KREIS WESEL Drucksache 1236 /IX IX. Wahlperiode 2014-2020 Betreff: Einrichtung eines betriebsintegrierten Arbeitsplatzes Vorlagenart/-datum: Verwaltungsvorlage vom 13.06.2017 Beratungsart: Federführung: Anlagen: öffentlich Der Landrat,VB 1, Fachdienst 15 - Personalentwicklung und Innovation keine Beratungsweg: Ausschuss für Personal- und Verwaltungsangelegenheiten Sitzungsdatum: 05.07.2017 Kreisausschuss 06.07.2017 Kreistag 13.07.2017 I. Beschlussvorschlag: Der Kreisausschuss schlägt dem Kreistag vor, wie folgt zu beschließen: Der Kreistag beschließt die Einrichtung eines betriebsintegrierten Arbeitsplatzes zum 01.01.2018. II. Sachlage: Der Spix e.v. vertreten durch Herrn Dr. Becker wirbt seit mehreren Jahren für einen sogenannten betriebsintegrierten Arbeitsplatz bei der Kreisverwaltung Wesel. Betriebsintegrierte Arbeitsplätze sind Arbeitsplätze, die für Menschen eingerichtet werden können, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung keine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden, jedoch einen Rechtsanspruch auf einen Arbeitsplatz in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung haben. Betriebsintegrierte Arbeitsplätze sind quasi Werkstattplätze, die in einem Unternehmen des ersten Arbeitsmarktes platziert sind. Die Mitarbeiter/innen gehen in
2 einem normalen Betrieb zur Arbeit, bleiben aber dauerhaft Beschäftigte der Werkstatt. Die Schwerbehindertenquote der Kreisverwaltung liegt inzwischen bei über 12 %. Zudem werden jährlich Auszubildende mit Schwerbehinderung eingestellt. Die Einrichtung eines betriebsintegrierten Arbeitsplatzes kann jedoch ein weiteres Engagement sein, um als Arbeitgeber aktiv die Inklusion in der Region zu fördern. 2. Einsatzmöglichkeit bei der Kreisverwaltung Die Aufgaben, die einem betriebsintegrierten Arbeitsplatz zugeordnet werden könnten, dürfen keine Konkurrenz zu Stellen auslösen, die von eigenen Beschäftigten besetzt werden. Gleiches gilt für Stellen, die der Kreis Wesel für eigene Mitarbeitende, die aufgrund von Erkrankung nur noch eingeschränkt tätig sein können, vorhalten möchte oder muss. Vor diesem Hintergrund wurde überlegt, welche zusätzliche Einsatzmöglichkeit es geben könnte, die in keiner Konkurrenz zu eigenen Beschäftigten steht. Vorstellbar ist ein Einsatz im Umfeld der Kreishauskantine, die zu einer ersten Aufgabenskizze für einen betriebsintegrierten Arbeitsplatz geführt hat. 1. Eindecken von Besprechungen, Sitzungen (außer dem Sitzungsdienst für die politischen Gremien) usw. inklusive der: Bestückung der Servierwagen, Transport des Geschirrs und der geforderten Getränke in den jeweiligen Besprechungsraum, Eindecken, nach Sitzungsende Abräumen und Rücktransport in die Kantine, im Einzelfall Einräumen in die Spülmaschine. Momentan stellt die Kantine lediglich die bestückten Servierwagen bereit. Die restlichen Arbeiten müssen von Mitarbeitenden der Fachdienste im Hause selbst erledigt werden. Durch den betriebsintegrierten Arbeitsplatz könnte der Service der Kantine
