Effizienz. Service. Qualität. Managementleitfaden. Großhandel und Distribution. Großhandel und Distribution



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Transkript:

Managementleitfaden Großhandel und Distribution Markus Backes Thomas Brauchle Dr. Andreas Brügger Jochen Hampe Dr. Volker Lange Dr. Dieter Lindener Stefan Martin Christian Meiß Sören Moorahrend Silvia Peschkes Katrin Springob Prof. Dr. Peter Winkelmann Großhandel und Distribution Erfolgsfaktoren im internationalen Wettbewerb Qualität Effizienz Service

Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, laut einer Studie des Bundesverbands des Deutschen Großund Außenhandels (BGA) legte der Großhandel innerhalb der ersten drei Quartale im Jahr 2005 um rund 5,2 Prozent zu. Zwar sinken die Zuwächse leicht, doch für eine Branche im Umbruch sind das gute Zahlen. Der zunehmende Druck des internationalen Wettbewerbs und der Trend, den Einzelhandel und Großbetriebe direkt anzusprechen, hat viele Großhändler wachgerüttelt denn Veränderungen bergen immer auch Chancen. Der Großhandel hat die Notwendigkeit erkannt, seine Rolle am Markt stärker zu betonen. Dabei spielt der Einsatz von Informationstechnologien (IT) eine wichtige Rolle. Customer-Relationship-Management- Lösungen helfen beispielsweise, Marktpotenziale leichter zu erkennen und sich auf wirklich wichtige Dinge wie Kundenbeziehungen zu konzentrieren. Angesichts stetig sinkender Margen bleibt auch das Thema Kostenreduktion im Gespräch. Dank neuer Technologien wie dem E-Commerce sinkt etwa der Aufwand für die Produktpräsentation. Statt in veralteten Produktkatalogen zu blättern, finden Kunden im Internet aktuelle Informationen vor. Die Prozessintegration von Industrie und Einzelhandel vermeidet hingegen Doppeleingaben entlang der Lieferkette und reduziert die Arbeitsbelastung durch überflüssigen kaufmännischen Schriftverkehr. Ohne moderne Technik ist es letztlich auch kaum möglich, die steigenden gesetzlichen Anforderungen, die in vielen Branchen hinsichtlich Produktdokumentation und Chargenverfolgung mittlerweile gelten, zu erfüllen. Wir sind sicher, dass Sie in den Fachbeiträgen und Praxisberichten genügend Anregungen und Ideen finden, um Ihr Unternehmen sicher auf künftige Herausforderungen vorzubereiten. Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen Peter Ruchatz Direktor Microsoft Business Solutions, Microsoft Deutschland GmbH

2 Inhalt Peter Ruchatz: Vorwort Seite 1 Die Situation: Quo vadis Großhandel? Jochen Hampe Der Großhandel wird sich vom Händler zum Dienstleister entwickeln Seite 4 7 Prof. Dr. Peter Winkelmann Die fünf Erfolgsfaktoren für das Kundenmanagement im Großhandel Seite 8 11 Dr. Volker Lange/Christian Meiß RFID im Fokus logistischer Prozesse Ansprüche und Realität Seite 12 15 Dr. Andreas Brügger Qualitätsmanagement mit integrierter Rückverfolgbarkeit Seite 16 19 Die Perspektiven: Erfolgsfaktoren für den Großhandel Dr. Dieter Lindener Vertriebssteuerung und Kostendisziplin traditionelle Konzepte neu definiert Seite 20 23 Silvia Peschkes/Markus Backes Kundenbeziehungsmanagement mehr Erfolg mit loyalen Kunden Seite 24 27 Thomas Brauchle/Stefan Martin Lagerdurchlaufzeiten optimieren und Kapitalbindung reduzieren Seite 28 31

Inhalt 3 Sören Moorahrend Produktplanung vorhandene Potenziale gezielt nutzen Seite 32 35 Katrin Springob Leistungsfähiges Qualitätsmanagement mit integrierter Rückverfolgbarkeit Seite 36 39 Die Praxis: Lösungen und Partner Lothar Fander Kosten senken durch effizienteres Forderungsmanagement Seite 40 41 Florian Wonneberg Qualität versus Sparen Seite 42 43 Eric Snijer Potenzialausschöpfung und Vertriebssteuerung durch CRM Seite 44 45 Peter Keßler Kundenbindung erhöhen mit CRM-Plattformen Seite 46 47 Rainer Utz Prozessoptimierung wirtschaftlicher und einfacher arbeiten Seite 48 49 Ingo Thomas Ausgereifte Logistik senkt Kosten im Gesundheitswesen Seite 50 51 Manfred Steffens Bits und Bikes Logistik beim Polo Expressversand Seite 52 53 Thomas Wörner Kunden- und Lieferantenbeziehungen Seite 54 55 Roland Ackva Von der Abfüllung in den Weinkeller Seite 56 57 Bettina Stubenrauch Qualitätsmanagement mit lückenloser Chargenrückverfolgung Seite 58 59 Partnerprofile/Impressum Seite 60 63

