Wolters Kluwer präsentiert Aktuelle Themen des Maklerrechts Referent: Jürgen Evers DKM Dortmund, den 23. Oktober 2013
Überblick Ergänzung provisionsfinanzierter Beratung durch entgeltliche Servicekonzepte Korrespondenzpflicht des Versicherers und deren Folgen für Versicherer und Makler Haftung bei der Umdeckung von Personenversicherungen
Ergänzung provisionsfinanzierter Beratung durch entgeltliche Servicekonzepte
Ausgangslage Dichotomie: Vermittlung gegen Honorar versus provisionsfinanzierte Vermittlung
Ausgangslage Begleiterscheinungen der Dichotomie - Verengung der Marktgrundlage durch Honorarberatung (Makler und MGA) - Komplettumstellung auf Honorar, wegen verbraucher- und für Makler statusfeindlicher Wirkung keine Handlungsoption - Schicksalsteilung schützt Verbraucher - Finanzierung von Service durch AP bei fehlender oder unzureichender BP nicht realisierbar
Ausgangslage Begleiterscheinungen der Dichotomie II - Rückstellungen wegen Erfüllungsrückstandes bei Betreuung von LV und KV unzureichend - Service mit intransparenter Clusterung - Kein Servicewahlrecht des Kunden - Service erzeugt Abschlusszwang - Reduzierung Kundenverbindung auf gesetzliches Schuldverhältnis bei Vertretern
Servicegebührenkonzept Idee: Segmentierung der Serviceleistung des Vermittlerbetriebes in - kostenfreien Basisservice und - entgeltliche Serviceleistungen
Servicegebührenkonzept Entgeltlicher Service meint 1. erweiterter Service (Service plus) gegen Gebühr und/oder 2. Service-Paket Komfort gegen Gebühr 3. Alternativ: Cafeteria-Modell (Kunde wählt sich individuellen Service aus Angebot mit einzelnen Gebührensätzen)
Servicegebührenkonzept Umfrageergebnis experten Report unter rund 500 Maklern und Mehrfachagenten 57 % der Befragten können sich Kombination von provisionsfinanzierter Beratung und Servicegebührenkonzept vorstellen
Abgrenzung Beratung - Service Beratung gegen erfolgsunabhängiges Entgelt ist gegenüber Verbrauchern unzulässig, arg. 34 d I4 GewO (Makler dürfen nur Nicht-Verbraucher rechtlich gegen gesondertes Entgelt beraten) Beratung und Service = verschiedene Leistungen Beratung = von entgeltlichem Service unabhängig Beratung wird durch Provision entgolten Beratung ist stets gleich Beratungs- und Servicevereinbarung zwischen Vermittler und Kunden stellt Unterschied klar
Vereinbarkeit mit Maklervertrag Servicegebührenkonzept darf nicht gegen Maklerpflicht zur dauerhaften Kundenbetreuung verstoßen Nach herrschender Auffassung obliegt Makler die Pflicht aus der Interessenwahrnehmungspflicht - Pflicht kann formularmäßig nicht abbedungen werden - Service-Gebühr darf Pflicht nicht aushebeln - kostenfreier Basis-Service muss gewährleistet sein
Vereinbarkeit mit Mehrfachagenturvertrag Servicegebührenkonzept darf nicht gegen Agenturvertrag verstoßen Vertreter hat sich um Vermittlung und Abschluss von Verträgen zu bemühen ( 86 I, 1. HS HGB) - Service-Gebühr darf Kunden nicht abschrecken - kostenfreier Basis-Service muss gewährleistet sein
Grenzen der Serviceleistungen Steuer-, Rechts- oder Rentenberatung - MGA/Makler können weder Steuererklärungen für Kunden fertigen noch gutachterlich klären, ob und in welcher Höhe Kunden im Schadens- oder Leistungsfall Ansprüche zustehen bzw. welche Rentenleistungen der Kunde erwarten kann - Makler kann zwar Gewerbekunden auch gegen Entgelt in Versicherungsfragen beraten, aber nicht im Privatkundengeschäft; im versicherungsfreien Bereich sind Makler auch Rechtsberatungsleistungen nicht gestattet (z.b. Regressnahme für den VN gegen Schädiger)
