Warum die Regelrente nicht die Regel ist!



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Transkript:

Warum die Regelrente nicht die Regel ist! Folgeprobleme der Komplementaritäten zwischen Arbeitsmarkt und Alterssicherungssystem Dipl. Soz. Judith Anna Czepek Max Weber Institut für Soziologie Ruprecht Karls Universität Heidelberg

Gliederung 1. Einleitung 2. Modell Forschungsdesign: 1. Frage nach den Wirkungen institutioneller Regelungen auf den individuellen Renteneintritt Komplementarität zwischen Arbeitsmarkt und Alterssicherungssystem 3. Hypothesen 2. Hypothesen 4. Ergebnisse 5. Zusammenfassung 3. Analyseebene 1: Was hat Einfluss? Analyseebene 2: Wie stark ist der Einfluss? 6. Ausblick 30.03.20122

Einleitung Welche Auswirkungen hat der Wandel auf dem Arbeitsmarkt und innerhalb des Alterssicherungssystems für die Versicherten? Unter welchen Bedingungen möglich? ist eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit Welche Differenzierungen bestehen Ruhestand? zwischen den Übergängen in den als nicht Strukturelle Benachteiligung bestimmter intendierte Folge sozialer Gruppen 30.03.20123

Modell komplementär Lohnarbeitszentrierung Institutionelle Regelungen der Erwerbsphase Strukturelle Veränderungen durch Wandel auf dem Arbeitsmarkt Interdependenz Erwerbsphase geht nicht bis zum Tod, daher Notwendigkeit von Übergangsregeln Effekte Institutionelle Regelungen der Nacherwerbsphase Strukturelle Veränderungen durch Verlängerung der Lebensarbeitszeit Soziale Gruppen Versicherte 30.03.2012 4

Hypothesen Re-Kommodifizierung Stratifizierung H1: Diversifikation und Zuweisung H4: Schichtspezifische Unterschiede H2: Male- Breadwinner- Modell H3: Atypische Beschäftigung H5: Ost-West- Differenzen 30.03.20125

Anteil der Rentenarten an den Zugänge in die gesetzliche Rente von 1960-2010 (in %) 70 60 64,5 50 40 35,7 30 20 10 0 Rentenversicherung BUND (Eigene Darstellung) Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Altersrenten für langjährig Versicherte Regelaltersrenten Altersrenten für Schwerbehinderte Deutsche Quelle: Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit/Altersteilzeit 30.03.2012 Altersrenten für Frauen 6

Anteil der Rentenarten an den Zugänge in die gesetzliche Rente von 1960-2010 (in %) 70 60 50 40 30 20 10 0 Rentenversicherung BUND (Eigene Darstellung) Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Altersrenten für langjährig Versicherte Regelaltersrenten Altersrenten für Schwerbehinderte Deutsche Quelle: Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit/Altersteilzeit 30.03.2012 Altersrenten für Frauen 7

Anteil im Zugang an den Rentenart nach Ost/West in % Quelle: Deutsche Rentenversicherung BUND (SUFVVL2007, Eigene Berechnungen) 30.03.20128

Durchschnittliche Entgeltpunkte nach Rentenart Quelle: Deutsche Rentenversicherung BUND (SUFVVL2007, Eigene Berechnungen) 30.03.20129

Schichtspezifische Unterschiede Quelle: Deutsche Rentenversicherung BUND (SUFVVL2007, Eigene Berechnungen) JudithCzepek Max Weber Institut fürsoziologie 30.03.201210

Durchschnittliche Entgeltpunkte Ost/West nach Geschlecht Quelle: Deutsche Rentenversicherung BUND (SUFVVL2007, Eigene Berechnungen) 30.03.201211

Versichertenstatus im Jahr vor dem Leistungsfall Quelle: Deutsche Rentenversicherung BUND (SUFVVL2007, Eigene Berechnungen) 30.03.201212

Entgeltpunkte nach Versichertenstatus Quelle: Deutsche Rentenversicherung BUND (SUFVVL2007, Eigene Berechnungen) 30.03.201213

Regressionsanalyse: Entgeltpunkte als abhängige Variable Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 Modell 5 Soziodemo. Merkmale Alter 0,05* 0,14 *** 0,02-0,02 0,35 *** Frauen -17,21*** -16,44*** 16,40 *** -10,30*** -8,68*** Ost 4,90*** 4,31 *** 4,20 *** 5,99 *** 0,99 *** Bildung¹ Keine Angabe -8,56*** -3,95*** 0,99 ** 1,77 *** HS/RS/Abitur mit Ausbildung 6,64 *** 4,85 *** 2,56 *** 2,17 *** FH/Uni 9,93 *** 11,29 *** 3,79 *** 5,92 *** Stellung im Beruf² Keine Angabe -12,55*** -6,14*** -3,60*** Azubi -26,55*** -16,14*** -11,16*** Arbeiter -8,20*** -6,30*** -5,19*** Facharbeiter -7,02*** -4,66*** -3,86*** Meister 1,50 1,61 1,98 ** Heimarbeiter -10,71* -5,74-6,11* Teilzeitarbeiter -6,88*** -4,29*** -4,12*** Einkommen 0,00062 *** 0,00043 *** Rentenrechtl. Zeiten 0,06653 *** Fallzahl 32542 32542 32542 32542 32542 adj. R² 0,2524 0,4321 0,4803 0,6777 0,7973 Referenzkategorien: ¹ HS/RS/Abitur ohne Ausbildung ² Angestellte Signifikanzniveaus: ***<.001 ** <.01 *<.05 Quelle: Deutsche Rentenversicherung BUND (SUFVVL2007, Eigene Berechnungen) Judith Czepek Max Weber Institut für Soziologie 30.03.201214

Zusammenfassung Einerseits schwächen die Ergebnisse die Annahme der strukturierenden Wirkung institutioneller Regelungen auf den individuellen Renteneintritt Anderseits bestätigt sich die Komplementarität: Nicht die institutionellen Regelungen des Alterssicherungssystems sind entscheidend, sondern die Erwerbsbiographien bestimmen die Rente wesentlich (Renteneinkommen, Rentenart) Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt werden direkt reproduziert 30.03.201215

Ausblick 1. 2. Zwischen Ausgestaltung und Wirkung der Komplementaritätsbeziehung zwischen Arbeitsmarkt und Alterssicherungssystem zu unterscheiden Bei der Frage nach Stratifizierung und Re Kommodifizierung differenzieren Erwerbsorientierung stärken oder schwächen? Mehr Diversifikation, Differenzierung und Flexibilisierung Verlängerung der Lebensarbeitszeit? zur 30.03.201216

Diskussion Kontakt: Dipl. Soz. Judith Anna Czepek Max Weber Institut für Soziologie Ruprecht Karls Universität Heidelberg Bergheimer Straße 58 69115 Heidelberg 06221 542973 judith.czepek@soziologie.uni heidelberg.de