Linz, 21.09.2011 Studie nimmt Patientennutzen neuer Operationstechniken unter die Lupe Die Entfernung einer Gallenblase mittels Einlochchirurgie hinterlässt beim Patienten keine sichtbaren Operationsnarben mehr. Das ist nur einer von vielen offensichtlichen Vorteilen der Weiterentwicklung der Schlüssellochchirurgie. Eine Studie, die jetzt veröffentlicht wurde, zeigt ein ganz anderes Bild und wirft Fragen nach der Sinnhaftigkeit des zunehmenden Minimalismus bei chirurgischen Eingriffen auf. Kontakt und Information: Krankenhaus der Elisabethinen Linz Strategie, Marketing & Öffentlichkeitsarbeit Fadingerstr. 1, 4020 Linz Ing. Mag. Günther Kolb +43-(0)732-7676-62235 guenther.kolb@elisabethinen.or.at
Titel 2 / 5 Im Krankenhaus der Elisabethinen in Linz werden jährlich 250 bis 300 Cholezystektomien (Chirurgische Entfernung der Gallenblase) durchgeführt. Überwiegend erfolgen diese Eingriffe als laparoskopische Operation, mit den bekannten Vorteilen der Schlüssellochchirurgie: Geringes Operationstrauma, schnelle Genesung des Patienten und damit verbunden, ein kürzerer Krankenhausaufenthalt als bei der alternativen offenen Operation. An der Idee, das Operationstrauma für den Patienten weiter zu verringern, wird seit 2009 international intensiv gearbeitet. In Österreich hat sich vor allem die single incision, die Einloch- Chirurgie, bei der der Nabel als Zugang zur Gallenblase genutzt wird, durchgesetzt. Die dahinterstehende Idee scheint logisch: Mit nur einem kleinen Schnitt, im Vergleich zu vier Schnitten bei der herkömmlichen Laparoskopie, muss der Patientennutzen dementsprechend größer sein. Ob diese vermeintliche Logik auch tatsächlich zutrifft, sollte eine Studie belegen, die jetzt in der Fachpublikation Langenbeck's Archives of Surgery, veröffentlicht wurde und als erste derartige Untersuchung in Österreich gilt. Ziel der Studie war der Vergleich der laparoskopischen Cholezystektomie in single incision -Technik ( SILC) mit der traditionellen laparoskopischen Cholezystektomie (LC) bezüglich Komplikationsrate und verschiedener Ergebnisse im zeitlichen Umfeld der Operation.. Wir brauchen exakte wissenschaftliche Daten, weil sich schon manche Innovation im Nachhinein als nicht zielführend erwiesen hat, erklärt der Studienautor Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Függer. Je 67 Patienten wurden mit einer der beiden zu vergleichenden Techniken operiert. Die Ergebnisse überraschen: Der Spitalsaufenthalt beider Gruppen war gleich lang, Die postoperativen Schmerzen, gemessen an den verabreichten Schmerzmitteln nach 24 und nach 48 Stunden waren nicht unterschiedlich. Bei der Komplikationsrate konnte ebenfalls kein Unterschied festgestellt werden. Selbst der kosmetische Vorteil der nicht sichtbaren Operationsnarben bei der SILC wurde in der Patientenbefragung als nicht relevant beurteilt. Damit ergibt sich für die Einlochchirurgie kein nennenswerter Vorteil im Vergleich zur traditionellen Laparoskopischen Cholezystektomie.
