energieformen bzw. Energieträger genutzt werden, die mit einem unterschiedlich starken TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 9

Energiegröße Bedeutung nach VDI 4661 Bedeutung für betriebliche Energiekennzahlen Ressourcenverzehr hergestellt wurden (z. B. Elektroenergie vs. Erdgas). Um diese verschiedenen Energien vergleichbar zu machen, muss die in den Unternehmen verwendete Endenergie (s. u.) in Primärenergie umgerechnet werden. Dafür stehen Umrechnungsfaktoren sogenannte Primärenergiefaktoren zur Verfügung (z. B. DIN V 4701 10). Mit den Primärenergiefaktoren können zwei Arten von Primärenergie ermittelt werden: der Energieinhalt aller eingesetzten Energieträger (erneuerbar und nicht erneuerbar) oder der Energieinhalt der eingesetzten nicht erneuerbaren Energieträger. Primärenergiefaktoren unterliegen über der Zeit einer Veränderung (z. B. Veränderung der Zusammensetzung des Strom Mixes, technologische Änderungen bei der Energiegewinnung). Vergleiche über mehrere Perioden bedürfen daher i. d. R. der Interpretation. Es sollten immer die aktuell veröffentlichten Primärenergiefaktoren verwendet werden. Primärenergiefaktoren für typische Energiesysteme sind im Anhang ab Seite 61 wiedergegeben. Primärenergie wird als wichtige Energiegröße für die Bildung von betrieblichen Energiekennzahlen empfohlen. Sie ist insbesondere dann unabdingbar, wenn die Substitution von Energieträgern in betrieblichen Prozessen beurteilt werden soll (z. B. Schmelzen mit Erdgas statt elektrisch). Sekundärenergie Bezugsenergie Energieinhalt von Energieträgern, die aus Primärenergie durch eine oder mehrerer technologische Schritte umgewandelt wurde. Energieinhalt aller gehandelten primären und sekundären Energieträger, die der Endverbraucher bezieht. Aus Sicht der Endkunden in Produktion und Gewerbe haben die technologischen Schritte innerhalb der Energiewirtschaft wenig Relevanz. Erst wenn Sekundärenergie als Bezugsenergie bzw. Endenergie an den Verbraucher, das Produktions oder Gewerbeunternehmen, übergeben wird, wird sie aus betrieblicher Sicht interessant. Bezugsenergie ist eine für den Endkunden anhand von Lieferscheinen, Rechnungen, Zählerständen relativ leicht zu ermittelnde Energiegröße. Die Addition des Energieinhalts von verschiedenen Energieformen (z. B. Elektroenergie, Erdgas) führt jedoch zu ökonomischen und ökologischen Verzerrungen (s. Primärenergie). TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 10

Energiegröße Bedeutung nach VDI 4661 Bedeutung für betriebliche Energiekennzahlen Bezugsenergie beinhaltet auch Energieträger, die nichtenergetisch genutzt (z. B. für chemische Reaktionen) oder zur Eigenerzeugung von Strom und Gas verwendet werden. Für die rein energetische Betrachtung von Produktions und Gewerbebetrieben muss der nichtenergetische Verbrauch (s. u.) von der Bezugsenergie abgezogen werden. Bezugsenergie ist häufig mit der Endenergie identisch (s. Endenergie). Endenergie Nutzenergie Energieinhalt aller gehandelten Energieträger, die der Erzeugung von bzw. Umwandlung in Nutzenergie dienen. Endenergie ist der Energieinhalt der Bezugsenergie, vermindert um den Energieinhalt des nichtenergetischen Verbrauchs (s. u.) und den Energieeinsatz bei der Eigenerzeugung von Strom und Gas beim Endverbraucher (abweichende Empfehlung für betriebliche Energiekennzahlen beachten!). In Eigenanlagen thermisch genutzte Abfall und Reststoffe sowie Energien aus regenerativen Quellen, die in Eigenaufkommen gewonnen werden, sind aufgrund internationaler