3 für die Fachdienste verbessert und die Mitarbeitenden in den Fachdiensten teilweise entlastet werden. 2. Lieferung von Kaltgetränken an Fachdienste Einige Fachdienste halten kleinere Bestände an Kaltgetränken vor, um Bewirtung für ungeplante Besprechungen mit externen Besuchern sicherstellen zu können. Die Getränke werden derzeit durch Mitarbeitende der Fachdienste in der Kantine abgeholt. Die Lieferung der Getränke könnte mit dem dargestellten Entlastungseffekt durch einen betriebsintegrierten Arbeitsplatz sichergestellt werden. 3. Angebotsbedingungen Die Kreishauskantine kann einen betriebsintegrierten Arbeitsplatz in dieser Form nur einrichten, wenn im Urlaubs- oder Krankheitsfall keine Vertretung durch Kantinenkräfte vorgesehen wird, sondern die Mitarbeitenden im Hause, Bewirtungen, Getränkeabholungen, Geschirrrückgaben etc. wieder selbst übernehmen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Zusätzlichkeit des Service erhalten bleibt, dieser zu einer Entlastung der Mitarbeitenden führt und keine Mehrarbeit für die Kantinen- und Küchenkräfte bedeutet. 4. Grundsätzliches zur Einrichtung betriebsintegrierter Arbeitsplätze Die Einsatzmöglichkeit, wird vor Abschluss eines Dienstleistungsvertrages vom Spix- Jobcoaching-Dienst geprüft. Die vorgesehenen Arbeitsabläufe werden untersucht. Ziel ist der möglichst passgenaue Einsatz eines/r Mitarbeitenden aus der Spix- Werkstatt. Entsprechend dem Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes werden geeignete Mitarbeiter/innen zunächst in der Spix-Werkstatt und anschließend in der Kreisverwaltung trainiert, bis sie den Anforderungen gewachsen sind. Erst danach wird das Honorar im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags festgelegt. Der Jobcoaching-Dienst bleibt langfristig für die Anleitung und Betreuung des Mitarbeitenden verantwortlich und ist bei Fragen und Problemen zur Stelle.
4 Grundsätzlich ist es möglich, (zunächst) auch einen Teilzeitarbeitsplatz einzurichten. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Praxiserprobung zeigt, dass kein ausreichendes Volumen an zusätzlichen Arbeiten für eine Vollzeitstelle generiert werden kann. Der Umsetzungsbeginn der Maßnahme ist entsprechend den Gegebenheiten der Kreishauskantine festzulegen. Eine möglichst hohe Präsenz der Kantinenbeschäftigten ist von Vorteil (keine Urlaubszeit), um günstige Einarbeitungsbedingungen zu schaffen. Mit der Umsetzung dieser Maßnahme könnte daher frühestens im 3. Quartal 2017 begonnen werden. Der späteste Umsetzungsbeginn läge im 1. Quartal 2018. 5. Die Vorteile betriebsintegrierter Arbeitsplätze im Überblick Entlastung Eigene Mitarbeitende werden von Einfacharbeiten entlastet, um effizienter ihre qualifizierten Arbeiten zu verrichten. Der Service im Haus kann u.u. gesteigert werden. Hohe Motivation Spix-Mitarbeiter/innen arbeiten so lange in der Kreisverwaltung, wie die Aufgabe vergeben werden kann. Es entsteht kein Arbeitsverhältnis, eine Rückkehr in die Werkstatt ist jederzeit möglich. Spix-Mitarbeitende sind i.d.r. stolz, in einem richtigen Unternehmen arbeiten zu können, und gehen daher sehr motiviert ihrer Arbeit nach. Image-Gewinn Die Öffnung eines Unternehmens für Menschen mit einem Handicap ist ein Image- Gewinn. Medien berichten gerne über dieses Konzept, das der Inklusion von Menschen mit Behinderungen ins Arbeitsleben dient. Einsparungen Durch weniger Werkstattplätze, die vorgehalten und betrieben werden müssen, werden öffentliche Gelder eingespart. Einzelne Spix-Mitarbeitende entwickeln sich langfristig manchmal so, dass sie in ein reguläres Arbeitsverhältnis am ersten Arbeitsmarkt übernommen werden können,