Zur Person: Jochen Hampe (52), Geschäftsführer von REtailer-conSULT (Rösrath bei Köln), berät Handelsfirmen in Strategie und Prozessoptimierung. Zuvor war er Vorstand eines Großhandelsunternehmens im Baustoffbereich mit rund 300 Mitarbeitern. Er hat langjährige Handelserfahrung aus internationalen Beratungsfirmen und im kooperativen Umfeld als Geschäftsführer der Unternehmensberatung eines Genossenschaftsverbands. Jochen Hampe Der Großhandel wird sich vom Händler zum Dienstleister entwickeln Der Großhandel steht vor Umbrüchen, die andere Branchen bereits hinter sich haben. Tendenzen, den Großhandel auszuschalten, werden sich verstärken, wenn er sich nicht mit neuer Wertschöpfung für Kunden und Lieferanten positioniert. Die Prognosen der Banken werfen ein Schlaglicht darauf, wohin sich der Großhandel vermutlich entwickeln wird. Ihre Einschätzung wird wiederum in Zeiten von Basel II durch ihre Kreditvergabepolitik die künftige Entwicklung beeinflussen und verstärken. Im Branchenreport 513 der Dresdner Bank heißt es zu den langfristigen Tendenzen im Großhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren: Der nominale Großhandelsumsatz mit Erzeugnissen der Ernährungsindustrie... ist seit Mitte der neunziger Jahre... um gut acht Prozent geschrumpft... Hauptgrund für die insgesamt rückläufige Umsatzentwicklung... ist, dass der nur von wenigen großen Anbietern dominierte Lebensmitteleinzelhandel den Großhandel durch Direktabnahme beim Hersteller in immer stärkerem Maße umgangen hat. Verstärkt wird diese Tendenz zur Ausschaltung des

Vom Händler zum Dienstleister 5 Großhandels... vor allem aber durch die zunehmende Verbreitung neuer Technologien (Internet). Letztere ermöglichen eine bessere und schnellere Kommunikation zwischen Herstellern und Einzelhändlern, aber zum Beispiel auch neue Logistikkonzepte. Infolgedessen konkurrieren vor allem Speditionsunternehmen zunehmend mit dem Großhandel, indem sie Komplettlösungen für Transport und Lagerhaltung anbieten. Damit sind wesentliche Tendenzen und Risiken skizziert, die ebenfalls für andere Branchensegmente des Großhandels gelten, auch wenn sie hier in modifizierter Form auftreten. Im Baustoffgroßhandel beispielsweise dringen verstärkt Lieferanten in die Großhandelsstufe ein. Die Folge: Der Großhändler tritt zu seinen eigenen Lieferantenpartnern in einen problematischen Wettbewerb um die Handwerkskunden. Die Beweggründe auf Seiten des Herstellers sind unter anderem, dass er im Großhandel keinen angemessenen Vertriebskanal für seine Marktdurchdringung findet sei es durch mangelnde räumliche Präsenz oder durch zu breite und zu tiefe Sortimentsbildung. Interessant sind die Konsequenzen, die Banken aus den sich verschärfenden Wettbewerbsbedingungen für den Großhandel ableiten. So heißt es im bereits zitierten Branchenreport der Dresdner Bank: Erstens wird die Unternehmenskonzentration weiter zunehmen... Unternehmen des Nahrungsmittelgroßhandels mit weniger als 50 Millionen Euro Umsatz gelten heute als kaum noch wettbewerbsfähig. Grundsätzlich haben Großhandelsunternehmen, die homogene Produktgruppen... anbieten, auf Grund ihres Spezialisierungsgrades Wettbewerbsvorteile gegenüber dem... Großhandel ohne ausgeprägten Schwerpunkt. Zweitens gewinnen neue Technologien zur Optimierung von Distribution und Logistik (zum Beispiel Managementinformations- oder Warenwirtschaftssysteme) und Serviceleistungen (zum Beispiel Absatzförderung, Marketingberatung, Verkäuferschulung oder technische Beratung) einen immer höheren Stellenwert zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen besteht ein starker Rationalisierungsdruck. Drittens gilt es, die über die Warendistribution hinausgehenden Aufgaben des Großhandels auszubauen... Hierzu zählen insbesondere die Kreditgewährung an Abnehmer, die Information über die Produktpaletten in- und ausländischer Lieferanten sowie die Bereitstellung herstellernaher Dienstleistungen wie die Konfektionierung und Verpackung von Produkten.

6 Jochen Hampe 100 % 80 % 60 % 40 % 20 % Handelsstruktur in Deutschland 0% Unternehmen Zahl der Beschäftigten Nettoumsatz Großhandel Einzelhandel Kfz-Handel/Tankstellen Handelsvermittlung Kfz-Instandhaltung/-Reparatur Großhandel nach Umsatzgrößenklassen 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% Unternehmen Zahl der Umsatz Brutto- Beschäftigten investition 10 Mio. und mehr 2 bis 5 Mio. 5 bis 10 Mio. 1 bis 2 Mio. bis 1 Mio. Die knapp 60 000 Großhändler stellen über die Hälfte des Umsatzes und ein Viertel aller Beschäftigten im deutschen Handel. Innerhalb der stark mittelständisch geprägten Großhandelsbranche besteht bereits eine deutliche Konzentration. (Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 2001; Groß-/Einzelhandel ohne Kfz-Handel und Tankstellen) Eine vierte Strategie zur Stärkung der Wettbewerbsposition ist die Kooperation mit Kunden und die Expansion ins Ausland. Kunden- und Lieferanten-Integration vertikalisiert die Lieferkette Es wird künftig weder im Konsumtions- noch im Produktionsverbindungshandel ausreichen, ausschließlich die klassische Raum- und Zeitüberbrückungsfunktion wahrzunehmen. Der Großhandel wird sich vom Vermittler (austauschbarer) Ware zum Problemlöser seiner Partner in der Lieferkette entwickeln müssen, vom Händler zum integrierten Service-Provider kurzum: Der Großhandel muss sich als Dienstleistungsbranche neu positionieren. Das treibende Thema im stationären Handel und der Industrie ist seit Jahren die so genannte Vertikalisierung, die auf die erheblichen Effizienzsteigerungs- und Kostensenkungspotenziale durchgängiger schlanker Prozesse über die gesamte Lieferkette zielt. Kunden mit entsprechender Marktmacht wie im