Absprachen in der Bezugs und Endenergie nicht enthalten. Sie sind nicht unmittelbar Gegenstand des kommerziellen Handelns. Nutzenergie umfasst alle technischen Formen der Energie, welche der Verbraucher letztendlich benötigt, um Energiedienstleistungen ausführen zu können also Wärme, mechanische Energie, Licht, elektrische und magnetische Feldenergie (z. B. für Galvanik und Elektrolyse) und elekt Endenergie lässt sich in Industrie und Gewerbe i. d. R. relativ einfach aus den Rechnungen und/oder Messungen ermitteln: Häufig ist die Endenergie mit der Bezugsenergie identisch ggf. ist der nichtenergetische Verbrauch von der Bezugsenergie abzuziehen, um die Endenergie zu bestimmen. Der Energieeinsatz für die Eigenerzeugung von Strom und Gas sollte dagegen bei der Bildung von betrieblichen Energiekennzahlen abweichend zur energiewirtschaftlich motivierten VDI 4661 als Endenergie gezählt werden, da auch die Effizienz der betrieblichen Eigenenergieerzeugung sofern vorhanden durch die betriebliche Energiekennzahl erfasst werden soll. Endenergie ist eine im betrieblichen Umfeld vertraute und für betriebliche Energiekennzahlen mit Einschränkungen geeignete Energiegröße: Wird nur ein Energieträger (i. d. R. Elektroenergie) eingesetzt oder ist die Struktur des Energieträgereinsatzes vergleichbar bzw. über mehrere Perioden unverändert, so liefern Energiekennzahlen auf Basis von Endenergie zutreffende Aussagen über die Energieeffizienz. Werden jedoch durch technologische Änderungen oder andere Maßnahmen Energieträger substituiert, so kann die Energieeffizienz nur durch Energiekennzahlen auf Basis von Primärenergie (s. o.) zutreffend abgebildet werden. Die tatsächlich benötigte Nutzenergie ist in der betrieblichen Praxis kaum umfassend also für den Gesamtbetrieb zu ermitteln. Lediglich für ausgewählte Geräte, Maschinen, Maschinenkomponenten und Anwendungen ist die Nutzenergie aus Laboruntersuchungen und/oder Berechnungen bekannt. Diese erfolgen z. B. im Rahmen der Vergabe von Energieeffizienzlabels durch TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 11

Energiegröße Bedeutung nach VDI 4661 Bedeutung für betriebliche Energiekennzahlen romagnetische Strahlung. Nutzenergien müssen in der Regel zum Zeitpunkt und am Ort des Bedarfs aus Endenergie mittels Energiewandler (z. B. Motoren, Lampen) erzeugt werden. Hersteller, Zertifizierungsorganisationen und/oder zugelassene Prüfstellen. Die Nutzenergie wird dabei meist nur implizit über den Wirkungsgrad (= Nutzenergie / Endenergie) angegeben. Die Energiegröße Nutzenergie ersatzweise der Wirkungsgrad, Nutzungsgrad, die Leistungszahl etc. wird für den Vergleich von Anlagen empfohlen. Nichtenergetischer Verbrauch Exergie Energieinhalt von Stoffen, deren Verwendung nicht durch ihren Energiegehalt, sondern durch ihre stofflichen Eigenschaften bestimmt wird (z. B. Schmierstoffe, Bitumen für den Straßenbau) sowie der Energieinhalt von Energieträgern (z. B. Rohbenzin, Raffineriegas und Flüssiggas als Rohstoff chemischer Prozesse oder Koks als Reduktionsmittel bei der Roheisenerzeugung), die nichtenergetisch verwendet werden. Teil der Gesamtenergie eines Systems, der maximal d. h. unter den günstigsten Bedingungen als Arbeit entnommen werden kann. Der nichtenergetische Verbrauch ist nur für die Berechnung von Endenergie aus Bezugsenergie relevant. Exergie charakterisiert die Nützlichkeit der jeweiligen Energieform und macht verschiedene Energieformen und niveaus vergleichbar. Exergie ist theoretisch eine überaus