IV. Die Folgen der Nichterfüllung von Pflichten. 1. Strafrechtliche Folgen. a. Echte Amtsdelikte



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Volker Geball Lüneburg ( v.geball@gmx.de ) Rechtliche Informationen für Karateka

Transkript:

- 25 - IV. Die Folgen der Nichterfüllung von Pflichten 1. Strafrechtliche Folgen a. Echte Amtsdelikte 331 StGB Vorteilsannahme 332 StGB Bestechlichkeit 339 StGB Rechtsbeugung 340 StGB Körperverletzung im Amt 343 StGB Aussageerpressung 344 StGB Verfolgung Unschuldiger 345 StGB Vollstreckung gegen Unschuldige 348 StGB Falschbeurkundung im Amt 353 StGB Abgabenüberhebung 353 b StGB Verletzung des Dienstgeheimnisses 357 Abs. 2 StGB Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat b. Unechte Amtsdelikte 120 StGB Gefangenbefreiung 133 StGB Verwahrungsbruch 267 Abs. 3 Nr. 4 StGB besonders schwerer Fall der Urkundenfälschung 258a StGB Strafvereitelung im Amt 2. Disziplinarrechtliche Folgen s.u. unter V. 3. Haftungsrechtliche Folgen Bei Pflichtverletzungen kann der Beamte nach 48 BeamtStG haften, der die Haftung des Beamten gegenüber dem Dienstherrn abschließend regelt (d.h. ein Rückgriff auf andere Haftungsgrundlagen ist nicht möglich). Zu Schäden beim Dienstherrn, für die der Beamte haften kann, kann es auf zweifache Weise kommen: Der Beamte kann durch Pflichtverletzung das Vermögen des Dienstherrn unmittelbar schädigen. Diese Schäden nennt man Eigenschäden (Bsp.: ein Beamter beim Landesamt für Besoldung und Versorgung LBV überweist eine zu hohen Gehaltszahlung an einen Angestellten).

- 26 - Außerdem kann der Dienstherr mittelbar geschädigt werden. Das ist der Fall, wenn ein Beamter einem Dritten einen Schaden zufügt, der vom Dienstherrn zu ersetzen ist hier spricht man von Fremd-, oder Drittschäden (Bsp.: ein Polizeibeamter zerstört durch einem Warnschuß die Fensterscheibe eines Privathauses). Der Schadensersatzanspruch des Dienstherrn für Eigen- oder Fremdschäden nach 48 BeamtStG besteht unter folgenden Voraussetzungen: Der Anspruchsgegner muß Beamte im staatsrechtlichen Sinne sein. Der Beamte muß eine Pflichtverletzung begangen haben. Häufig betroffen ist die Pflicht, bei der Amtsführung das Vermögen des Dienstherrn und Dritter vor Schäden zu bewahren. Zu den Pflichtverletzungen im übrigen s.o. Der Beamte muß rechtswidrig gehandelt haben. Die Rechtswidrigkeit der Pflichtverletzung wird indiziert. Ausnahmsweise kann das Vorgehen des Beamten aber durch Rechtfertigungsgründe gerechtfertigt sein. Der Beamte muß schuldhaft (vorsätzlich oder grob fahrlässig) gehandelt haben. Dem Dienstherrn muß ein Schaden entstanden sein, der adäquat kausale Folge der Pflichtverletzung ist. Anspruchsberechtigt ist derjenige Dienstherr, dessen Aufgabe der Beamte wahrgenommen hat. Definition der einzelnen Merkmale: Verschulden: Das erforderliche Verschulden umfaßt i.r.d. 48 BeamtStG lediglich Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, nicht aber einfache Fahrlässigkeit. Es muß sich nur auf die Verletzung der Dienstpflicht beziehen, nicht aber auf die schädigende Wirkung, die Art und den Umfang des eingetretenen Schadens. Daher ist nicht erforderlich, der Beamte sich der Herbeiführung eines Schadens bewußt war oder diesen Erfolg beabsichtigt hat. Vorsätzlich handelt der Beamte, wenn er bewußt und gewollt den Tatbestand verwirklicht, der seine Pflichtverletzung ausmacht und wenn er sich der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens bewußt ist. Fahrlässiges Verhalten liegt vor, wenn der Beamte die Verletzung der Dienstpflicht hätte erkennen und die Pflichtverletzung durch entsprechende Maßnahmen hätte verhindern können. Grob fahrlässig handelt der Beamte, wenn er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht läßt, d.h. nicht beachtet, was jedermann (in der konkreten Situation und nicht erst im Nachhinein) hätte klar sein müssen, wenn er nur die einfachsten und naheliegenden Erwägungen angestellt hätte. Dabei

