Social Customer Care Integration von Social Media in die CRM-Prozesse am Beispiel der Deutschen Post 1. Einführung Immer mehr Kunden und User nutzen Social Media insbesondere Facebook, Twitter, Youtube, Blogs und Foren, um Fragen zu Produkten und Leistungen zu stellen, Rat einzuholen, sich zu beschweren. Neben dieser aktiven Nutzung gibt es mehrere Millionen Kunden und User, die diese Beiträge lesen und damit in ihrem Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess beeinflusst werden. Das Brand Science Institute zeigt in seiner aktuellen Studie die Notwendigkeit von Social Media Customer Care auf: Drei Viertel der Nutzer sind enttäuscht über die mangelnde Dialogorientierung und den geringen Service von Unternehmen in Sozialen Medien. Bislang beruhen die Social-Media- Aktivitäten vieler Unternehmen auf reinem Aktionismus, so Dr. Nils Andres, Geschäftsführer des Brand Science Institute. Der vorliegende Beitrag zeigt Herausforderungen wie auch Lösungsansätze auf und erläutert, wie die Deutsche Post diese Entwicklung bei der Einführung des E-Postbriefes durch ein Social Media Customer Care-Systems aktiv und erfolgreich aufnehmen konnte. 2. Corporate Social Media Management 1 Nach der Experimentierphase und dem häufigen Blindflug ist im Bereich Social Media eine Professionalisierung durch Systematisierung und Operationalisierung notwendig. Für jeden Anwendungsbereich sind vier Kernfragen zu beantworten: Concept: Welche Ziele verfolgt das Social Media Engagement mit welcher Strategie? Controlling: Wie kann die Maßnahmenwirkung und Zielerreichung gemessen werden? Conduct: Wie wird der Einsatz welcher Werkzeuge in welchen Prozessen gesteuert? Competence: Wie wird die (Social-)Medienkompetenz aller Beteiligten sichergestellt und welche Aufgaben sind vor diesem Hintergrund besser durch Dienstleister abzuwickeln (Make-Or-Buy)? Als erfolgskritisch stellt sich vor allem das Conduct-Thema Social Media Governance heraus, das im Sinne der zielgerichteten Einbindung von Social Media in die Prozesse und Strukturen der Unternehmen aufzufassen ist. Ebenso relevant ist auch das Social Media Measurement, womit eine systematische, maßnahmenübergreifend vergleichbare Messung und Optimierung ermöglicht wird. Der Corporate Social Media Management Cube zeigt die verschiedenen Dimensionen auf (Abb. 1 ): 1 Siehe auch Social Media Excellence-Kreis www.. Hier finden Sie auch Informationen zu B.I.G. Social Media Metrics und den entsprechenden Vorgehensmodellen.
