Agenda A. Überblick: Methoden zur Ermittlung kartellrechtlich zulässiger Entgelte B. Vergleichsmarktkonzept gem. 31 Abs. 4 Nr. 2 GWB I. Grundsätzliche Anmerkungen II. Auswahl Vergleichsunternehmen III. Ungünstigere Preise IV. Rechtfertigungsgründe: Einzelfragen 1
A. Methoden zur Ermittlung kartellrechtlich zulässiger Entgelte 2
Kontrollmechanismen Vergleichsmarktkonzept Horizontale Kontrolle: Preisvergleich mit gleichartigen Unternehmen In bisheriger Praxis der Landeskartellbehörden und Bundeskartellamt vorrangig angewendet Gesetzlich vorgesehen in 31 Abs. 4 Nr. 2 GWB (lex specialis für Wasserwirtschaft) und 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB (lex generalis) Konkretisierung der Maßstäbe durch Praxis und Rechtsprechung Kostenkontrolle Vertikale Kontrolle: Kosten, die bei rationeller Betriebsführung anfallen, werden kartellrechtlich anerkannt ( 31 Abs. 4 Nr. 3 GWB) Mit 8. GWB Novelle ausdrücklich anerkannt Keine materiellen Vorgaben in GWB Konkretisierung durch Praxis und Rechtsprechung 3
B. Das Vergleichsmarktkonzept gem. 31 Abs. 4 Nr. 2 GWB 4
I. Grundsätzliche Anmerkungen 1. Normierung der Kapitalkosten-Ansätze 2. Besonderheiten der Wasserversorgung beachten 5
1. Normierung der Kapitalkosten-Ansätze (1/2) Ausgangslage Vergleichsmarktmethode vergleicht aktuelle Preise (zb 2010-2012) In aktuellen Preisen enthaltene Kapitalkosten hängen u.a. ab von - Kalkulationsgrundlage (zb HGB, KAG, LSP, AfA gem. WBZW / AHK) - Abschreibungsdauer (zb handelsr zulässig zw. 30 und 40 Jahren) - Aktivierungsquote (bis wann Aufwand, ab wann Investition?) Folgen Bei identischen objektiven Bedingungen können Preise allein deshalb unterschiedlich sein, weil Unternehmen A und B die handelsrechtlich zulässigen Spielräume unterschiedlich anwenden (zb bei Abschreibungen oder Aktivierungsquote ) Langfristige Gesamtbelastung Verbraucher im wesentlichen identisch Ist Anwendung handelsrechtlich zulässiger Spielräume missbräuchlich? 6
1. Normierung der Kapitalkosten-Ansätze (2/2) Mögliche Lösungsansätze Normierung der Kapitalkosten, um die unterschiedlichen Bewertungsansätze zu bereinigen (zb anhand des in Energieregulierung bekannten B2 Bogen ) Effizienzvergleich mit standardisierten Kapitalkosten (GasNEV / StromNEV) Technisches Anlagenregister (Entwurfsfassung ARegV) 7
2. Besonderheiten der Wasserversorgung beachten (1/2) Ausgangslage Anwendung Missbrauchskontrolle bisher vor allem im Strom- und Gassektor Entwicklung von Vergleichskriterien passend für Strom- und Gassektor Wasserbranche in Kernfragen anders als Strom- und Gassektor Folge: kein ungeprüftes Übernehmen der Maßstäbe aus Strom- und Gassektor, sondern Berücksichtigung der Besonderheiten des Wassersektors bei Durchführung des Preisvergleichs Kartellrechtliche Eingriffsermächtigungen enthalten offene Rechtsbegriffe; diese ermöglichen und erfordern, Besonderheiten des jeweiligen Sektors zu berücksichtigen 8