- 27 - reicht es nicht aus, das Verhalten objektiv grob fehlerhaft war, sondern der Beamte muß sich auch subjektiv über Gebote und Einsichten hinweggesetzt haben, die sich ihm in der konkreten Situation hätten aufdrängen müssen. Im Unterschied dazu sind insbesondere kurzfristige Fehlreaktionen in der Regel keine grobe Fahrlässigkeit. Beispiele für grobe Fahrlässigkeit: grundlos von einer klaren Weisung abweichen, wegen überhöhter Geschwindigkeit auf die Gegenfahrbahn geraten, ohne Sondersignaleinsatz bei rot über die Kreuzung fahren, Dienstwagen mit falschen Kraftfahrstoff betanken. Zur Prüfung des Verschuldens gehört auch, ob Schuldausschließungsgründe (z.b. entschuldigender Notstand, Schuldunfähigkeit) vorliegen. Schaden: Als Schaden versteht man den Unterschied zwischen der Vermögenslage des Dienstherrn, wie sie sich infolge der schuldhaften Dienstpflichtverletzung gestaltet, und derjenigen, die ohne das schädigende Ereignis bestünde (sog. Differenzmethode). Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden: Der dem Dienstherrn entstandene Schaden ist dann adäquat kausale Folge der Pflichtverletzung des Beamten, wenn die Pflichtverletzung nicht hinweggedacht werden kann, ohne der Erfolg entfiele (conditio sine qua non), und der Schadenseintritt nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt (Adäquanz, wertende Korrektur der conditio sine qua non). Die Kausalität ist gegeben, wenn im allgemeinen, bei regelmäßigen Verlauf der Dinge und nicht bloß bei eigenartigen und besonders gelagerten Umständen die Handlung oder Unterlassung des Beamten geeignet war, den Schaden in einem adäquaten Kausalzusammenhang herbeizuführen. Die Adäquanz ist nur ausnahmsweise zu verneinen, z.b. wenn eine Dienstreise pflichtwidrig zu früh angetreten wird und die Fahrt zum gewählten Zeitpunkt nicht gefährlicher ist als zur angeordneten Zeit. Nur in Einzelfällen bei besonders hohen Schäden kann das beidseitige Treueverhältnis und die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht es angemessen erscheinen lassen, den Ersatzanspruch nach Maßgabe des Haushaltsrechts ( 58, 59 LHO) nur in begrenztem durchzusetzen, so die Lebenshaltung und die Dienstfreude des Beamten nicht in unerträglicher Weise beeinträchtigt werden. Haben mehrere Beamten den Schaden gemeinsam verursacht, haften Sie als Gesamtschuldner, 48 S. 2 BeamtStG, d.h. jeder haftet gegenüber dem Dienstherrn in voller Höhe, der Dienstherr kann den Schaden aber insgesamt nur einmal fordern (d.h. entweder ganz vom einem Gesamtschuldner oder anteilig von mehreren Gesamtschuldnern bis zur Summe des gesamten Schadens). Dennoch kann der Dienstherr nicht beliebig entscheiden, welchen