Vom Händler zum Dienstleister 7 Lebensmittelhandel übernehmen die Rolle des Gatekeepers oder Schleusenwärters, indem sie ihre Vorstufen nach deren Geschäftsprozessqualität kategorisieren. Sie stellen Logistik- und IT-Anforderungen, deren Erfüllungsgrad sich auf die Konditionen auswirkt. Hier hat der Großhandel Nachholbedarf hinsichtlich der Fähigkeiten zum elektronischen Austausch von Geschäftsdokumenten (EDI) und moderner integrierter Warenwirtschaftssysteme. Die Globalisierung wird sich zunehmend auf den Großhandel auswirken, nicht nur bei den Beschaffungsmärkten. Will er Märkte für international tätige Unternehmen erschließen, um Komplexität und Transaktionskosten zu reduzieren, muss er die räumliche Präsenz erweitern durch eigene Internationalisierung oder durch die horizontale Integration mit ausländischen Großhandelspartnern. Die Erhöhung der Kundenbezugsquote wird wesentlich davon abhängen, wie der Großhandel wertschöpfende Servicefunktionen für seine Kunden wahrnimmt, um deren Loyalität und Bindung zu erhöhen. In einigen Segmenten profilieren sich Großhändler bereits als Systemkopf, der die Sortimentsoptimierung, Merchandising oder die Bestandspflege für seinen Kunden betreibt. Kooperationen im Produktionsverbindungshandel bieten ihren Handwerks- oder Industriekunden internetbasierte Bestell- und Informationsplattformen. Entwicklungen aus der Konsumgüterbranche wie automatische Bestandspflege für Kunden (Vendor Managed Inventory) werden sich durchsetzen. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, wird der Großhandel klare Zukunftsstrategien entwickeln und seine Geschäftsprozesse auf Basis moderner Informationstechnologien optimieren müssen. Es geht dabei auch um eine Ressourcenumverteilung: Administrative Aufgaben müssen rationalisiert werden, um Kosten zu senken und um den Mitarbeitern ausreichende zeitliche Ressourcen für dauerhaft wahrnehmbare Kundenservices zu schaffen. Kontakt: Jochen Hampe Telefon: 02205 910278 E-Mail: jochen.hampe@re-sult.org www.re-sult.org

Zur Person: Prof. Dr. Peter Winkelmann (56) lehrt an der Fachhochschule Landshut marktorientierte Unternehmensführung. Nach der Ausbildung zum Bankkaufmann und dem Studium der Betriebswirtschaftslehre war er als persönlicher Referent von Berthold Beitz bei der Krupp-Stiftung in Essen tätig. Es folgten Führungspositionen im internationalen Marketing und Vertrieb. Er ist Verfasser des Standardwerks Vertriebskonzeption und Vertriebssteuerung. Prof. Dr. Peter Winkelmann Die fünf Erfolgsfaktoren für das Kundenmanagement im Großhandel Der Großhandel in Deutschland steht vor enormen Herausforderungen. Wer sich heute gegenüber dem Fachhandel und dem Handwerk positionieren will, muss sich neu orientieren. Gefragt ist strategisches Kundenmanagement. Es geht nicht ohne den Großhandel. Aber dieser muss sich noch stärker als kompetenter und serviceorientierter Partner präsentieren, so lautete das Credo von Dr. Andreas Kaapke, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung an der Universität Köln, auf dem SHD-Großhandelstag 2003. Große Lieferanten wie die Vaillant-Gruppe bekennen sich deshalb unverändert zum Großhandel. Aber man mache sich nichts vor: Die Branche gerät in Deutschland zunehmend unter Druck. Immer mehr Lieferanten stellen die Großhandelsfunktionen in Frage und versuchen, Fachhandel und Handwerk in ihre eigenen Kundenmanagement- und Controllingsysteme einzubinden. Und dem Großhandel machen die zunehmenden wirtschaftlichen Unsicherheiten mit stark nachlassender Zahlungsmoral und die von Seiten der Endabnehmer durchschlagende