geeignete Größe, um den sparsamen Umgang mit Energie zu beurteilen. In der betrieblichen Praxis ist Exergie jedoch nur schwer zu ermitteln und nur unter Experten für thermodynamische Betrachtungen geläufig. Zusätzlich zu den genannten Energiegrößen existieren auch Kenngrößen, die nicht den Energieverbrauch selbst sondern dessen Wirkungen ausdrücken. Zwei markante Größen Klimagasemissionen und Energiekosten, die in dem einen Fall eine umweltliche und im anderen Fall eine betriebswirtschaftliche Wirkung verkörpern, werden nachfolgend zur Verwendung im Energiekennzahlenkatalog empfohlen 1. Klimagasemissionen Der Energieverbrauch in Produktion und Gewerbe ist in der Regel über die vorgelagerte Kette der Energiegewinnung aus fossilen Energieträgern mit signifikanten Klimagasemissionen verbunden. Aus umweltpolitischen Gründen wird daher in vielen Zusammenhängen (z. B. in Nachhaltigkeitsbe 1 Mit Hilfe dieser Kenngrößen gebildete Kennzahlen müssten korrekt Energiewirkungskennzahlen heißen; auf eine Unterscheidung zwischen Energiekennzahl und Energiewirkungskennzahl soll hier jedoch aus praktischen Gründen verzichtet werden. TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 12

richten) explizit eine Darstellung der mit der Produktion bzw. Dienstleistung verbundenen Klimagasemissionen nachgefragt. Die Klimagasemissionen, die überwiegend aus Kohlendioxid aber auch aus weiteren Gasen (z. B. Methan) bestehen, werden dabei als Masse [kg, to] Kohlendioxid Äquivalent angegeben. Klimagasemissionen typischer Energiesysteme sind im Anhang ab Seite 61 wiedergegeben. Energiekosten Betriebswirtschaftlich wird der Energieverbrauch durch die Energiekosten abgebildet. Die Steigerung der betrieblichen Energieeffizienz ist maßgeblich durch die damit verbundene Energiekosteneinsparung motiviert. Energieeinsparinvestitionen müssen sich in der Regel über Energiekosteneinsparungen amortisieren bzw. rentieren. Kennzahlen auf Basis von Energiekosten besitzen daher eine hohe Bedeutung für betriebliche Analysen zu Einsparpotenzialen und zur Vorbereitung von Entscheidungen. Zwischenfazit für die Entwicklung des Energiekennzahlenkatalogs: Der Energiekennzahlenkatalog für Betriebsvergleiche sollte sich auf folgende Energiegrößen (und Energiewirkungsgrößen) konzentrieren. Primärenergie ist als Kenngröße in Produktion und Gewerbe bislang eher ungebräuchlich, verkörpert aber den tatsächlichen Ressourcenverzehr in adäquater Weise, da die gesamte technologische Kette der Energiegewinnung und übertragung mit betrachtet wird. Energiekennzahlen auf Basis von Primärenergie sind unabdingbar, wenn der Einsatz unterschiedlicher Energieträger verglichen werden soll; sie eignen sich als strategische Orientierungshilfe und nicht zuletzt ist Primärenergie besser als Endenergie mit den Energiekosten korreliert. Endenergie ist die Energiegröße, die in Unternehmen üblicherweise verwendet wird. Kommt nur ein Energieträger (z. B. Elektroenergie) zum Einsatz oder ist die Struktur des Energieträgereinsatzes stabil, so können Energiekennzahlen auf Basis von Endenergie zutreffende Aussagen über die Energieeffizienz liefern. Verändert sich der Einsatz von Energieträgern wird z. B. beim Schmelzen die eingesetzte Elektroenergie durch Erdgas ersetzt so muss vor einem Energiekennzahlenvergleich die Endenergie zwingend in Primärenergie umgerechnet werden. Nutzenergie kann auf gesamtbetrieblicher Ebene kaum sinnvoll ermittelt werden und ist damit für Betriebsvergleiche nicht geeignet. Nutzenergie spielt aber eine große Rolle bei der Beurteilung der Energieeffizienz einzelner Anlagen und Geräte. Klimagasemissionen sind eine umweltpolitisch nachgefragte Kenngröße für energieverbrauchsbedingte Umweltwirkungen. Energiekosten sind eine zusätzliche Kenngröße für die betriebswirtschaftliche Dimension des Energieverbrauchs. 