Wirkungen des Servicegebührenkonzepts Servicegebührenkonzept bewirkt - intensiveren (vertraglichen) Kontakt zwischen Vermittler und Kunden - Professionalisierung des Vermittlerbetriebs durch Verbesserung des Betreuungsstandards Vorhaltung von Personalkapazitäten Verbesserung der Betriebsausstattung Optimierung der Abläufe und Prozesse Sicherstellung der Leistungsfähigkeit Erweiterung des Marketing
Vorteile des Servicegebührenkonzepts Das Servicegebührenkonzept wirkt sich wie folgt vorteilhaft für den Vermittlerbetrieb aus - Erhöhung der Cross-Selling-Quote - Ansprache komfortorientierter Kunden - Kundenzugang durch Serviceprodukte (z.b. Versicherungsordner über Thementräger Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht) - Steigerung der Werthaltigkeit der Dienstleistung in der Wahrnehmung der Kunden - Schärfung des Profils des Vermittlerbetriebes im Wettbewerb
Grund-Service Vermittler bietet kostenfreies Basis-Service- Paket an; d.h. im allgemeinen Leistungen, die - - einzelnen Kunden nicht vorenthalten werden können, - - jeder Kunde des Vermittlers erwartet, wie z.b. - Geschäftslokal in guter Lage - Kundenparkplätze - Separates Besprechungszimmer - (Externer) Datenschutzbeauftragter - Webbasiertes Kundenportal - Termin innerhalb von spätestens 14 Tagen - Elektronische Aufnahme einer Schadenanzeige - Agentur-Newsletter
Erweiterter Service Über das Basispaket hinausgehenden Service kann Kunde mit Paket Service plus buchen Dies können z.b. folgende Leistungen sein: - Rückruf und Termingarantien innerhalb kurzer Reaktionszeiten - Individuelles Betreuungsprofil - Jahrestarifcheck (z.b. in der Kfz-Versicherung) - Erstellung einer Privatbilanz - Aufnahme der Schadenfallanzeige - Einrichtung und Pflege eines virtuellen Versicherungsordners - Einrichtung und Pflege eines Dokumententresors - Schadenregulierung innerhalb optionaler Vollmacht
Exkurs: virtueller Kundenordner Einrichtung eines Kundenprofils in einem Onlineportal mit Login oder Einrichtung eines virtuellen Versicherungsordners nebst Dokumentenarchiv Vorteile: Kunde hat stets Überblick über aktuellen Stand; Suchen entfällt; Deckungslücken werden geschlossen Kunde erteilt Vermittler Erlaubnis, das Kundenprofil mit entsprechenden Daten zu versorgen und im Rahmen der Kundenbetreuung auf diese Daten zuzugreifen; somit datenschutzrechtlich unbedenklich
Service-Paket Komfort wählt Kunde das Komfortpaket kann er über Service plus hinaus Leistungen beanspruchen Dies können z.b. folgende Leistungen sein: - VIP-Service (kürzeste Reaktionszeiten; keine Wartezeit etc.) - Schadenmanagement (Verfolgung von Schadens- und Leistungsfällen einschließlich Koordination und Überwachung der Dienstleister etc.) - Schadenverhütungsberatung - Sofortregulierung gegen Abtretung der Ansprüche gegen den Versicherer - Zulassungsservice bei Kfz-Anschaffung und -wechsel - Management der Arzt-, Apotheken- und Krankenhausrechnungen gegenüber Versicherer
Service-Gebühr Der Einzug der Service-Gebühr erfolgt im eigenen Vermittlerinkasso oder durch Dienstleister (Verrechnungsstellen) Service-Gebühr = umsatzsteuerbare sonstige Leistung, Vermittler hat auch die Möglichkeit, Vorsteuer zu ziehen (z.b. bezogen auf Lizenzkosten für Software-as-a-Service wie einen Versicherungsordner) Service-Gebühr wird zumeist für ein Jahr erhoben Service-Gebühr bei Verbrauchern liegt im Schnitt zwischen 120,- - 250,- p.a.; im Gewerbekundensegment bis 1.000,-