Die fünf Erfolgsfaktoren für das Kundenmanagement 9 Schnäppchenmentalität schwer zu schaffen. So gerät der Großhandel in eine Hamburger-Position die Fleischschicht zwischen Lieferanten und Handwerker beziehungsweise dem Fachhandel. Wie aber bleibt der Großhandel wettbewerbsfähig? Seine Zukunft hängt entscheidend von der Balance zwischen Kunden- und Kostenorientierung ab. Qualitätssicherung im Vertrieb ist angesagt. Nur wer bei seinem Kundenmanagement im Markt die Nase vorn hat, kann in der Hamburger-Situation überleben. Vertriebsstrategische Aufgaben und operative Optimierungspotenziale Die Gegenüberstellung unten zeigt, welches die Erfolgsfaktoren für den Großhandel sind. Im Mittelpunkt steht ein Umdenken bei Strategie und Mitarbeiterführung. Der Großhandel ist es gewohnt, in Lieferscheinen zu denken. Doch die Zukunft liegt im Chancen-Denken. Welche Potenziale sind durch eine Vertriebssteuerung mit CRM (Customer Relationship Management) noch auszuschöpfen? Wo liegen die Reserven für den Großhandel? Erfolgsfaktor 1: mehr Kundenwissen. Stammdaten reichen für ein proaktives Kundenmanagement nicht aus. Mit CRM lassen sich sehr einfach auch Persönlichkeitsinformationen, frühe Marktsignale und Wettbewerbsinformationen verarbeiten. Ein 360-Grad-Blick auf den Handelskunden entspricht einem einzigen Blick auf Kunden- und Artikelstammdaten. Das Kundenwissen muss allen Mitarbeitern mit Kundenkontakt bei ihrer Alltagsarbeit zur Verfügung stehen. Transaktionsorientierter Vertrieb apple Lieferscheine im Fokus/ Abwicklungsmentalität apple Umsatz und Rohgewinnspanne im Fokus apple Denken in Produkten und Rabatten apple Verkäufer sind Einzelkämpfer. apple Verkäufer hat keine strategische Mitverantwortung. apple Verkäufer kennen ihre Kosten nicht. CRM-Vertrieb Verkaufen mit System apple Kundenwerte und Handwerker-/Fachhandelsbindung im Fokus/Chancenmentalität apple Unausgeschöpfte Potenziale im Fokus apple Denken in Kundennutzen und Mehrwerten apple Verkäufer sind Teamplayer. apple Verkäufer kennt Marktstrategie und Marktanteile. apple Verkäufer kennen Kostensituation. Trendwende im Großhandel: vom Denken in Lieferscheinen zum strategischen Kundenmanagement

10 Prof. Dr. Peter Winkelmann Erfolgsfaktor 2: mehr Aktionen Schlagzahlen im Markt erhöhen. Kundennähe ist die Voraussetzung für Bindung. Für den Großhandel bedeutet das: Erhöhung der Schlagzahl der Handwerker- und Fachhandelskontakte im Markt. Und zwar Kontakte, welche die Art der Kontakte (E-Mails, Telefonate oder Besuche) auch wert sind. Die entscheidende Kompassnadel zur Dosierung der Kontakte bei unterschiedlichen Handwerker- und Fachhandelstypen ist ein Kundenschlüssel. Dazu sind die Handwerker und Fachhändler nach Erfolgstreibern zu bewerten. Als Bewertungsgrößen empfehlen sich: Umsatzklassifikation (zum Beispiel von A bis D), Rohgewinnspanne, Sortimentsschwerpunkte, wirtschaftliche Lage des Handwerkers oder Fachhändlers, Kundenzufriedenheit und/oder Treue zum Großhändler, Betriebsgröße, Grad der Innendienstbelastung, Bonität/Kreditwürdigkeit. Durch einfache Such- und Filterfunktionen lassen sich Marketingund Besuchsaktionen planen. Das bedeutet gezielte Besuchssteigerung statt Routinebesuche bei den ewig gleichen Lieblingskunden. Wer dieses Optimierungspotenzial einer modernen Vertriebssteuerung nutzt, bekommt seinen Markt in den Griff. Erfolgsfaktor 3: mehr Effizienz und Arbeitserleichterungen. Wer kann es sich noch leisten, 30 Prozent seiner Arbeitszeit mit Suchen und Nachfragen bei Kollegen und Kunden zu vergeuden? Gerade in Bezug auf Rationalisierung sind die Vorteile von CRM unstrittig. Was benötigt der Großhandel? Beleglose Verarbeitung durch Dokumentenmanagement, vernetzte Terminplanung der Mitarbeiter, Öffnen der Kundenmaske bei Kundenanruf, Telefonate kombiniert mit E-Mails, ja ganze Kampagnen per Mausklick, automatisierte Artikelsuche, automatisches Einspielen von Preisdaten, Onlinekalkulation, Touren- und Routenplanung, vorcodierte Besuchsberichte. Diese Funktionen sind in CRM-Systemen heute Standard. Warum sollen nur größere Unternehmen davon profitieren? Erfolgsfaktor 4: Kundenwertmanagement (Mehr-)Werte, nicht Produkte verkaufen. Die klassische Kundenbewertung fragt egoistisch: Was bringt mir der Kunde (zum Beispiel im Rahmen der ABC-Analyse)? Dementsprechend wird er betreut und erhält seine Rabatte. Diese Sicht ist reaktiv und nicht zukunftsgerichtet. Ist es nicht besser, zu sagen: Ich schaue, wohin ich den Kunden entwickeln kann, denn seine Entwicklungschancen sind meine Erfolgspotenziale von morgen. Das ist die neue Customer-Value-Sicht. Der Wert des Kunden-