Um sich der Herausforderung der Enterprise-Ebene zu stellen, bedienen sich Unternehmen bei Werkzeugen und Services aus drei Lösungsbereichen: der Social Media Intelligence ( listen&learn /Measurement), des Social Media Engagement ( engage&reply ) und der Social Media Governance (Prozesse, Policies, Training, Beratung). Für Customer Care bedeutet dies neben der grundlegenden Werkzeugunterstützung die systematische Abstimmung, Integration und Steuerung von Social Media in die bestehende Serviceund CRM-Landschaft. Social Media sollte aus Sicht des Customer Service keinesfalls als etwas verstanden werden, das alle Regeln und Prozesse in der Kundenkommunikation auf den Kopf stellt. Das Social Web stellt einen neuen Kundenkanal dar, den es zu integrieren und orchestrieren gilt. Allerdings sind dabei auch die Spielregeln des Social Web hinsichtlich Ansprache, Kommunikationsstil und Schnelligkeit zu beachten. 3. Social Media Customer Care bei der Deutsche Post am Beispiel der Einführung des E-Postbriefes 3.1. Herausforderung und Ziele Im Vergleich zu Kundenkanälen wie Call Center oder E-Mail sind Social Media mit ihrer Vielzahl von Quellen und Kommunikationsmöglichkeiten ungleich schwerer in den Blick zu bekommen und wesentlich dynamischer. Der Customer Service steht damit vor der Herausforderung in den Weiten der digitalen Kommunikation schnell und zuverlässig die relevanten Beiträge (Fragen, Beschwerden, etc.) zu identifizieren, zu bewerten und ggf. medien-adäquat zu beantworten. Vor der Einführung einer Social Media Customer Care-Lösung wird geklärt, welche CRM-Ziele das Unternehmen in diesem Bereich verfolgt und welche Servicemaßnahmen einen Zielerreichungsbeitrag über Social Media leisten können. Bei der Deutschen Post sind dies aus Unternehmenssicht:
Kundendialog: durch gezieltes Eintreten in die Diskussion mit den Kunden kritische und kaufhemmende Meinungen einfangen und Kaufentscheidungen positiv beeinflussen Krisenmanagement: Abwenden von irreparablen Reputationsschäden durch Diskussionen und Threads mit negativer Tendenz Wertsteigerung: Verbesserungsvorschläge aus dem Kundendialog aufnehmen und somit das Produkt weiterentwickeln, ein positives und innovatives Gesamtbild des Produktes in den Social Media schaffen Aus Kundensicht: Erreichbarkeit: Kunden, die den Kontakt suchen, finden in ihrem bevorzugten Kanal einen kompletten Ansprechpartner, der Kundenservice ist sofort und unkompliziert erreichbar Zuverlässigkeit: der Ansprechpartner im Kundenservice übernimmt die vollständige Verantwortung für die Bearbeitung des Anliegens und löst es mit gleichbleibend hoher Qualität Reaktionsgeschwindigkeit: dank ausdefinierter Prozesse, wird eine schnellstmögliche Bearbeitung der Anliegen garantiert Der Erfolg eines solchen Social CRM muss sich an diesen Zielen messen lassen. Hierzu sind entsprechende KPIs zu definieren, die Ziele zu operationalisieren und die Zielerreichungsgerade zu messen. 3.2. Die Lösung Um den gesamten Prozess durchgängig und effizient zu steuern wurde eine End-to-End-Social Media Management-Lösung eingeführt (Abb. 2). Sobald ein relevanter Beitrag zum E-Postbrief in den Social Media auftaucht, wird er im Social Media Intelligence Prozess erfasst, Relevanz und Tonalität bewertet und an das Social Media-Team zur
Bearbeitung weitergeleitet (Werkzeuge: B.I.G. Monitor und Cockpit). Die Bewertung erlaubt eine Priorisierung der Bearbeitung von Kundenanfragen. In der Social Media Engagement Lösung erhält der Customer Care Agent die priorisierten Beiträge in seinem Posteingang (analog z.b. Outlook) und kann auf den Beitrag direkt reagieren (Werkzeug: B.I.G. Dialog). Ein Autoposting -Werkzeug veröffentlicht seine Antwort automatisch in der Quelle des Kundenbeitrags, so dass der Agent mit der Anfrage genau wie mit einer Email verfahren kann. Eine entsprechende Rollen- und Wokflow-Funktionalität steuert systematisch den Prozess. Zum Controlling der Zielerreichung (Teil der Social Media Governance die OLAP-basierte Intelligence- Komponente Kennzahlen wie beispielsweise Zeit von der Erfassung des Posts bis zur Beantwortung, Anzahl und Tonalität der Reaktionen auf die Antwort, Anzahl Beschwerden Twitter/ Beschwerden aller Social Media-Beiträge oder Anzahl positiver Beiträge/ alle Beiträge. Aber auch Kanalübergreifende Kennzahlen wie Anzahl Beschwerde Social Media/ Beschwerden Call Center oder Anzahl Beiträge Social Media/ Anzahl E-Mails sind wichtige Metriken für ein ganzheitliches CRM. 3.3. Ergebnisse Das Engagement mittels der Social Media Customer Care-Lösung nahmen viele Nutzern sehr positiv auf. Die Möglichkeit zur professionellen, einfachen und schnellen Interaktion mit er Deutschen Post wurde entsprechend innerhalb der Social Media lobend hervorgehoben (Abb. 3). Auch bei den Mitarbeitern der Deutschen Post rief Social Media Customer Care-Lösung aufgrund der einfachen (Email-ähnlichen) Handhabung und hohen Usability ebenfalls sehr gute Reaktionen hervor. In Infolge des positiven Erfahrungen aus allen Seiten erfolgt eine Weiterentwicklung und ein Roll-out der Lösung im Konzern.