- 28 - Gesamtschuldner er in welcher Höhe in Anspruch nimmt. Er muß aufgrund seiner Fürsorgepflicht sein Auswahlermessen zwischen den Gesamtschuldnern pflichtgemäß ausüben, dabei sind insbesondere die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Gesamtschuldner zu berücksichtigen. Ansprüche nach 48 BeamtStG verjähren in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Dienstherr von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in zehn Jahren von der Begehung der Handlung an, 96 Abs. 2 LBG. Der Dienstherr hat drei Möglichkeiten, wie er den Schadensersatz geltend machen kann: Er kann gegen Besoldungs- oder Versorgungsansprüche des Beamten (bei grober Fahrlässigkeit nur bis zur Grenze des pfändbaren Teils der Bezüge) aufrechnen, 11 Abs. 2 BBesG, 51 Abs. 2 BeamtVG. Zuvor ist der Haftungsbetrag jedoch durch Verwaltungsakt festzustellen. Die Aufrechnung darf dann erst nach Unanfechtbarkeit dieses Verwaltungsaktes erklärt werden. Er kann die Schadensersatzforderung durch Leistungsbescheid geltend machen (außer im Fall eines Rückgriffs nach Art. 34 S. 3 GG). Er kann Leistungsklage gegen den Beamten erheben. Handelt es sich um den Regreß von Fremdschäden, sind hierfür die Landgerichte zuständig (Art. 34 S. 3 GG, 71 Abs. Nr. 1 GVG), im übrigen die Verwaltungsgerichte ( 54 BeamtStG). Prüfungsaufbau Frage: Hat der Dienstherr D gegen den Beamten B einen Anspruch auf Ersatz des Schadens? Lösung: Als Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch des D gegen B kommt ausschließlich 48 BeamtStG in Betracht, der die Schadensersatzverpflichtung des Beamten gegenüber dem Dienstherrn abschließend regelt. Nach 48 BeamtStG hat D gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn B Beamter im statusrechtlichen Sinne ist, dem D aus einer rechtswidrigen und vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Dienstpflichtverletzung des B ein Schaden entstanden ist, der adäquat kausal auf der Dienstpflichtverletzung beruht, und der B die Aufgaben des D wahrgenommen hat, als er die Pflichtverletzung begangen hat. (1) Beamter im statusrechtlichen Sinne (2) Dienstpflichtverletzung

- 29 - (3) Rechtswidrigkeit der Dienstpflichtverletzung (4) Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf die Dienstpflichtverletzung (5) Schaden (6) Kausalität zwischen Dienstpflichtverletzung und Schaden (7) Wahrnehmung der Aufgaben des D (8) Ergebnis: D hat gegen B einen Anspruch auf Ersatz des Schadens gemäß 48 BeamtStG. 4. Dienstliche Folgen a. Verlust der Dienstbezüge Besteht die Pflichtverletzung in einem schuldhaften Fernbleiben vom Dienst, verliert der Beamte seine Bezüge für die Zeit des Fernbleibens, 9 S. 1 BBesG i.v.m. 106 LBG, 1 LBesG. Dies gilt auch bei einem Fernbleiben vom Dienst für Teile eines Tages, 9 S. 2 BBesG. Der Verlust der Dienstbezüge muß festgestellt werden, 9 S. 3 BBesG. Die kleinste Zeiteinheit, für die der Verlust der Dienstbezüge ausgesprochen werden kann, ist die Stunde. Ein Verschulden setzt vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten voraus; leichte Fahrlässigkeit reicht. Ist der Beamte dienstunfähig, liegt kein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst vor, selbst, wenn er die Dienstunfähigkeit verschuldet hat. Verletzt der Beamte allerdings seine Pflicht, an der Feststellung seines Gesundheitszustands mitzuwirken, kann dies ein wichtiges Indiz dafür sein, er dienstfähig ist und sein Fernbleiben vom Dienst unerlaubt war. Bleibt ein Beamter ohne Urlaubsbewilligung oder trotz verweigerter Urlaubsbewilligung dem Dienst fern, ist dies ebenfalls schuldhaft. Wenn sich an Zeiten unerlaubten Fernbleibens vom Dienst dienstfreie Tage anschließen, kann der Beamte auch für diese Tage seine Bezüge verlieren, wenn die Zeit des Fernbleibens vom Dienst und die dienstfreien Tage als ein zusammengehörender Vorgang anzusehen sind. Befindet sich ein Beamter in (Untersuchungs-) Haft, bleibt er nicht ohne Genehmigung dem Dienst fern. Während seines Gefängnisaufenthalts ist er nicht dienstpflichtig; er hat während der Zeit der Inhaftierung Anspruch auf Dienstbezüge. Der Beamte kann nicht gezwungen werden, seinen Dienstleistungspflichten nachzukommen. Die Dienstleistungspflicht ist somit nicht vollstreckbar. Es besteht lediglich die Sanktionsmöglichkeit nach 9 BBesG.