2.3.5 Bezugsgrößen für Energiekennzahlen Die Bezugsgrößen von Energiekennzahlen sollen idealerweise den mit dem Energieeinsatz erzielten Nutzen widerspiegeln (vgl. ISO 14.031). Der Nutzen kann einmal in physikalischen Einheiten oder TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 13

monetär gemessen werden. Lässt sich der Nutzen nicht sinnvoll abbilden, müssen ersatzweise mit dem Nutzen möglichst gut korrelierte Größen gefunden werden. Tabelle 2: Bezugsgrößen Bezugsgröße Erläuterung Bedeutung für betriebliche Vergleiche Produzierte Einheiten Wertschöpfung (Nettoprodukt) Erzeugnis Ausbringung eines Betriebes in Stück, Masse oder Volumen; entspricht dem realen Nutzen der Energieanwendung. Die Wertschöpfung verkörpert den mit Geldeinheiten bewerteten Nutzen, der im Unternehmen geschaffen wird. Wertschöpfung = Umsatzerlöse Ausgaben für bezogenen Leistungen (Berechnung nach der Herkunftsmethode, ggf. sind zusätzlich Bestandsänderungen und die Erstellung selbstgenutzter Anlagen zu berücksichtigen). Wertschöpfung = Löhne und Gehälter + gezahlte Steuern + Gewinn (Berechnung nach der Verteilungsmethode; ggf. sind interne Verrechnungsregeln bei verbundenen Unternehmen zu berücksichtigen). Der Bezug des Energieverbrauchs auf produzierte Einheiten entspricht prinzipiell der Absicht, den Energieverbrauch pro Nutzen abzubilden. Schwierigkeiten ergeben sich dann, 1. wenn unterschiedliche Produkte hergestellt werden und die Zuordnung des Energieverbrauchs zu Produkten/Produktgruppen nicht gelingt, 2. wenn (bei Betriebsvergleichen) unterschiedliche Fertigungstiefen bzw. ein unterschiedlich hoher Anteil bezogener Vorleistungen auftreten. Energiekennzahlen mit Bezug auf produzierte Einheiten werden dort empfohlen, wo dauerhaft ein standardisiertes Produkt oder ein stabiler Produktmix hergestellt werden. Für Betriebsvergleiche muss zusätzlich eine ähnliche Fertigungstiefe gegeben sein. Energiekennzahlen, die sich auf die Wertschöpfung beziehen, sind prinzipiell für Betriebsvergleiche geeignet, da sie explizit auf den vom Betrieb erzeugten finanziell bewerteten Nutzen referenzieren. Gegenüber der Bezugsgröße Umsatz gibt die Wertschöpfung durch Bereinigung des Umsatzes um die bezogenen Vorleistungen sehr viel besser den tatsächlich im Unternehmen eigenerzeugten Nutzen wieder. Genau dieser steht im ursächlichen Zusammenhang mit dem Energieverbrauch. Durch die Bewertung in Geldeinheiten werden zudem unterschiedliche physische Produkte wirtschaftlich vergleichbar. Der Energieverbrauch pro Wertschöpfung ist daher ein eingeführter ökonomischer Indikator, der z. B. im Dow Jones Sustainability Index verwendet wird. Der Energieverbrauch pro Wertschöpfung wird als Bezugsgröße für Energiekennzahlen empfohlen. Aber auch Energieverbräuche pro Wertschöpfung sind nur zwischen Betrieben der gleichen Branche und möglichst ähnlicher Produktionsprogramme, Technologien und Randbedingungen sinnvoll vergleichbar. TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 14

