Biofeedback & Neurofeedback: spezielle Themen und aktuelle Entwicklungen Dr. Norman Schmid Klinischer- und Gesundheitspsychologe Biofeedback- und Neurofeedback-Therapeut M: norman@schmid-schmid.at 1
Inhalt Einführung und Geschichte von Biofeedback und Neurofeedback Psychophysiologische Stresstestung und spezielle psychophysiologische Diagnostik Integration von Biofeedback und Neurofeedback in ein Gesamtbehandlungskonzept Heimtraining Fallbeispiele 2
Geschichte des Biofeedback 3
Geschichte des Biofeedback 4
Geschichte des Biofeedback Erste erfolgreiche Biofeedback-Versuche in den 1960er Jahren in UdSSR (Lisina, 1960), Training der Vasokonstriktion der Finger Viselles Feedback, shock-escape und Vermeidungsprozedur USA, Florida (Kimmel & Hill, 1960), Selbstkontrolle der GSR Experimente zur operanten Konditionierung mit Ratten (N. E. Miller & DiCara, z.b. 1967) Nachweis, daß auch vegetative Funktionen (Herzfrequenz, Blutdruck, etc.) operant konditioniert werden können; Ausschaltung mediierender Variablen durch Curare 5
Geschichte des Biofeedback Neurofeedback EEG Studien seit den frühen 60er Jahren Neurofeedback (EEG) (z.b. Kamiya, 1969) Association for Applied Psychophysiology and Biofeedback (AAPB) gegründet 1969 als Biofeedback Research Society (USA) Verhaltensmedizin: 1973: Biofeedback-Behavioral Medicine (Lee Birk) 1977: Definition der Verhaltensmedizin bei der Konferenz an der Yale University 6
Biofeedback, Neurofeedback und das Nervensystem Neurofeedback ZNS (Gehirn) Biofeedback peripheres Nervensystem 7
Von der psychophysiologischen Diagnostik zur Biofeedback-Therapie 1. Psychophysiologische Diagnostik 2. Biofeedback: Erlernen der Kontrolle über bestimmte Körperfunktionen 3. Schulung der Körperwahrnehmung und Transfer in den Alltag 8
Psychophysiologische Diagnostik Ziele: Vulnerabilität in bestimmten Parametern feststellen Ruhewerte Reaktivitäts-Werte Erholungs-Werte Psychophysiologische Wechselwirkungen demonstrieren Ansatzpunkte für Biofeedback aufzeigen: gezielte Kontrolle (z.b. M. trapezius) allgemeine psychophysiologische Entspannung kognitive Umstrukturierung (Reattribution) 9
Psychophysiologische Diagnostik Ablauf der Messung Baseline/Entspannung, Augen offen 2 min Baseline/Entspannung, Augen geschlossen 2 min Stressor (z.b. Kopfrechnen) 2-4 min Entspannung, Augen offen 2 min Stressor Exploration 4 min Entspannung, Augen geschlossen 2 min Entspannung, Augen offen 2 min ca. 18 min 10
Psychophysiologische Stressdiagnostik 11
Kriterien der Parameter für Intervention gültig für Nexus-Systeme (Werte abhängig von Meßsystem und Patienten) Parameter Baseline Stress Erholung Therapieziel Feedback Atemform Brustatmung, unregelm. Atem Reduktion der Bauchatmung, unregelmäßig Brustatmung, keine Rückkehr zu Bauchatmung Ausbau der Bauchatmung, länger Ausatmung Atemkurve, Atemfrequenz, ev. mit EMG M. trapezius Atemfrequenz größer 18 AF Beschleunigung um mind. 5 AF keine Rückkehr zu Baseline Reduktion auf 6-8 Atemkurve, Atemfrequenz Hautleitwert über 4µS, Spontanflukt. (indiv. große Unterschiede) Verdoppelung der Werte (bei Werten bis 4µS) keine oder geringe Erholung Reduktion (unter 4µS) Hautleitwert (absolutes Niveau, Spontanfluktuationen) Handtemperatur kleiner 28 C Reduktion um mind. 1 C kein Anstieg, weitere Reduktion Erwärmung über 32 C Handtemperatur Pulsfrequenz über 80 bpm Anstieg um mind. 10bpm keine oder geringe Erholung Reduktion unter 75 bpm Puls, ev. mit Atmung (RSA) HRV Amplitude kleiner 10-15 Reduktion kleiner 10-15 HRV Amplitude steigern > 20-30 HRV, RSA 12