- 30 - b. Mißbilligung Bei geringfügigen Pflichtverletzungen, die keine der im Katalog des LDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen rechtfertigen, kann eine Mißbilligung ausgesprochen werden. Rechtsgrundlage hierfür ist die Geschäftsleitungs-, Weisungs- und Aufsichtsbefugnis des Dienstherrn. Bei der Mißbilligung handelt es sich nicht um eine Disziplinarmaßnahme, sondern um eine Maßnahme eigener Art, gegen die Widerspruch und Anfechtungsklage statthaft sind. Einfache, auf die Amtsführung bezogene mißbilligende Äußerungen des Dienstvorgesetzten berühren dagegen keine subjektiv öffentlichen Rechte des Beamten, so ihm insoweit kein verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz zusteht. c. Verbot der Führung der Dienstgeschäfte Pflichtverletzungen des Beamten können ein Vorbot der Führung der Dienstgeschäfte (häufig als Zwangsbeurlaubung bezeichnet) rechtfertigen, 39 BeamtStG, 78, 144 LBG. Voraussetzung sind zwingende dienstliche Gründe. Zwingende dienstliche Gründe liegen vor, wenn es dem Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann, die Dienstgeschäfte durch den Beamten fortsetzen zu lassen. Dies kann z.b. bei Verdunkelungsgefahr, der naheliegenden Möglichkeit weiterer Dienstpflichtverletzungen sowie beim dringenden Verdacht einer schwerwiegenden Straftat oder eines Dienstvergehens der Fall sein, wenn sich dies auf die weitere Dienstausübung auswirkt. Auf der Rechtsfolgenseite ist der zuständigen Stelle unechtes Ermessen eingeräumt. Wenn zwingende dienstliche Gründe vorliegen, muß in der Regel das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte verfügt werden. Dieses muß aber verhältnismäßig sein. Daher ist zu prüfen, ob den dienstlichen Bedürfnissen nicht mit milderen Mittel (z.b. Umsetzung, Änderung der Geschäftsverteilung etc. bestehen) entsprochen werden kann. Der Beamte ist, wenn möglich, vor Erlaß des Verbots anzuhören, 78 Abs. 2, 144 Abs. 2 LBG. Der dienstenthobene Beamte hat grundsätzlich weiterhin alle Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis; er darf lediglich die Dienstgeschäfte nicht mehr führen. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.