Bezugsgröße Erläuterung Bedeutung für betriebliche Vergleiche Da die Wertschöpfung auch von Marktpreisen abhängt, sollten für Betriebsvergleiche nur Zahlen aus einem Jahr verwendet werden (gleiche Marktpreise, gleiche Konjunkturlage). Eigene Vorarbeiten und Interviews mit Experten zeigen, dass besonders kleinere Unternehmen die keiner Bilanzierungspflicht bzw. Veröffentlichungspflicht unterliegen oft nicht bereit sind, die notwendigen betriebswirtschaftlichen Zahlen offen zu legen. Umsatz Materialeinsatz Personalaufwand Der Umsatz bezeichnet den Erlös, den ein Unternehmen mit den abgesetzten Produkten und Dienstleistungen erzielt. Der Umsatz ist ein weit genutzter Indikator, u. a. um Betriebsgrößen zu klassifizieren (z. B. KMU Definition der EU). Verbrauch von Roh, Hilfs, Betriebsstoffen und vorgefertigten Teilen in Stück, Masse oder Volumen. Tatsächlicher Personalaufwand in Arbeitsstunden pro Periode; Beim Bezug von Energieverbräuchen auf den Umsatz kann es, wenn umfangreiche Vorleistungen oder Handelswaren bezogen werden, zu den unter Wertschöpfung beschriebenen verzerrten Darstellungen der betrieblichen Energieeffizienz kommen. Die Energiekennzahl Energieverbrauch pro Umsatz kann daher nur ersatzweise empfohlen werden. Das Verwenden umsatzbezogener Energiekennzahlen für Betriebsvergleiche bedarf einer sorgfältigen Auswahl von ähnlich strukturierten Vergleichsbetrieben bzw. der differenzierten Interpretation der Vergleichsergebnisse. Die Kennzahl Energieverbrauch pro Materialeinsatz widerspiegelt nicht das eigentlich interessierende Verhältnis zwischen Energieaufwand und Nutzen sondern setzt zwei Aufwände in Beziehung. Im Materialaufwand sind dabei auch Ausschuss, Fehlchargen, Verschnitt und ähnliche Nicht Erzeugnisse enthalten, die nicht direkt zum Nutzen beitragen. Der Bezug des Energieverbrauchs auf den Materialeinsatz kann aber dort sinnvoll sein, wo sich Materialien einfacher als Erzeugnisse mittels einer Kenngröße quantifizieren lassen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn eine große Anzahl verschiedener Artikel hergestellt, dazu aber im Wesentlichen ein und dasselbe Material eingesetzt wird. Der Energieverbrauch ist dann auf diesen die hergestellte Produktmenge repräsentierenden Materialeinsatz zu beziehen (z. B. Tonnen Backmischung statt Masse diverser Brot und Feingebäckerzeugnisse in Bäckereien). Der Kennzahl Energieverbrauch pro Personalaufwand (pro Arbeitsstunde) fehlt wie TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 15

Bezugsgröße Erläuterung Bedeutung für betriebliche Vergleiche wird in der Regel bereits zur Lohn und Gehaltsabrechnung, für die Nachkalkulation sowie für Meldungen an Versicherungsträger, Berufsgenossenschaften und die Statistik erfasst. beim Bezug auf den Materialeinsatz auch die direkte Verknüpfung mit dem Nutzen. Der Bezug des Energieverbrauchs auf den Personalaufwand kann aber dort sinnvoll sein, wo der Nutzen durch eine Vielfalt von Erzeugnissen oder Dienstleistungen nur schwer in einer Kenngröße darstellbar ist. Zudem ist der Bezug auf den Personalaufwand nahezu immer möglich im Unterschied zum Bezug auf den Materialeinsatz, der sich wegen der Vielfalt von Roh, Hilfsund Betriebsstoffen häufig nicht sinnvoll in einer Kenngröße abbilden lässt. Darüber hinaus ist der Personalaufwand im Vergleich zu anderen Ressourceneinsätzen (Betriebsmittel, Fläche) relativ gut mit dem Nutzen korreliert, da in vielen Unternehmen die tatsächliche Arbeitszeit bereits flexibel an die tatsächliche Produktion angepasst ist (z. B. Arbeitszeitkonten, Leiharbeit, Überstunden). Mitarbeiter Netto Grundfläche Anzahl der Mitarbeiter; wird in der Regel zu einem Stichtag in der Berichtsperiode ermittelt