Die fünf Erfolgsfaktoren für das Kundenmanagement 11 stamms wird veränderbar. Ein C-Handwerker braucht keinesfalls immer C-Handwerker zu bleiben. Der Großhandel bietet Mehrwerte, indem er für seine Handwerker und Fachhändler die Abläufe verbessert, seine Kunden mit Informationen und Arbeitserleichterungen versorgt und durch Vorteile auf Endkundenseite stärkt. So kann der Großhandel die Todesspirale von Preisen, Rabatten und schnellen Lieferzeiten abmildern. Das heißt, der Trend geht in Richtung Mehrwerte und Services. Erfolgsfaktor 5: Analyse und Optimierung. CRM will Bauchgefühl und Erfahrung keineswegs abschaffen, sondern mit Analysewerkzeugen flankieren. Nur so gelingt es dem Großhandel, die wahren Erfolgstreiber für sein Geschäft zu entdecken. Beispielsweise zeigen Untersuchungen, dass die Rohgewinnspannen bei den Handwerkern um einiges größer sind, die für ihre Endverbraucher regelmäßig Besichtigungstermine in den Schauräumen des Großhandels vereinbaren (etwa bei Sanitär-, Heizungs- oder Klimainstallateuren). Also können so genannte Schauraumquoten für die Verkaufsbezirke berechnet werden. Wer seine Handwerker auf diese Weise analysiert, der bekommt mehr Luft im Preiskampf. Wie kann der Großhandel die Veränderungen angehen? Der Großhandel darf keine Angst vor Veränderung haben. Er sollte CRM nicht als teure Investition, sondern als Weg zu mehr Vertriebsqualität ansehen. Es ist für ihn unabdingbar, seine Verkäufer zu Marktmanagern weiterzuentwickeln und mit dem Innendienst zu Teams zu formen, die zu den Kunden in einer Sprache sprechen. Das geht selbstverständlich nicht ohne ausreichende Schulung und Motivation. Aber da der Konkurrenzdruck zunehmen wird und neue Wachstumsmärkte nicht zu erwarten sind, muss der Großhandel sein Kundenmanagement konsequent auf Markterfolg trimmen sonst wird er sterben. Kontakt: Prof. Dr. Peter Winkelmann Telefon: 08743 91580 E-Mail: pwinkel@fh-landshut.de www.vertriebssteuerung.de

Zur Person: Dr. Volker Lange (42) widmet sich seit 1988 als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts für Materialfluss und Logistik in Dortmund der Forschung, Entwicklung und Beratung. Seit 1995 hat er die Ressortleistung für Verpackungs- und Handelslogistik inne. Christian Meiß (27) ist seit 2002 beim Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik. Das Arbeitsgebiet des Diplom-Ökonomen umfasst Logistik-Kostenrechnung, -Kennzahlensysteme, Bewertung und Analyse von AutoID/RFID-Lösungen sowie die Optimierung logistischer Abläufe. Dr. Volker Lange/Christian Meiß RFID im Fokus logistischer Prozesse Ansprüche und Realität Durch das Aufbringen von Transpondern auf Paletten und Transportverpackungen erhofft sich die Branche ein großes Potenzial in logistischen Systemen und Prozessen. Über Menge und Nutznießer dieser Vorteile wird noch reichlich diskutiert. Die RFID-Technologie (Radio Frequency Identification) gilt als eine der zentralen Enabling-Technologien des Ubiquitous Computing. Auf Grund ihrer Funktionsweise bietet sie sich überall dort an, wo eine Identifizierung, Authentifizierung und/oder Kommunikation mit Objekten erforderlich oder sinnvoll ist. Der sichtkontaktlose und in der Leseentfernung skalierbare Datenaustausch, die mögliche Menge und Variabilität der Daten ebenso wie die Pulkerfassung verschaffen ihr erheblichen Mehrnutzen gegenüber klassischen Identifizierungstechnologien wie Barcode oder Magnetstreifen. Der von sinkenden Margen geprägte Handel hofft durch den Einsatz von RFID auf Kostendegression und steigende Gewinne. Der Einsatz dieser Technologie in Anwendungen, die einen logistischen Schwerpunkt haben, liegt nahe. Nach einer aktuellen Studie des Marktfor-