2. Besonderheiten der Wasserversorgung beachten (1/2) Besonderheiten Wasserwirtschaft Hoher Fixkostenanteil (ca 80 %) wg Einheit von Beschaffung/Verteilung Langfristigkeit / geringe Anpassungsfähigkeit Anlagen Kein Netzverbund (keine Absatzmögl. für überschüssige Mengen) Kostenrelevanz Leitungsdurchmesser und länge, da Wasser nicht kompressibel (größere Mengen erfordern größere Leitungen) Folge 1: Vergangenheit und Absatzentwicklung berücksichtigen Rückgang Wasserabsatz è Kapitalkosten verteilen sich auf geringere Absatzmenge (kein Netzverbund) è Kapitalkosten pro abgesetztem m3 Trinkwasser werden höher è Preis steigt Fall: A und B mit identischen Ausgangsbedingungen. Innerhalb von 10 Jahren Absatzrückgang bei A ihv 40 %, bei B ihv von 15 % wg. unterschiedl. Bevölkerungs- /Industrieentwicklung è Kapitalkosten pro abgesetztem m3 Trinkwasser bei A höher als B. Höhere spezifische Kosten A infolge geringerer Anlagenauslastung nicht zurechenbar. 9
2. Besonderheiten der Wasserversorgung beachten (2/2) Folge 2: Länge und Durchmesser (Volumen) beachten Kennzahlen, die von identischer Menge an Wasserabsatz pro km Leitungslänge auf ähnliche Versorgungsbedingungen schliessen, passen nicht auf Wasserversorgung. Fall: Unternehmen A und B haben gleich lange Leitungen, jedoch unterschiedliche Durchmesser: A 100 cm, B 50 cm. Beide leiten durchschnittlich jeweils 25 m3 durch 1 m Leitung. Schaut man nur auf abgesetzte Menge pro 1 m Leitung (Metermengenwert), sind Werte gleich: jeweils 25/1 = 25 Tatsächlich sind die Versorgungsbedingungen indes unterschiedlich. Denn Leitung A mit größerem Durchmesser ist teurer als Leitung B. Da A gleiche Absatzmenge, aber höhere Kosten hat als B, sind Kapitalkosten pro abgesetzten m3 bei A höher als bei B (è höherer Preis) Warum hat A größere Leitung als B und setzt durchschnittlich nur 25 m3 ab? (i) Weil Tagesspitzenbedarf bei A höher ist als B. (ii) Weil bei A Absatz gegenüber Anlagenerrichtung erheblich zurückgegangen ist. 10
II. Auswahl von Vergleichsunternehmen 1. Ausgangslage 2. Bewertung der Strukturbedingungen 3. Passt Metermengenwert auf Wassserwirtschaft? 4. Alternativen, Anpassungen MMW 11
1. Ausganslage (1/2) Auswertung Daten und Bereinigung Vergleichspreise durch Zu- und Abschläge bei unterschiedlichen Strukturbedingungen Kartellamt erhebt aufgrund Fragebögen umfangreiche Daten über verschiedene Kennzahlen der Unternehmen Auswertung der ausgewählten Unternehmen: wo stehen Unternehmen in den für Wasserwirtschaft massgeblichen Parametern im Vergleich zueinander? Wenn (anhand der Daten erkennbare) Strukturbedingungen unterschiedlich sind, erfolgt Ausgleich der jeweiligen Vor- und Nachteile durch Zu- und Abschläge = Bereinigung der Vergleichspreise. Dabei Gesamtsaldierung Informationsbasis für Gesamtsaldierung hat (nur) Kartellbehörde 12
1. Ausgangslage (2/2) Auswertung Daten und Bereinigung Vergleichspreise durch Zu- und Abschläge entspricht Praxis Praxis Landeskartellbehörden: Voraussetzung für die Tragfähigkeit des Entgeltvergleichs ist, dass durch Zu- und Abschläge auf die für die unterschiedlich strukturierten Gebiete ermittelten Zahlen eine Vergleichbarkeit der erzielten Entgelte herbeigeführt wird. Dann ist gewährleistet, dass Verzerrungen ausgeschaltet werden, die vor allem durch die Unterschiede in der Marktstruktur entstehen können... Die notwendige Zu- und Abschlagsrechnung hat grundsätzlich die Kartellbehörde aufgrund eigener Ermittlungen durchzuführen (LdKartellbeh Hessen, Wetzlar II v. 23.12.2010, Rn 217, 220) Ausgangspunkt BKartA: Den Kriterien für die strukturellen Bedingungen der Wasserversorgung hat die Beschlussabteilung besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Sie sind nicht nur Maßstab für die Vergleichbarkeit der Unternehmen, sondern auch für die Frage, inwieweit Zu- oder Abschläge auf den Vergleichspreis erforderlich sind (Verfügg BWB v. 4.6.2010, Rn 90) 13