Kriterien der Parameter für Intervention gültig für Nexus-Systeme (Werte abhängig vonmeßsystem und Patienten) Parameter Baseline Stress Erholung Therapieziel Feedback EMG M. frontalis, (Filter schmal 100200 Hz) größer 1,5-2µV Steigerung um mind. 2µV oder Spannung größer 5µV keine Rückkehr zu Baseline, Spannung größer 2µV Reduktion unter 1, 5µV EMG schmal EMG M. trapezius (Filter schmal 100200 Hz) größer 2µV Steigerung um mind. 2µV oder Spannung größer 5µV keine Rückkehr zu Baseline, Spannung größer 2µV Reduktion unter 2,0 µv EMG schmal EMG breit (25-1000 Hz) größer 3-5µV Steigerung um mind. 2-3µV keine Rückkehr zu Baseline oder zu hoch Reduktion unter 3-5µV EMG breit EMG Hand-Hand (Oberkörper) 100-200Hz größer 5-8µV Steigerung um mind. 3µV keine Rückkehr zu Baseline oder zu hoch Reduktion unter 5µV EMG schmal 13
Spezielle Themen der psychophysiologischen Diagnostik Labor vs. Feld-Messung EMG Filter schmal und breit (EMG Spektralanalyse) EMG Ergonomie Diagnostik Reaktivitäten bei verschiedenen Stressoren Heimtraining Biofeedback und Neurofeedback 14
Labor-Messung Die Veränderung des Hautleitwertes bei einer psychophysiologischen Stresstestung 15
Messung im Feld Die Veränderung der Pulsfrequenz während einer Autofahrt bei einer Pat. mit Agoraphobie 16
Fallbeispiel Jennifer W.. Psychophysiologische Stressdiagnostik EMG M. masseter links, rechts 17
Fallbeispiel Jennifer W.. Psychophysiologische Stressdiagnostik EMG M. masseter links, rechts 18
Psychophysiologische Diagnostik EMG Filter 100-200 Hz 19
Psychophysiologische Diagnostik EMG Filter 25-1000Hz 20
Psychophysiologische Diagnostik EMG Filter 100-200 Hz 21
Psychophysiologische Diagnostik EMG Filter 25-1000Hz 22
Psychophysiologische Stressdiagnostik und Ergonomie-Diagnostik (Fallbeispiel Markus P.) 23
EMG Ergonomie Diagnostik Baseline/Entspannung Hände entspannt 2 min Hände auf Tastatur 1 min PC Text abschreiben 4 min Entspannung Hände entspannt 2 min 24
Fallbeispiel Markus P. Ergonomie Diagnostik 25
Reaktivität bei verschiedenen Stressoren Fallbeispiel Walter G.: Burnout,Z.n. Blinddarm Notoperation 26
Fallbeispiel Agoraphobie mit Panikstörungen (Thomas K.) Diagnosen, Hintergrund: 40 Jahre, verheiratet, Bereichsleiter einer Bank Diagnosen: Agoraphobie mit Panikstörung (F40.01) Spezifische Phobie (F40.2) (Höhen) Nichtorganische Insomnie (F51) Symptome, Verlauf : Situationen: Höhen, Lift, Gondel, Aufzug, Brücken, weit weg von zu Hause, einsame Plätze Symptome: Herzrasen,Schwitzen, kalte Hände, Schwindel Angst vor Herzinfarkt, umzufallen Vermeidungsverhalten sehr stark Schon vor ca. 10 Jahren Panikattacken, seit 1 Jahr wieder verstärkt 27
Fallbeispiel Thomas K. Ätiologie, Verlauf: Seit über 10 Jahren Panik mit starken Vermeidungsverhalten Schon früher Psychotherapie mit wenig Effekt Schon immer Grundängstlichkeit, pessimistische Lebenseinstellung Therapie: Angstmanagement Edukation (mit Psychophysiologie) Kognitive Therapie Konfrontation (auch gemeinsame Exposition Mountainbike) Biofeedback Atmung, RSA Neurofeedback 28
1. Psychophysiologisches Angstmanagement Information über Angst 2. 3. Demonstration psychophysiologischer Zusammenhänge Biofeedback-Therapie 4. Hintergründe Entstehung Einflussfaktoren Therapie-Möglichkeiten Atem-Biofeedback, EMG-Biofeedback, etc. Entspannung relevanter Parameter Entspannungstraining Progressive Muskelentspannung Bauch-Atemtraining... 29
5. Psychophysiologisches Angstmanagement Kognitive Therapie mit Biofeedback 6. Konfrontationstherapie (Angsthierarchie) 7. 8. Kognitive Umstrukturierung Selbstkontrolle erhöhen (self-efficacy) in sensu in vivo Hausübungen vorbereiten und besprechen Evaluation 30
Teufelskreis der Angst Auslöser (z.b. Stress, Sorgen) Körperliche Symptome Wahrnehmung Körperliche Veränderungen Gedanken ( Gefahr ) Angst Flucht, Vermeidung 31
Fallbeispiel Thomas K. Psychophysiologische Diagnostik 32
Fallbeispiel Thomas K. RSA Biofeedback 33
Fallbeispiel Thomas K. Neurofeedback-Diagnostik 34
