Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, Insolvenzfestigkeit von Lizenzen

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Transkript:

SCHLESWIG- HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND verband der richterinnen und richter, staatsanwältinnen und staatsanwälte Kiel, im Februar 2012 Stellungnahme Nr. 7/2012 Abrufbar unter www.richterverband.de Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen Der vorliegende Gesetzentwurf baut auf den vorhandenen Regelungen auf, modifiziert diese jedoch in einigen wesentlichen Punkten. Erkennbar ist das Bemühen, die Haushalte der Bundesländer zu entlasten, weil ein Anreiz für eine vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung die Begleichung der Verfahrenskosten durch den Schuldner sein soll. Gerade angesichts der im Verbraucherinsolvenzverfahren häufigen Stundung der Verfahrenskosten ist darin auch ein Versuch zur Entlastung der Gerichte, speziell der Rechtspfleger, zu sehen, weil dann bei vorzeitiger Erteilung der Restschuldbefreiung Nacharbeiten, die sich über viele Jahre hinziehen können, entfallen. Aus richterlicher Sicht ist die Verlagerung der Zuständigkeit für die Entscheidungen im Restschuldbefreiungsverfahren auf die Rechtspfleger die wohl erheblichste Änderung, die aber vertretbar erscheint. Im Folgenden soll nicht auf alle Änderungen, sondern nur schwerpunktmäßig auf die wichtigsten Änderungsvorhaben eingegangen werden.

- 2 - Soweit im Zusammenhang mit 290 InsO versucht wird, derzeitige Unstimmigkeiten zu korrigieren, kann dieses Ansinnen dem Grunde nach nur unterstützt werden. In der Praxis ist es in der Tat misslich, dass die Restschuldbefreiung in der Regel erst aufgrund des Schlusstermins versagt werden kann. Lediglich bei unzulässigen Anträgen, insbesondere nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellten Anträgen auf Restschuldbefreiung, kommt eine vorzeitige Entscheidung in Betracht. Soweit ersichtlich soll aber kein Gleichlauf mit den Regeln zum Widerruf der Stundung der Verfahrenskosten hergestellt werden. Dort nämlich kann ein Widerruf der Stundung jederzeit auch ohne Antrag eines Gläubigers darauf gestützt werden, dass ein Versagungsgrund zweifelsfrei vorliegt (vgl. BGH ZInsO 2005, 207 ff.). Während dort also eine amtswegige Prüfung von Widerrufsgründen stattfindet, soll es ansonsten beim Antragserfordernis verbleiben. Zwar sieht 287 a Abs. 2 InsO neu am Beginn des Verfahrens eine Prüfung von Amts wegen vor, diese ist jedoch auf wenige Versagungstatbestände beschränkt. Zudem ist das Verfahren dann noch frisch, gravierende Pflichtverletzungen gerade im Zusammenhang mit Aufklärungs- und Mitwirkungspflichten können zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt sein. Somit hängt es weiterhin von einem Antrag eines Gläubigers ab, ob einem unredlichen Schuldner Restschuldbefreiung zu erteilen ist oder nicht. Es verbleiben also weiterhin Fälle, in denen mangels Antrag oder mangels hinreichender Glaubhaftmachung trotz vorliegender Versagungsgründe Restschuldbefreiung zu erteilen ist. Diese Konsequenz ließe sich nur durch einen Wegfall des Antragserfordernisses und einen Übergang zu einer generell amtswegigen Prüfung vermeiden. Allerdings soll es im Vergleich zur jetzigen Rechtslage eine drastische Verschärfung geben, weil anders als bisher Versagungsgründe zeitlich begrenzt auch nachträglich geltend gemacht werden können sollen. Diese Änderung ist zu begrüßen, weil es in der Tat nicht einleuchtet, dass ein unredlicher Schuldner allein infolge Durchführung des Schlusstermins Absolution für seine bis dahin nicht aufgedeckten Pflichtverstöße erlangt. Dies gilt umso mehr, als viele Gläubiger wenn überhaupt erst kurz vor dem Schlusstermin aktiv werden und prüfen, ob sich der Schuldner irgendwelcher Pflichtverletzungen im Sinne des 290 InsO schuldig gemacht hat. Insoweit fällt nämlich auf, dass sich kurz vor Toresschluss die Anfragen der Gläubiger häufen. Dies ist insbesondere im Zusammenhang mit 295 InsO zu beobachten, was sich möglicherweise dadurch erklärt, dass Gläubiger nach der Anmeldung ihrer Forderungen in den seltensten Fäl-