Herausforderungen für den Vermittler Service-Gebühren müssen verkauft werden Verkaufshemmnis ist zumeist das Vorurteil, alle Kunden erwarteten die Leistungen umsonst Erfahrungen zeigen, dass Kunden bereit sind, für guten Service Gebühren zu zahlen, vor allem wenn ihnen klargemacht wird, dass sie der Service - Kosten und - Zeit spart, und zwar unabhängig von der Anzahl der Abschlüsse
Argumente für Service-Gebühren Umfrageergebnis experten Report unter rund 500 Maklern und Mehrfachagenten 70% der Befragten sieht in der Kostenersparnis durch Prämienreduzierung als gewichtigstes Argument für das Servicegebührenmodell Erste Erfahrungen bei der Umsetzung: - Bis zu 60 % der Kunden waren bereit, ein gebührenpflichtigen Service zu buchen - Maklerbetrieb musste Neugeschäft mit virtuellen Versicherungsordnern wegen Kapazitätsengpässen nachfragebedingt einstellen
Herausforderungen für den Vermittler Argumente für gebührenpflichtigen Service - Arbeitsentlastung des Kunden durch fallabschließende Schadenabwicklung - Zeitersparnis, Überblick über alle Versicherungs- und Finanzangelegenheiten erspart zeitraubende Dokumentensuche - Optimierung des Versicherungsschutz es (Vermeidung von Deckungslücken) - Preis-/Leistungsvorteil, turnusmäßigen Tarifcheck sichert Kunden Prämienermäßigungen oder bessere Bedingung bei gleicher Prämie
Herausforderungen für den Vermittler Hebel zum Umstieg - Servicegebühr kann erlassen werden, wenn die Kunden beispielsweise Verträge abschließen; Erlassverträge sind keine Provisionsabgaben, kein Verstoß gegen Provisionsabgabeverbot - Einstieg in die gebührenpflichtige Servicewelt kann Kunden erleichtert werden, indem die Servicegebühr etwa für das erste Halbjahr erlassen wird
Herausforderungen für den Vermittler Services müssen unter allen Umständen gewährleistet werden Vermittler schuldet Kunden den Service Kunde erwirbt Erfüllungsanspruch gegen Vermittler Nichtleistung und Schlechtleistung führen zur Haftung des Vermittlers aus dem Gesichtspunkt einer Pflichtverletzung ( 280 I BGB) Vermittler muss Kunden z.b. im Fall versprochener turnusmäßigen Tarifanpassung so stellen, als wäre Anpassung rechtzeitig erfolgt
Herausforderungen für den Vermittler Wegen der Haftungspotenziale sollte nur der Service versprochen werden, den Vermittler auch tatsächlich unter allen Umständen abbilden und für den Kunden realisieren kann
Herausforderungen für den Vermittler Erbringung von Serviceleistungen gegen Gebühr erhöht das Vermögensschaden-Haftpflichtrisiko des Vermittlers, d.h. er er sollte seine bestehende VSH-Police darauf überprüfen, ob das erweiterte Risiko gedeckt ist im Zweifel dem VSH-Versicherer das Konzept vorstellen und anfragen, ob es unter der Police gedeckt ist und ggf. erweiterten Deckungsschutz beantragen
Konzeptentwicklung und Implementierung Servicegebührenkonzept bedarf einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Kunden Kundenvereinbarung unterliegt richterlicher Inhaltskontrolle am Maßstab der 305 ff. BGB Die Beratungs- und Servicevereinbarung sollte mit Sachverstand erstellt werden In der Praxis hat sich eine Erstellung anhand von Checklisten bewährt Möglich ist orgaweite Allgemeinlösung oder individuelle Lösung, die durch Assembling so kostengünstig wie möglich zu halten ist
Korrespondenzpflicht des Versicherers und deren Folgen für Versicherer und Makler
