Übung im Bürgerlichen Recht für Vorgerückte im WS 2004/05 Lösungsskizze zur Ersten Klausur



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Transkript:

Prof. Dr. Detlef Liebs Prof. Dr. Peter Sester, Dipl.-Kfm. Übung im Bürgerlichen Recht für Vorgerückte im WS 2004/05 Lösungsskizze zur Ersten Klausur [Achten Sie auch auf ordentliche Schrift, Schriftspiegel, Rechtschreibung usw. Bemühen Sie sich um übersichtlichen Aufbau, wozu auch gehört, dass Wiederholungen tunlichst vermieden werden. Keinesfalls für jeden Posten die Anspruchsgrundlage(n) von Neuem durchgehen! Sie benötigen einen aktuellen Gesetzestext; hier waren zahlreiche Neuerungen aus dem Jahr 2002 zu beachten.] A. Ansprüche des D gegen J auf Schadensersatz [die einzelnen Schadensposten erst unter 7. durchgehen] I. Vertragliche Ansprüche? Auftrag (hier: zu unentgeltlicher Beförderung, s. 675 I BGB), Gesellschaft ( 705) oder vielmehr bloße Gefälligkeit ohne Rechtsbindungswillen? Beim Aufbruch zur gemeinsamen Spritztour wollten beide Seiten keine rechtlichen Verpflichtungen übernehmen, insbesondere J sich nicht regelrecht verpflichten, den D zu befördern, und D nicht, sich an den Benzinkosten usw. zu beteiligen. Es handelt sich also lediglich um ein Gefälligkeitsverhältnis. Einen Beförderungsvertrag oder eine BGB-Gesellschaft anzunehmen, wäre unrichtig. [GoA verfehlt: "ohne... ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein" trifft hier nicht zu] II. aus 7 Abs.1 StVG [führt einfacher zum Ziel, deshalb vor 823 BGB zu prüfen] 1. Ist 7 Abs.1 StVG auf einen Insassen überhaupt anwendbar [nicht zwingend zu prüfen, nur zur Notenverbesserung]? Seit 1. August 2002 ist diese Frage zu bejahen, denn mit diesem Datum trat 8a StVG a.f. außer Kraft. Nach dieser Vorschrift hafteten der Halter und der Fahrer nach StVG nur bei entgeltlicher Beförderung. Berechtigter aus 7 Abs.1 StVG kann heute also auch ein unentgeltlicher Mitfahrer sein. Aus der Streichung des 8a StVG a.f. folgt auch, dass eine Haftung nach 7 Abs.1 StVG nicht von vornherein ausgeschlossen ist, wenn sich der Verletzte der Gefahr, durch die der Schaden entstanden ist, wissentlich ausgesetzt hat, auch wenn das angesichts des Schutzzwecks der Gefährdungshaftung problematisch ist. [Wer diesen Punkt problematisiert, verbessert ebenfalls seine Note.] 2. Da D durch den Unfall schwer verletzt wurde, wurden Körper und Gesundheit eines Menschen verletzt. 3. Der Unfall ist auch bei dem Betrieb eines Kfz geschehen. [Auf Verschulden des J kommt es nicht an, da Gefährdungshaftung; ebenso wenig auf Rechtswidrigkeit] 4. Halter des Kfz ist J. 5. Ausschluss der Ersatzpflicht nach 7 Abs.2 StVG ( höhere Gewalt )? Offensichtlich nicht. [Verfehlt wäre es, daneben noch ein unabwendbares Ereignis isd 17 Abs.3 StVG zu prüfen, denn 17 StVG setzt voraus, dass mehrere Kfz am Unfall beteiligt waren.] 6. Haftungsausschluss nach 8 StVG? Nein. 1

Haftung vertraglich ausgeschlossen [wichtiger Punkt]? Dass ein solcher Ausschluss möglich ist, ergibt sich im Umkehrschluss aus 8a StVG n.f., wonach ein solcher Ausschluss nur bei entgeltlicher Personenbeförderung ausgeschlossen ist. Ein ausdrücklicher Haftungsauschluss wurde nicht vereinbart, doch ist ebenso ein konkludenter, stillschweigender Ausschluss möglich. Ein dahingehender Wille muss aber deutlich zu Tage treten; Unentgeltlichkeit allein rechtfertigt die Annahme eines stillschweigenden Haftungsauschlusses nicht. In Betracht kommt er bei einem besonderen Eigeninteresse des Mitfahrers daran, dass der Gefällige sich als Fahrer zur Verfügung stellt. Hier gibt es keine Anhaltspunkte, die als stillschweigender Haftungsausschluss auszulegen wären. Somit verbleibt es bei der Haftung des J. [Ein besonders schwerer Fehler wäre es, im Rahmen des 7 Abs.1 StVG ein Verschulden oder Rechtswidrigkeit oder auch nur den Rechtfertigungsgrund der Einwilligung zu prüfen.] 