2. Bewertung der Strukturbedingungen Erforderlich: Einzelbewertung der Strukturbedingungen Erforderlich ist Saldierung der jeweiligen Vor- und Nachteile durch Einzelbewertung in allen für Wasserversorgung wichtigen Bedingungen: z.b. Wasserbeschaffung, Versorgungsdichte, Topograhie (Wasserhochbehälter, Pumpwerke, Bodenverhältnisse), Anlagenauslastung, Baukostenzuschüsse etc. Allenfalls dann, wenn in allen für Wasserversorgung massgeblichen Bedingungen (dh Beschaffung und Verteilung) Strukturbedingungen identisch sind, könnte auf Gesamtsaldierung der jeweiligen Vor- und Nachteile durch Zu- und Abschlagsbildung verzichtet werden Gibt es ein Vergleichskriterium, anhand dessen Identität der Versorgungsbedingungen für Beschaffung und Verteilung so sicher feststeht, dass von vorneherein auf Einzelbewertung und Gesamtsaldierung verzichtet werden kann? 14
3. Passt Metermengenwert auf Wasserwirtschaft? (1/2) Ähnliche Metermengenwerte = ähnliche Versorgungsbedingungen? BKartA: Der MMW repäsentiert den Gesamtabsatz in m3 pro km Wassernetz und erscheint als der umfassendste und zuverlässigste Indikator für die Versorgungsbedingungen. Denn in ihm spiegeln sich die wesentlichen Charakteristika eines Versorgungsgebietes wieder Als Folge des hohen Grades an Vergleichbarkeit der letztlich ausgewählten Unternehmen konnten Zu- und Abschlagsrechnungen weitgehend entfallen Eine mangelnde Auslastung des Wassernetzes wird bereits durch den vorgenommen Vergleich der Metermengenwerte hinreichend berücksichtigt (BWB, Rn 101, 169, 235). Läßt ähnlicher Metermengenwert in Wasserversorgung Rückschluss auf grundsätzlich ähnliche Versorgungsbedinungen zu? Kann auf dieser Grundlage von vorneherein auf Prüfung und Berücksichtigung der jeweiligen Vor- und Nachteile bei Wasserbeschaffung, Wasserverteilung, Anlagenauslastung etc. verzichtet werden? 15
3. Passt Metermengenwert auf Wasserwirtschaft? (2/2) Ähnliche Metermengenwerte dokumentieren nicht ähnliche Versorgungsbedingungen Ähnlicher Metermengenwert läßt in Wasserversorgung keinen Rückschluss auf ähnliche Versorgungsbedinungen, wenn er - nur die abgesetzte m3 pro m Länge berücksichtigt und den (durchschnittlichen) Durchmesser der Leitungen außer Acht läßt (Leitungsdurchmesser ist in Wasserversorgung neben Leitungslänge wichtiger Struktur- und Kostenfaktor; Unterschied zu Strom/Gas); - statisch für nur wenige Jahre berechnet wird und damit die Absatzentwicklung der Vergangenheit ausblendet; - einschließlich von Hausanschlußleitungen berechnet wird, die in einem Fall von dem Unternehmen, in anderen von Kunden bezahlt wurden (Äpfel / Birnen). 16
4. Alternativen, Anpassungen MMW Mögliche Lösungsansätze Volumenverteilwert: Berechnung der Versorgungsdichte in Wasserwirtschaft anhand des Volumenverteilwertes (= MMW der Wasserwirtschaft), dh eingespeiste Menge Trinkwasser in m3 pro Netzvolumen in m3 (Volumen berücksichtigt Länge & Durchmesser) Anpassung MMW auf Besonderheiten der Wasserversorgung durch Berücksichtigung von Länge und (durchschnittlichem) Durchmesser der Leitungen Bedenke, dass auch diese Anpassungen nur Aussagen über Wasserverteilbedingungen, nicht über Wasserbeschaffung ermöglichen 17