- 3 - len noch auf das Verhalten des Schuldners achten und sich darauf verlassen, durch den Insolvenzverwalter informiert zu werden. Insoweit kann sich die nachträgliche Antragsmöglichkeit als Weckruf für die Gläubiger erweisen, die dann noch aktiv werden, um ihre Forderungen doch noch zu retten. Ob dies zu einer entsprechend höheren Anzahl von nachträglichen Versagungsanträgen führen wird, ist derzeit nicht abzusehen. Eine zusätzliche Belastung der Justiz ist jedoch nicht auszuschließen. Der Entwurf wird dahingehend verstanden, dass künftig nicht mehr erst im Schlusstermin über sämtliche bis dahin eingegangenen Anträge zu entscheiden ist. Vielmehr dürfte die Annäherung an 296 InsO vorgenommen worden sein. Dort sind eingehende Anträge sofort zu prüfen. Was den neuen 290 Abs. 1 Nr. 1 a InsO angeht werden die Strafgerichte voraussichtlich die Konsequenzen zu spüren bekommen, weil jeder Verteidiger bemüht sein wird, eine möglicherweise insolvenzrechtlich relevante Verurteilung auf unter 90 Tagessätze zu drücken. Hierbei dürfte es sich hauptsächlich um Fälle von Eingehungsbetrug handeln. Insoweit könnte sich auch ein verändertes Anzeigeverhalten von Gläubigern einstellen, weil anzunehmen ist, dass bislang häufiger Anzeigen unterlassen werden, um Scherereien aus dem Weg zu gehen. Ob diese Rechtsänderung eine anderweitige zusätzliche Belastung der Justiz mit sich bringen wird, wird abzuwarten bleiben. Der Wegfall des 291 InsO dürfte eine echte Entlastung sein, zumal auch Veröffentlichungsaufwand wegfällt. Hier sind Fälle bekannt, in denen der Versuch eines Insolvenztourismus unternommen worden ist, um im europäischen Ausland nach den dort geltenden Regeln zu einem deutlich früheren Zeitpunkt die Restschuldbefreiung zu erlangen. Derartige Versuche werden sich nicht verhindern lassen, wenn in Nachbarstaaten gegenüber dem hier geltenden Recht deutlich schnellere Möglichkeiten bestehen, sich seiner Schulden zu entledigen. Allerdings ist den im Entwurf anklingenden Überlegungen zuzustimmen, dass es nicht zu einem europäischen Wettlauf dahingehend kommen darf, wer die günstigsten Regelungen anzubieten hat. Vor diesem Hintergrund ist die beabsichtigte Regelung grundsätzlich zu begrüßen. Dies gilt insbesondere für das Ziel, Schuldner dazu zu veranlassen, deutlich früher als bisher einen Insolvenzantrag

- 4 - zu stellen. Sollte dieses Ziel erreicht werden, könnte aber zumindest vorübergehend mit einem Anstieg der Fallzahlen zu rechnen sein. Die vorgesehene Mindestquote von 25 % der festgestellten Forderungen zuzüglich der Verfahrenskosten kann auf den ersten Blick dem Grunde nach als ausgewogen bezeichnet werden. Gleichwohl gilt es zu bedenken, dass 25 % von 50.000 bereits 12.500 ausmachen, häufig stehen sogar weit höhere Schulden im Raum. Wer diesen Betrag allein durch Überschüsse aus Arbeitseinkommen aufbringen will, müsste auf drei Jahre gesehen zwischen 350 und 400 monatlich über die für Unterhaltszwecke benötigten Beträge hinaus erwirtschaften, um schon nach drei Jahren schuldenfrei zu werden. Dies ist bei entsprechenden Einkommenshöhen zwar zu schaffen, dürfte aber eher die Ausnahme sein. Deshalb besteht die Gefahr, dass diese Regelung in der Öffentlichkeit als unsozial aufgenommen wird, weil sie solche Personenkreise begünstigt, die Zugang zu entsprechenden Geldmitteln haben. Die Reform zielt somit am ehesten auf gescheiterte Selbständige, die einen sofortigen Neustart ohne die Last der laufenden Schuldentilgung/Zwangsvollstreckung versuchen wollen. Wer als Konsequenz einer gescheiterten Ehe höhere Schulden z. B. aufgrund einer Hausfinanzierung hat und mit seinen Einkünften gerade so eben über die Runden kommt, wird aber schwerlich in der Lage sein, diese 25 % aufzubringen. An eine Kreditfinanzierung ist in laufender Insolvenz nach derzeitigen Vergabekriterien nicht zu denken, so dass die Hilfe Dritter als Ausweg bleibt. Nicht jeder aber verfügt über Verwandte oder Freunde, die bereit sind, die erforderlichen oftmals mindestens fünfstelligen Beträge aufzubringen. Somit wird für den Großteil der sozial schwächeren Schuldner nur die Option verbleiben, wenigstens die Verfahrenskosten aufzubringen, um dann nach fünf Jahren schuldenfrei zu werden. Ob diese Verkürzung um ein Jahr ein so verlockendes Angebot darstellt, muss bezweifelt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Verfahrenskosten gestundet und keinerlei Beträge an den Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder abzuführen sind, weil die Pfändungsfreibeträge nicht überschritten werden. Bei der 25 %-Regelung für die vorzeitige Restschuldbefreiung ist ferner in Erinnerung zu rufen, dass nach 2 Abs. 1 Nr. 1InsVV dem Insolvenzverwalter 40 % von den ersten 25.000 der Insolvenzmasse als Regelvergütung zustehen. Diese ist nach 53 InsO vorab aus der Masse zu befriedigen. Bei dem obigen Beispiel mit