und zur Weitermeldung an Berufsgenossenschaften, Statistik etc. verwendet. Die Netto Grundfläche (NGF) ist nach DIN 277 die Summe aller Die Mitarbeiterzahl ist zu einem Stichtag vergleichsweise einfach zu ermitteln und wird in der Regel auch veröffentlicht. Da in der Mitarbeiterzahl auch Teilzeitbeschäftigte sowie in der betrachteten Periode nur zeitweise beschäftigte Mitarbeiter (Aushilfen, Neuanstellungen, Ausscheidende) erfasst werden, gibt die reine Kopfzahl der Mitarbeiter nur wenig Aufschluss über die tatsächlich im Unternehmen geleistete Arbeit. Um eine bessere Vergleichbarkeit zu gewährleisten, kann die Anzahl der Mitarbeiter in eine äquivalente Anzahl Vollbeschäftigter umgerechnet werden. Statt dieser Umrechnung und der aufwendigen Berücksichtigung von kalendarischen Besonderheiten (Feiertage, Schaltjahre) wird empfohlen, den Energieverbrauch besser auf den o. g. Personalaufwand in Arbeitsstunden pro Periode anzugeben. Der Bezug des Energieverbrauchs auf die Anzahl der Mitarbeiter sollte nur ersatzweise erfolgen. Das Verwenden mitarbeiterbezogener Energiekennzahlen für Betriebsvergleiche bedarf einer sorgfältigen Auswahl von Vergleichsbetrieben bzw. der angemessenen Interpretation der Ergebnisse. Der Bezug des Energieverbrauchs auf die Gebäudefläche ist aus den Bemühungen um TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 16

Bezugsgröße Erläuterung Bedeutung für betriebliche Vergleiche nutzbaren Grundflächen eines Gebäudes. Sie besteht aus der Nutzfläche (NF; Fläche für den sinngemäßen Gebrauch des Gebäudes; Wohnen, Büro, Produktion, Lagern), der Technischen Funktionsfläche (TF; Fläche zur Unterbringung von zentralen haustechnischen Anlagen) und der Verkehrsfläche (VF; Fläche für Zugang und Verlassen, den Verkehr innerhalb von Gebäuden oder zum Verlassen im Notfall). Die Netto Grundfläche wird an Hand der Innenmaße der Fläche (d. h. ohne Konstruktionsflächen für z. B. Wände) bestimmt. eine höhere Gebäudeenergieeffizienz vor allem im Wohn und Verwaltungsbau bekannt. Dort erfolgt der Bezug auf eine nach der ENEV rechnerisch zu ermittelnde Gebäudenutzfläche (s. u.). Davon zu unterscheiden ist die hier genannte Netto Grundfläche nach DIN 277, die der Ermittlung von Gebäude Herstellungskosten sowie von Miet und Kaufpreisen dient. Diese Netto Grundfläche ist die aus betriebswirtschaftlicher Sicht wichtige Kenngröße für die Ressource Gebäudefläche. Bei der Verwendung als Bezugsgröße in Energiekennzahlen ist zu beachten, dass sich vor allem die verschiedenen Nutzflächen in Produktion und Gewerbe (Büro, Produktion, Lager, Sozial und Sanitär) bzgl. ihrer energetischen Anforderungen sehr deutlich unterscheiden (unterschiedliche Anforderung an Raumtemperatur, Feuchte, Luftreinheit, Beleuchtung). Insgesamt korreliert die Netto Grundfläche nur bedingt mit dem betrieblichen Gesamtenergieverbrauch, da in Produktion und Gewerbe der Energiebedarf der Produktionsausrüstungen meist deutlich dominiert. Dies steht im Unterschied zum Wohn und Verwaltungsbau, wo Gebäudeheizung und Gebäudetechnik einen gravierenden Anteil der Gesamtenergie verbrauchen, so dass flächenbezogene Energiekennzahlen dort eine höhere Aussagekraft besitzen. Die Energiekennzahl Gesamtenergieverbrauch pro Netto Grundfläche ist daher für Gewerbe und Produktionsbetriebe nur bedingt zu empfehlen. Bei Gebäuden mit gleichen raumklimatischen Bedingungen kann die Energiekennzahl Heizenergie pro Netto Grundfläche sinnvoll verwendet werden. Der Bezug auf die Netto Grundfläche ist dann