5 wodurch keine oder deutlich weniger staatliche Zuschüsse aufgewendet werden müssen. Jobcoaching-Dienst Diese Begleitung bleibt langfristig für die Anleitung und Betreuung der Spix- Mitarbeitenden verantwortlich und ist bei Fragen und Problemen ansprechbar. 6. Kosten/Arbeitsvertragliche Regelungen Die monatlichen Kosten (Dienstleistungspauschale), liegen zwischen 450 und 650 zzgl. 7% MwSt - je nach Schwierigkeitsgrad der Tätigkeiten, Fähigkeiten des eingesetzten Beschäftigten und Betreuungs- und Förderaufwand, der notwendig ist, um eine stabile Inklusion des Beschäftigten zu erreichen. 50% der Dienstleistungspauschale sind auf die Ausgleichsabgabe anrechenbar, sofern ein Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet ist. Der Kreis Wesel ist mit der o.g. Schwerbehindertenquote davon allerdings seit vielen Jahren befreit. Die Ausgleichsabgabe würde fällig, wenn eine Quote von 5 % nicht erreicht würde. Da bei erfolgreicher Inklusion der Betreuungsaufwand sinkt, ist die Dienstleistungspauschale nachverhandelbar. Daraus ergeben sich jährlich Kosten in Höhe von maximal 8.346 brutto für einen betriebsintegrierten Vollzeit-Arbeitsplatz. Die Kosten werden bei erfolgreicher Einarbeitung sinken. Weitere Kosten entstehen nicht. Der/die Beschäftigte bleibt weiterhin Mitarbeiter/in der Spix-Werkstatt. Sämtliche Sozialversicherungsbeiträge werden durch Spix getragen. Nach Auskunft von Spix sind betriebsintegrierte Arbeitsplätze keine Form der Arbeitnehmerüberlassung, da der/die behinderte Mitarbeiter/in weiterhin den Status eines Werkstattmitarbeitenden inne hat. 7. Fazit Der beschriebene Service, den ein/e über einen betriebsintegrierten Arbeitsplatz beschäftigte Mitarbeitende/r leisten könnte, ist zusätzlich und gefährdet keine bestehenden Beschäftigungsverhältnisse. Der Entlastungseffekt für die Fachdienste gerade im Hinblick auf Besprechungen und Veranstaltungen ist vorteilhaft, da Beschäftigte der Fachdienste diese Arbeitszeiten entsprechend ihrer Vergütung ein-
6 setzen können. Diese Aufgabe würde bei einer entsprechenden Berechnung der Lohnkosten eigener Beschäftigter mit hoher Wahrscheinlichkeit kostenintensiver ausfallen. Der zusätzliche Service trägt zur Mitarbeitendenzufriedenheit bei und steigert die Arbeitgeberattraktivität. Letzteres ist in Zeiten zunehmender Einsparungsnotwendigkeiten ein wichtiges Ziel. In der Öffentlichkeit kann diese Maßnahme zur positiven Imageentwicklung beitragen. Zudem würde der Kreis Wesel seiner sozialpolitischen Verantwortung einmal mehr gerecht und könnte als positives Beispiel in der Region für das Modell betriebsintegrierter Arbeitsplätze werben, die aus den bereits dargestellten Gründen im öffentlichen Interesse sind. Die Kreisverwaltung würde damit außerdem der Empfehlung des Inklusionsbeirates des Landes NRW folgen, der sich für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention einsetzt. In diesem Kontext hat das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales bereits im August 2016 alle öffentlichen Arbeitgeber aufgefordert, betriebsintegrierte Arbeitsplätze einzurichten. Die Schwerbehindertenvertretung und der Personalrat der Kreisverwaltung haben der vorgeschlagenen Maßnahme zugestimmt. III. Auswirkungen / Zusammenhänge (Ressourcen, Finanzen, Personal, IT): Die Kosten für die Dienstleistungspauschale betragen jährlich maximal: 8.346,00 brutto. Eingesetzt werden ferner vorhandene Personalressourcen zur Begleitung der Einarbeitungsphase. Es handelt sich um eine freiwillige Leistung. Im falle eines positiven Beschlusses würden entsprechende Mittel im Haushaltsentwurf 2018 aufgenommen.