Fallbeispiel Thomas K. Neurofeedback-Diagnostik NFB Diagnostik Fpz-Fz-Cz-Pz 18 16 14 Theta 12 Alpha 10 SMR 8 Beta 6 HiBeta 4 2 0 Fpz EO Fz EO Cz EO Pz EO Fpz EC Fz EC Cz EC Pz EC Alpha Verteilung frontal parietal ungünstig Hinweis auf Gedankenkreisen, Grübeln 35
Fallbeispiel Thomas K. Neurofeedback Alpha Training Alpha Amplitude Alpha Training Pz 5 4,5 4 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 Base NFB11 NFB12 NFB21 NFB22 20122011 18012012 36
Fallbeispiel Thomas K. Evaluation Therapieverlauf: Psychologische Therapie: 1. Phase: 13 Einheiten (davon 2 EH Diagnostik) 2. Phase: nach 3 Monaten wieder Verschlechterung (Jobstress, etc.), 13 Einheiten Neurofeedback Alpha-Training bzgl. Insomnie Nach der Therapie: Kaum Panikattacken, gut kontrollierbar (bereits im Anflug) Vermeidungsverhalten deutlich reduziert New York im Sommer mit Flug, Lift, etc.; war perfekt Kleiner Triathlon war sehr OK Schlaf deutlich gebessert 37
Neurofeedback: Die Gehirnwellen kontrollieren lernen 38
Frequenzbänder und ihre Bedeutung aus Demos, 2005 39
Grundlagen des EEG 1 Kanal-Messung 40
Neurofeedback 41
Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom Neuro-/Biopsychologischer Hintergrund von ADHS höherer Anteil langsamer Wellen bei ADHS erhöhte Theta-Aktivität (4-8Hz) mangelhafte SMR-Aktivität (13-15Hz) mangelhafte Beta Aktivität (13-20Hz) Bei Hyperaktivität: unzureichendes Verhaltenshemmsystem überaktives Verhaltensaktivierungssystem v.a. in frontalen und präfrontalen Arealen sowie in Verbindung zum limbischen System 42
Konzentrationsaufgabe: frontale Aktivierung von Theta A long-range cortical network emerging with theta oscillation in a mental task. Neuroreport. 15(8):1233-1238, June 7, 2004. Mizuhara, Hiroaki; Wang, Li-Qun; Kobayashi, Koichiro; Yamaguchi, Yoko 43
Theta/Beta bei ADHS und Kontrollgruppe aus Demos (2005) 44
Neurofeedback und Biofeedback bei ADHS aus Thompson & Thompson, 2003 45
Fallbeispiel ADHS Fall Michael 12 Jahre, 2. Hauptschule Diagnose ADHS und zentrale Koordinationsstörung mit Problemen der Fein- und Graphomotorik (Ambulatorium Sonnenschein, Befund 1. VS) keine Diagnose ADHS in Familie (Vater sei jedoch als Kind sehr aktiv, zappelig gewesen) bisherige Therapien Medikation (derzeit) Concerta 36mg 1-0-0 (retard) Ritalin ¼ - (¼) - 0 (ab 2. VS) Ergotherapie, Physiotherapie 46
Neurofeedback-Diagnostik 47 Michael: Rechnen fällt schwerer als Lesen.
Neurofeedback-Therapie Ablauf 1. Sitzung: NFB Diagnostik Neurofeedback-Therapie Gesamt 16 Sitzungen (15.5.-28.10.2008) Theta down Balken, Smiley Theta down/smr up Mazeman Space Invaders Kombination NFB und kognitive Aufgaben (Rechnen, Englisch Vokabel) 48
Therapieverlauf Veränderung Theta/Beta ratio theta/beta 4 3,5 3,5 3 3,04 2,98 2,83 2,79 2,5 2,4 2,23 2 2,14 2,29 2,07 Reihe1 1,5 1 0,5 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Veränderung der Theta/Beta ratio über den gesamten Therapieverlauf; Auswahl von 10 Sitzungen 49
Therapieverlauf Veränderung Theta/Beta ratio bei kognitiver Aufgabe Verlauf Theta/Beta 5,00 4,51 4,00 3,00 2,28 2,00 Reihe1 1,00 0,00 1 2 Theta/Beta ratio während kognitiver Aufgabe: 1: vor NFB (Lesen), 2: nach NFB (Englisch Vokabel lernen) 50
Therapieverlauf Subjektive Einschätzung bessere Konzentrationsfähigkeit auch über einen längeren Zeitraum weniger abdriften kann sich wieder zurückholen, wenn die Aufmerksamkeit abgleitet 51
Heimtraining Bio- und Neurofeedback 52
Curriculum Biofeedback & Neurofeedback Curriculum Biofeedback beim BÖP (ÖAP) Beginn jeden Herbst Curriculum Neurofeedback bei Dr. Schmid & Dr. Schmid Beginn März 2016 www.worklifebalance.at oder www.schmid-schmid.at Buchpräsentation abschalten & auftanken. 52 Übungen für Achtsamkeit & Co. Dienstag 10.11.2015 in Wien, Dombuchhandlung 53