RFID im Fokus logistischer Prozesse 13 schungsunternehmens IDC (Frankfurt/Main) sehen mehr als 90 Prozent der über 660 befragten Unternehmen den Schwerpunkt des RFID-Einsatzes in der Logistik. Die berührungslose Übertragung von Produkt- und Prozessinformationen per Funksignal ermöglicht automatisch das Erfassen aller Warenbewegungen sowie das Dokumentieren aller Buchungsvorgänge entlang der Prozesskette. Transparenz und Qualitätssicherung entlang der Lieferkette! Seit dem 1. Januar 2005 sind auf Grund der EU-Richtlinie EU 178/2002 Hersteller zur Rückverfolgung sämtlicher Lebens- und Futtermittel sowie darin enthaltener Rohstoffe auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen verpflichtet. Das beinhaltet die Auskunftspflicht über Herkunft und Verbleib aller Inhalts- und Rohstoffe. Auch der Handel steht für die Sicherstellung der vollständigen Rückverfolgbarkeit in der Verantwortung ( Stufenverantwortung ). An dieser Stelle können Verpackungen und Ladungsträger, die mit RFID-Technologie versehen sind, auch nachträglich Auskunft über den Distributionsweg geben mit einer zeitbezogenen Lokalisierung und einer genauen Zuordnung aller Teilnehmer, vom Rohstofflieferanten bis zum Empfänger. Ebenso ermöglicht die Transpondertechnologie eine Überwachung der Kühlkette während eines Transportvorgangs, wie er in der Lebensmittelhygieneverordnung gefordert wird. Temperaturempfindliche Lebensmittel, die bei Überund Unterschreitung einer bestimmten Temperaturgrenze einen Qualitätsverlust erleiden, lassen sich automatisch aussondern. Derzeit lässt sich kaum nachvollziehen, in welchem Zeitraum die Temperatur über- oder unterschritten wurde und wer in dieser Phase für die Sendung verantwortlich war. Das heißt, es bleibt offen, wer für die entstandenen Produktschäden haftet. Kosten und Nutzen entlang der Lieferkette? Der Nutzen der RFID-Technologie in einem offenen System lässt sich an den typischen logistischen Funktionalitäten und Prozessen wie sie in einem Distributionszentrum zu finden sind, darstellen. Ein Nutzen entsteht zum einen durch die monetäre Bewertung der Prozesskosten. Diese werden reduziert durch den Wegfall von Prozessen, kürzere Prozesszeiten, eine vermutlich niedrigere Fehlerquote oder die Minimierung der Schwundrate. Als weitere positive Effekte

14 Dr. Volker Lange/Christian Meiß Prozessschritt RFID-Szenario Nutzen Wareneingang Qualitätssicherung (QS) Ein-/ Auslagerung Inventur Materialflusstechnik Kommissionierung Verpackung Bereitstellung zum Versand Verladung und Warenausgang 1. Autom. (Pulk-)Erfassung der Ladehilfsmittel (LHM) und ggf. Artikel je LHM 2. Anbringen von Tags mit LHM-Nr. und/oder Beladungsverzeichnis. Tags enthalten Seriennummern, ggf. weitere QS-relevante und Historiendaten. 1. Auf der Förderstrecke werden LHM per Tag identifiziert. 2. Ggf. Zielort im Tag. Lagerplatz ist getaggt. Intelligenter Lagerplatz. Tags werden im Vorbeifahren stückgenau gelesen. Auftragsspezifisch volumenoptimierte Versandkartons enthalten (Master-) Tags mit Sollbefüllung. Karton-Tag wird zum Paket-Tag (ggf. Mastertag). Auf Basis der Tag- Informationen werden Adressetiketten und Lieferscheine dezentral erstellt. Warenausgangsflächen sind getaggte Lagerbereiche. Erfassung der verladenen Versandeinheiten (VSE) (Pulkerfassung der VSE) Vermeiden von Zählfehlern, automatischer Soll-Ist-Vergleich, automatische Buchung gegen Bestellung, ggf. Entfall von Lieferpapieren, minimaler Personaleinsatz Manuelle Datenerfassung entfällt, automatisierte Garantieabwicklung, sichere Identifikation von Retouren Autonome LHM, selbstorganisierende Systeme, Reduktion der Komplexität einfachere Materialflussrechner höhere Flexibilität/Anpassungsfähigkeit Fehler werden vermieden, Lagerplatz nicht mehr artikelrein Erhöhung der Lagerkapazität Jederzeit statistische oder permanente Inventurverfahren ohne Produktionsunterbrechung möglich. Automatisches Scannen des Platzes ohne Ausrichtung des Lesegeräts, stückgenaue Kommiss.-Kontrolle, Konsolidierung einstufiger Kommiss., Einsparung der Gewichtskontrolle, Vermeidung von Schwund Auf dem Lieferschein steht nur das, was wirklich im Karton ist. Personal nur für den reinen Verpackungsvorgang. Empfänger hat mit dem Tag elektronischen Garantie- und Lieferschein. Gesicherte Bestände auf den Mischpaletten. Keine manuelle Erfassung, Spediteur verfügt über elektronische Ladelisten. Wo lässt sich RFID nutzbringend einsetzen? Szenarien aufgeschlüsselt nach einzelnen Prozessschritten. gelten eine höhere Warenverfügbarkeit, optimierte Lagerhaltung sowie weniger administrative Kosten. Gleichzeitig entsteht nicht direkt monetär bewertbarer Nutzen: ein Mehr an Prognosegenauigkeit durch das Vermeiden von Systembrüchen und eine Steigerung der Prozessqualität (Minimierung der Fehl- und Minderlieferungen, Out of Stocks). Die Tabelle zeigt, wo sich RFID nutzbringend einsetzen lässt.