III. Ungünstigere Preise als Vergleichsunternehmen 18
Tarif- oder Erlösvergleich 31 Abs. 4 Nr. 2, 130 Abs. 1 S. 2 beziehen sich auf Preise Gesetzliches Leitbild: Tarifvergleich - Vergleich von Entgelten für typisierte Nutzungssituationen; so auch Praxis LdKartellBeh BKartA (BWB / WSW): Erlösvergleich - Vergleich der Durchschnittspreise (Grund- und Arbeitspreise) über alle Tarifstufen (Qn, Wohneinheiten, etc.) Erlösvergleich weicht von Wortlaut Preise 31 Abs. 4 Nr. 2 GWB ab Erlösvergleich gilt (je nach Tenor) unabhängig von Abrechnungsart: Preise und Gebühren führen beide zu Erlösen; Widerspruch zu 130 Abs. 1 S. 2 GWB 19
Verkürzung Rechtfertigung durch Abzüge jenseits MwSt Ausgangsfall: Herausschneiden von Abgabe und Entgelt Fall: Wasserpreis Unternehmen A beträgt netto (ohne MwSt) 1,90 /m3 und enthält 0,10 /m3 Konzessionsabgabe. Preis Unternehmen B beträgt netto (ohne MwSt) 2,10 /m3 und enthält 0,10 /m3 Wasserentnahmeabgabe. Frage: Können auf Ebene Preisvergleich Wasserentnahmeabgabe und Konzessionsabgabe abgezogen werden, so dass von vorneherein nur Preis A ihv 1,80 /m3 und Preis B ihv 2,00 /m3 verglichen werden? Ist das nicht egal? Läuft das nicht auf dasselbe hinaus, nämlich eine Gesamtdifferenz von 0,20 /m3? 20
Verkürzung Rechtfertigung durch Abzüge jenseits MwSt Differenzierung zwischen Abgabe und Entgelt ist Sache der Rechtfertigung, nicht des Preisvergleichs Nein. Das ist nicht egal. Und läuft auch nicht auf das selbe hinaus. Bei Preisvergleichen kann zwar Mehrwertsteuer außer Betracht bleiben, weil bundeseinheitliche, für alle Wasserversorger geltende Steuer Alle anderen, landesindividuellen Abgaben oder Entgelte können jedoch nicht bereits auf Vergleichsstufe herausgeschnitten werden Dies widerspricht zum einen dem Ziel der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle (Schutz des Verbrauchers) Zum anderen schneidet der Ausschluss auf Vergleichsstufe die differenzierte Rechtfertigungsprüfung ab: ob nämlich und welches Entgelt oder Abgabe zurechenbar ist oder nicht Diese Prüfung ist nach Normstruktur des 31 Abs. 4 Nr. 2 GWB eine Frage der Rechtfertigung und Zurechenbarkeit, nicht eine Frage des Preisvergleichs 21
Verkürzung Rechtfertigung durch Abzüge jenseits MwSt Beispielsfall zeigt: Abzüge von Abgaben und Entgelten auf Vergleichsebene schneidet Rechtfertigung ab Wasserentnahmeabgabe ist hoheitliche, auf Wassergesetz beruhende Abgabe Konzessionsabgabe ist keine hoheitliche Abgabe, sondern ein privatrechtlich vereinbartes Entgelt, bei dem allein Maximalbetrag durch KonzAbgabeVO gedeckelt ist (BKartA, LdKartellbeh Hessen) Bei ungekürztem Netto-Vergleich - 1,90 /m3 für A und 2,10 /m3 für B - bleibt Rechtfertigungsprüfung bestehen. B kann sich ihv 0,10 /m3 auf nicht zurechenbare Wasserentnahmeabgabe berufen. A-Preis bleibt bei 1,90, da KonzAbgabe zurechenbar. Gesamtdifferenz = 0,10 /m3. Bei undifferenziertem Abzug von Abgabe und Entgelt auf Vergleichsebene werden 1,80 /m3 für A und 2,00 /m3 für B verglichen, obwohl Wasserentnahmeabgabe nicht zurechenbar, KonzAbg aber zurechenbar. Gesamtdifferenz = 0,20 /m3. Folge: B wird Rechtfertigung ihv 0,10 /m3 abgeschnitten. 22
IV. Rechtfertigungsgründe: Einzelfragen 23