Es zeigte sich, dass Unternehmen in der noch recht frühen Phase von Social Media mit einer klaren Zielsetzung und einer entsprechenden Social CRM-Lösung die Kundenzufriedenheit nachhaltig steigern können. In ein paar Jahren wird diese Art des Customer Service vermutlich selbstverständlich sein und ggf. das Fehlen negativ auffallen. 4. Lessons Learned Um erfolgreich Social CRM einzuführen und zu leben, bedarf es mehr als einer Technologie. Alle 4 C s (Concept, Controlling, Conduct und Compentence, vgl. Einleitung) müssen entsprechend gestaltet und umgesetzt werden, wie die Abbildung 4 es für den Fall des E-Postbriefes zusammenfasst. Nur so kann gewährleistet werden, dass das Engagement auf die CRM-Ziele des Unternehmens einzahlt, in der Organisation verankert und systematisch über die Zeit hinweg optimiert wird. Neben der organisatorischen und technologischen Komponente, lassen sich konkrete Lessons Learned des beschriebenen Cases wie folgt zusammenfassen: Namen reichen: Als Legitimation, für die Deutsche Post zu arbeiten, reicht das posten mit eigenem Namen aus. Bis heute gibt es keine Anfrage von Kunden, die die Legitimation der Agenten in Frage stellen. O-Ton manchmal grausam: Nicht alles ernst nehmen. Erst wenn Beiträge eine zu große Relevanz bekommen intervenieren. Mengenverteilung: Aufkommen ist nicht analog zum Call Center planbar. Durch proaktive Kommunikation ist Auslastung steuerbar. Kritische User: User im Social Web sind sehr kritisch und Informationen müssen entsprechend detaillierter sein als in der klassischen Kommunikation. Das hat Implikationen auf die Prozesse im ganzen Unternehmen. Auch müssen Social Media Agents besser ausgebildet sein als ein Call Center Agent. Facebook und Twitter:... reichen nicht aus, um alle Kundengruppen zu bedienen und um Intervention zu betreiben. Auch wenn im Wesentlichen nur Youtube, Facebook und Twitter
aktiv bespielt wurden, kam die aktive und reaktive Kommunikation auch auf anderen Kanälen wie z.b. Wer weiss was, Gute Frage oder anderen Communities und Blogs. Die unternehmenseigenen Accounts:... reichen für das Monitoring nicht aus. Interessenten und Kunden adressieren nicht nur die dezidierten Unternehmenskanäle wie z.b. die Fanpage auf Facebook oder den Twitter-Account der Post. Vielmehr werden andere häufig auch die eigenen Accounts für die Kommunikation genutzt. Das Monitoring muss damit sowohl auf einer bestimmten Social Media-Quelle, aber auch Quellen-übergreifend offen die gesamte Kommunikation erfassen. Mit der beschriebenen Social Responsiveness können Unternehmen Kundennähe und Service- Orientierung demonstrieren. Gerade in einer Zeit, in der das Gros der Unternehmen Social Media ignoriert und die Kunden sehr unzufrieden über diese fehlende Partizipation sind.