RFID im Fokus logistischer Prozesse 15 Die Konsumgüterindustrie sieht diesen Nutzen zu großen Teilen seitens des Handels. Inwiefern die Kosten verursacht durch Transponder, RFID-Equipment (Antennen oder Reader) sowie IT-Anpassung den Nutzen überkompensieren, lässt sich durch eine vergleichende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung klären. Gemeinsam durch die Lieferkette! Dabei ist entscheidend, dass RFID als Identifikationstechnologie nur dann einen klaren Nutzen generieren kann, wenn Prozesse innerhalb der eigenen Unternehmung und die Koordination mit vor- und nachgelagerten Unternehmen abgestimmt sind. So verhindert RFID eine Out-of-Stock-Situation nur dann, wenn Waren im Backstore der Filialen auch verräumt werden. RFID bietet dabei eine Chance, die Zusammenarbeit zwischen Handel und Konsumgüterindustrie zu intensivieren. Können beide tatsächlich Prozesse gemeinsam optimieren, dürfen Ängste und Unsicherheit der Endverbraucher nicht außer Acht bleiben. Ohne verstärkte Aufklärung zu Themen wie Datenschutz und -verwendung ist an einen Einsatz der Technologie auf Produktebene nicht zu denken. Neben noch bestehenden Schwierigkeiten und Herausforderungen (Kosten der Transponder, Standardisierungsbestrebungen, physikalische Grenzen, Leseraten und Reichweiten passiver Transponder) wird es aber auch die Chance der nächsten Jahre sein, Synergien zwischen den unterschiedlichen Anwendungsbereichen zu nutzen wie die Kopplung von Warensicherung/ Fälschungssicherung und Identifikation in der logistischen Kette, die Verbindung von Telematik mit Transpondertechnologie zum Tracking sowie der lückenlosen Temperaturüberwachung. Es gilt, den Mut zu haben, eine Technologie weiterzuentwickeln und anzuwenden, die ihren Beitrag zur Zukunftssicherung des Großhandels leisten wird. Kontakt: Dr. Volker Lange/Christian Meiß Telefon: 0231 9743-264,-176 E-Mail: volker.lange@iml.fraunhofer.de, christian.meiss@iml.fraunhofer.de www.iml.fraunhofer.de

Zur Person: Dr. Andreas Brügger (42) ist Agrarökonom und hat von 1990 bis 1996 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag gearbeitet. Seit 1997 ist er Geschäftsführer des Deutschen Fruchthandelsverbands e. V. (DFHV) in Bonn. In zahlreichen nationalen und internationalen Gremien befasst er sich mit den sich wandelnden Anforderungen an die moderne Frischelogistik. Dr. Andreas Brügger Qualitätsmanagement mit integrierter Rückverfolgbarkeit Der Groß- und Außenhandel mit frischem Obst und Gemüse steht vor tief greifenden Veränderungen, die vordergründig mit dem Stichwort Qualitätsmanagement verbunden sind. Tatsächlich liegen die Herausforderungen in IT und Logistik. Qualitätsmanagement gehört im Fruchthandel von jeher zum Tagesgeschäft, auch wenn es früher vielleicht anders hieß. Die innere und äußere Qualität der Frischware spiegelt die Güte des Handelsunternehmers wider. Wie zuverlässig geliefert und bezahlt wird das bestimmt den Ruf der Firma. Rückverfolgbarkeit ist grundsätzlich nicht problematisch, weil der Fruchthandel seine Kunden und Lieferanten gut kennt, sehr oft bestehen enge persönliche Verbindungen seit vielen Jahren. Aber die Einfachheit althergebrachter und gewachsener Traditionen kann im modernen Food-Business nicht bestehen. Die Globalisierung der Volkswirtschaften führte auch im Fruchtgroßhandel zu einem deutlichen Strukturwandel. Hervorgerufen durch den Verdrängungswettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel wurden auch auf der Handelsstufe

Qualitätsmanagement mit integrierter Rückverfolgbarkeit 17 neue Mechanismen adaptiert. Die Zertifizierungswelle der ISO-9000-Reihe erfasste die Fruchtbranche, und die betrieblichen Managementabläufe der größer werdenden Unternehmen bekamen ein neues, offizielles Instrument, um die Qualität der Ware zu bestimmen. Private Standards und Anpassungen der Rechtsnormen Auf der Erzeugerebene hat sich bei Obst und Gemüse inzwischen in fast allen bedeutenden Produktionsländern das so genannte EurepGAP-Protokoll als maßgeblicher Benchmarkstandard etabliert, um eine umweltverträgliche Produktion von sicheren Nahrungsmitteln zu gewährleisten. In der nachfolgenden Stufe kommt für Verarbeitungs- und Handelsunternehmen seit dem Jahr 2003 der International Food Standard (IFS) zur Anwendung. Zudem sind diejenigen, die Obst und Gemüse in den Verkehr bringen, nach der in Deutschland geltenden Rechtslage dazu verpflichtet, die Verkehrsfähigkeit der von ihnen gehandelten Produkte durch regelmäßige Stichproben zu überprüfen. Der Deutsche Fruchthandelsverband (DFHV) unterstützt die Unternehmen bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Sorgfaltspflicht: mit einem Rückstandsmonitoring in einem DFHV-Untersuchungsring-System. Jährlich werden mehr als 8000 Laboranalysen erfasst und ausgewertet. Dabei wird auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, Zusatzstoffen und Kontaminanten untersucht. Neben der Etablierung privatrechtlicher Standards rückte die nationale und europäische Gesetzgebung in den vergangenen Jahren die Lebensmittelkette immer stärker in den Fokus. Verschiedene Probleme im Lebensmittelsektor, allen voran die BSE-Krise, waren für die Europäische Kommission in Brüssel der Anlass, das Lebensmittelrecht in den EU-Ländern zu vereinheitlichen und zu verschärfen. Für das Hygienemanagement wurden Leitlinien definiert, die auf dem HACCP-Konzept (Hazard Analysis and Critical Control Points) der amerikanischen Weltraumagentur NASA beruhen. Des Weiteren wurde mit der Richtlinie 178/2002 die verbindliche Rückverfolgbarkeit für alle Lebensmittel auf allen Stufen in der Europäischen Union eingeführt, die auf einer Dokumentation sämtlicher Wareneingänge und Warenausgänge gründet. Die deutschen Fruchthandelsunternehmen haben in den vergangenen Jahren viel investiert, um beim Thema Qualitätsmanagement im europäischen Ver-