- 5-50.000 anerkannten Forderungen reichen mithin 12.500 zur Erlangung der vorzeitigen Restschuldbefreiung bei weitem nicht aus. Wenn der Schuldner 12.500 in die Masse eingezahlt hat, stehen davon 5000 dem Insolvenzverwalter als Vergütung zu. Auslagen und Umsatzsteuer sind dabei noch nicht einmal mitgerechnet. Werden auch diese berücksichtigt, müsste eine Masse von etwa 25.000 erzielt werden, um in den Genuss der vorzeitigen Restschuldbefreiung zu gelangen. Dies macht dann effektiv etwa 50 % der anerkannten Forderungen aus. Auch die geplante Änderung des 3 Abs. 2 InsVV verschafft nur ein wenig Linderung. Abgesehen davon, dass Abschläge im Einzelfall festzusetzen wären und zu Streitigkeiten führen können, führt selbst eine Halbierung der Regelvergütung immer noch zu erheblichen Verfahrenskosten. Diese Aussage gilt zwar nur für Regelinsolvenzverfahren, denn für Verbraucherinsolvenzverfahren, bei denen von vornherein ein Treuhänder bestellt wird, reduziert sich die Regelvergütung nach geltendem Recht auf 5 % von den ersten 25.000, vgl. 14 Abs. 2 Nr. 1 InsVV. In bisherigen Verbraucherinsolvenzverfahren soll jedoch künftig auch ein Insolvenzverwalter bestellt werden, der dann nicht mehr nach 14 InsVV, sondern nach 2 InsVV zu vergüten wäre. Ob die Praxis bereit ist, Abschläge von mehr als 50 % anzuordnen um den jetzigen Faktor 8 zu erzielen, wären sogar Abschläge von 87,5 % erforderlich! - darf jedoch bezweifelt werden. Insoweit könnten sich die geplanten Änderungen als deutliche Vergütungsanhebung für den bisher als Treuhänder tätigen Personenkreis darstellen. Schon jetzt besteht die Möglichkeit, über einen Schuldenbereinigungsplan Lösungsmöglichkeiten herbeizuführen. Nach hiesigen Erfahrungen kommt dieser Möglichkeit keine allzu große praktische Bedeutung zu, weil viele Gläubiger angesichts der angebotenen Mittel keine Zustimmung erteilen. Die Fälle, in denen sich eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren ergeben könnte, dürften regelmäßig die sein, in denen auch ein Schuldenbereinigungsplan Erfolg haben könnte. Deshalb stellt sich die Frage, ob es für die Restschuldbefreiung nach drei Jahren überhaupt eine nennenswerte Anzahl von Verfahren geben wird. Vor diesem Hintergrund muss bezweifelt werden, dass der Gesetzentwurf zu einer nennenswerten Verkürzung der Restschuldbefreiungsverfahren führen wird. Die Restschuldbefreiung schon nach drei Jahren wird für den Großteil der Schuldner unerreichbar bleiben. Dies gilt selbst dann, wenn es zu der erhofften deutlich frühe-

- 6 - ren Antragstellung kommt. Insoweit ist nämlich zu bedenken, dass die Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzvoraussetzung dem Grunde nach erfordert, dass keine liquiden Mittel mehr zur Bedienung sämtlicher fälligen Forderungen zur Verfügung stehen. Sich dies einzugestehen fällt vielen Menschen schwer, es fällt zudem auf, dass häufig gar keine Vorstellung besteht, wie hoch die aktuellen Schulden tatsächlich sind. Profitieren von den geplanten Änderungen wird hauptsächlich der, der sich auf die geänderte Rechtslage einstellen kann. Für die meisten Arbeitnehmer und insbesondere die Personen, die Leistungen aus öffentlichen Kassen beziehen, wird sich kaum etwas ändern, wenn man von der Anhebung der Vergütungsansprüche absieht, die einem bisherigen Treuhänder für die Zeit zustehen, die er künftig in Verbraucherinsolvenzverfahren als Insolvenzverwalter tätig sein wird.