Ausgangspunkt: Nicht zurechenbare Umstände Definition durch BGH in Wasserpreise Wetzlar : Kostenfaktoren, die auch jedes andere Unternehmen in der Situation des betroffenen vorfinden würde und nicht beeinflussen könnte, etwa ungünstige strukturelle Gegebenheiten des Versorgungsgebiets Zurechenbar sind dagegen individuelle, allein auf eine unternehmerische Entschließung oder die Struktur des betroffenen Versorgungsunternehmens zurückgehende Umstände Prüfungsschritte Darstellung ungünstigerer Strukturbedingungen (iv zu Vergleichsunternehmen) Fehlende Zurechenbarkeit Quantifizierung: Darstellung Mehrkosten (Kennzahlen, Ist-Kosten- Vergleich), Unabweisbarkeit der Mehrkosten, Tarifwirkung Mehrkosten 24
Gesamtsaldierung, Zu- und Abschläge, Beweislast Gesamtsaldierung kann nicht auf Unternehmen geschoben werden: Vor- und Nachteile bei einzelnen Strukturbedingungen müssen durch Zu- und Abschläge berücksichtigt werden Diese Gesamtsaldierung ist primär Aufgabe der Kartellbehörde. Denn nur sie hat alle dafür erforderlichen Daten Gesamtsaldierung kann nicht auf Unternehmen verlagert werden, wenn nicht zugleich alle Daten offengelegt werden (Schwärzungen). Unternehmen kann nur bei Nachweis innerhalb eines Strukturnachteils (zb Topographie) Saldierung von Vor- und Nachteilen vornehmen Beweislast Unternehmen endet, wo für Nachweis von Strukturdaten der Vergleichsunternehmen auf Informationen der Behörde angewiesen Dann: Gestufte Beweislast nach Gefahren-/Herrschaftsbereichen; Anwendung der Grundsätze von primärer und sekundärer Beweislast 25
Bewertungsspielräume Rechtsordnung räumt Unternehmen Bewertungsspielräume ein Handelsrecht: Innerhalb einer gewissen Spanne sind verschiedene Abschreibungszeiträume oder Aktivierungsquoten rechtlich zulässig Aus zulässig gewählten Abschreibungsdauern / Aktivierungsquoten darf kein Missbrauchsvorwurf abgeleitet werden Lösung: Normierung der handelsrechtlichen Spielräume und Bereinigung auf Vergleichsebene (s.o.) Sicherheitskonzept: Wasserrechtlich und technisch steht nicht punktgenau fest, welche / wieviele Rohwasserquellen für sichere Wasserversorgung erforderlich; innerhalb gewisser Grenzen besteht unternehmerisches Ermessen für Sicherheitskonzept Dieses unternehmerische Ermessen muss kartellrechtlich berücksichtigt und darf nicht durch Hinweis auf unternehmensindividuelle Umstände unterlaufen werden (ansonsten Gefährdung sichere Wasserversorgung; vgl. auch 31b Abs. 4 GWB). 26
Methodenkonsistenz Methodenkonsistenz zwischen Preisvergleich und Rechtfertigung Werden auf Vergleichsebene Preise des betroffenen und der Vergleichsunternehmen einheitlich nach bestimmter Methode ermittelt (zb AfA auf WBZW, Verzinsung des gesamten betriebsnotwendigen Kapitals mit Mischzinssatz), so muß auf Rechtfertigungsebene diese Methode beibehalten werden Denn es geht um die selben Preise. Methodenkonsistenz, kein Methodenbruch zwischen Vergleich und Rechtfertigung. Es wäre deshalb unzulässig, auf Vergleichsebene die AfA des Betrof-fenen auf WBZW, bei Rechtfertigung dann aber auf AHK zu berechnen. Methodenkonsistenz zwischen Verteilung und Beschaffung Wird eine Transportleitung bei Berechnung des MMW als Teil der Wasserverteilung berücksichtigt, kann sie nicht zugleich als Nachteil in der Wasserbeschaffung gewertet werden Ansonsten kommt es zur Doppelberücksichtigung ein und der selben Strukturbedingung als Nachteil der Verteilung und der Beschaffung 27