Korrespondenzpflicht des Versicherers BGH, Urt. v. 29.05.2013 - IV ZR 165/12 -: VU trifft vertragliche Nebenpflicht, auf Verlangen seines VN mit Makler zu korrespondieren und Makler Auskunft zu erteilen, wenn die Vollmacht - umfassend ausgestaltet - VU bekannt gemacht worden ist. Ausnahme: VU ist dies aus besonderen Umständen im Einzelfall unzumutbar 17.10.2014 30
Korrespondenzpflicht des Versicherers Unzumutbarkeit kann aus wichtigen Gründen in der Person des Maklers vorliegen Beispiele: - Makler ist Ex-Ausschließlichkeitsvertreter des VU - unzumutbarer Mehraufwand durch begrenzte Vollmacht des Maklers Vertriebssystem des VU kann nicht zur Unzumutbarkeit führen, da Makler lediglich als Vertreter für VN auftritt ohne eine Courtagepflicht des VU auszulösen 17.10.2014 31
Unterlassungspflicht / Kundenschutz LG München II, Urt. v. 16.05.2013 4 HK O 5253/12 -: VU ist es verboten, VN zu kontaktieren, wenn Makler Vertretung angezeigt und für VN (Umstellungs)angebote angefordert hat und VU die Tätigkeit des Maklers akzeptiert Begründung: Vermittlertätigkeit für VN gegenüber VU begründet gesetzliches (vertragsähnliches) Schuldverhältnis zwischen Makler und VU, wenn VU Tätigkeit des Maklers akzeptiert 17.10.2014 32
Unterlassungspflicht / Kundenschutz Teilt VU VN mit, dass er angeforderte Auskünfte an Maklers übersenden wird, akzeptiert VU Mandatstätigkeit des Maklers Ausnahme: Verbot direkter Kontaktaufnahme besteht nicht, wenn gewichtige Gründe in Person des Maklers Zusammenarbeit unzumutbar macht 17.10.2014 33
Unterlassungspflicht / Kundenschutz Konsequenzen für Makler: - Kundenschutz, aber: - Mehraufwand und höhere Kosten ohne Gegenleistung, da kein Anspruch auf Courtage - Haftungsrisiko steigt - Möglichkeiten der Einschränkung des Haftungsrisikos gering 17.10.2014 34
Haftung bei der Umdeckung von Personenversicherungen
Aufklärungs- Beratungs- und Hinweisverschulden LV-Kündigungsempfehlung vor Kündigung zur Einziehung des Rückkaufswertes muss Makler VN aufklären, dass finanzielle Nachteile durch Belastung mit Abschluss- und Verwaltungskosten und ggf. sogar Kündigungsabzüge drohen, und zwar auch dann, wenn VN kündigen will Bei steuerlich privilegierten LV muss Makler VN darauf hinweisen, dass er - Bestandschutz verliert - steuerbegünstigte LV nicht mehr abschließen kann 17.10.2014 36
Aufklärungs- Beratungs- und Hinweisverschulden LV-Umdeckung allgemein Beim Wechsel der Personenversicherung erfüllt Makler Beratungspflichten nur, wenn er einen nachvollziehbaren und geordneten Überblick über alle wesentlichen leistungs- und beitragsrelevanten Unterschiede bestehender und angebotener Versicherung schafft 17.10.2014 37
Aufklärungs- Beratungs- und Hinweisverschulden Wechselempfehlung bei LV mit BU Makler verletzt Schutz- und Sorgfaltspflichten, wenn er LV mit BU kündigt, bevor Zusage des anderen VU zum Abschluss der BU für VN vorliegt Generell gilt: bei drohendem Auslauf des Versicherungsschutzes muss Makler VN belehren, dass - er unversichert sein wird und - für Erhaltung und Sicherung des Versicherungsschutzes sorgen muss 17.10.2014 38
Fragen?
Partner: Bereich VR: Dr. Gernot Blanke, Dr. Klaus Meier, Jürgen Evers Jürgen Evers, Marco Cybucki, Reinhold Friele, Mary Gyamfuaa, Florian Jaacks; Britta Oberst, Juliane Reichard, Aline Reus, Sascha Alexander Stallbaum, Dr. Friedemann Utz Adresse: Schwachhauser Heerstraße 25 28211 Bremen Telefon: 0421 / 696 77 0 Telefax: 0421 / 696 77 166 E-Mail: Internet: info@bme-law.de http://www.bme-law.de finden sie unter http://www.bme-law.de