7. Umfang des zu ersetzenden Schadens. Die Höchstbeträge der 12-13 StVG werden hier offenbar nicht erreicht. a) Heilbehandlungskosten? Diese Kosten sind zu ersetzen, soweit sie tatsächlich entstanden sind, erforderlich und angemessen waren, 11 S.1 StVG. Hier unproblematisch. b) Schmerzensgeld? D hat einen Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld, 11 S. 2 StVG. Bei der Höhe ist das Koma zu berücksichtigen, auch wenn D insoweit nichts spürte (heute ganz h.m., lange angezweifelt), ferner die Schwere der Verletzungen. Es ist also jedenfalls hoch anzusetzen [wenn auch keine konkreten Zahlen zu präsentieren sind]. c) Fahrtkosten der Eltern Freiburg-Berlin-Freiburg? Die Besuchskosten naher Angehöriger gingen hier von vornherein zu Lasten von D. Sie sind zu ersetzen, soweit sie sich in einem angemessenen Rahmen bewegen und die Besuche für die Heilung zweckmäßig sind, wobei die Möglichkeit einer positiven Auswirkung genügt. Also steht dieser Posten auch D zu (Besuchskosten gehören zu den Heilungskosten; s. a. 843 I: Vermehrung der Bedürfnisse. Die Eltern des D sind nahe Angehörige). Die große Distanz zwischen Freiburg und Berlin allein führt nicht zu Unangemessenheit. Aufgrund der Aussagen des behandelnden Arztes bestand die Möglichkeit einer äußerst positiven Auswirkung auf den Heilungsprozess. Also war der Besuch medizinisch indiziert. Dass diese Kosten zugleich gewissermaßen freiwillige Aufwendungen waren, spielt keine Rolle; auch Arztkosten sind das oft und sind doch medizinisch indiziert. [Hätten die Eltern die Beträge ausgelegt, dann wäre D zur Erstattung aus GoA verpflichtet gewesen, hätte also von J Befreiung von dieser Verpflichtung verlangen können] Fahrtkosten also ersatzfähig. d) Kosten für die von den Eltern gemietete Ferienwohnung (18. September 2003 bis 3. Januar 2004)? Auch diese Kosten gehören zu den Besuchskosten. Da eine kleine günstige Ferienwohnung gemietet wurde und die Kosten hierfür niedriger sind als ständig anfallende Fahrtkosten, sind sie auch angemessen. Zur medizinischen Zweckmäßigkeit s.o. c. Auch die lange Dauer war medizinisch indiziert; 254 II 1, letzte Alternative, steht dem nicht entgegen. e) Kosten für die Verpflegung der Eltern in der Ferienwohnung? Die Eltern haben dafür Verpflegungskosten in Freiburg erspart, die kaum geringer als in Berlin sind; dieses ist eher billiger als das bekanntlich teure Freiburg. Ein Verpflegungsmehraufwand ist also nicht entstanden, die Eltern verpflegten sich in der Ferienwohnung so wie zu Hause. Insofern hat D also seinen Eltern ein Geschenk gemacht, für das er keinen Ersatz verlangen kann. f) Trinkgelder und kleine Geschenke an das Krankenhauspersonal? Auch wenn praktisch sozialer Zwang dazu besteht, handelt es sich rechtlich um freiwillige Aufwendungen, also 2

nicht um einen ersatzfähigen Schaden aus dem Unfall. Diese Kosten können nicht ersetzt verlangt werden. g) Telefonkosten und Kosten des Schriftverkehrs? Diese Kosten sind ersatzfähig. Nach ständiger Rechtsprechung kann dem Geschädigten bei Unfällen ohne weitere Spezifizierung eine Auslagenpauschale (idr 15,- bis 20,-, auch 30,-) zuerkannt werden. h) Erwerbsschaden? Zum Erwerbsschaden zählen der Verlust von Einkommen und alle wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die der Geschädigte erleidet, weil er unfallbedingt seine