- 31 - Prüfungsaufbau- Perspektive ex ante Frage: Kann der Dienstvorgesetzte D dem B die Führung der Dienstgeschäfte verbieten? Lösung: D kann dem B die Führung der Dienstgeschäfte verbieten, wenn er sich auf eine Rechtsgrundlage stützen kann, welche es erlaubt, dem B die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Als Rechtsgrundlage kommt vorliegen 39 BeamtStG i.v.m. 78/ 144 LBG in Betracht. (1) Zu beachtende formelle Voraussetzung Gemäß 144 LBG ist für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde, bei Gefahr im Verzug auch jeder Dienstvorgesetzte für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte zuständig. Nach [ ] BeamtZVO [ ]. B ist, wenn möglich, vor Erlaß des Verbots anzuhören, 144 Abs. 2 LBG. (2) Materielle Voraussetzungen 39 BeamtStG verlangt als Tatbestandsvoraussetzung, zwingende Dienstliche Gründe vorliegen. Zwingende dienstliche Gründe liegen vor, wenn [Definition]. Vorliegend [Subsumtion]. Somit liegen zwingende dienstliche Gründe vor. (3) Verhältnismäßigkeit Auf der Rechtsfolgenseite ist der zuständigen Stelle (unechtes) Ermessen eingeräumt. Wenn zwingende dienstliche Gründe vorliegen, muß in der Regel das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte verfügt werden. Dieses muß aber verhältnismäßig sein. Dies ist dann der Fall, wenn es geeignet, erforderlich und angemessen ist, um den angestrebten Zweck zu erfüllen (= Definition). Die Geeignetheit ergibt sich schon daraus, zwingende dienstliche Gründe vorliegen. Erforderlichkeit setzt voraus, es kein milderes Mittel gibt, mit dem der verfolgte Zweck nicht ebenso gut erreicht werden kann (= Definition). Als mögliche mildere Mittel kommen vorliegend dienstliche Maßnahmen wie Umsetzung, Abordnung oder Versetzung in Betracht. Vorliegend [ ]. Angemessen ist eine Maßnahme dann, wenn der mit ihr verbundene Eingriff in die Rechte des Betroffenen nicht außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Zweck steht (= Definition). Vorliegend [ ]. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte wäre somit verhältnismäßig. (4) Ergebnis D bzw. eine andere zuständige Stelle kann dem B die Führung der Dienstgeschäfte verbieten.

- 32 - Prüfungsaufbau Perspektive ex post Frage: D hat dem B die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Kann B hiergegen mit Erfolg Rechtsmittel einlegen? Lösung: Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist ein belastender Verwaltungsakt, gegen den Widerspruch und Anfechtungsklage statthaft sind. Die Rechtsmittel haben Aussicht auf Erfolg, wenn das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtswidrig ist und den B in seinen Rechten verletzt. I. Rechtmäßigkeit des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist nur dann rechtmäßig, wenn es auf einer Ermächtigungsgrundlage beruht und sowohl in formeller als auch materieller Hinsicht rechtmäßig ist. 1. Ermächtigungsgrundlage 39 BeamtStG i.v.m. 144 LBG 2. Formelle Rechtmäßigkeit Zuständigkeit ggf. Anhörung nach 144 Abs. 2 LBG 3. Materielle Rechtmäßigkeit Es müssen zwingende dienstliche Gründe für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn [Definition]. Vorliegend [Subsumtion]. Zwingende dienstliche Gründe lagen somit vor/nicht vor. 4. Verhältnismäßigkeit Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte müßte verhältnismäßig sein. Das ist dann der Fall, wenn [Definition]. Vorliegend [Definition]. Somit ist das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte verhältnismäßig/nicht verhältnismäßig. Das gegen B erlassene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist daher rechtmäßig/rechtswidrig. II. Verletzung in eigenen Rechten Adressatentheorie III. Ergebnis Da das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtmäßig ist, haben Rechtsmittel des B hiergegen keine Aussicht auf Erfolg./Da das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtswidrig ist und den B in seinen Rechten verletzt, haben Rechtsmittel des B hiergegen Aussicht auf Erfolg.

- 33 - d. Umsetzung, Abordnung, Versetzung Als weitere Reaktion auf Pflichtverletzungen kommen auch Umsetzung, Abordnung und Versetzung in Betracht, wobei jeweils eigenständig zu prüfen ist, ob diese zulässig sind.