Titel 3 / 5 Im Gegenteil Die Operationszeit bei der neuen Technik liegt laut Studie mit durchschnittlich 75 Minuten über jener der Vergleichsgruppe von 63 Minuten. Der Eingriff ist komplizierter und setzt eine längere Lernkurve der Chirurgen voraus. Mit den Erkenntnissen aus der Studie und unter Berücksichtigung der höheren Kosten werden wir die single incision -Technik nicht weiter forcieren. Wir werden sie aber selbstverständlich immer dann anwenden, wenn Patienten den kosmetischen Aspekt als wichtig erachten, erklärt Függer die weitere Vorgehensweise. Gallenblasenentfernung im Krankenhaus der Elisabethinen in Linz In der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses der Elisabethinen werden jährlich 250 bis 300 Cholezystektomien (Chirurgische Entfernung der Gallenblase) durchgeführt, Der Großteil davon in der traditionellen Laparaskopischen Methode, seit 2009 zirka ein Drittel mit der single incicion -Technik. Bei der Schlüssellochchirurgie werden statt eines großen Bauchschnittes nur vier kleine Öffnungen in den Bauch geschnitten, Sie dienen als Zugang zur Gallenblase für Operationswerkzeuge und eine endoskopische Kamera. Durch eine der Öffnungen wird der Bauchraum mit CO2 aufgepumpt, um bei der Operation besser sehen zu können. Anschließend werden die Verbindung zum Gallengang und die Blutgefäße der Gallenblase abgeklemmt und abgetrennt und das Organ aus der Bauchhöhle entfernt. Entwicklungen in der Schlüssellochchirurgie Seit 2009 wird intensiv an der Weiterentwicklung der Laparoskopischen Cholezystektomie geforscht. Dabei werden drei Richtungen verfolgt, die alle einer gemeinsamen Idee entspringen: der narbenlosen Operation. 1) Zugang zur Gallenblase über natürliche Körperöffnungen. Dabei führt der Chirurg die Instrumente durch den Mund, oder bei der Frau durch die Scheide an das erkrankte Organ heran.
Titel 4 / 5 2) Kleinere Einschnitte: Bei der Minilaparoskopie, werden die Operationsöffnungen, die üblicherweise 5mm lang sind nur mehr 3mm groß ausgeführt. 3) Zugang durch den Nabel. Die single incision kommt mit einem Einschnitt aus, der im Nabel versteckt und somit unsichtbar gemacht wird. Indikation Bilden sich Gallensteine in der Gallenblase und führen diese zu Komplikationen wie wiederkehrenden Koliken oder einer Entzündung der Gallenblase, dann kann eine Cholezystektomie angesagt sein. Die Studie Patienten und Methodik: In 11 Monaten wurden bei 67 Patienten eine SILC durchgeführt. Dies waren 29,1 % aller minimal invasiven Cholezystektomien im Studienzeitraum. Aus dem Kollektiv der 163 LC während der Studienperiode wurden 67 Patienten für eine Matched- Pair Analyse ausgewählt und mit der SILC Gruppe verglichen. SILC und LC Gruppen waren nach den Match-Kriterien Alter, Geschlecht, ASA Score, BMI, Akuteingriff und vorangegangene Laparotomie vergleichbar. Ergebnisse: Die Operationszeit war länger bei SILC mit median 75 Minuten (range 39-168) gegen 63 Minuten ( range 39-168) bei LC (p= 0,039). Die postoperativen Schmerzen gemessen mit VAS waren nach 24 Stunden (SILC median 3, range 0-8 vs LC median 2, range 0-8; p=0,224) und 48 Stunden (SILC median 2, range 0-6 vs LC median 2, range 0-8; p=0,571) nicht unterschiedlich. Ebenso war der postoperative Aufenthalt mit jeweils median 2 Tagen (SILC range 1-9 vs LC range 1-11; p=0,098) gleich. Als Komplikationen beobachteten wir ein Hämatom nach SILC sowie eine Wundinfektion und ein Residualkonkrement nach LC. Insgesamt wurde SILC in 85,1% (57/67) ohne zusätzlichen Trokar erfolgreich beendet. Der erfolgreiche Abschluss von SILC stieg von 80% (24/30) bei den Eingriffen 1-30 auf 89,2% (33/37) bei den Operationen 31-67 (p=0,324).
Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Függer, Leiter Chirurgie - Allgemein-, Viszeral-, Thorax-, Gefäß- und Transplantationschirurgie Titel 5 / 5