Arbeitskraft nicht verwerten kann (vgl. auch 11 S.1 StVG). Es ist ein Prognose anzustellen und zu fragen, was hypothetisch ohne das Schadensereignis an Einkommen zumindest mit Wahrscheinlichkeit, s. 252 BGB, erzielt worden wäre. Hier fehlen belastbare Anhaltspunkte für eine positive Prognose zugunsten des D. Er war zum Unfallzeitpunkt schon länger arbeitslos, bezog Sozialhilfe und sprach in erheblichem Maße dem Alkohol zu. Von einer günstigen Prognose, unter diesen Umständen eine Arbeitsstelle zu finden, kann nicht gesprochen werden, zumal in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit. Er kann also nicht ab Oktober 2003 den Malerlohn als Verdienstausfall beanspruchen. 8. Mitverschulden nach 9 StVG, 254 BGB (nicht 17 StVG, da nicht mehrere Kfz am Unfall beteiligt)? Mitverschulden ergibt sich daraus, dass D sich in den Wagen des stark alkoholisierten J setzte, obwohl dessen Alkoholisierung für ihn offenkundig war. Handeln auf eigene Gefahr fällt als schuldhafte Selbstgefährdung unter 254 Abs. 1 BGB, gerade auch bei der Mitfahrt im Wagen eines infolge Alkoholgenusses fahruntüchtigen Fahrers. Die Fahruntüchtigkeit des J war für D auch zu erkennen. Hinsichtlich der Quote erscheint ein Mitverschulden des D von 40 % angemessen. Die Rechtsprechung setzt in Fällen wie diesem, in denen ein erwachsener Mitfahrer bei einer Trunkenheitsfahrt mitmacht, Quoten zwischen 30 % und 50 % an. 50 % werden nur bei besonderen Umständen angenommen, da der Beitrag des Fahrers grds. schwerer wiegt. Solche besonderen Umstände wären hier vielleicht der offensichtlich hohe Alkoholisierungsgrad und die besonders hohe Selbstgefährdung. Also wohl zwischen 35 und 50 %, vertretbar auch noch 25 %. [Auf Anrechnung von Sozialhilfe einzugehen gibt der SV keinen hinreichenden Anlass. Sollte D auch während des Krankenhausaufenthalts Sozialhilfe erhalten haben, wäre bei zusätzlichen Leistungen 119 SGB X anzuwenden, in dessen Rahmen dieselben Fragen ebenso zu behandeln wären wie für D persönlich. Aber auch, soweit D's Forderung nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergeht, wie bei sonstigen Sozialleistungen, die nicht auf Versicherung beruhen, verbietet ihr Zweck eine Anrechnung. Ob die Sozialhilfe für D während des Krankenhausaufenthalts deshalb ausgesetzt oder gekürzt wird, brauchte man hier nicht zu wissen; dieses Spezialgebiet gehört nicht zum Bürgerlichen Recht.] Ergebnis: D kann von J die Schadensposten 9. a)-d) und g) aus 7 Abs.1 StVG ivm 9 StVG, 254 BGB in Höhe von 65 (50) % ersetzt verlangen. III. Anspruch des D gegen J aus vermutetem Verschulden, 18 Abs.1 Satz 1 StVG 1. Das oben unter II. 1., 2., 4.-8. Gesagte gilt entsprechend. Verpflichteter ist J als Fahrer des Kfz. 2. Nach 18 Abs.1 S. 2 StVG ist die Ersatzpflicht dann ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Fahrers verursacht ist. Hier entstand der Schaden aus schuldhaftem Handeln des J. Dieser fuhr in fahruntüchtigem Zustand und mit weit überhöhter Geschwindigkeit, handelte also grob fahrlässig. 3

3. Ergebnis: Auch aus 18 Abs.1 S.1 StVG ivm 9 StVG, 254 BGB kann D von J die Schadensposten II. 7. a)-d) und g) zu 65 (50) % verlangen. IV. Anspruch des D gegen J aus 823 Abs.1 'Körper' und 'Gesundheit' [Verfehlt, hier auf D's Vermögen abzustellen; spielt hier erst beim Schadensumfang eine Rolle.] 1. 823 BGB neben StVG überhaupt anwendbar? 16 StVG? Nach BGB keine Höchstbeträge wie nach 12-13 StVG; J haftet nach BGB also "in weiterem Umfang" (abstrakt zu beurteilen), 16 schließt diesen Anspruch nicht aus. 2. J hat D's Körper und seine Gesundheit verletzt. 