sinnvoll, wenn diese Kenngröße bereits für andere betriebliche Zwecke (z. B. Kostenstellenrechnung) verwendet wird. Brutto Grundfläche Nach DIN 277 ist die Brutto Grundfläche (BGF) die Summe aller Grundflächen aller Grundriss /Geschossebenen eines Gebäudes. Sie umfasst Bereiche, die (a) überdeckt und allseitig in voller Höhe umschlossen, (b) überdeckt, jedoch nicht allseitig in Für die Brutto Grundfläche gelten die maßgeblichen Aussagen zur Netto Grundfläche analog. Der wesentliche Unterschied zur Netto Grundfläche besteht in der Einbeziehung der Konstruktionsflächen (z. B. Mauern); so dass sich Energiekennzahlen mit Bezug auf die Brutto Grundfläche noch weniger auf eine TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 17

Bezugsgröße Erläuterung Bedeutung für betriebliche Vergleiche voller Höhe umschlossen und (c) nicht überdeckt sind. Anzusetzen sind die äußeren Maße der Bauteile in Fußbodenhöhe, einschließlich ihrer Bekleidung. Nicht berücksichtigt werden Vorund Rücksprünge an Außenflächen, Kriechkeller, Kellerschächte, Außentreppen, nicht nutzbare Dachflächen oder konstruktiv bedingte Hohlräume. Die BGF umfasst sämtliche Brutto Flächen eines Gebäudes einschließlich nicht als Vollgeschosse geltender Dachgeschosse und der unterirdischen Flächen. (Achtung! Der bau und planungsrechtliche Begriff Geschossfläche (GF) bezieht sich dazu im Gegensatz nur auf Vollgeschosse und hat nur für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung Bedeutung.) nutzenkorrelierte Größe als auf einen Aufwand beziehen. Ein Vorteil der Brutto Grundfläche liegt darin, dass sich die bei der Flächenberechnung anzusetzenden Außenmaße in der Regel mit deutlich geringerem Aufwand ermitteln lassen. Die Energiekennzahl Energieverbrauch (besser Heizenergieverbrauch) pro Brutto Grundfläche ist nur für überschlägige Bewertungen und wenn die Netto Grundfläche nicht bekannt ist zu empfehlen. Nutzfläche (NF) Die Nutzfläche ist nach DIN 277 die Fläche für den sinngemäßen Gebrauch des Gebäudes (Wohnen, Büro, Produktion, Lagern). Sie bestimmt sich aus den Innenmaßen der entsprechenden Räume. Gebäudenutzfläche (nach ENEV) Die Gebäudenutzfläche A N [m²] wird als Energiebezugsflächengröße im Zusammenhang mit der Energieeinsparverordnung (ENEV) verwendet. Sie wird aus dem geheizten Gebäudevolumen V e [m³] ermittelt. Für Wohngebäude gilt vereinfacht: 0,32 Für die Nutzfläche gelten maßgebliche Aussagen zur Netto Grundfläche analog. Der wesentliche Unterschied zur Netto Grundfläche besteht im Abzug der Verkehrsflächen und Technischen Funktionsflächen. Damit sind Energiekennzahlen mit Bezugnahme auf die Nutzfläche noch besser mit einem Nutzen korreliert als bei Bezug auf die Netto Grundfläche. Die exakte Ermittlung der Nutzfläche ist jedoch häufig nicht besonders praktikabel, da sich Nutz, Verkehrs und Technische Funktionen oft auch überlagern. Die Energiekennzahl Energieverbrauch pro Nutzfläche wird daher nur für spezielle Anwendungen (z. B. Kühlenergie pro Nutzfläche Tiefkühllager) empfohlen. Die Gebäudenutzfläche nach ENEV ist eine rechnerische Größe. Die Energiekennzahlen Energieverbrauch pro Gebäudenutzfläche nach ENEV sollte rein für Gebäudevergleiche verwendet werden. Ein möglicher und sinnvoller Vergleich des berechneten Gebäudeenergieverbrauchs mit dem tatsächlichen Gebäudeenergieverbrauch verlangt, dass die in der ENEV als Gebäudeenergie definierten Energieverbräuche separat gemessen werden. Dies ist TU Chemnitz, Professur Fabrikplanung und Fabrikbetrieb, Januar 2011 18