18 Dr. Andreas Brügger Konzept zur Qualitätssicherung Warenfluss EUREPGAP Rückstandsmonitoring Landwirtschaft/Erzeuger IFS/BRC Handel/Logistik Informationsmanagement Verbraucher Rückverfolgbarkeit Verbindliche Rückverfolgbarkeit: die Dokumentation aller Warenein- und -ausgänge gleich in der ersten Reihe stehen zu können. Die internen Managementabläufe sind effizienter, moderne IT-Systeme kommen zum Einsatz, und die zuvor beschriebenen privatrechtlichen Standards gehen in der Regel weit über die rechtlichen Anforderungen des Gesetzgebers hinaus. Trotzdem bleibt der Eindruck, dass die Relation zwischen Aufwand und Nutzen noch verbessert werden kann. Die Besonderheiten der Fruchtbranche führen nämlich a priori zu isolierten Systemen, die Synergieeffekten eher im Wege stehen als sie zu nutzen. Schlechter Wirkungsgrad isolierter Systeme Die Branche ist gekennzeichnet durch einen sehr hohen Importanteil, bei Gemüse etwa 60 Prozent und bei Obst sogar rund 80 Prozent. Daher erlauben national ausgerichtete Standards oder Qualitätssicherungssysteme nur einen sehr begrenzten Blick in den Markt. Die Ansprüche an die Logistik und die Qualitätssicherung sind äußerst komplex. Im Rahmen des Monitorings wurden zum Beispiel über 90 verschiedene Obst- und Gemüsearten aus über 60 Lieferländern nach über 400 verschiedenen Wirkstoffen untersucht. Die Vielzahl der vergleichbaren Ergebnisvarianten kann man sich leicht vorstellen, wenn man weiß, dass die Höchstwerte (auch innerhalb der EU) nach Herkunftsländern und Produktart variieren. Zudem ist der Fruchthandel ein besonders schnelles Geschäft. Meistens ist die frische Ware längst verkauft oder bereits gegessen, wenn die ersten Laborergebnisse vorliegen.

Qualitätsmanagement mit integrierter Rückverfolgbarkeit 19 Die Marktteilnehmer haben häufig einen begrenzten Einblick in die Warenkette, sowohl in Bezug auf die Logistik als auch auf die Qualitätssicherung. In der Regel sind nur Ex-Post-Analysen des Warenstroms und der Laboranalysen möglich, und ein Feedback an Lieferanten und Kunden kann aus Zeitmangel nicht erfolgen. Angleichung von Standards und Vernetzung offener Systeme Der Deutsche Fruchthandelsverband konzentriert seine Qualitätssicherungspolitik derzeit auf die Vernetzung der bestehenden Prozessstandards EurepGAP und IFS mit einem internetbasierten Rückverfolgbarkeitssystem sowie mit dem ebenfalls als Internetdatenbank organisierten Rückstandsmonitoring des DFHV. Diese Strategie wird unter dem Namen 4fresh kommuniziert, weil anhand der beschriebenen vier Elemente eine stufenübergreifende Qualitätssicherung auf internationaler Ebene möglich ist. Ein Netzwerk von zertifizierten Laboren im In- und Ausland ermöglicht in der Zukunft eine Analyse der Ware vor der Ankunft am Bestimmungsort. Über die Onlinedatenbank können später der Weg der Ware und die Laborinformationen minutenaktuell verfolgt werden. Zudem sind jederzeit individuelle Auswertungen des gesamten Datenbestands möglich, der nach Produkten, Herkunftsländern oder Wirkstoffen analysiert werden kann. Die Integration des Rückverfolgbarkeitssystems erlaubt dabei erstmalig ein unternehmensbezogenes Feedback an die weltweit verteilte Produktionsstufe, was in der Qualitätssicherung als durchgreifender Fortschritt gewertet werden kann. Die Herausforderung für die Zukunft liegt also nicht nur in der Harmonisierung bestehender Standards, sondern vor allem im internationalen Vernetzen leistungsfähiger IT-Systeme. Dazu brauchen innovative Großhandelsunternehmen starke und verlässliche Partner als Dienstleister. Kontakt: Dr. Andreas Brügger Telefon: 0228 91145-0 E-Mail: bonn@dfhv.de www.dfhv.de