3. Hier kommt es auch auf Rechtswidrigkeit des Handelns von J an; der Rechtfertigungsgrund einer (stillschweigenden) Einwilligung ist zu prüfen, hier mit negativem Ergebnis. Im Mitfahren allein liegt noch keine Einwilligung in künftige Verletzungen. Auch Rechtswidrigkeit ist also zu bejahen. 4. Verschulden unproblematisch. J handelte grob fahrlässig. 827 S. 2 spielt hier noch keine Rolle. 5. Zum Umfang des Schadens und zum Mitverschulden gilt das oben unter II. 7., 8. Gesagte entsprechend; die Behandlungskosten i.w.s. sind nur auf 249, Schmerzensgeld nur auf 253 II BGB zu stützen. V. Anspruch des D gegen J aus 823 Abs.2 BGB ivm 229 [nicht: 223], 315c Abs.1 Nr.1a (316 zugunsten von Insassen fraglich) StGB, 3 StVO [nicht: 24a StVG, dient wie 316 StGB dem Schutz der Allgemeinheit, zumindest hauptsächlich; nur daneben mochte diskutiert werden, ob auch individuelle Rechtsgüter geschützt werden sollen, m.e. eher abzulehnen] Gegen alle genannten Schutzgesetze hat J verstoßen, auch schuldhaft. Er haftet auch nach dieser Vorschrift, in gleicher Höhe. VI. VII. Verjährung [Wird häufig übergangen, wenn sie nicht unmittelbar droht; für die Beteiligten ist es aber praktisch sehr wichtig, genau gesagt zu bekommen, wie viel Zeit sie sich lassen können, auch, wenn das noch verhältnismäßig viel Zeit sein sollte. Sie brauchen Gewissheit.] Richtet sich für alle Ansprüche nach den 195 ff. BGB, s. 14 StVG, der auf das Recht der UH im BGB verweist, wo es allerdings seit dem SchMG keine besonderen Verjährungsvorschriften mehr gibt. Nach 195, 199 I verjähren die Ansprüche am 31. Dez. 2006. 15 StVG hier unschädlich, da J von dem Unfall Kenntnis erhalten hat. [Dies nur zur Notenverbesserung] B. Anspruch des D gegen die Haftpflichtversicherung des J aus 3 Nr.1 PflVG 1. Neben J haftet dem D auch der Haftpflichtversicherer des J aus 3 Nr.1 PflVG in gleicher Höhe. 2. J und sein Haftpflichtversicherer sind Gesamtschuldner, 3 Nr.2 PflVG. [Die interne Verteilung ist nicht mehr gefragt; angesichts so groben Fehlverhaltens käme hier ein Regress der V gegen J in Betracht]. 4

3. Verjährung nach 3 Nr. 3 PflVG wie oben A. VI. am 31. Dez. 2006. 4. Allerdings hat D die Anzeige nach 3 Nr. 7 S. 1 PflVG versäumt, doch hat das hier nach S. 2 i.v.m. 158e I VVG keine Konsequenzen. [Dies nur zur Notenverbesserung] Vorschlag für die Verteilung der Punkte: Für 'Ausreichend' erforderlich: Einigermaße ordentliches Äußeres: Schriftspiegel, Sprache: ganze Sätze. Inhaltlich: 7 StVG und 823 I BGB durchgeprüft, die verschiedenen Schadensposten erfasst, Heilbehandlungskosten zugesprochen und Erwerbsschaden abgelehnt. Mitverschulden D's bejaht. Für 'Befriedigend' obendrein: Allenfalls wenige Rechtschreibfehler, treffender Ausdruck. Inhaltlich: Schmerzensgeld und Besuchskosten verständig abgehandelt; Mitverschulden akzeptabel quotiert; PflVG erwähnt. Für 'Vollbefriedigend' überdies: Überzeugende Argumentation. Vertragliche Ansprüche geprüft und verständig abgelehnt; Haftungsausschluss; auch Trinkgelder und Telefonkosten richtig bewertet; Verjährung berücksichtigt; PflVG im Einzelnen. [Verjährung und PflVG im Einzelnen konnten hierfür doch nicht gefordert werden] Für 'Gut': Sachnahe und flüssige Sprache (nicht nur Substantive und "liegt vor" oder "liegt nicht vor"); keine nichtssagende allgemeine Floskeln. Inhaltlich: einen beträchtlichen Teil des in der Lösungsskizze nur zur Notenverbesserung Vorgesehenen, z. B. Anzeigepflichten nach StVG und PfIVG; Insassenproblematik. Für 'Sehr gut' Eine rundum überzeugende Leistung, ohne dass absolute Vollständigkeit des in der Lösungsskizze Angesprochenen zu fordern. 5