Quantifizierung: Beachtung der konkreten Daten Quantifizierung anhand konkreter Daten und Kostenstellen Liegt ein Strukturnachteil vor, verlangt der BGH Nachweis, in welcher Höhe Mehrkosten anfallen und wie diese Mehrkosten in die verlangten Preise einfließen (BGH Wetzlar Rn 62) Kernfrage: Welcher Anteil des Preises entfällt auf den Strukturnachteil X, Y oder Z (zb geringere Anlagenauslastung)? Erforderlich ist Nachweis anhand konkreter Daten und Kostenstellen des betroffenen Unternehmens Liegen also tatsächl. Daten über Höhe des Nachteils vor, müssen diese zugrundegelegt werden. Schätzungen / Hypothesen dann unzulässig Berechnungskonsistenz zwischen Vergleichsunternehmen Wenn bei Preisvergleich für VU Durchschnittswerte aufgrund jeweiliger Einzeldaten berechnet werden, gilt das selbe für Rechtfertigung Somit ist zb erheblicher Vorteil auch nur eines von drei VU in Wasserbeschaffungsbedingungen zu beachten 28
Geringere Anlagenauslastung ist Strukturnachteil Was ist eine geringere Anlagenauslastung? Geringere Anlagenauslastung = geringere durchschnittliche Inanspruchnahme von Netz und Anlagen durch Verbrauche Folge: fixe Kapitalkosten aus Bau und Unterhaltung von Netz und Anlagen verteilen sich auf geringere Absatzmenge, führen damit zwangsläufig zu höheren spezifischen Kosten und Preisen Strukturnachteil geringerer Anlagenauslastung ist Besonderheit Wasserwirtschaft wg fehlenden Netzverbunds (Unterschied Strom) Was sind Gründe für eine geringere Anlagenauslastung? Absatzrückgang: Anlagen und Netz werden anhand aktueller Absatzdaten sowie ex ante zutreffender Prognosen über künftigen Absatz errichtet. In Folgejahren jedoch höherer Absatzrückgang, zb wegen Bevölkerungs- / Industrierückgang, als bei Vergleichsuntern. Spitzenfaktor: Verhältnis zwischen Durchschnittsverbrauch und Spitzenverbrauch bei dem betroffenen Unternehmen höher als bei VU 29
Geringere Anlagenauslastung ist Strukturnachteil Ist eine geringere Anlagenauslastung zurechenbar? Bevölkerungs- / Industrierückgang, Abnahmeverhalten der Verbraucher u.ä. sind keine unternehmensindividuellen Faktoren Wasserpreis ist Folge des Verbrauchsverhaltens, nicht umgekehrt Parallele Briefpreis: wenn weniger Briefe geschrieben werden, steigt der Preis, da die Hallig weiter 5x in der Woche beliefert werden soll BKartA: Für die Erlössituation des Wasserversorgers sind allein entscheidend die Menge des Absatzes (nur wenig beeinflussbar) und der von ihm selbst bestimmte Preis pro Kubikmeter... Der Wasserabsatz ist ein nicht von den Unternehmen manipulierbares Kriterium, dass sich allein nach dem Abnahmeverhalten der Kunden richtet (BWB, Rn. 98, 400). Quantifizierung Wie hoch wären die Kapitalkosten pro m3, wenn die Anlagen des Unternehmens so ausgelastet wären wie die der Vergleichsuntern.? 30
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 31
Kontakt Dr. Benedikt Wolfers M.A. T +49 30 20283 876 E benedikt.wolfers@ freshfields.com Diese Informationen sind nicht als umfassende Darstellung gedacht und können eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen. Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 2013 DAC. 32